Stillreich » Das Tal » Der Leuchtturm #1
» Namenlos
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Vargiiii smilie


sry das der so kurz ist smilie

Die Kleine, namenlose Stute zitterte. Auch wenn der Rote ihr versprach, dass ihr nichts passieren würde. Sie hatte Angst, schließlich war dies ihr erstes Gewitter. Was ist das? Wird es mich fressen?piepste die junge Fohlenstimme.
Der rote Hengst strich mit seinen Nüstern über den kurzen Rücken der Stute und verharrte kurz bei ihrer Schweifrübe. Das dies kein Verhalten war, dass unangemessen war konnte die kleine nicht wissen. Im Gegenteil, sie genoss die Nähe, fasste sie als Fürsorge auf. Fühlte sich...Sicher. Und Du passt auf mich auf? Versprochen? fragend sah sie den Hengst an, dieser jedoch hatte sich schon in Bewegung gesetzt und verließ den Leuchtturm. Sein schönes rotes Fell wurde sogleich dunkel vom Regen. Er forderte sie auf ihm zu folgen, doch die Junge stand unentschlossen in der Tür. Ob sie sterben wollte? Nein. Das wollte sie nicht aber die Angst war der kleinen Namenlos in das unschuldige Gesicht geschrieben. Ich will nicht sterben! jammerte sie und trat von einem Bein auf das Andere. Sie wollte mutig sein. Wollte, dass der Rote stolz auf sie war und sie lobte. Sie genoss seine Fürsorge in vollen Zügen und ohne, dass er groß etwas getan hatte, wollte sie ihm gefallen.
Die langen Beine des Fohlens setzten sich in Bewegung und starksten erneut die Treppen hinab. Der Fohlenpelz sog sich sogleich mit Wasser voll und entblößten das erste mal die drahtige Figur der Jungen. Sie zitterte. Gerade eben war es noch so warm gewesen, doch der Regen kam ihr vor wie eine kalte Dusche. Dann lass uns gehen! meinte Namenlos. Sie wollte mutig klingen, doch ihre stimme bibberte. Die langen Fohlenbeine waren steif vor Angst und bei jedem Lichtblitz und jedem Donner zuckte die Braune zusammen. Sie war von den vielen Blitzen so abgelenkt, dass sie mehrfach nicht auf ihre Beine achtete. Sie war wackelig unterwegs. Ob es an ihrem zarten Alter lag oder an dem Nahrungsmangel konnte man nicht ausmachen. Mehrmals fiel die kleine Stute fast auf die Nase doch sie war tapfer. Tapferer, als man es von einem Fohlen ihres Alters eigentlich erwarten konnte. Doch sie würde wohl schnell erwachsen werden müssen, wenn sie überleben wollte. Und eins war der Stute gewiss. Sie wollte leben. Sie wollte mehr über dieses tal lernen, sie wollte wissen warum das Licht hier gerade verrückt spielte. Es gab so viel zu entdecken, so viel mehr zu verstehen.

Kommst du? brummelte die kleine und stapfte durch den aufgeweichten Boden. Schon wenige Meter vom leuchttrum entfernt war Namenlos schon vollkommen entkräftet, aber sie zwang sich weiter zu laufen. Sie wollte das der große Rote stolz auf sie war.


04.09.2014, 21:23
» Atreus
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Mayla



Es gab immer wieder Wölfe, welche sich ihrer Position in der Welt nicht allzu sicher waren. Weithin waren sie als eine gefährlichste Art von Jägern gehandelt, es gab also keinerlei Grund sich über zwei Pferde, welche nicht einmal an ihnen Interesse zeigten, den Kopf zu zerbrechen. Sie würden, sie könnten, sie sollten.
Natürlich waren nicht alle mit Heldenmut und Kampfgeist geboren. Selbst Atreus hatte sich nie träumen lassen, dass er sich jemals in harten, skrupellosen Kämpfen wiederfinden würde. Er war nicht zum Töten geboren. Noch heute verfolgten ihn so manche grausamen Bilder der Vergangenheit, aber es gab für alles einen Moment in dem der Schalter umgelegt wurde. Meistens dann, wenn es um das nackte Überleben ging.
Doch wenn sich der Rüde diese Fähe betrachtete, wünschte er sich oder wohl eher ihr nicht, in einen Kampf verwickelt werden würde. Genaugenommen wollte er kein weibliches Wesen in einem sehen, auch wenn es solche taffen, kräftigen Wölfinnen durchaus gab. Doch dieses Exemplar bei ihm... niemals. Selbst wenn Mayla von nun an mehrere Stunden des Tages mit Training verbringen würde, wäre ihre zierliche Gestalt nicht dafür geschaffen die entsprechende Muskelmasse auf sich zu nehmen.

Als er sie vorsichtig anstieß, konnte er beinahe zeitgleich die nahezu elektrisierende Spannung zwischen ihnen spüren. Beinahe wäre der Rüde deswegen zusammengezuckt, wollte er doch nie aufdringlich sein. Jedoch blieb ihm nahezu keine andere Möglichkeit sie aus ihrer Schockstarre herauszuholen. Atreus war freilich nicht der süßliche, verführende Duft ihrer Läufigkeit entgangen, jedoch hatte er ganz andere Gedanken als dass es ihm den Verstand zu rauben vermochte. Es war eine ganz natürliche Sache für welche die Fähe herzlich wenig konnte, weshalb man es auch übergehen konnte. Offensichtlich.
Er vermied es nun ihr zu nahe zu kommen oder sie gar allzu eindringlich und lange anzuschauen, auch wenn es für ihn die Kommunikation erschweren würde. So konnte er sie über den Tumult des Unwetters nicht hören, fühlte aber dass er verfolgt wurde. Mayla. Wer sonst?
Als ihr kleiner Leib neben ihm auftauchte, war sie bereits wieder durchnässt und ihr Bauch war schlammbespritzt. Er selbst sah aber sicherlich auch nicht viel besser aus.

Er hielt sich nahe an den alten Wänden des Gebäudes. Zum einem, damit ihm nichts entging, zum anderem aus der Hoffnung, dass es etwas windgeschützter wäre. Dies konnte man aber unter vergebliche Müh verbuchen. Der Wind schien von allen Seiten zu kommen und wenn er es nicht tat, so dann zumindest der Regen.
Ihm entfuhr gerade ein schwerer Seufzer, als sich schräg vor ihm eine dunkle Öffnung befand. Eine weitere Eingangstür, aus der aber nahezu alle Bretter herausgerissen waren. Für einen Augenblick schaute Atreus zu Mayla hinüber. Sie sah aber nicht so aus, als würde sie als Erste sich durch dieses dunkle, große Loch wagen. So wandte sich der Graue um und sprang mit einem kleinem Satz über die Reste des Rahmens hinweg. Zunächst fand er sich in absoluter Dunkelheit wieder, seine Augen benötigten einige Zeit, bis er noch immer nichts erkennen konnte... Wachsam und leicht alarmiert drehte er seinen Kopf. Dort war eine Steintreppe, welche wahrscheinlich nach oben führte. Sie befanden sich in eine Art Keller in welchem sich so gut wie nichts befand, biss auf einige wenige Wandregale in welchen einige verstaubten Gläser standen, zwei Fässer...
Mayla., rief er sie zu sich. Hier bestand keine Gefahr und sollten die Pferde wieder den Weg nach draußen hier entlang suchen, so gab es genügend Möglichkeiten sich in einer fernen dunklen Ecke zu verstecken.


