Colton ♥
Ich bin dabei, du bist dabei, wir sind dabei uns zu verlier'n.
Ich bin dabei, bist du dabei, bin ich dabei uns zu verlier'n?
Ein bodenloses Loch, das sich im freien Fall, als endlos tiefe Schlucht entpuppte, verschlang den zierlichen Körper von Lilian. Gierig griffen fremde, kalte Krallen nach ihrer Seele, zerrissen ihr Herz in der Luft. Sie fiel, und fiel. Kein Ende, kein harter Ausschlag. Es gab kein Entkommen, keinen Ausweg. Lilian musste da durch, ob sie wollte, oder nicht. Was blieb ihr anderes übrig? Zurückgehen, war keine Option. Nicht, für Lilian. Sie musste kämpfen, sie wollte kämpfen. Kämpfen, für eine Liebe, die in seine Augen wohl längst verloren war. Was hatte sie noch, wenn sie ihn verlieren würde? Nichts, außer den Schutz einer fürsorglichen Herde. Colton, war natürlich nicht der einzige Hengst auf der Welt, der ihr Herz verzaubern konnte. Aber, Colton war der Hengst auf der Welt, deren Herz sie verzaubern wollte. Sie wollte ihn, nur ihn; und keinen Hengst an ihrer Seite haben. War das so schwer zu verstehen? War das so schwer zu verstehen, dass Lilian ihn über alles liebte und alles versuchen würde, damit er ein schönes Leben mit ihr hätte? War das so schwer für sie zu verstehen, dass die Welt in Flammen stand, und sie nicht in der Lage war diese Flammen mit ihrer innigen Liebe zu löschen? Es brauchte mehr als ihre Liebe, sie brauchten seine Liebe.
Ungläubig und fassungslos blickte Lilian ihren Liebsten an, konnte nicht glauben, welche Worte er ihr schonungslos an den Kopf knallte. Sein liebender Blick war aus seinem Gesicht gewichen, kalt und hart durchbohrten sie die Augen, in die sie sich einst verliebt hatte. Einst, hatte sie ihm versprochen, hier auf ihn zu warten. Nun, wollte sie ihm versprechen, dass sie alles tun würde, damit es so wie früher werden würde. Aber, so schien es, war Colton anderer Meinung. Er hatte Recht, das wusste Lilian durchaus, so naiv war sie nicht. Sie konnte es nicht wissen, nur hoffen. Und, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Vielleicht waren sie schon am Ende angelangt, und konnten die Hoffnung zu Grabe tragen. Sie gab dieses Versprechen, weil sie ihn liebte, und immer lieben würde; egal, wie schlimm die Zeit auch werden würde. Das reichte ihr, um ihm solch ein Versprechen zu geben.
Sie konnte nicht sprechen, hatte ihre Stimme verloren. Stumm stand sie da, wie ein dummes und naives Lamm, ließ sich alles gefallen, was Colton ihr ans Herz legte; schmerzlich, und gewaltsam. Sie kam sich vor, als hätte sie den Fehler ihres Lebens gemacht, auf Kosten von Colton. Und dabei, wollte sie ihm nur helfen, und für ihn da sein. Jetzt, kam es ihr so vor, als wäre alles verloren, für das ihre Liebe einmal gestanden hatte. Die Stimmung zwischen ihnen kippte vollkommen aus dem Ruder, war nicht mehr zu retten. Colton wandte sich von ihr ab, und das tat mehr weh, als seine Worte. Er konnte ihr alles an den Kopf werden, was er wollte. Aber, sich von ihr abzuwenden, das war die schmerzhafteste Bestrafung, die er ihr entgegenbringen konnte. Sie blickte ihm nach, ihr Blick war leer. In wenigen Sekunden hatte er das Lächeln, die Zuversicht in Lilian zum Fall gebracht.
„Vielleicht kann ich das Versprechen nicht halten.“, erklang ihre Stimme leise, und zitternd. Die Worte taten weh, weil sie das Versprechen halten wollte, um jeden Preis. Sie hatte Angst. Angst, alles zu verlieren. Angst, Colton zu verlieren. Ihr Blick ging zu Boden, sie konnte ihn nicht anblicken; ihm nicht in diese kalten, leeren Augen blicken. „Aber, ich kann es nicht für mich behalten, dass ich alles für dieses Versprechen tun werde, weil ich dich liebe.“ Es war ein Schrei, der durch die Luft schnitt. Ein Hilfeschrei, gerichtet an Colton. Tränen liefen der jungen Stute an den Ganaschen hinab. Sie wollte stark sein; stark für Colton, und trotzdem zerbrach sie in diesem Moment. Er nahm ihr alles, wofür sie einst gelebt hatte; wofür sie ewig leben würde.
In diesem zerbrochenen Moment wurde ihr bewusst, was bereits verloren war. Alles, wofür sie jemals gelebt hatte. Sie wollte, wollte alles. Und, hatte alles verloren, was sie jemals wollte. War es zu spät? Zu spät für ein Happy End? „Dann geh‘ doch. Hau ab!“, schrie sie ihn verzweifelt, während die Tränen ihr weiches Fell benetzten. Sie wollte nicht, dass er geht, wollte aber auch nicht mehr an eine Liebe glauben, an die er nicht mehr glaubte. Sie wollte den alten Colton, aber den alten Colten gab es nicht mehr; der lag längst tot auf den Schlachtfeldern. Ihre Liebe entwickelte sich langsam zu einem Schlachtfeld, auf dem es keine Sieger geben würde. Lilian wollte ihm doch nur helfen, den ersten Schritt mit liebevollen Worte bestreiten und er verdammte all ihre liebevollen Worte; zerriss sie in der Luft. Nein, sie erkannte ihren Liebsten nicht mehr wieder und sie hatte nie daran geglaubt, dass er sich nicht über den Krieg verändert hatte. Aber, und das hatte sie mehr als deutlich ausgesprochen, würde sie alles dafür tun, damit sich Colton wieder ein Leben mit ihr vorstellen konnte.
Vielleicht gibt es irgendwo da draußen für uns ein neues Leben,
aber sich das vorzustellen, ist grad das Schwerste dieser Welt.
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