» Pinon
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χρόνος

Gerade war Pinon an einer Quelle vorbei, nun befand er sich in einem Wald. Er sah sich um, die Schneeflocken tanzten zwischen den Ästen hindurch zum Boden. Die Luft war kalt und eine Windböe fegte über ihn hinweg, zerzauste sein Langhaar. Langsam ging er um die Bäume herum, sah sich aufmerksam um, die Ohren spielten. Er war neugierig und erkundete seine Umgebung, als er plötzlich ein anderes Pferd witterte. Er blähte die Nüstern und stieß aufgeregt die Luft aus. Lange war er keinem Artgenossen mehr begegnet. Nun tauchte das fremde Pferd zwischen den Bäumen auf. Hallo?, fragte Pinon. Er blieb kurz stehen. Die Stute schien mit ihren Gedanken sehr weit weg zu sein. Er ging einen Bogen, sodass er nicht allzu plötzlich in ihrem Blickfeld auftauchte und sie sich womöglich noch erschreckte. Nun blieb er stehen, vielleicht wollte sie ja auch allein sein. Sei nicht zu aufdringlich!, warnte er sich selber. Seine Augen und Ohren waren fest auf die Stute gerichtet und er wartete auf eine Reaktion ihrerseits.


24.02.2015, 18:43
» χρόνος
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» Pinon

Schnee. Leicht liess er sich vom Winde tragen, glitt behutsam den weiten Weg hinunter, umspielte die Ohren der Jungstute und schwebte dann zu Boden. Chronos beobachtete die Schneeflocken mit einer gewissen Bewunderung, würde nur auch sie so behutsam vom Winde getragen werden und an einem festen Ort hingeweht werden, an eine Heimat, an einen Ort, zu dem sie gehörte. Sie seufzte leise, ehe sie sich einen Ruck gab und sich in Bewegung setzte. Hier im Wald schien sie allein zu sein, was dieser Stute nur recht war. Gedankenverloren schlängelte sie sich zwischen den Bäumen durch, atmete die kalte Luft ein und sah ihr weisser Atem aufsteigen. Hunger hatte sie keinen, und somit auch keine Aufgabe, kein Ziel. Doch Chronos war es sich gewöhnt, ziellos durch die Welt zu trotten. Als sie im Schatten der Bäume eine Gestalt sah und daraufhin ein "Hallo" hörte, fing ihr Herz an wie verrückt zu rasen, Adrenalin pumpte ihr durch die Adern. Was soll ich machen? Hat er mich gesehen? Kann ich noch flüchten? Ihre Ohren waren angelegt, ihr Körper starr vor Angst und ein Beben durchfuhr ihr Fell. Für sie eine gefühlte unendlich lange Zeit bewegte sie sich nicht, hielt den Atem an und durchdachte alle Möglichkeiten. Was nun? Sie rang mit sich selbst, die Vernünftige in ihr riet, hervorzutreten und diesen Hengst - hatte sie an seinem Geruch erkannt - zu begrüssen. Doch die andere Seite, voller Panik und Angst, riet ihr die Flucht. Reiss dich zusammen, fasste sie einen Entschluss und trat aus dem Schatten hervor. Hallo antwortete sie schliesslich dem Hengst leise und wartete seine Reaktion ab. Alles in ihr sträubte sich, mit ihm ein Gespräch anzufangen, doch... Irgendetwas hielt Chronos davon ab, ihm einfach zuzunicken und weiterzugehen. Sein Aussehen? Nein. Oder doch? Seine Augen? Sie hatte noch nie so ein Gefühl verspürt, sogar ihre Nervosität legte sich ein wenig, als sie den Hengst genauer betrachtete.


24.02.2015, 19:06
» Pinon
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χρόνος

Langsam trat Pinon näher, setzte behutsam einen Huf vor den anderen. Er spürte Angst und Verunsicherung, aber auch ein Funken Neugierde ging von der Stute aus. Hab keine Angst., sagte er ruhig und trat aus dem Schatten hervor. Er stellte sich vor sie, die Stute war etwas größer als er. Die Unsicherheit sprang auf ihn über und er, der sonst immer etwas zu sagen hatte, gerade ihm fehlten nun die passenden Worte. Er kämpfte gegen dieses Gefühl an, beruhigte sich selber. Es geht keine Gefahr von der Stute aus, da war er sich sicher, dennoch war sie seltsam.
Ihm war bewusst, dass er es war, der dieses Gespräch angefangen hatte, nun musste er es auch fortfahren. Sei gegrüßt, mein Name ist Pinon., stellte er sich nun vor, darf ich fragen, wie man dich nennt?.
Pinons Hals schlug in seiner Brust, er hörte das Blut in den Ohren rauschen, welche aufgeregt vor und zurück tänzelten. Was würde die Stute tun, wenn er sich ihr weiter näherte, sie gar beschnuppern würde? Doch nun wartete er zunächst ihre Reaktion ab, vielleicht deutete er ihre Ausstrahlung und Körperhaltung auch nicht ganz korrekt - was eigentlich nie bei ihm vorkam. Dennoch war ihm auch noch nie eine solche Stute untergekommen.


24.02.2015, 19:24
» χρόνος
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» Pinon

Chronos war erstaunt. Durch das viele Beobachten wusste sie, dass der Hengst sich zwar selbstbewusst gab, aber auch ein wenig verunsichert ist. Hat es mit mir zu tun? Bin ich wirklich so schlimm? Wie immer zweifelte die Stute an sich selber. Als der Hengst sich dann vorstellte und seine warme, etwas tiefere Stimme erklang, beruhigte sich Chronos jedoch wieder. Pinon also, nun wusste die Stute wie ihr Gegenüber hiess. Seine schwarze Mähne flatterte im Wind, währendem immer mehr Schneeflocken auf sie fiel und die Mähne glitzern liess. Peinlich wurde Chronos bewusst, dass sie ihn nun längere Zeit angestarrt hatte und er sie nun mit schief gelegtem Kopf wachsam beäugte. Wieder nahm sie ihren Mut zusammen, diesmal fiel es ihr sogar leichter, und antwortete ihm. Ich bin Chronos. , antwortete sie ihm kurz und knapp, jedoch wollte sie nicht unfreundlich rüberkommen und fügte hinzu: Erfreut. Sie wusste nicht, ob man das so sagen konnte, hat sie ja bisher kaum je ein Unterhaltung mit jemanden geführt. Verlegen fing sie an den Schnee unter ihren Hufen hin und zu wirbeln und senkte ihren Blick. Ihr fiel nichts ein, was sie noch sagen konnten und so schwiegen die beiden Pferde einen Moment lang. Habe ich etwas falsches gesagt? Chronos wurde wieder unsicher und ihr Herzschlag schnellte wieder hoch, sie merkte wie sie unruhig wurde. Sie hob wieder ihren Blick und schaute geradeaus in die dunklen, warmen Augen. Es schien als würden diese Auge sie hypnotisieren, sie in eine andere Welt zu entführen, sie zu beruhigen. Und tatsächlich merkte die Stute, dass sie wieder ruhiger wurde und klarer denken konnte.


24.02.2015, 19:44
» Pinon
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» χρόνος
Das Durcheinander der Gefühle welches in Chronos tobte, verwirrte Pinon. Ihre Stimme klang ebenso anders, wie die Stute selbst auch zu sein schien, als hätte sie sich nicht richtig unter Kontrolle. Wie sollte Pinon nun richtig mit ihr umgehen? Er beobachtete sie genau und schämte sich auch nicht seines intensiven Blickes, wenn sie den Blickkontakt mit ihm aufnahm. Wo kommst du her?, fragte er dann um etwas über die fremde Stute zu erfahren.
Pinon ging ein Stück zur Seite, suchte ein bisschen Schutz vor dem Wind im Schatten des nächsten Baumes. Wo ist ihre Mähne hin?, fragte er sich dann, als er Chronos von der Seite betrachten konnte. Sie schien gesund und dennoch krank. Das Fell stumpf, die Augen matt. Was ist ihr nur zugestoßen? , fragte sich Pinon. Sie war außerdem ein wenig dünn, was für diese Gegend schier unmöglich schien, da es trotz des Winters üppig an Nahrungsquellen war. Pinon wurde neugieriger, wollte mehr über die Stute erfahren und war sich dennoch bewusst, dass er sich hier zurückhalten und nicht einfach drauf los reden konnte, wie er es gewohnt war. Chronos war nicht wie die Junghengste mit denen er im vergangenen Jahr seine Zeit verbracht hatte. Nein, diese Stute hatte etwas erlebt, von dem er sich nicht sicher war, es wissen zu wollen. Aber er würde sie nicht allein lassen, wer weiß, was ihr zustoßen könnte? Er sah sie nun wieder an. Nur wenn sie ihn dringlichst bitten würde zu gehen, dann würde er es auch tun.