15.09.2014, 18:32
»Varg
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Namenlos smilie



Das Wetter hatte sich langsam beruhigt. Das Gewitter nahm immer mehr ein ende... bis es schließlich ganz verstummte. Zufrieden blickte er sein Mädchen an. Nun war doch alles okay. Er hatte mit dem Antworten extra gewartet, bis das Donnern ihn nicht mehr unterbrach. "Nein, ein Gewitter ist wirklich nicht schlimm und tut dir auch nichts. Es ist nur laut und teilweise hell." Kurz legte sich wieder das Lächeln auf seinen sonst so harten Gesichtszügen. Jedoch war dieses auch so schnell wieder verschwunden, wie es gekommen war. Er war einfach nicht der Typ der ober freundlich sein konnte... und er wollte es auch nicht. Er bekam auch so was er wollte, sah man ja an diesem Fohlen. Sie fraß ihn so aus der Hand, ohne zu wissen auf was sie sich nun wirklich einließ.
"Ja, meine kleine. Das mach ich." Dabei nickte er ihr noch einmal zustimmend zu. Sie hatte sich immer noch nicht vom Fleck bewegt. Stand zögernd in der Tür. Wie lange sollte er noch auf ihr warten. Langsam wurde er ungeduldig. Schließlich wollte er einfach hier weg, denn immer mehr fanden den Weg zum Leuchtturm, und er wollte mit der kleinen alleine sein. Sich an ihr begnügen... da brauchte keiner zuschauen. Also musste er einen Ort finden, wo sie ungestört waren... auch wenn sich dies sicher als schwierige Aufgabe erweisen konnte, aber es war nicht unmöglich.
Die Stimme der kleinen drang erneut in seinen Ohren, jedoch blieb er dieses mal stumm und beobachtete sie weiter, wie sie von ein Bein auf das andere hüpfte. Bis sie sich dann endlich langsam in Bewegung setzte. Endlich. Es waren gefühlte Stunden vergangen. Als sie meinte das sie endlich gehen konnten nickte er ihr zu, wartete aber das sie vorging. Und das tat sie auch, wenn auch tapsig, so das es aussah als würde sie jeden Moment auf fresse fliegen. Das würde eine lange Reise werden.
Die kleine drehte sich um, meinte er solle kommen. "Natürlich, ich werde hinter dir bleiben, so kann ich am besten auf dich aufpassen." Und deinen kleinen Arsch angaffen. Aber er fand die Position am besten. Keiner würde so einfach von hinten kommen, und er konnte über das Fohlen hergucken, so das auch niemand plötzlich von vorne kommen konnte. Die Seiten musste er also mit höchster Vorsicht beachten, schließlich konnte er nicht überall gleichzeitig sein. Seine Hufen versanken in den hellen Sand, und neben den beiden verlief das Meer. Was laut vor sich hinrauschte und Wellen schlug. Jedoch blieb er nicht stehen, sondern lief stur geradeaus. Wenn sie irgendwo abbiegen mussten, meldete er sich schon...

---> irgendwo wo es Wasser gibt

(hoffe es passt so weil ich ja jetzt nen anderes wetter eingebaut hab (: )


16.09.2014, 21:27
»Mayla
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Atreus



Inzwischen hatte der Regen nachgelassen und nur noch wenige Tropfen fielen auf die Welt herab. Ab und an blitzten gar einige Sonnenstrahlen zwischen den rasch dahinziehenden Wolken hervor. Dafür schien es, als würde der Wind nun umso heftiger an ihrem durchnässten Pelz zerren. Die intensive Kühle drang ihr bis auf die Haut vor und ließ sie leicht frösteln. Allerdings gab Mayla sich größte Mühe, dass der Rüde ihr dies nicht anmerkte. Sie musste so schon schwächlich genug auf ihn wirken. Vorhin noch hatte sie aus Angst vor ihm gezittert, jetzt würde sie das nicht auch noch aufgrund der Kälte tun. Der einzig positive Aspekt war wohl, dass zumindest ihre Läufe wieder vorüber war. Atreus hatte sich aber auch währenddessen größte Mühe gegeben, einen angemessenen Abstand zu ihr zu wahren und sie in keinerlei Hinsicht zu bedrängen – ganz so, als würde er wissen, wie unangenehm ihr das wäre. Die Fähe sollte sich also glücklich schätzen, in ihm eine derart höfliche Gesellschaft gefunden zu haben. In gewisser Weise erinnerte sie dies tatsächlich an ihren gemeinsamen Weg mit Amdír. Auch er war bis zu diesem Zwischenfall stets ähnlich rücksichtsvoll gewesen und hatte schlichtweg gespürt, wenn sie in Ruhe gelassen werden wollte. Doch letztendlich schien das der einzige Punkt zu sein, welcher die Rüden miteinander verband. Atreus wirkte viel mehr in sich selbst zurückgezogen und eher wie jemand, der andere auf Distanz hielt. Zumindest glaubte sie, das bei ihm zu erkennen. Aber eigentlich hatten sie noch längst nicht genug Zeit miteinander verbracht, sodass sie solch eine Einschätzung kaum wagen konnte.

Unruhig wanderte der Blick der Rot-Weißen immer wieder nach hinten, ihr zierlicher Körper wirkte weiterhin angespannt. Sie bemühte sich, mit jedem Schritt dicht bei Atreus zu bleiben und ihn niemals aus den Augen zu verlieren. Denn noch immer fürchtete sie, dass die Pferde auftauchen und sie angreifen würden. Dass dies eine eher unwahrscheinliche Möglichkeit war, kam ihr schlichtweg nicht in den Sinn. Dafür hatte sie schon zu viele negative Erfahrungen mit diesen Wesen gemacht. Doch zumindest hatte sie das Gefühl, der große Rüde könne sie im Notfall beschützen – aber würde er das auch tun? Immerhin war sie für ihn nur irgendeine Fremde, die wohl offensichtlich über die Maße schutzbedürftig war. Ob sein innerer Instinkt stark genug war, ihr eben diesen Schutz zukommen zu lassen, wusste sie nicht. Früher oder später würde er ihr vielleicht auch schlichtweg mitteilen, dass sie verschwinden sollte. Doch noch war das nicht der Fall.
Es war schwierig, dem Großen zügig zu folgen und dabei möglichst vorsichtig die Pfoten auf dem Boden zu platzieren. Denn das Gestein war vom vielen Regen überaus rutschig geworden und sie wollte nicht riskieren, zu Fall zu kommen. Wenn sie sich nicht einmal allein auf den Beinen halten konnte.. Ihre Ohren richteten sich aufmerksam nach vorn, als eine dunkle Öffnung einen weiteren Eingang des Gebäudes markierte. Ein etwas modriger Geruch schlug ihnen daraus entgegen und der Wind pfiff wenig einladen zwischen den herausgerissenen Brettern hindurch. Mayla konnte nicht behaupten, ein großartiges Bedürfnis danach zu verspüren, dort hinein zu gehen. Aber es würde deutlich besseren Schutz vor einem eventuell aufkommenden Gewitter bieten. Noch waren die dunklen Wolken nicht hinfort geweht, sodass ein Unwetter nicht im Bereich des Unmöglichen lag. Und allein der unbarmherzige Wind schien jeden dazu treiben zu wollen, sich zurückzuziehen. Völlig unbewusst nahm sie erneut eine leicht geduckte Schutzhaltung ein, während ihre dunklen Augen sich auf den Rüden hefteten. Ganz so, als wäre sie davon überzeugt, dass er ganz genau wusste, was nun zu tun war. Denn wäre es wirklich eine kluge Entscheidung, einfach so in die Dunkelheit hineinzutreten und darauf zu hoffen, dass keinerlei Gefahr bestand? Nun, Atreus schien davon überzeugt. Ohne großes Federlesen sprang er über die letzten Bretter hinweg, welche gerade noch in den Angeln hingen. Vermutlich würden sie beim nächsten Sturm einfach davongerissen werden. Überaus wachsam und mit beinahe besorgtem Gesichtsausdruck wartete sie ab, was sich tun würde. Sie war viel zu ängstlich, um ihm einfach zu folgen. Bedauerlicherweise konnte sie aufgrund der drin vorherrschenden Dunkelheit nicht einmal Schemen erkennen und der pfeifende Wind machte es unmöglich, auf ihr Gehör zu vertrauen. Aber sollte etwas geschehen, dann würde sie dies schon bemerken. Nur was dann? Würde er angegriffen, dann wäre sie doch viel zu schwächlich, um ihm zu helfen.

“Mayla.“ Erleichterung durchzuckte sie, als ihr Name ertönte und Atreus sie zu sich rief. Langsam löste sie ihre geduckte Haltung und bewegte sich vorsichtig auf den Eingang zu. Dass er dort im Dunklen eine boshafte Seite offenbaren könnte war nicht einmal im Ansatz Teil ihrer Gedanken. Nein, nicht er. Seine erste Reaktion auf ihre Ankunft mochte beinahe feindselig gewesen sein, doch dies auch nur, weil sie ihn anscheinend erschreckt hatte. Und bis jetzt hatte er ihr geholfen, gar seinen geschützten Platz für sie aufzugeben, nur um jetzt aufgrund ihrer Angst einen Neuen zu suchen. Er würde ihr nichts antun, so naiv dies auch klingen mochte. Vielleicht lag es auch an der untergründigen Ansicht, dass dies nicht einmal besonders schlimm wäre. Ihr seelischer Schmerz war viel furchtbarer als alles, was man ihr auf körperlicher Ebene antun könnte. Weitaus weniger schwungvoll, sondern vielmehr achtsam trat sie langsam durch die Tür hindurch und blickte mit großen Augen in die Dunkelheit – im ersten Moment konnte sie rein gar nichts erkennen. Keine Umrisse, keine Formen, keine Gestalten. Atreus könnte direkt vor ihr stehen und sie würde schlichtweg in ihn hineinlaufen, wenn sie sich weiterbewegte. Doch glücklicherweise gewöhnte sie sich rasch an die neue Umgebung und konnte den Rüden alsbald erkennen. Es schien, als hätte er überaus wachsam den Raum inspiziert, um sicherzugehen, dass auch wirklich alles in Ordnung war. “Es tut mir wirklich leid.“ Etwas verloren stand sie noch immer in der Nähe des Eingangs, während sie ihre Entschuldigung wiederholte. Er opferte hier schließlich seine Zeit, nur weil sie eine überaus feige Fähe war. Eigentlich sollte sie doch zumindest wissen, dass sie durchaus als gefährliches Raubtier galt und Pferde sich ihr eher nicht nähern würden. Aber es war wie immer in solchen Momenten, in denen sie von Angst erfasst wurde – das Offensichtlichste kam ihr einfach nicht in den Sinn. “Und danke. Du.. müsstest das wirklich nicht für mich tun. Ich bin mir sicher, du könntest Besseres machen als dich um jemanden zu kümmern, der eigentlich..“ Ja, was eigentlich? Der nach fünf Jahren Lebensspanne doch normalerweise in der Lage sein sollte, auf eigenen Pfoten zu stehen. Vermutlich war es das, was sie eigentlich sagen wollte.


20.09.2014, 17:57
» Atreus
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Mayla



Seine dunklen Augen inspizierten aufmerksam das Gebäudeinnere. Auch hier offenbarte sich eine alte, von Zeit geprägte, menschliche Einrichtung.
Wölfe und Menschen waren von jeher Konkurrenten und Feinde zugleich. Man sollte nicht glauben, dass sich dies vor Jahrhunderten mal geändert habe, als sich einige Wölfe ihnen angeschlossen hatten. Oder wurden sie vielleicht eingefangen und ausgenutzt? Die wahre Geschichte kannte wohl keiner. Atreus jedenfalls konnte keinen plausiblen Grund finden, warum man sich mit den Zweibeinern anfreunden sollte. Die Chancen, dass man nicht lange lebendig bleiben würde, waren zu heutigen Tagen recht hoch. Und zu einem Hund wollte der Rüde auch nicht werden. Es war nicht so, dass er etwas gegen diese ferner Verwandten hatte, doch was er in von Menschen besiedelten Gebiet gesehen hatte... diese Vierbeiner wären niemals in der Lage selbstständig zu überleben. Oder wie sollte ein Zwerg, der gerade mal bis zur Mitte seiner Läufe ging, irgendeine Beute machen? Womöglich war es aber die Strategie; Hunde abhängig vom Menschen zu machen.

Sein Gedankengang wurde von der dunklen Fähe unterbrochen, welche sich nun auch äußerst langsam in das Gebäude wagte. Nun, wenn man sie so sah, fragte man sich selbiges wie bei den Minihunden. Es war nicht mal böse gemeint, jedoch würde Atreus ihr auch zutrauen so gutherzig zu sein, dass es ihr selbst bei Mäusen unglaublich schwer fallen würde, diese zu töten.
Seufzend nickte er ihr zu, bevor er sich ein wenig in den Raum zurückzog, um sich auf trockenem, wenn auch dreckigen Untergrund hinzulegen.
Das Unwetter legte sich bereits wieder. Dumpfe Donnerschläge waren nicht mehr zu vernehmen, auch erleuchteten keine Blitze mehr den Himmel. Es würde aber nicht schaden, wenn sie beide auch noch den Regen ausharren würden.

Er schaute sie fragend an. Hatte er irgendetwas verpasst? Hatte sie vielleicht etwas gesagt, dass er mal wieder nicht verstanden hatte, wovon sie nun glaubte, dass es ihn verletzt habe? Atreus konnte sich auch an keine Tat erinnern. Ich wüsste nicht, wofür du dich entschuldigen müsstest., meinte er. Komm vom Eingang weg. Da war er wieder, der etwas schroffe Befehlston, den er aus so vielen Jahren sich angeeignet hatte und ihn jedes Mal selbst erschrak. Ich meine, da wird man dich eher sehen, als hier im Dunkeln., erklärte er, Wobei ich nicht glaube, dass uns etwas angreift. Vielleicht gibt es hier Ratten oder Mäuse.