24.02.2015, 20:09
» χρόνος
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Pinion



Als Pinon ihr eine Frage stellte, hörte sie seine Neugier direkt heraus. Aber als sie die Frage für sich wiederholte, zuckte sie leicht zusammen. Es ist egal, ob er neugierig ist oder nicht, weil sie selber nichts über sich wusste und ihm somit auch nichts über sich erzählen konnte. Nichts über ihre verdammte Vergangenheit, nichts über ihren Charakter, nichts über ihre Schwächen und Stärken. Da wurde der Stute klar, dass auch sie selber neugierig war. Neugierig darauf zu erfahren wer sie war, oder besser gesagt, wer sie in Zukunft sein könnte. Ich weiss es nicht.. Es war raus. Und als der Hengst sie ungläubig ansah und seine Mähne schüttelte, hatte sie das Bedürfnis ihm alles zu erzählen, über ihre Gedanken, über ihre Komplexe, über ihre nicht vorhandene Vergangenheit. Und tatsächlich brach es wie eine Flut aus ihr heraus; Ich weiss überhaupt nichts. Man könnte sagen, ich weiss genau so viel über mich, wie du über mich weisst. Wo ich geboren bin? Keine Ahnung. Wen ich geliebt habe? Keine Ahnung. Wer ich bin? Keine Ahnung.Und, verdammt nochmal, warum ich mein Gedächtnis verloren habe? Ich weiss nichts. Absolut nichts. Die letzten Sätze schrie sie fast hervor. Soviel Wut und Traurigkeit, die sie schier zu übermannen scheinen. Und was hat dieser arme Hengst dafür?, fragte eine leise Stimme in ihr. Sie schaute schnell hoch, fast ertappt und fragte sich, was dieser Hengst nun wohl von ihr dachte. Ach, Vergiss es, sagte sie mit einer vor Müdigkeit und Traurigkeit triefende Stimme. Dann wandte sie sich langsam von dem Hengst ab, der immer noch nichts sagte und trottete wieder in das Innere des Waldes. In die Schatten, in die Dunkelheit.


24.02.2015, 21:18
» Pinon
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ΧΡΌΝΟΣ




Pinon wich zurück, als sie ihn so anschrie. Die Ohren hatte er angelegt und die Augen ungläubig aufgerissen. Er hatte einen Moment gebraucht, die Worte in seinem Kopf nachklingen zu lassen und zu verstehen, was Chronos ihm da gerade gesagt hatte. Er sah ihr nach, als sie davon ging.
Doch so schnell würde man ihn nicht abschrecken. Er trabte ihr hinterher, hob die Beine wegen des starken Schnees. He!, rief er als er fast bei ihr war, Dann.. Lass es uns zusammen herausfinden.. Er stellte sich vor sie. So seltsam er sie in diesem Moment auch fand, niemand hatte es verdient, nichts über sich zu wissen. Nichts über seine Eltern, Herkunft, Liebe oder Erlebnisse zu wissen. Pinon konnte sich nicht vorstellen, sich nicht an seine liebevolle Mutter, die Berge, in denen er einst zu Hause war, seine Herde, den Leithengst und seine Reise zu erinnern. Ihm wurde richtig unwohl bei dem Gedanken, all die Erlebnisse nicht mehr zu wissen.
Er musste ihr helfen. Vielleicht würde sie danach wieder normal werden. Pinon war sich sicher, in dieser ausgelaugten Stute steckte eine Schönheit, welche man nur wecken musste.
Er konnte nun nicht einfach gehen und sie ihrem Schicksal überlassen. Er würde vor Neugierde nicht schlafen können und ein zu starkes Schlechtes Gewissen haben. Außerdem würde er ihr mit Sicherheit irgendwann wieder über den Weg laufen, spätestens wenn er sie suchen würde. Suchen, um ihr doch zu helfen, um auch ihre Unwissenheit zu überwinden. Nun musste sie nur zustimmen.


24.02.2015, 21:37
» χρόνος
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Pinon



Ohne dass Chronos es merkte, ging ihre Traurigkeit in salzigen Tränen über, welche ihr sanft über die Wangen liefen und schliesslich in den weichen Schnee fielen. Alles in ihr schrie, dass sie zurückkehren sollte. Zu Pinon, dass sie ihn nicht einfach so stehen lassen konnte, dass sie ihre Gefühle im Griff bekam und sich nicht wie ein Kleinkind aufführte. Aber habe ich überhaupt das Recht, kein Kleinkind mehr gennant zu werden? Ich hab keine Vergangenheit. Nur das Aussehen einer zweijährigen Stute, in welcher ein komplettes Wrack steckt. Dann hörte sie ihn etwas rufen, verstand ihn jedoch nicht. Sie trabte weiter, Schluchzer stiegen in ihr auf, aber sie liess kein Laut über ihre Lippen kommen. Plötzlich hörte sie Huftritte hinter ihr, durch die Tränen sah sie nichts mehr und als sie nach hinten blickte, sah sie nur eine verschwommene Gestalt. Plötzlich schoss dieser Schatten vor sie hin und sie erkannte Pinon, als sie abrupt stoppen musste. Pinon?, fragte sie so überrascht wie noch nie, und plötzlich wich diese unendlich grosse Traurigkeit und dieser... Wahnsinn von ihr. Ich bin so bescheuert Pinon... Sie sah ihn an und plötzlich durchflutete sie die Gewissheit, dass alles gut werden konnte. Wenn sie es nur zuliess. Aber war sie dazu bereit? Der Hengst stand nun unmittelbar vor ihr, sie konnte seinen süssen Geschmack riechen, sein nasses Fell glitzern sehen. Und sie sah sein Blick, der besorgt auf ihr ruhte. Es... Es tut mir leid, flüsterte sie und schüttelte sich. Bitte vergiss einfach diesen... dass was gerade passiert ist Sie schämte sich so sehr, dass sie alles geben würde um ihr peinliches Wegrennen ungeschehen zu machen.


24.02.2015, 21:59
» Pinon
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» χρόνος

Wer rennt nicht weg, vor Sachen die unheimlich erscheinen?, fragte Pinon stattdessen. Er sah in ihre glänzenden Augen, feucht von den Tränen, welche Sekunden vorher über ihr Gesicht gelaufen waren. Einen Moment hielt er inne, wartete auf eine Reaktion, doch vorher redete bereits weiter: Fürchte dich nicht vor dem Ungewissen, wer weiß welche Großartigkeiten sich dahinter verbergen?, meinte er, ohne seinen Blick von ihr zu wenden. Er begann, vor ihr auf und ab zu gehen. Wenn du es nicht wünscht, lasse ich dich nicht allein. Das ist nicht meine Art. Ich kann dir zwar nichts über deine Vergangenheit sagen, aber ich werde dir helfen, etwas herauszufinden., fuhr er fort, Ich weiß nicht, ob du mich ertragen kannst, ich rede viel. Sehr viel, aber ich kann mich auch zurücknehmen, du musst mir nur sagen, wenn es zu viel wird.. Er blieb stehen. Seine Nüstern waren aufgebläht, er war aufgeregt, wollte Chronos stützen. Er konnte es nicht ansehen, wie sie da stand. Ein Häufchen Elend. Nichts wünschte er sich mehr, als ihr zu helfen.