Sein schwerer Kopf ruhte auf seine Vorderläufe. Im Gegensatz zu Mayla, war er ziemlich entspannt und so schloss er sogar für einige Zeit die Augen. Er hatte gelernt, dass die Welt so manchmal einfacher zu überleben war. Nichts sehen, nichts hören und am besten wäre noch nichts fühlen.
Der eigentlich was?, fragte er, noch immer die Augen geschlossen, doch öffneten sie sich langsam und er blickte zu der Wölfin hinüber. Ich wüsste nichts Besseres zu tun., versicherte Atreus ihr. Was auch? Zurück in den Krieg? Vermutlich wäre er innerhalb kürzester Zeit ein toter Wolf. Weiter alleine rumwandern? Er war es leid. Elendig leid.

(Obermies smilie)


01.10.2014, 17:25
»Mayla
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Atreus



Leicht zuckte sie zusammen, als seine Worte mit einem Mal von einem etwas harscheren Unterton besetzt schienen. Wie ein Befehl, dem man sich nicht widersetzen sollte. Das, was er nur wenige Wimpernschläge danach sagte, wirkte beinahe wie eine entschuldigende Erklärung. Während sie sich tatsächlich nach vorn bewegte, konnte sie eine aufkeimende Überraschung in ihrem Inneren nicht unterdrücken. Bislang war er durchweg so überaus höflich gewesen - wenn man einmal vom ersten Augenblick ihrer Begegnung absah - und plötzlich entsprang so etwas seiner Kehle. Das brachte selbst Mayla letztendlich doch wieder auf den Gedanken zurück, dass sie ihn gar nicht kannte. Als vielmehr hilflose Fähe einem unbekannten Rüden in einen dunklen, abgeschiedenen Raum zu folgen mochte also nicht die beste Idee sein. Dennoch war sie für den Augenblick zu erschöpft, um sich weiter damit zu befassen. Sie war gelaufen, nur gelaufen seit ihrer letzten Begegnung mit Amdír. Rast hatte sie bloß gemacht, um den notwendigen Schlaf zu bekommen und etwas Nahrung zu sich zu nehmen. Ansonsten war sie einfach ziellos durch das halbe Tal geirrt und hatte nicht gewusst, wohin mit sich selbst. Durchaus verständlich. Ihr ehemals bester Freund hatte sie zweimal zurückgelassen; nachdem er sie gedeckt hatte und als sie sich noch einmal begegnet waren und er erfahren hatte, dass ihre gemeinsamen Nachkommen allesamt verstorben waren. Ja, genau seitdem wusste Mayla erst recht nicht mehr, was sie nun tun sollte. Denn zurückkehren würde er gewiss nicht mehr, wenn sie das denn überhaupt wollte. Und somit war sie allein in einem Tal, was ihr noch allzu fremd war. Verlassen, unfähig, wertlos. Kein Wunder, dass die Rot-Weiße inzwischen am Ende ihrer Kräfte angelangt war. Mit ein paar letzten Schritten brachte sie ihren zierlichen Körper neben Atreus und ließ sich anschließend auf die Hinterläufe sinken. Wasser löste sich aus Ihrem noch immer nassen Fell und tropfte stetig auf den schmutzigen Boden hinab. Rasch hatten sich dunkle Flecken um sie herum gebildet. Ihr Blick wanderte über das alte Gemäuer, nur um dann auf der herausgerissenen Tür zu verharren und das Treiben draußen zu beobachten. Der Wind, welcher auch unüberhörbar durch jede noch so kleine Ritze pfiff, trieb draußen die herabgefallenen Blätter umher und ließ das Meer gegen die Felsen donnern. Alles schien so laut und doch im selben Moment erstaunlich beruhigend. Es war lange her, seit sie in Gesellschaft von jemandem gewesen war, der sie im Notfall beschützen konnte. Seit sie überhaupt eine längere Pause gemacht hatte. Und so kam es, dass Mayla tatsächlich verhältnismäßig ruhig wurde.


Der eigentlich in der Lage sein müsste, sich um sich selbst zu kümmern. Der Blick ihrer dunklen Augen legte sich auf den großen Rüden. Dort draußen gab es gewiss genügend Fähen, die schon dasselbe erlebt hatten wie sie. Vielleicht sogar mehrmals. Immerhin war es nicht unbedingt eine Seltenheit, dass einzelne Wölfinnen zu schwach waren, um ihren Nachwuchs am Leben zu halten. Besonders Einzelgängerinnen, die unfreiwillig von Unbekannten gedeckt wurden, gelang düs nicht unbedingt. Und dennoch waren sie stark genug, um weiterhin allein durch die Welt zu ziehen und nicht an ihrem Schicksal zu verzweifeln. Ständig darüber zu klagen. Mayla wusste, dass sie nicht zu derart willensstarken und überlebensfähigen Geschöpfen zählte. Aber irgendwie musste doch auch sie eine Methode finden, sich durchzubeißen und nicht ständig darüber nachzudenken, sich über eine Klippe zu stürzen. Denn ein Leben mit einem solchen beständigen Gedanken war nicht lebenswert. Junge Wölfe stürzten die Minuten nach ihrer Geburt unzählige Male und rappelten sich doch immer wieder auf. Das müsste auch der Rot-Weißen gelingen. Ein Neuanfang, der Beginn eines neuen Lebens. Dies wäre etwas, das sie brauchte. Doch dafür musste sie erst irgendeinen Anstoß finden. Unwillkürlich seufzte sie leise, als als diese Gedanken durch ihren Kopf zu wirbeln schienen. Es war nicht einmal leicht, überhaupt solch positives Denken zu versuchen - dann auch noch alles in die Tat umzusetzen war umso schwerer.


Langsam ließ sie ihre Vorderpfoten einfach nach vorn rutschen, bis sie schließlich auf dem Bauch zum Erliegen kam. Ihren Blick hatte sie bereits wieder auf den schmalen Ausschnitt von der Außenwelt gelegt. Sacht berührte ihr nasses Fell an einigen Stellen das des Rüden, ohne, dass sie dies bewusst gewollt hätte. Dennoch hatte es etwas Beruhigendes. Sein großer Körper strahlte eine wohltuende, nahezu behütende Wärme aus und seine schlichte Gesellschaft tat ihr gut. Ein Umstand der bewies, wie lange sie doch schon allein umhergezogen war. Dieses Tal war tatsächlich zu groß, um auf Schritt und Tritt jemandem zu begegnen. Mayla verstand nicht diejenigen ihrer Artgenossen, die sich in die Berge oder einsame Höhlen zurückzogen, um fernab von Anderen zu leben. Auf Dauer würde sie dies nicht aushalten, schier wahnsinnig werden. Letztendlich war sie wohl jemand, der in einem Rudel am Besten aufgehoben war. Jenes, in dem sie aufgewachsen war, hatte sie auch nur verlassnem weil sie Amdír vertraut hatte. Ohne ihn, ohne seinen neugierigen Geist wäre sie niemals dort fortgegangen und würde gewiss noch heute behütet dort leben. Vielleicht bereits mit.. Nein. Solche Gedanken wollte sie nicht einmal anfangen, hatte sie sich dort gerade erst für ein paar Augenblicke davon gelöst.


Für einen Moment stellten ihre Ohren sich auf, als sie glaubte, aus einem anderen Raum des Gebäudes leise Stimmen zu hören. Vielleicht die Pferde. Doch noch bevor eine erneute Anspannung von ihr Besitz ergreifen konnte, bemerkte sie, dass die Geräusche immer leiser wurden. Ganz so, als würden die Unbekannten dieses seltsame Gebäude verlassen und sich entfernen. Den Gedanken, dass sie nur einmal herumgehen und hier hineinkommen könnten, schob sie vehement zurück. Das wäre doch nur allzu unlogisch. Sie sollte sich immer wieder in den Kopf rufen, dass Pferde keine Jäger waren und deshalb gewiss nicht wie Raubtiere versuchen würden, sie einzugreifen. Die aktuelle entspannte Situation machte es ihr leichter, daran zu glauben. So könnte die Fähe gar für einen kurzen Moment die Lider senken und auf das stetige Pfeiffen des Windes lauschen. Zwar kamen die dunklen Augen schon alsbald wieder zum Vorschein, aber es sollte dennoch zu bemerken sein, dass sie bedeutend ruhiger geworden war.


08.10.2014, 13:52
» Atreus
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Mayla



Seine Schneidezähne bohrten sich leicht in seine Unterlippe, als er ihr Zusammenzucken bemerkte. Wie dumm seine Aktion doch gewesen war, vermutlich dachte sie nun wieder darüber nach, ob es sich bei dem Rüden nicht doch um einen Serienkiller handeln könnte. Tut mir Leid. Macht der Gewohnheit., murmelte er nicht recht gewillt näher auf seine Eigenheit und damit verbundene Vergangenheit zu reden. Dennoch war Atreus keineswegs unsozial und wollte ihre Gesellschaft nicht verlieren. Sicherlich hatte er nichts dagegen, auch längere Zeit alleine durch die Gegend zu streifen. Um genau zu sein mied er absichtlich größere Gruppierungen. Er würde sich nicht zu einer größeren Gesprächsrunde stellen und schon gar nicht eine der beiden Gruppierungen, von welchen man hier im Tal hörte, anschließen. Nicht jetzt. Dort würden nur Fragen gestellt werden. Woher kam man? Wie fand man her? Was für Zukunft erwartete man für sich? Und sollte man dann sich erklären, gingen die Antworten nur so herum wie ein Lauffeuer. Man musste sich niemandem mehr vorstellen, die anfängliche Befangenheit, die es sonst bei neuen Begegnungen so gab, war verschwunden. Nicht zuletzt befürchtete er aber auch, dass er als Einzelgänger sicherer war. Das Tal war geprägt von Unruhen und Feindseligkeit. Wer wusste also schon zu wem man gehören musste, um in Frieden zu leben.
Kein Wunder also, dass er Maylas Anwesenheit eher zu schätzen zu wusste. Im Gegensatz zu Miríel war die kleine Fähe deutlich ruhiger. Sie sprachen kaum miteinander. Noch nicht. Denn sobald sie etwas mehr ihre Ängstlichkeit ablegen würde und auftaute, gab es vielleicht ein Thema über das sie sprechen musste. Wie unsinnig es ach sein mochte, den Rüden war es nur recht.

Er nickte kurz, als sie ihren Satz beendete. Zusammenfassend war sie also nicht nur zurückhaltend und schreckhaft, sondern besaß auch noch ein winziges Selbstbewusstsein. Ohne dass er aufsah, wusste Atreus, dass ihr Blick auf ihn gerichtet war. Wenn du meine Meinung dazu wissen willst,, sagte er schließlich, Ich denke schon, dass du dazu in der Lage sind. Er hob seinen Kopf und schaute sie an. Sie hatte bis zum heutigen Tag überlebt und würde sicherlich auch noch einige mehr erleben. Doch wenn sie sich selbst darüber unsicher war, so wäre die beste Wahl wohl sicherlich die, ein Rudel aufzusuchen. Da würde man ihr mit allerlei Dingen helfen, wenn nötig.
In dem Moment als sie ihn leicht berührte, hatte der Rüde bereits wieder seine Augen geschlossen. Bis auf ein kurzes Blinzeln, um zu wissen was vor sich ging, zeigte er keine offensichtliche Reaktion. Gewiss war sie sich nicht ganz klar darüber, was gerade geschah, da ihr Blick bereits wieder auf den Eingang gerichtet war, welchen sie genommen hatten. Alarmiert und ruhelos.
Ein leichtes Seufzen ertönte von seiner Seite, als Mayla zumindest etwas Ruhe zu finden schien. Nahezu genauso unbewusst wie sie es getan hatte, lehnte er sich etwas stärker in ihre Richtung. Ließ sie an seine Körperwärme und seinen gleichmäßigen, ruhigen Atem teilhaben. Es gab nichts wovor sie sich fürchten musste.


11.10.2014, 17:51
»Mayla
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Atreus


Einzig das Pfeifen des Windes und die rauschenden Wellen sorgten dafür, dass keine völlige Stille entstand. Vielmehr legte sich lediglich Schweigen gleich einer schweren, samtenen Decke über die beiden Wölfe. Wobei „schwer“ beinahe die falsche Bezeichnung war. Diese Ruhe empfand Mayla keineswegs als erdrückend, einengend oder belastend. Sie hatte etwas gut tuendes und ließ sie das erste Mal zu völliger Ruhe kommen. Selbst ihr Geist ließ sich einen Augenblick Zeit, ehe er mit dem Nachdenken über die Aussage von Atreus begann. Ich denke schon, dass du dazu in der Lage bist. Bis zum aktuellen Punkt zumindest stimmte das tatsächlich. Immerhin lag sie hier, wenn auch langsam am Ende ihrer Kräfte, und war noch am Leben. So weit war sie allein gekommen. Den Anfang ihrer Reise, den ersten Schritt hatte sie noch gemeinsam mit Amdír getan. Die Verbindung zwischen ihnen schien mit jedem weiteren Tag neue Risse bekommen zu haben, bis sich schließlich eine tiefe Kluft aufgetan hatte. Eine Kluft, die sich zumindest in ihren Augen niemals mehr schließen lassen würde. All jenes, was in den zahlreichen Stunden ihrer Einsamkeit geschehen war, hatte sie überstanden. Eine Trächtigkeit. Inmitten einer Welt voller Gefahren war es nicht selbstverständlich, in diesem Zustand ohne jeglichen Schutz zu überleben. Eine Geburt. Kaum qualvollere, körperliche Schmerzen gab es, die man ertragen musste. Und dennoch war es ihr gelungen. Der Tod ihres Nachwuchses. Gewiss, noch immer war die schwärende Wunde, welche dieses Ereignis gerissen hatte, tief in ihrem Herzen und würde kaum mehr verheilen. Aber trotzdem – sie lebte. All die verschlungenen Wege, bis sie schließlich hierher gelangt war, um ruhig an der Seite von Atreus zu weilen. Sie hatte es gemeistert. Allein. Auf sich gestellt. Stunden der Verzweiflung hatten ihr Leben mit dichten Wolken verhangen und doch war es Mayla gelungen, bis heute zu überleben. Zeugte das nicht zumindest von einem gewissen Grad an Stärke? Vielleicht war sie nicht so unendlich schwach, wie sie bislang angenommen hatte. Ein Funken Durchhaltevermögen und Kampfesgeist schien doch in der Rot-Weißen zu glühen. Sie durfte diesen bloß nicht erlöschen lassen.
Vielleicht hast du recht. Die dunklen Augen blieben weiterhin auf den Türrahmen gerichtet, ihre Stimme war leise. Und dennoch lag darin ein gewisser Unterton von Hoffnung und Dankbarkeit. Vor allem Dankbarkeit gegenüber Atreus. Es mochte seltsam erscheinen, dass eine knappe Aussage sie zu einer gewissen Erkenntnis leiten konnte. Aber dennoch erschien er ihr so stark, so selbstständig und vor allem ehrlich, dass sie ihm glaubte. Sie vertraute darauf, dass seine Aussage ernst gemeint war und er in der Lage war, richtig über sie zu urteilen. Es war seltsam, ja, man konnte dies mit Nachdruck wiederholen. Vielleicht lag diese Reaktion auch nur darin begründet, dass sie seit so langer Zeit endlich wieder in angenehmer Gesellschaft weilte. Aber ebenso gut konnte es an der Ausstrahlung liegen, welche der Rüde besaß. Es war einfach.. kaum zu beschreiben. Sie wusste nichts über ihn und doch glaubte sie daran, dass er eine ungeheure Erfahrung besaß, die ihm derartige Aussagen möglich machte. Charisma. Vermutlich wäre das die Definition für jenes, was sie nicht wirklich ausdrücken konnte. Und jemand mit Charisma war für eine Wölfin voller Selbstzweifel etwas sehr Beeindruckendes und Beeinflussendes. In diesem Fall nicht einmal unbedingt schlecht, sondern eher positiv.