24.02.2015, 22:22
» Ceres
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Aodhan



Sein Gesicht wirkte merkwürdig kühl – nicht grob oder unhöflich, doch seltsam verschlossen, und Ceres hatte das deutliche Gefühl, dass sie keinen aufgeschlossenen Gesprächspartner vor sich hatte. Seine warme Stimme passte nicht zu seinem distanzierten Auftreten, wohl aber zu seiner überirdisch schönen Erscheinung, die die Fuchsstute gleichmaßen verblüffte wie auch faszinierte. Noch nie hatte sie jemanden oder etwas gesehen, das ihm nahekam oder in irgendeiner Form vergleichbar war. In diesem Punkt ging es wohl nicht nur ihr so, überlegte sie im Stillen. Aber nur nach dem Aussehen zu urteilen wäre äußerst unklug, wie Ceres sehr genau wusste. Die kleine Stute wurde meist von anderen unterschätzt, und es geschah nicht selten, dass Hengste ein verdutztes Gesicht machten, sobald sich ihr Mund geöffnet und eine kluge Antwort gegeben hatte. Wenn Ceres etwas wirklich nicht leiden konnte, so waren es allzu schnell gefällte Vorurteile, Klischees, Schubladendenken. Weshalb sollte eine schlanke Stute nicht Kraft besitzen können? Ein Fohlen keine Weisheit? Ein Greis keine zeitlosen Vorstellungen? Es wäre um einiges einfacher, wenn die äußere Erscheinung auch das Innere eines Wesens widerspiegelte. Dann müsste dieser Hengst, überlegte sie, wohl das unschuldigste und reinste Geschöpf auf Erden sein, geformt aus Licht und Wärme. So aber konnte sie nur seine Körpersprache deuten, seine Worte vernehmen und sich selbst eine Meinung über ihn bilden, wenn sie auch zugeben musste, dass ihr Interesse geweckt war, wie es sonst nicht oft der Fall war. Ihre Familie hatte weitab der anderen Herden für sich allein gelebt, unter anderen in diesem Wald, an geschützten Plätzen, Ruheplätzen unter sanft wiegenden Blätterkronen, liebkosenden Brisen, die ihr die lange Lockenmähne zerzauste, und allerlei hellen Klängen von allen möglichen Vögeln. Mindestens genauso vertraut wie der Wald war Ceres das Meer mit seinen schäumenden Wellen, dem leise knirschenden Sand und der schier unendlichen Wasseroberfläche, die am Ende jeden Tages die glutrote Sonne in ihrem kühlen Blau verschwinden ließ. So merkwürdig, uneinschätzbar und manchmal sogar gruselig dieses Tal und seine Bewohner auch sein mochten, die Fuchsstute hätte sich blind zurechtfinden können, so vertraut war sie hier. Und dennoch, im Grunde wusste sie nichts, nichts über die Verhältnisse zwischen den zahlreichen Geschöpfen. Wie sollte sie auch, wenn sie behütet und abgeschirmt aufgewachsen war? Nur grobe Informationen waren ihr in seltenen Gelegenheiten zu Ohren gekommen. Nun schien es an der Zeit, dies nachzuholen … ihre Augen, die für kurze Zeit langsam umhergeschweift waren, kamen auf der Gestalt des Hengstes zum Ruhen.

Seine Antwort auf ihre kleine Begrüßung fiel äußerst knapp aus. Er verneinte ihre klare Feststellung kurz angebunden, erwiderte ihren Blick aus seinen hellblauen, schönen Augen, ehe er wieder zu Boden sah. Eine andere Stute wäre vielleicht vor den Kopf gestoßen worden, nicht aber Ceres. Sie war nie weinerlich gewesen, nicht so zimperlich und schreckhaft wie manchmal ihre Schwestern. Tatsächlich hatte Ceres immer als die Starke gegolten, ein Fels in der Brandung. Kurzum, eine Persönlichkeit, die nichts aus der Bahn werfen konnte. Vor wenigen Wochen erhielt ich den Beweis für das Gegenteil. Dieser Gedanke ergriff bittersüß Besitz von ihrem Kopf, doch das Lächeln, das um Ceres' Mundwinkel spielte, war dennoch warm und trug keine Spur des Schmerzes, den sie im Inneren erlitt, nach Außen. Als der Hengst meinte, sie solle es ihm sagen, wenn er sie störe, erhob sie milde amüsiert die Stimme zur Antwort. „Eine interessante Bemerkung, wenn man bedenkt, dass ich Sie überfallen habe, nicht?“, fragte sie schmunzelnd und schüttelte anschließend sacht den Kopf, wobei ihre Züge nun einen ernsteren Ausdruck annahmen. „Im Gegenteil …“, setzte sie hinzu und versuchte, seinen Blick wieder aufzufangen. „… ich hing Gedanken nach, über die ich mir viel zu sehr den Kopf zerbrochen habe, und die Einsamkeit fördert dies nur noch“, sagte sie aufrichtig und spürte, da ihr es jetzt, da die Worte einmal über ihre Lippen geglitten waren, schon viel besser ging. Es schien, als müsste man manchmal wirklich etwas laut aussprechen, statt es immer nur in sich hinein zu fressen. Und obwohl der Hengst vor ihr natürlich keine Ahnung hatte, wovon sie im Detail sprach, so hatten Ceres' wohl gewählte Worte etwas Allgemeingültiges. Plötzlich fiel der Fuchsstute etwas ein, wie hatte sie nur erst so spät daran denken können? Manieren waren gewiss nicht das Wichtigste der Welt, aber es verlieh dem Gespräch natürlich mehr Freundlichkeit, den Namen des jeweils anderen zu kennen. „Der Störenfried hat übrigens einen Namen“, sprach sie in ungezwungenem Tonfall, während das kleine Lächeln auf ihre Lippen zurück kehrte. „Ich bin Ceres“, stellte sie sich vor. Ceres. Das letzte Mal, als ihr Name erklungen war, hatte dieses Wort ganz anders geklungen, hart und unwirsch. Ceres, wir gehen … Würde sie es je wieder in lieblichen Ton ausgesprochen hören? Über ihre Zukunft hatte sie sich noch keine ernsthaften Gedanken gemacht. In diesen letzten Wochen war es Ceres manchmal so vorgekommen, als würden ihre Gedanken gewissermaßen stagnieren, sich im Kreis drehen. Was für eine Närrin sie doch manchmal war! Ceres konnte es selbst kaum glauben. Hatte sie nicht gerade eben von Gedanken erzählt, denen sie zu viel nachhing? Und jetzt begann sie eben dasselbe zu tun? Es stimmte, die Auseinandersetzung mit der schmerzlichen Szenerie schien das durchdringende Gefühl der Betäubung in ihrem Herzen jedes Mal wieder anzuregen. Aber sagte man nicht so schön, dass die Zeit alle Wunden heilte? Unwillkürlich richtete die Füchsin ihren dunklen Blick auf den Hengst vor ihr. Wann würde dieser Heilprozess beginnen? Wie viele Tage, Wochen, Jahre mussten verstreichen? Ihrem Gesicht sah man den Sturm an Gedanken in ihrem Inneren nicht an, in ihren dunklen Augen stand nur ein Funke davon geschrieben, praktisch unerschließbar für jemanden, der sie nicht gut kannte.

Um Himmels Willen, sie musste und sie würde jetzt nach vorne sehen! Mit einem Schlag schienen die Lebensgeister der Fuchsstute wieder erwacht zu sein, ihr Realismus hatte der Trauer einen gründlichen Schlag versetzt. Sie durfte sich das Leben nicht verderben lassen, denn es würde weitergehen … mit oder ohne ihre Familie, ob Ceres nun allein war oder nicht, es würde weitergehen – und sie würde dieses Mal nicht auf dem Weg stehen bleiben, sondern ihren eigenen einschlagen – so, wie es gewissermaßen schon ihr ganzes Leben tat.


24.02.2015, 23:02
» χρόνος
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Pinon



Die Jungstute hob hoffnungsvoll wieder den Blick, als Pinon zu sprechen begann. Wer rennt nicht weg... Vielleicht war Chronos doch nicht so komplett anders wie die anderen Pferde, vielleicht würden die anderen gleich reagieren, vielleicht gäbe es sogar eine Chance ein normales Leben zu führen... Als Pinon den nächsten Satz aussprach, war Chronos zunächst einwenig überrascht und stutze. Die bemitleidenswerte Stute hatte nie daran gedacht, dass ihre Vergangenheit etwas Grossartiges sein könnte, im Gegenteil, sie stellte sich vor dass ihre Vergangenheit ein mickriges Dasein war. Wer weiss... Chronos schöpfte neuen Mut und als Pinon ihr sogar offenbarte, dass er bei ihr bleiben würde, sie unterstützen, ihr helfen wolle, war Chronos so gerührt, dass sie zunächst nichts sagen konnte. Stammelnd versuchte sie ihm zu antworten, mehr als ein I-ich... brachte sie aber nicht hervor. Der Hengst starrte sie aufgeregt an, seine Nüstern gebläht, die Augen weit aufgerissen. Ich... du, begann sie wieder und setzte dann fort, du bist unglaublich. Sie wusste nicht wie ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen und so hoffte sie, dass er sie trotzdem verstand. Noch nie hat sich jemand so sehr um mich gekümmert
Chronos schaute nun an dem Hengst vorbei und sah hinaus. Hinaus in die Welt, in die Welt die sich langsam lichtete und ihr willkommen all seine Freuden aber auch Leiden offenbaren will. Chronos sah den Schnee auf den Blättern der Bäume glitzern, atmete die kalte Luft ein, sah ein Eichhörnchen von Baum zu Baum huschen und ... Im Vordergrund wieder Pinon. Sie schaute ihn an, direkt in seine Augen und da passierte es. Ihre Hoffnungslosigkeit fiel von ihr ab wie ein schweres Leichentuch, befreite sie und liess wieder Licht in ihr Inneres. Ja, sie war anders, aber sie konnte damit leben, jetzt, da Pinon an ihrer Seite war.