Leicht wandte sie den auf ihren Pfoten abgelegten Kopf, als sie spürte, wie die Nähe zu Atreus intensiver wurde. Es hatte keineswegs etwas Bedrängendes, sondern er schien dies eher unbewusst zu tun. Und es hatte etwas Gutes. Nachdem ihr Blick nur wenige Wimpernschläge auf seinem Gesicht verweilt war, schloss sie abermals für einige Zeit ihre Lider. Anspannung, Schmerzen – körperliche und seelische -, Angst, das alles schien sich zumindest kurzzeitig einfach zu verflüchtigen. Es war, als hätte jemand eine Zauberformel gemurmelt, welche Mayla endlich zur Ruhe brachte. Und das glich einem Wunder. Danke. Ich glaube, du tust mehr, als du weißt. Eigentlich wollte sie die Stille nicht durchbrechen, aber ebenso wenig sollten diese Worte zurückgehalten werden. Der Rüde schien sich bei jeder Reaktion, die sie falsch interpretierte, selbst zu schelten. Als wäre da etwas, wodurch er mit sich nicht völlig im Reinen war. Da erschien es ihr nur richtig, ihm so etwas mitzuteilen. Es waren wenige Worte, ja, aber das konnte manchmal sehr hilfreich sein.

Ihre dunklen Augen kamen erst wieder zum Vorschein, als von draußen ein Sonnenstrahl auf sie fiel und ihr förmlich die Nase kitzeln zu schien. Staubkörnchen tanzten ohne erkennbares Muster in dem goldenen Licht, düstere Schatten schwanden und dem Raum wurde jegliche Dunkelheit genommen. Diese Szene hatte etwas Friedvolles. Und das war in Zeiten des grausamen Krieges und der brutalen Kämpfe sehr selten. Zwei Wölfe, Schutz vor dem beißenden Wind suchend, lagen in Eintracht nebeneinander und schienen durch keine Zwiespalte geprägt. Und auch wenn es nur rein äußerlich so wirkte, dass sie nicht einmal innere Konflikte zu bestreiten hätten, so war es doch in gewisser Weise tröstlich. Auch für Mayla. Es schien ihr, als würde sie seit Langem endlich wieder etwas Halt in ihrem Leben finden.
Die rasch dahinziehenden Wolken verdunkelten alsbald wieder die Sonne, aber dennoch würde ihr das Bild wohl in Erinnerung bleiben. Wie die Dunkelheit vom Licht vertrieben wurde. Wenn sie doch zweifelte, dann reichte es vielleicht, an so etwas Banales zu denken. Kleine Dinge konnten Hoffnung und Kraft schenken, auch wenn man es nicht erwartete. Du wirkst so stark, Atreus. Schon allein, weil du mit deinem Leben als Einzelgänger völlig einverstanden scheinst. Ich mag mich täuschen, aber trotzdem bin ich davon beeindruckt, egal wie es ist. Selbst wenn man am Liebsten in sich versinken würde, dann muss es viel Kraft brauchen, um dennoch so wie du aufzutreten. Die Rot-Weiße hielt inne, um tief Luft zu holen und diese in einer warmen Atemwolke wieder auszustoßen. Noch währenddessen schlossen sich ihre Augen wieder. Es war tatsächlich bewunderswert, zumindest so stark zu wirken wie er. Mayla könnte das nicht, sie war vermutlich auch einfach nicht dafür geschaffen. Aber es konnten auch nicht alle so sein wie er. Wie wäre schon die Welt, wenn alle gleich wären?


12.10.2014, 18:29
» Atreus
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Mayla



Grundsätzlich war jeder, der irgendwann einmal geboren wurde, dazu in der Lage sich um sich selbst zu kümmern. Mit Sicherheit gab es einige, dazu zählte auch Mayla, welcher lieber noch den sozialen Rückhalt eines Rudels als Sicherheit zu wissen wussten. Dies änderte aber gewiss nichts an der Fähigkeit selbst. Was jedoch möglich war, den Glauben daran zu verlieren, dass sind dann jene, welche man eines Tages tot auffand. Sie gaben irgendwann auf und verschwanden einfach so im Stillem. Atreus verglich dies immer mit einer kleiner Flamme, die von einer Sekunde auf die andere aus ging. Nicht zu verwechseln aber mit denen, die einen möglichen Suizid groß an die Glocke hingen. Die hatten das Gefühl das irgendetwas fehlen würde und sie ohne dem nicht weiterkamen. Zum Leben wären sie aber durchaus noch in der Lage. Ihr Tod war eher als Unfall zu bezeichnen. Sie wollten nicht bis in die letzte, tiefste Faser des Körpers sterben, nur... ja irgendetwas bekommen. Es muss schon etwas äußerst verheerendes geschehen, damit der Überlebenswille von Geist und Körper restlos ausgelöscht werden kann.
Atreus selbst hatte genug davon über Tod und das Sterben nachzudenken. Es mochte zu dieser Welt gehören, so war er und die Fähe neben ihm noch weit davon entfernt.
Glücklicherweise sah sie dies genauso ein, auch wenn ihm ihre Formulierung mit dem vagen Wort ´vielleicht´ noch nicht ganz gefallen mochte. Doch war es nicht erstaunlich genug, dass eine einfache Meinung eines Fremden, also eine nichts bedeutende Aussage, durchaus etwas verändern konnte?
Augenblicklich schien die kleine Fähe präsenter und positiver eingestellt zu sein. Ihre Stimme wirkte klarer und sicherer, ein Grund weshalb es ihm leichter gefallen war ihren leisen Worte zu verstehen. Glaubte er. Es konnte genau so gut auch daran liegen, dass sie es ihm regelrecht direkt ins Ohr sagte, befand sie sich doch direkt neben ihm.
Nichtsdestotrotz war er sich aber recht sicher, dass ihre braunen Augen wieder an etwas Glanz zurückgewonnen hatten und ihr Gang aufrechter und selbstbewusster sein würde. Was ein paar kleine Worte nicht anzurichten wussten.

Eigentlich hätte der Rüde damit gerechnet, dass die Rötliche von ihm abrücken würde. Hatte sie doch vorher Berührungen weitestgehend vermieden. Verständlich. Wer mochte sich schon von einem Unbekanntem gerne berühren? Selbst Atreus hatte damit seine Schwierigkeiten, wenngleich er in dieser heutigen Welt weit weniger zu befürchten hatte, als die meisten Fähen. Er durfte sich sicher fühlen.
Er hatte sich lediglich erhofft, dass sie die zaghafte Kontaktaufnahme aufgrund ihrer Nebensächlichkeit akzeptieren würde. Zwar kam ein wenig Bewegung in ihren zarten Leib, jedoch nicht panisch. Ganz im Gegenteil schien es genau das zu sein, was sie brauchte. Sie wirkte entspannter. Ihre Muskeln lockerten sich, ließen das Atmen leichter werden. Die ganze Atmosphäre ringsum schien ruhiger und angenehmer zu werden.
So war es ein leises, kurzes Lachen in seiner vollsten Natürlichkeit aus seinem Munde, welches seinen gesamten Körper mit einem leichten Beben erfasste. Ich liege hier nur. Er tat rein gar nichts und das war die Wahrheit. Denn schlussendlich war es Mayla selbst, die sich aus seiner Anwesenheit zog, was sie benötigte.

Für einen Augenblick glaubte er die Andere sei eingeschlafen. Die Situation hatte etwas friedliches. Wie sie einträchtig nebeneinander lagen, als wären sie lange Zeit Freunde. Die Sonne schien durch den Eingang und zog einen schmalen Lichtstreifen über den dreckigen Boden, gerade so weit, dass er die Pfoten der beiden Wölfe geradeso berührte. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man denken der Frühling kündige sich an.
Im gleichem Atemzug wie einige Wolken wieder den Himmel verdunkelten, erhob sich Maylas Stimme. Was sie sagte, ließ ihn den Kopf heben. Nachdenklich schaute er auf sie hinab. Ich... Wohl zum ersten Mal seit langem hatte es ihn die Sprache verschlagen. Es brauchte einen Moment, bis er seine Stimme wieder gefunden hatte. Ich bin nur ich., sagte er. Nun das hoffte er zumindest. Kurz huschte sein Blick durch die Umgebung, erfasste nochmal den Raum, bevor er wieder auf Mayla fiel. Jeder ist stark, wenn er einfach nur er selbst ist. Viele, insbesondere Jungspunde glaubten oft, dass Stärke etwas mit Muskelkraft zu tun hatte. Nach dieser Einschätzung wäre Atreus durch seine Kriegserfahrung ein Held. Einer der Stärksten. Auch er hatte dies früher geglaubt, mittlerweile gab es aber keinen Moment seines Lebens in den er sich feiger gefühlt hatte. Man tötete, bevor der andere auch nur die Chance auf ein Wort hatte, weil man sich davor fürchtete selbst umgebracht zu werden. Dabei wären alleine Worte vielleicht ausreichend. Krieg ist etwas feiges, verachtungsvolles.
Es macht mich nicht stark, weil ich es schaffe als Einzelgänger zu überleben. Stärke ist etwas viel Größeres als Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer, Mayla., sprach er, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, anderen stets ein Lächeln schenken... Er wandte seine Augen wieder auf den Ausgang, so wie sie es zuvor getan hatte. Sozusagen den Fluchtweg immer im Blick. Man darf auch mal die Hoffnung verlieren., er schluckte schwer, als sein Kopf sich wieder senkte. In seinem Hals hatte sich ein kleiner Kloß gebildet. Man darf nur sich selbst nicht verlieren.


12.10.2014, 21:01
»Mayla
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Atreus



Ihre kleinen Ohren stellten sich auf, als sie das Beben des Körpers neben sich spürte. Zeitgleich drang ein leises Lachen zu ihr vor und sie öffnete beinahe etwas erstaunt ihre Augen. So schweigsam, so ernst hatte Atreus seit dem ersten Augenblick ihrer Begegnung gewirkt, dass diese Reaktion völlig unerwartet war. Doch in gewisser Weise wurde sie dadurch umso positiver eingestimmt. Man könnte beinahe sagen, dass die beiden Wölfe langsam miteinander warm wurden. Hatte besonders die Ängstlichkeit der Rot-Weißen bislang noch eine Art Barriere zwischen ihnen aufrecht erhalten, so schien diese nun allmählich zu Staub zu zerfallen. Gewiss, noch immer blieb in ihrem Hinterkopf ein gewisser Funke von Unsicherheit und auch Misstrauen zurück. Aber sofern der Rüde keine plötzliche, gewaltsame Reaktion zeigte, würde auch dies noch schwinden. Sie war froh, ausgerechnet auf ihn getroffen zu sein. Dieser Gedanke durchzuckte völlig überraschend, aber wohl auch verständlicherweise ihren Geist. Letztendlich wäre die zierliche Fähe wohl mit jeder halbwegs ordentlichen Gesellschaft zufrieden. Aber es gab dennoch einen Unterschied zwischen ‚zufrieden‘ und ‚an der Grenze zu glücklich‘. Und das ist nichts, was jeder tun würde. Gewiss, sie hatte auch selbst einen Anteil daran, dass sie durch seine Gesellschaft ruhiger wurde. Aber um das Ganze noch einmal Revue passieren zu lassen: Sie waren einander begegnet als zwei völlig Fremde. Auch jetzt waren sie das rein prinzipiell noch, selbst wenn sie in völliger Eintracht nebeneinander lagen. Auf der Suche nach einer sicheren Zuflucht vor dem Gewitter war Mayla beim Leuchtturm angelangt, wo Atreus sich bereits aufgehalten hatte. In seinem ersten Schrecken hatte er sie mit einer wenig freundlichen Reaktion begrüßt, woraufhin er sogleich Zeuge ihrer übermäßigen Ängstlichkeit geworden war. Und dennoch hatte er seinen Platz für sie aufgegeben, war mit ihr fortgegangen, als die unnatürliche Furcht vor den Pferden nicht zu bändigen gewesen war. Statt seelenruhig dort sitzen zu bleiben und sie vielleicht noch auszulachen. Nein, er tat wirklich mehr, als er wusste. Dinge, die er wohl für selbstverständlich hielt, waren es nicht. Und vielleicht war es das, was ihr so gut tat. Jemand, der sich unbewusst und auf seine eigene Weise um sie kümmerte, ohne dafür etwas zu verlangen. Und sei es nur ein ausführlicher Dank. Sicherlich war auch Amdír für sie da gewesen, aber diese Situation war einfach anders. Das Verhältnis zu dem Dunklen hatte immer auf einer gewissen Gegenseitigkeit beruht – hatte er etwas für sie getan, hatte Mayla etwas für ihn gemacht. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo er sie verlassen hatte. Atreus dagegen war einfach.. da. Und das, obwohl er nicht derjenige war, der sie seit ihrer Geburt kannte. Die Fähe verbarg ihre dunklen Augen wieder hinter ihren Lidern, ohne ihrer überraschten Reaktion noch einmal verbal Ausdruck zu verleihen. Oder ihren Gedanken. Und dennoch blieben gerade diese weiterhin in ihrem Geist erhalten.