25.02.2015, 13:12
» Pinon
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χρόνος



Während er gesprochen hatte, hatten Chronos' Augen zu glänzen begonnen. Seine Worte schienen sie berührt zu haben. Nein Chronos. Ich laufe meiner Vergangenheit nicht nach und verliere mich nicht in der Zukunft. Man kann beides nur schwer beeinflussen. Ich möchte dir einfach helfen, ein befreites, schönes Leben zu führen., erklärte er, ging näher an sie heran und berührte sanft ihre Nüstern mit seinen. Mehr Körperkontakt wagte er noch nicht zu haben, doch er war sich sicher, dass Chronos letzte Berührung durch einen Artgenossen weit in der Vergangenheit lag.
Er sah Chronos an und spürte, welch ein Chaos in ihr tobte. Ihre Augen fixierten einen, nur für sie sichtbaren, Punkt in der Ferne, plötzlich war sie abwesend, dann wieder ganz da. Sah ihn mit klaren Augen an.
Ein Glück, dass er sie angesprochen hatte, wie länge wäre sie wohl noch allein im Wald umhergestreift.
Komm, ich werde dir das Tal zeigen., sagte er dann und ging los. Durch den Schnee hörte er, wie Chronos ihm folgte. Dies war nun bestimmt ein großer Schritt für sie. Doch er würde sie zu nichts drängen, was sie nicht wollte. Er war sich sicher, irgendwann würde sie stolz durch das Tal ziehen. Sie würde ihre Vergangenheit vielleicht nur teilweise herausfinden, vielleicht auch gar nicht, aber um glücklich zu sein, zählte ja das hier und jetzt. Auch wenn Chronos das erst noch lernen musste, war sie ja ebenso jung wie er es war, sie war ja gerade erst aus dem Fohlenalter heraus. Sie würde irgendwann ihren Partner finden, der sie stützen würde, wie Pinon es in der nächsten Zeit tun wird und auch dann wird er noch für sie da sein. Da war er sich sicher.
Am Waldrand blieb er stehen, sie sollte nun entscheiden, ob sie bereit dafür war.


25.02.2015, 18:50
» χρόνος
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Pinon



Chronos hörte Pinon gespannt zu. Wie Recht er doch immer hat, durchfuhr es sie dann. Ja, dieser Hengst war wirklich etwas besonderes, im Gegensatz zu ihr wusste er so viel und er möchte ihr helfen. Als er dann sich ihr näherte und sie berührte, war es als durchzöge sie einen Blitz. Wann hatte sie je ein anderes Lebewesen berührt? Sie zuckte jedoch nicht zusammen, nein, etwas Unangenehmes war das sicherlich nicht. Und als er ihr dann anbot das Tal zu zeigen, wusste Chronos zunächst nicht wie sie reagieren sollte. Gedanken überschlugen sich in ihrem Inneren, kämpften und schrieen ihr zu. Was hat Pinon vor? Moment. Er hat nur gesagt, er will mir das Tal zeigen. Keine andere Pferde, dabei ist doch nichts. Langsam beruhigte sich wieder das Tumult im Inneren der Jungstute und sie antwortete ihrem neu hinzugewonnen Begleiter leise mit einem Okay. Sie stapfte hinter ihm im Tiefschnee her, ging seinen Spuren nach. Pinon bereitete den Weg für sie vor, er kämpfte sich durch den Schnee damit sie mit Leichtigkeit hinterhergehen konnte. Er will mir wirklich helfen. Und ich bin mir sicher er kann es. Chronos sprach nichts davon aus, sondern schwieg und folgte dem Hengst. Und als es gegen Ende des Waldes ging, lief sie bedächtig nach vorn und hielt neben ihm an, schaute ihn die gleiche Richtung wie er. Wollen wir?, fragte sie ihn mit einem Anflug eines Lächelns, dann machte sie den ersten grossen Schritt nach vorn und verliess den Wald.


26.02.2015, 11:26
»Aodhan
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Ceres


Der Schnee, der noch die letzten Tage den Boden bedeckte, schmolz allmählich und hinterließ schlammigen Grund, der zur rutschigen Gefahr werden konnte wenn man auf seine vier Hufe angewiesen war. Ein leichter Wind ließ sanfte Nieselregentropfen gegen den Leib des lichtfarbenen Hengstes fallen. Nicht weit entfernt das Zwitschern der Vögel, der Geruch von Frühling, neues Leben erwachte. Aodhan schloss für einige Momente die Augen, verlor sich in der Stille und Ruhe dieser für ihn schönsten Jahreszeit. Er hatte so viele Träume gehabt, hatte Spion werden wollen, Jasons Platz sich gewünscht. Doch wenn sich die Frage stellte, wer besser zum Meisterspion geeignet wäre – kristallsplitterndes Licht oder Nachtschwärze – zog Aodhan schlichtweg den kürzeren. Doch er nahm es dem Rabenschwarzen nicht übel, er war sein Freund. So wie auch Illium und ihn ein besonderes Band miteinander verwob. Im Kreise der Sieben hatte Aodhan immer jene Ruhe und Geborgenheit, Sicherheit gefunden, die er in der Welt so schmerzlich vermisste. Als junger Engel hatte er unbeschwerter gelebt, obgleich er schon immer eher ruhig und zurückhaltend war. Nun aber war es die Isolation, die ihn am Leben hielt. In die er sich flüchtete vor der Realität.

Er genoss den sanften Regen, genoss es sich lebendig zu fühlen nach so vielen Jahren. Er spürte, wie sein gesamter Körper in Erregung darüber geriet, mit allen vier Hufen fest im Leben zu stehen. Dies war eine Zeit der Trauer und der Schwere, doch Aodhan gelang es, Kraft daraus zu ziehen. Es gelang ihm, sich Schritt für Schritt ins Leben zurück zu kämpfen. Und er hätte lügen müssen, verleugnete er den Anteil, den die Fremde daran tat. Sie war ohne Frage schön, ihre Anwesenheit angenehm. Ihre Worte waren klug und getragen von einem Hauch Humor. Etwas, was dem Engel schon längere Zeit abhanden gekommen war. Er spürte, wie seine Mundwinkel vorsichtig nach oben zuckten, ein schüchternes Lächeln produzierten. “Glaubt Ihr, Einsamkeit kann das Gefühl von Trauer und Nachdenklichkeit vertiefen?“ Die Antwort lag, zugegeben, auf der Hand. Nicht aber für Aodhan. Für ihn hatte Einsamkeit stets etwas Befreiendes bedeutet, er konnte keinen Trost aus der Gegenwart anderer ziehen. Nur ausgewählte Personen ertrug er dauerhaft in seiner Nähe, körperlicher Kontakt war ihm beinahe schmerzhaft unangenehm. Selbst zufällige Berührungen ließen den Leib des Lichthengstes erschaudern. Er, den man den Künstler nannte, bereute oft, der Welt so weit entrückt zu sein.

Vielleicht bot sich ihm im Kontakt zu Ceres ein Ausweg aus dieser Situation?! Ceres. So hatte sie sich ihm vorgestellt. Eingehend musterte er die Stute, die ihm Rätsel aufgab. Ihre Stimme trug in sich einen positiven, freundlichen Unterton. Ihre Mimik war offen und herzlich. Doch alles an ihr trug einen Hauch von Verlorenheit. Irrte er sich? Interpretierte er zu viel seiner selbst hinein? Er zwinkerte, kniff kurz die Augen zusammen und verscheuchte die Erklärungsversuche, um sich konzentrieren zu können auf das, was er nun antwortete. “Mein Name ist Aodhan.“ Beinahe hätte man das, was in seinem Gefühlsleben gerade vor sich ging, Stolz nennen können. Dies, was sie hier führten, war eine nahezu alltägliche Smalltalk-Situation. Etwas, was Tausende anderer Pferde tagein und tagaus erlebten. Er selbst jedoch als Herausforderung betrachtete. Mit kühler Eleganz rang er sich erneut ein Lächeln ab. Trotz all der Bemühungen wirkte es ehrlich. Doch sein Körper war angespannt, er fürchtete die Berührung. Was, wenn Ceres aus einem Überschwang heraus die Nähe zu ihm suchen würde? Er wusste, dass die körperliche Nähe für viele Artgenossen etwas Beruhigendes, Bindendes, Freundschaftliches bedeutete.


04.03.2015, 16:42
» Ceres
Dieser Nutzer/Charakter wurde gelöscht.

Aodhan


Ceres ließ ihre dunklen Augen auf ihm ruhen, während er den Blickkontakt zeitweise unterbrach. Seit langer Zeit schien der schmerzliche Gedanke an ihre Familie nur vage in ihren Hintergedanken zu verweilen, statt ihr volles Bewusstsein auszufüllen. Tatsächlich hatte ihr Gegenüber nun diesen Platz eingenommen, Ceres fühlte sich erneut von einer Faszination ergriffen, die sich die junge Füchsin nicht wirklich erklären konnte. Nicht, dass sie es intensiv versucht hätte, denn sie hatte allmählich wirklich genug davon, sich andauernd den Kopf zu zerbrechen. Auf die Frage des leuchtendes Hengstes antwortete Ceres nicht sofort, sondern sie nickte zunächst nur leicht mit dem Kopf, um ihre Zustimmung auszudrücken. Sie hatte erkannt, dass es eine ernste Frage seinerseits gewesen war. Diese Tatsache ließ sie hellhörig werden, sie war gespannt darauf, seine Meinung zu hören. „Ja, ich denke schon. Meinen Erfahrungen nach zu urteilen tut es gut, jemanden zu haben, der sich der Trauer annimmt. Was meint Ihr?“ Ihre Lippen bildeten ein halb schmerzlich, halb traurig wirkendes Lächeln. „Wenn das nicht der Fall ist, so bleibt einem schließlich nur der eigene Kopf, der Schmerz und die Trauer, die das Herz ungehindert einnehmen können, ohne, dass man es davon erlösen kann.“ Ceres sah sich plötzlich in der Beschreibung ihrer eigenen Situation, obwohl sicher viele Wesen so empfanden. Ob er nun ebenso fühlte wie sie, stand auf einem anderen Blatt – aber seiner ersten Frage nach zu urteilen war es zu bezweifeln, was Ceres merkwürdig und interessant zugleich fand. Sie war im Übrigen froh, dass sie nicht die Pronomen „ich“ und „mein“ verwendet hatte. Obwohl er ihr irgendwie sympathisch war, musste sie nicht direkt ihr gesamtes Seelenleben vor ihm ausbreiten. Gewiss war ihr Gegenüber aufmerksam, auch, wenn er einen zurückgezogenen und verschlossenen Eindruck machte. Wie gesagt, nach dem Äußeren durfte man keine Persönlichkeit beurteilen. Selbst Mimik und Gestik konnten etwas Anderes erzählen als die Seele. Ceres hegte aber trotzdem die vage Vermutung, dass er intelligent war und sie ihm daher ihre Worte kaum wie einigen in der Kreidezeit zurückgebliebenen Trotteln erklären musste. So viele Jahre im geschützten Bunde ihrer kleinen Familie und dennoch waren ihr derartige Begegnungen nicht erspart geblieben. Das Leben war wirklich nicht fair, dachte die kleine Füchsin sich, wobei sich ein verschmitztes Lächeln auf ihre Züge stahl. Ihre Schwestern waren immer ganz aus dem Häuschen gewesen, wenn sie Hengste getroffen hatten, Ceres aber hatte die meisten von ihnen als plump und nur kurzweilig ertragbar erachtet, was nicht nur Clover und Celya, sondern auch ihre Mutter meist deutlich geärgert hatte. Dabei war Ceres weder eingebildet noch hatte sie hohe Ansprüche, eher das Gegenteil war der Fall. Ihr ging es um die seelische Verbundenheit, und dass sie eine solche mit jemanden anstreben wollte, der sie mit den Worten Hallo du Schöne! So wie du aussiehst, hast du nur auf mich gewartet begrüßte, war ernsthaft anzuzweifeln.
In Cleophea hatte immer die Hoffnung geschlummert, eine von ihren Töchtern vielleicht als glückliche Gefährtin eines schönen Hengstes ziehen zu lassen, mit ihr und der Familie das Tal zu verlassen und sich einer anderen Herde anzuschließen. Das hatte sie zwar nie laut gesagt, aber Ceres war der bittere Zug um ihren Mund sehr wohl aufgefallen, den sie aufsetzte, wann immer sie einen Hengst abwies. Und da es aus irgendeinem Grunde meist Ceres war, die das Interesse der Fremden erregte, wurde aus diesen Vorstellungen nichts. Wenn Clover oder Celya jemanden aufgegabelt hatten, so war die Beziehung meist nur von kurzer Dauer. Aber sie waren keine Kinder von Traurigkeit, ihre Schwestern.
Ein Kind von Traurigkeit bin ich allerdings auch nicht. Das Lächeln verweilte auf ihrem Gesicht. In ihrem Falle sollte man diesen Ausdruck nicht so verstehen, wie er eigentlich gemeint war. Vielmehr spielte er auf Ceres' realistische, praktische Betrachtung des Lebens an. Die letzten Wochen waren wie eine Art Bewährungsprobe für die Stute gewesen. Andere wären vielleicht sogar in Depressionen verfallen, oder aber würden eine längere Zeit trauern, enttäuscht und zornig sein. Ceres hatte all diese Gefühle bereits durchlebt und spürte nunmehr ein dumpfes, schmerzvolles Pochen in ihrem Herzen, als würde ein Teil fehlen. Und bildlich gesprochen stimmte es vollkommen. Andererseits musste sie, wie man so schön sagte, das Beste aus der Situation machen, sich ein wenig nützlich machte, indem sie ihren Tribut an die Herde leistete und vielleicht zu einer vollwertigen Heilerin aufstieg. Vielmehr Zukunftsaussichten sah sie momentan nicht. Sollte sie die Liebe ergreifen, dann würde es eben so sein … wie sich damit arrangierte, würde sie zu gegebener Zeit entscheiden, falls es denn überhaupt eintraf. Ceres hatte im Grunde eher unangenehme Erinnerungen an vergangene Beziehungen – und das waren nicht viele gewesen, musste sie sich eingestehen.

Der leuchtende Hengst stellte sich als Aodhan vor. Ein ungewöhnlicher gleichwie klangvoller Name, der gut zu ihm passte, wie Ceres fand. Sie erwiderte Aodhans Lächeln, das seine edlen Züge noch hübscher wirken ließ, mit einem warmen ihrerseits. Kühler Regen prasselte nun vom Himmel herab. Sie regte sich nicht, denn Ceres mochte Wasser und störte sich keineswegs daran. Nach einem Gewitter sah es nicht aus, deshalb konnten sie problemlos im Wald bleiben, solange der Wind nicht noch stärker wurde und sich zu einem Sturm entwickelte, der möglicherweise Bäume umfallen lassen könnte. Ein kalter Wind ließ ihre langen Locken leicht flattern. Ceres erinnerte sich an ihr Vorhaben, mehr über die Bewohner des Stillreiches zu erfahren, und hoffte, Aodhan würde sich ein paar Informationen entlocken lassen. „Stammt ihr aus dem Tal?“, fragte die kleine Füchsin und hob den dabei ein wenig den Kopf. „Es klingt merkwürdig, aber ich bin hier geboren und weiß doch kaum etwas über die Bewohner. Ich habe mich erst vor kurzer Zeit einer Herde angeschlossen. Davor lebten meine Familie und ich stets in denselben geschützteren Ecken. Wir pflegten nur sehr unregelmäßig Kontakt zu anderen.“ Ceres verstummte kurz. „Jedenfalls scheint es mir höchste Zeit, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.“ Sie lachte nicht, aber das Lächeln blieb bestehen. Die Metapher war durchaus passend, wenn man bedachte, dass Aodhan aussah, als sei er aus purem Licht selbst geformt, kristallklar und überirdisch schön. Sie hatte die Metapher nicht mit Absicht gewählt, erkannte aber sofort, als die Worte über ihre Lippen geglitten waren, die Doppeldeutigkeit darin. Erneut ein Lächeln.


06.03.2015, 23:06
»Aodhan
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Ceres


Entschuldige bitte 10000 Mal dass es so lange gedauert hat smilie

Ein ganz unbegreifliches Gefühl bemächtigte sich seiner, während Ceres mit ihm sprach. Ihre Worte erschienen ihm zu klug, als dass sie aus dem Mund einer Sterblichen stammen konnten. Er glaubte fast, sich selbst in ihren Gedanken wieder zu erkennen. Doch das musste sich der lichtfarbene Hengst einbilden, denn kaum ein Wesen dieser Welt kannte Aodhan. Manchmal glaubte er, selbst kaum etwas über sich zu wissen. Teile seiner Vergangenheit lagen im Verborgenen, es blieb bloß der bittere Geschmack der Trauer. Engel besaßen ab einem gewissen Alter die Fähigkeit, in einen heilsamen Schlaf zu fallen und Gedanken, die die Seele zu zersplittern vermochten, "wegzupacken". Die Trauer blieb, doch die zu zergrübelnden und dadurch das Elend verschlimmernden Gedanken waren in einer Kiste ganz tief im Unterbewusstsein verborgen und konnten keinen weiteren Schaden anrichten. Die meisten Engel ließen dann die alte Trauer und den Schmerz hinter sich, sprangen über den Schatten der Vergangenheit. Aodhan jedoch war es nicht gelungen. Er trug sich in seinem Weltschmerz und konnte sich den Weg in die Realität nicht zurück erarbeiten. Ob er je wieder würde lächeln, gar lachen können? Und dabei meinte er nicht einfach ein Heben der Mundwinkel, denn dazu war er nach wie vor fähig. Er dachte an ein herzhaftes Lachen, ein Lächeln, das das Herz bis in alle Winkel beben ließen und den Atem raubte. Ein Wohlgefühl, dass sich im gesamten Körper wie eine Welle nach der Ebbe ausbreitete und alles vereinnahmte. Mittlerweile glaubte der stämmige Engel kaum noch an so etwas wie eine Erlösung für sich, doch in Momenten wie diesen - ein Moment wie der mit Ceres - glaubte er, zumindest einen Funken dieses Feuers in sich brennen zu spüren.

"Man kann Trauer und Schmerz aussperren, die Gedanken stoppen." warf er ein, eher zweideutig um seine eigene Identität nicht preis zu geben. Sofern Ceres nicht schon unlängst wusste, dass ein durch und durch unsterbliches Wesen vor ihr stand. "Aber ich bewundere diese Sicht der Dinge. Sie wirkt so... positiv." Seine Lippen kräuselten sich leicht zu einem jener halbherzigen Lächeln. Nicht, dass er es nicht ernst oder ehrlich meinte. Es war ihm bloß nicht mehr vergönnt, ohne weiteres glücklich zu sein. "Nun. Ich lebe schon lange hier, ich stamme jedoch ursprünglich nicht von hier." Gab Aodhan dann zu bedenken, um den roten Faden des Gespräches nicht fallen zu lassen. "Warum seid Ihr von Eurer Familie gegangen?" fragte Aodhan letztlich eher taktlos, doch jenes Faktum hatte insbesondere sein Interesse geweckt. Man verließ nicht einfach seine Familie. Das war bei Engeln so, ebenso musste es doch auch bei Sterblichen sein. Es kam ihm gar nicht in den Sinn, dass seine Frage womöglich ungehobelt war oder in ihr gar Trauer würde hervorrufen können. Aodhan hatte keine Übung in diesen Dingen, er war eine Forschernatur. Er wollte die Welt verstehen, bis ins tiefste Innere. Und dazu gehörten nun, momentan, auch die familiären Gepflogenheiten seiner interessanten und bezaubernden Gesprächspartnerin.


28.03.2015, 18:03
» Ceres
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Aodhan



Die kleine Fuchsstute erwiderte Aodhans aufmerksame Blicke. Die Art, wie er ihr zuhörte und antwortete, erinnerte sie ein wenig an eine Art Professor. Nicht, weil er sie belehren wollte, sondern weil in seinen Beobachtungen zweifellos soetwas wie echte Wissbegierde lag. Sie kam sich höchst merkwürdig in ihrer Position vor. Wenn er dieses Interesse nur vortäuschte, dann spielte er verdammt gut. Ceres war geneigt, eher an seine Aufrichtigkeit zu glauben. Vielleicht war sie mittlerweile auch so beeinflusst von seinem Äußeren, seinen Worten und seiner Stimme, dass sie kein zuverlässiges Urteil mehr fällen konnte - sie war zu interessiert und neugierig. Der Gedanke machte ihr Angst. Vor Liebe blind sein, diesen Ausdruck hatte Ceres öfter aus dem Munde Celyas oder Clovers gehört, nachdem eine weitere Liebschaft gehörig daneben gegangen war. Das war nur einer von mehreren Gründen, weshalb sie die Liebe bisher gemieden hatte. Sie wollte sich nicht so ihren Gefühlen hingeben, dass sie zu einem hirnlosen Liebchen wurde, das um die Hengste herumsprang (es blieb sehr fraglich, ob sie das überhaupt könnte, aber in Ceres' Vorstellung spielte sich das schlimmste Szenario ab.) Beinahe im selben Moment beruhigte sie sich wieder. Aodhan war ein interessanter Fremder, das war alles. Vermutlich eine Unterhaltung, die er höchstwahrscheinlich in wenigen Wochen vergessen würde.

Seine Stimme erhob sich gegen den unerschütterlichen Regen, und obwohl er nicht sehr laut sprach, verstand sie ihn ohne Probleme. Seine Worte veranlassten sie dazu, leise aufzulachen, mit amüsiert funkelnden Augen. Ceres bot ein für sie ungewohnten, kokettes Bild dar, eine junge Stute mit langer Lockenmähne, in der sich vereinzelte glitzernde Regentropfen verfingen – es wirkte unbeschwert. „Positiv eingestellt wäre wohl das letzte, womit mich die meisten beschreiben würden“, entgegnete sie erfreut. „Meist heißt es, ich sei pragmatisch und kühl. Aber ich weiß es sehr zu schätzen, dass Ihr so denkt. Schließlich ist ein Charakter nicht nur schwarz und weiß“, fügte sie hinzu. Tatsächlich war es meist nur die Oberfläche, die man anderen preisgab – ohne Zweifel jeglichen Fremden oder Bekannten, aber manchmal sogar engen Freunden oder der Familie. Ceres kannte diese Art von Schauspielerei nicht. Sie versuchte manchmal, sich vor ihren Gefühlen zu verschließen, aber sie war viel zu klug, um sich selbst etwas vorzumachen. Manche konnten sich nach einiger Zeit einbilden, keinen Schmerz, Trauer oder Liebe mehr zu fühlen, aber die Fuchsstute wusste, dass alles, was unter ihrer Oberfläche brodelte, früher oder später zum Vorschein kommen würde. Glücklicherweise war sie taff und selbstbewusst genug, um damit umgehen zu können, selbst wenn diese Gefühle ihr vor anderen Artgenossen entgleisten. Aber hatte Aodhan nicht hatte von eben jenem Phänomen gesprochen, das sie für sich selbst für unmöglich befunden hatte? War er womöglich doch anders, als sie glaubte? Unübersehbar war sein Äußeres anders, überirdisch. Aber wie stand es um seine Seele, seinen Geist? Ceres wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen. Sie hatte das Gefühl, dass Aodhan nicht viel Konversation führte, es vielleicht nicht mochte. „Für den Moment funktioniert das bestimmt“, meinte sie mit sachter Stimme. „Aber wie geht es danach weiter?“, wollte sie wissen. Das Leben war immerhin einem ständigen Fortlaufen unterworfen. Nichts riss es aus der Bahn, nicht einmal der Tod, denn für den Rest der Welt drehte sich der blaue Planet weiterhin beständig um sich selbst. Man war gezwungen, sich irgendwann wieder einzufügen, außer, man wählte Isolation und Depression. Und das klang überhaupt nicht mehr nach einem lebenswerten Dasein.
Ceres begab sich auf dünnem Eis, einem ungekannten Gebiet. Sie hatte nicht direkt das Wort „du“ benutzen wollen, denn sie maßte sich nicht an, eine solche Vermutung offen auszusprechen. Sie konnte sich gut vorstellen, dass Aodhan nicht darüber sprechen wollte, aber er faszinierte die Fuchsstute. Er war anders als jeder Hengst, dem sie je begegnet hatte. Als jedes andere Pferd, dem ich je begegnet bin, korrigierte sie in Gedanken.

Als sich das Gespräch ihrer Familie zuwandte, versteifte sie sich ein wenig, blieb jedoch auf der Stelle stehen. Seine Frage war direkt, aber keinesfalls unhöflich. Sie veranlasste Ceres dazu, einen Moment lang in seine ungewöhnlichen, blauen Augen zu sehen und über eine passende Antwort nachzudenken. Doch egal, wie sie sie im Kopf formulierte, sie kam dabei als egoistisches Biest weg, obwohl sie selbst gar nicht diesen Eindruck von sich hatte. Die Stute, die sich aus Trotz gegen den Willen ihrer Familie und so verwöhnt ist, dass sie glaubt, sie würden ihr zuliebe dableiben oder gar mitschleifen. Selbst gedacht klangen diese Worte falsch. Ceres war sich selbst nicht völlig sicher, ob ihre Entscheidung richtig gewesen war, wenn man dies denn Entscheidung nennen konnte. Im Grunde hatte ihre Familie ihr die Entscheidung abgenommen, zu gehen oder zu bleiben. Das war es vermutlich auch, was sie Aodhan am besten sagen würde. Daher formulierte sie ihre Gedanken zu einer Antwort. „Genau genommen war es umgekehrt.“ Sie schwieg kurz, ohne anzuzweifeln, dass er vermutlich noch nachfragen würde, deshalb setzte sie erklärend hinzu: „Euch ist gewiss der Krieg nicht verborgen geblieben. Selbst solchen 'Hinterwäldlern' wie uns erreicht eine solche Nachricht irgendwann. Meine Familie wollte so schnell wie möglich verschwinden. Ich hingegen bin …“ Die Stute brach erneut ab, um nach dem richtigen Wort zu suchen. „Nennen wir es hartnäckig. Ich hatte gerade erst meine Ausbildung begonnen und wollte den Ort, den ich als mein Zuhause erachte, nicht einfach verlassen. Außerdem lebte ich im Schutz einer Herde, den meine Familie ebenfalls hätte erhalten können.“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem unfrohen Lächeln. „Bevor wir uns irgendwie einigen konnten, nahmen sie mir meine Entscheidung ab. Meine älteste Schwester blieb zurück, um sie mir mitzuteilen, während meine Mutter und Celya schon fort waren.“ Möglicherweise hätte sie sich beugen, den Willen der Mehrheit akzeptieren und ihre tiefe Kränkung ignorieren sollen. Einen Moment lang verschwand der Glanz aus den Augen der Fuchsstute, bis sie sich einige Augenblicke später, wie für Ceres typisch, wieder fing. „Ich denke, ich habe Euch genug mit meinen Problemen gelangweilt“, schloss sie sachlich, schaffte es jedoch, sich ein mattes Lächeln zu entlocken. „Woher stammt ihr, wenn nicht von hier?“ Mit der Frage hoffte sie, das Gespräch von sich selbst weg und zu ihm lenken zu können.

Jetzt ist es an mir, mich zu entschuldigen :/


20.04.2015, 16:35
»Aodhan
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Ceres


Er sog jedes Wort, das sie sprach, begierig in sich. Selten hatte er eine so kluge Sterbliche kennen lernen dürfen. Wenngleich Aodhan nur selten Konversation betrieb, hatten sich die vergänglichen Gesprächspartner doch in den Jahrhunderten gehäuft. Er hatte an jenen stets Unvernunft, Verständnislosigkeit und Naivität beobachten können. Er konnte sich hingegen kaum daran erinnern, einer Gesprächspartnerin wie Ceres je begegnet zu sein. Die meisten Weibchen tänzelten um ihn herum, wie um einen besonders schönen Diamanten. Natürlich glich Aodhan in seiner lichtgebrochenen Schönheit einem solchen, dennoch wollte er nicht allein seines Äußeren wegen umschwärmt werden. Dafür war er schlichtweg nicht der Richtige. Ein paar seiner Kollegen hätten zu einem so freiwilligen Häppchen sicher nicht nein gesagt, Aodhan ging es jedoch nie nur um seine fleischlichen Genüsse. Diese konnte er recht gut unterdrücken, verbergen, hintan stellen. Interessanter war für ihn die Verführung des Geistes durch Intelligenz.

"Wenn Zeit keine Bedeutung mehr hat, kann man sich die Frage nach dem 'Wie lange...' sparen. Wir werden sehen." murmelte er kryptisch als Antwort auf ihre Frage. Er wusste selbst, dass er sein wahres Wesen vor ihr nicht lange verbergen konnte. Und auch wenn er es ihr nicht auf die Nase binden würde, verschleiern würde er es ebenso wenig. Interessiert lauschte er ihrer Vergangenheit, ihren Worten, ihrem Leben. Beinahe schockiert sperrte er den Mund auf, als sie behauptete ihn zu langweilen. Er hätte sich womöglich von ihr abwenden sollen, gab ihre Geschichte doch deutlich die Information preis, dass sie einer Herde angehörte und die seine war es nicht. Doch er konnte nicht von ihr lassen, noch nicht. "Ich finde diese Haltung bewundernswert, Ceres. In einem Kriegsgebiet zu verbleiben, obgleich die eigene Familie flieht. Auch wenn du es bestreiten wirst, es gehört Mut dazu." Er hatte ganz natürlich das Du in den Mund genommen. Angesichts seiner Neugierde hatte er nicht einmal mehr die Lust, die Distanz der Sprache aufrecht zu erhalten. Die Distanz ihrer beider Leiber war ihm ohnehin wichtiger. Er ertrug Berührungen kaum. Die momentane geistige Nähe zu Ceres jedoch bekümmerte ihn nicht, frohlockte beinahe. Er genoss es, sich unterhalten zu können. Ohne die Vorurteile und jene ekelerregende Faszination, mit der andere stets an ihn heran traten. Ceres mochte ebenfalls von seiner Lichtgestalt verunsichert wurden sein, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Er wusste wie schwer es den Sterblichen fiel, Wesen wie ihn zu ertragen. Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir gerade so noch ertragen... Er bedankte sich innerlich für die Haltung, die Ceres zu wahren vermochte.

"Ich stamme ursprünglich aus einem fast schon paradiesischen Tal wo unser gleichen Schutz findet. Es ist eine Art Rückzugsort. Du wirst verstehen, dass ich dir nicht viel darüber preis geben darf. Ich bin meinem Anführer gefolgt, als dieser hier Huf fasste: Raphael. Nun ist er tot und ich stehe hier vor dir. Vielleicht habe ich Ablenkung gesucht, ich weiß es nicht." Für Aodhan waren dies unglaublich offene Worte. Worte vielleicht, die ihn in Teufels Küche bringen mochten. Wer wusste schon, wer die Fäden Ceres' in Händen hielt. Faithless? Nein, das glaubte er nicht. Sie war zu klug, zu rein um einem Monster zu dienen. Doch nun blieben allein die Alacres Pacem und die Corvus Corax übrig, Aodhans Wissen nach bildeten allein die Raben aus. Handelte es sich also um eine.. Zauberin? Hatte sie deshalb vielleicht geschafft, dass er so freizügig sprach? Aber nein. Aodhans Mächte waren zu groß, als dass eine einfache Sterbliche ihn verhexen konnte.


04.05.2015, 12:47
» Ceres
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Aodhan


Aodhans geheimnisvolle Bemerkung ließ ein Lächeln auf dem Gesicht der kleinen Fuchsstute erscheinen. „Werden wir das?“, entgegnete sie ihm mit einem Anflug von Zweifel in der Stimme. Wahrscheinlich hatte er das „wir“ einfach beiläufig fallen lassen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, aber trotzdem hatte die Bemerkung sie stutzig gemacht. „Ich würde es mir wünschen“, schob sie hinterher, wobei die reine Wahrheit aus ihrem Mund sprudelte. Im nächsten Moment wünschte Ceres, sie hätte diese Worte nicht ausgesprochen. Aber es war ihr herausgerutscht, deshalb würde sie auch dazu stehen müssen. Die Stute wartete ab, ob Aodhans Mimik eine Veränderung durchlief, die auf seine Gefühle hinwies. Sie wusste nicht, weshalb sie nicht von dem Hengst loskam, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es nicht maßgeblich mit körperlicher Anziehung zutun hatte. Aodhan war gewiss außergewöhnlich schön, aber das wirklich Interessante war seine Persönlichkeit. Dass sie dem lichtfarbenen Hengst gerade praktisch ihre Nähe zugestanden hatte, bereute sie, aber da sie eine Freundin von Ehrlichkeit war, konnte sie sich wenigstens keiner Lüge strafen, im Gegenteil. Sie befürchtete nur, ihn damit verschreckt zu haben. Schon in dieser kurzen Zeit ihrer Begegnung konnte Ceres feststellen, dass er kein zutrauliches Wesen war, im Gegenteil. Er wirkte verschlossen und unnahbar. Ein anderer Hengst hätte längst ihre Nähe gesucht, er hingegen behielt ihren angemessenen Abstand bei. „Ich meine damit, dass ich mich gern mit dir unterhalte“, fügte sie in einem Versuch hinzu, sich aus der Situation zu retten. Aber auch diese Worte waren die Wahrheit. Ceres glaubte, dass sie selbst in einvernehmlichen Schweigen die Gesellschaft Aodhans genießen würde, aber eine Konversation wie diese war noch einmal etwas völlig anderes. Die Stute würde nie müde werden, klugen Worten zu lauschen. Dass Aodhan ihr seine Bewunderung für den sogenannten „Mut“, den sie an den Tag gelegt hatte, indem sie im Stillreich verweilte, löste in Ceres eben die Reaktion aus, die der lichtfarbene Hengst vorhergesagt hatte: in ihrem Inneren bestritt sie, sonderlichen Mut zu haben. „Du bist schließlich auch hier“, meinte Ceres mit einem sachten Schulterzucken, „und ich bin mir sicher, dass du aus edleren Motiven hier bleibst, als ich es tue.“ Über ihre Lippen zog sich ein Lächeln, das zum ersten Mal den Schmerz in Ceres' Herzen nach Außen trug. Zwar stiegen keine Tränen in ihre Augen, denn sie hatte selbst als Fohlen überraschend wenig geweint, aber in ihrer Kehle bildete sich ein Kloß, den sie nur mühsam herunterschluckte. Wo unser gleichen Schutz findet … Ceres sah Aodhan einige Sekunden lang reglos an, zog ihre eigenen Schlüsse aus seiner kryptischen Antwort und erhob dann erst das Wort. Er hatte sie soeben in ihrer vorsichtigen Vermutung bestätigt, es mit einem übernatürlichen Geschöpf zutun zu haben. Ob Aodhan Gefahr in sich barg? Ceres schätzte, dass er dank seines muskulösen Körperbaus ziemlich stark sein musste. Sie würde sich ihm körperlich kaum zur Wehr setzen können. Andererseits musste die Fuchsstute auch zugeben, dass sie den Glauben an ihre eigene Pferdkenntnis verlieren würde, wenn sie sich im Bezug auf Aodhan täuschte. Trotz seiner Stärke wirkte er verletzlich und sanft. Sie ließ das Thema auf sich beruhen, ließ aber ihr fortwährendes Nachdenken darüber nicht ins Stocken geraten. Vielleicht würde sie eines Tages tatsächlich entschlüsseln können, was es mit Aodhan auf sich hatte. Sie setzte ihr Gespräch fort, an der Stelle, an der Aodhan über seinen Geburtsort berichtet hatte. „Das klingt schön“, erwiderte sie. Beinahe perfekt. Weshalb hast du es verlassen?“ Sachte Regentropfen mischten sich mit den wehenden Böen und schafften objektiv betrachtet ungemütliche Wetterlage. Ceres dachte daran, dass der Frühling erst recht in frischem Grün erstrahlen würde, wenn es mit dem Regen vorbei war. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen formulierte sie eine weitere Frage. „Fühltest du dich dort zuhause oder tust du es hier?“ Eine kurze Pause trat ein, in der sie ihn nachdenken ließ. Aodhans nächste Worte ließen Ceres leicht den Mund öffnen, sie schenkte Aodhan einen nachdenklichen Blick, ehe sie das Wort ergriff. Erneut bewegte sie sich auf unbekanntem Gebiet, sie wollte keine taktlosen Worte ihm gegenüber fallen lassen oder gar ein falsches Urteil über seinen verstorbenen Freund fällen, das ihn womöglich kränken würde. Dazu hatte sie weder das Recht noch die Absicht – deshalb wählte sie ihre Antwort behutsam aus. „Das muss schlimm für dich sein“, murmelte Ceres und trat einen Schritt vor, hob dabei sacht den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. „Standet ihr euch sehr nah?, erkundigte sie sich mit sanfter Stimme, die einen Hauch Mitgefühl mit sich trug. Dass der Tod eines nahestehenden Pferdes jeden aus der Bahn warf, war völlig natürlich. Leider erachtete Ceres sich selbst nicht als gute Trösterin. Ob sie Aodhans Schmerz auch nur ein wenig lindern konnte, war ungewiss. Deshalb wartete Ceres gespannt auf seine Reaktion, einen Gesichtsausdruck, der ihr Auskunft über seinen Gefühlszustand erteilen würde. Wenn er mit ihr darüber sprechen wollte, was sie zugebenermaßen bezweifelte, dann würde sie ihr bestes tun, um Aodhan den bestmöglichen Ratschlag zu erteilen. Sie wollte keinen Hehl aus ihrem wahrheitsgetreuen Naturell machen, aber Ceres hatte nicht vor, Aodhan aus einer Taktlosigkeit heraus zu kränken. Wäre das Thema nicht ein so sensibles, würde sie gewiss freier und ungezwungener sprechen können – so aber war die Fuchsstute auf der Hut und überlegte genau, bevor sie sprach. „Manchmal weiß unser Unterbewusstsein bestimmte Dinge viel eher, bevor wir selbst sie wirklich wahrnehmen“, meinte sie mit ruhiger Stimme auf Aodhans vage Formulierung hin, dass er vielleicht Ablenkung gesucht habe. „Ich würde dir gerne ein wenig Zerstreuung deiner Lage ermöglichen“, sagte Ceres gerade laut genug, dass er ihre Stimme über dem Geräusch des Regens vernehmen konnte. „Aber bis jetzt hatte ich wohl nicht viel Erfolg“, fügte sie hinzu, wobei sie ein leises Lachen erklingen ließ, aus Belustigung über sich selbst und ihre eingehenden Kenntnisse über ihren Charakter, der wie gesagt, noch nie über bemerkenswerte tröstende Qualitäten besessen hatte, was höchstwahrscheinlich ihrer realistischen Lebenssicht zugrunde lag.


08.06.2015, 15:33
» Seelenspiegel


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Nachdem sie wieder einmal den Wasserlauf zwischen dem See und dem Wasserfall durchquert hatte breitete sich vor ihr eine riesige, flache Graslandschaft aus. Die Weiße überkam ein Gefühl von übermütiger Freiheit,so dass sie von jetzt auf gleich ein Wahnsinns Sprinttempo aufnahm und übermütig wieherte. Lange peste sie über die Landschaft hinweg. Der Regen peitschte ihr erbarmungslos entgegen und dann wieder von der Seite. Das Tempo hatte zufolge, dass der Luftstrom ihre Augen reizte und drohte sie auszutrocknen. Ihre sonst so klaren Augen reagierten mit einer Überproduktion von Tränenflüssigkeit, die sich nun mit dem Regen und wahren Lachtränen vermischte und die Stute in jeder Faser glücklich stimmte. Freiheit, soweit sie blicken konnte. Zumindest sofern ihr die Tränen-Regen-Mischung freie Sicht gab. Vergessen, all das was hinter ihr lag. Zuversichtlich dem was kommen würde. Endorphine wurden en masse in ihr ausgeschüttet und sie kam nicht drum herum mit einem wirklich breiten Grinsen dahin zu gleiten. Sie wirkte fast, als ob sie flöge. Während sie hinter sich einige durchweichte Grasbüschel mit ihren Hufen entwurzelte, die sich verlagert von ihrem ursprünglichen Standort wieder zurück Richtung Erdmittelpunkt, in ihre Nachbarhalme fallen ließen.
Überglücklich stellte sie dann fest, dass sie sich langsam wieder dem Wald näherte. Sie stand still, graste und überlegte kurz auf der Wiese zu bleiben. Doch dann entschloss sie sich anders. Effektiv kannte sie den Wald besser als die Wiese und trat wieder in diesen ein.
Ast um Ast ausweichend, doch noch geprägt von dem Unfall den sie soeben miterlebt und doch irgendwie verdrängt hatte, glitt sie durch den Wald. Nach gar nicht all zu langer Zeit, es kam ihr zumindest recht kurz vor, stellte sie plötzlich eine Veränderung in ihrer Umgebung fest. Es war, als stecke überall ein glitzernder, ansteckend, freudiger Zauber in jedem Baum. Alles wirkte hier wie geordnet. Selbst der Duft hatte sich ein wenig gewandelt; von dem üblichen schwachen Moos- und Holzduft, zu einem gewaltigen Geruchserlebnis aus eben diesen Komponenten. Sie wirkten hier um einiges Intensiver und lebendiger, als irgendwo anders im Tal.
Die Abendsonne stand dicht über den Wipfeln, der in Reih und Glied angeordneten Bäumen. Langsam verfingen sich zarte, güldene Strahlen in den einzelnen Verästelungen der Bäume. Wie verzaubert hielt Seelenspiegel inne, als würde sie einer bekannten Melodie lauschen, abseits des Dauerregens, der nun schon einige Zeit über dem Tal stand.
Langsam und mit Bedacht schloss sie für einige Minuten die Augen, zog tief die Luft in sich ein, die sie umgab und genoss den Soundtrack, den ihr dieser märchenhafte Wald verschaffte.


Wörter: 445

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19.06.2015, 23:08
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Geschlossen