Sie spürte, wie der Rüde sich regte und wohl seinen Kopf von den großen Pfoten hob. Dennoch dauerte es einige Momente, bis sie ihre Augen wieder öffnete und ihn anblickte, während er sprach. Und das auch nur aus reiner Höflichkeit. Die Rot-Weiße hatte das Gefühl, sie könnte seinen Worten deutlich besser lauschen, wenn sie ihre Augen geschlossen halten würde. Aber letztendlich hinderte ihre Erziehung sie daran – und der wichtige Sinn hinter seiner Aussage ging schließlich dennoch nicht verloren. So wartete sie geduldig, bis er seine Stimme fand und die Worte formulierte, welche ihre Ohren erreichten. “Ich bin nur ich.“ Diese Worte schienen beinahe wie ein Fingerzeig auf den Umstand, dass er kaum etwas von sich selbst zu halten schien. Vielleicht mochte er selbstbewusst und derartiges sein, aber dennoch schwang dort ein leiser Zweifel mit. Zumindest glaubte Mayla, dass dem so war. Und als stille Persönlichkeit, der jeder beinahe alles anvertraute, hatte sie gewissermaßen Übung im Zuhören. Auch wenn sie meist viel zu sehr in ihren schmerzvollen Gedanken versunken war, um sich mit so etwas zu beschäftigen. Nebenbei bemerkt würde jemand, der in ihren Kopf blicken konnte, feststellen, dass sie nun schon seit geraumer Zeit nicht mehr über den Tod ihrer Welpen nachgedacht hatte. Etwas, das sie für gewöhnlich Tag und Nacht quälte. Doch dies war gerade nicht von Bedeutung, sondern vielmehr das Hier und Jetzt. Würde sie diesen Umstand nämlich selbst realisieren, so würde sie viel zu schnell wieder zu ihren Sorgen zurückkehren. Bist du davon überzeugt? Ich bin ich, Atreus, genau so, wie du mich erlebst. Vielleicht von etwas geplagt, , und schon hatte sie sich doch wieder an das Vergangene erinnert, aber trotzdem auch normalerweise unsicher, übermäßig schreckhaft und ganz gewiss nicht so, wie ein Wolf sein sollte. Nicht stark. Nicht wie du. In ihrer Stimme lagen weder Traurigkeit noch Selbstmitleid, vielmehr sprach sie das Ganze erstaunlich nüchtern aus. Denn mehr als eine Feststellung war es nicht. Verstehe mich nicht falsch – ich akzeptiere das, was die Natur tut. Stärkere und Schwächere schaffen. Aber ich bin nicht stark, nicht in irgendeiner Weise, die mir bekannt ist. Die Rot-Weiße unterbrach sich selbst.

Draußen grollte erneut der Donner und vereinzelte, große Regentropfen platschten auf die Erde herab. Es war ganz so, als wäre das Gewitter noch längst nicht vorbei, sondern hätte vielmehr eine Pause gemacht. Hier drinnen, in diesem Raum, waren die Donnerschläge umso intensiver zu hören, sodass es ihr bei jedem Einzelnen leicht in den Ohren zu rauschen schien. Mayla wandte ihren Kopf noch etwas, bis er so lag, dass ihre Schnauze sachte das Schulterfell des Rüden berührte. Etwas, das wohl zweierlei Ursachen hatte. Früher, als sie noch klein gewesen war, hatte sie sich bei Gewitter stets dicht an ihre Mutter gekuschelt und so behütet das Unwetter überstanden. Zudem war es einfach etwas.. sie wusste es selbst nicht genau. Etwas, das ihr mehr Konzentration schenkte, in seltsamer Art und Weise. Vielleicht einfach, weil ihr diese angenehme Gesellschaft so übermäßig gut tat. Letztendlich konnte sie es selbst nicht erklären. Aber vielleicht habe ich mich selbst auch noch nie gefunden. Ihre Worte waren nicht mehr als ein leises, nachdenkliches Murmeln. Noch so jung war sie gewesen, als sie mit Amdír gemeinsam fortgegangen war. Ihr Charakter, alles an ihr war noch längst nicht völlig entwickelt gewesen. Vielleicht war es noch zu früh gewesen, vielleicht hatte sie auf ihrem Weg zu viel gesehen und erlebt. Zumindest zu viel für eine junge Fähe. Mayla wusste es nicht, sie hatte keine Ahnung, ob sie darauf je eine Antwort haben würde. Woher wusste man schon, ob man sich selbst fand oder verlor? Eine Frage, die wohl auch nach stundenlangen Gesprächen und Überlegungen noch nicht geklärt sein würde. Letztendlich war es für sie wohl das Beste, schlichtweg diese aktuellen Momente zu genießen und daraus jene Kraft zu ziehen, die sie brauchte. Die sie selbst nicht hatte, aber benötigte, um das Erlebte endlich zu verarbeiten. Vielleicht war sie danach selbst stärker.


19.10.2014, 18:22
» Atreus
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Mayla



Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich jeder einmal hinlegt., meinte er mit einem zähneentblößentem Lächeln. Wenn bereits das kurze Auflachen für die Fähe überraschend kam, so musste sie über diese Aussage noch überraschter sein. Atreus konnte durchaus herzhaft lachen und scherzen, nur hatte er es mit der Zeit regelrecht verlernt. Wenn man nicht gerade für wahnsinnig gehalten werden wollte, schwieg man in der Einsamkeit lieber. Und auch Kriegsführer hatten es nicht gerne, wenn man ihnen widersprach, ganz zu schweigen von den verängstigten Kämpfenden, welche besseres zu tun hatten als die Situation verharmlosen zu wollen. Eingerostet. Das war alles.Und allein durch eine Begegnung hier und eine Begegnung da, kam es nicht wieder.
Ganz anders lag es da mit den Dingen, die er verpasst hatte. Seine Jugendjahre würde er wohl nicht nachholen können, doch einiges gab es da schon, was er tun wollte. Wenn denn nur die Zeit dafür richtig wäre.

Es war nicht nur seine Pflicht ihr zu lauschen, da dieses Gespräch einmal begonnen war, sondern weil er es gerne tat. Selbst wenn es mitunter anstrengend werden könnte, so konzentriert zu sein, um ja kein einziges Wort zu überhören, zog er dies ausnahmsweise der unbelastenden Stille vor. Maylas Stimme war angenehm, beruhigender als vieles bis dahin Gehörtes. Egal wie negativ ihre Worte auch sein mochten. Gewissermaßen gab es dem Rüden das Gefühl gebraucht zu sein.
Mayla, was in aller Welt definiert einen Wolf?, nachdenklich schaute er auf sie hinab. Wenn du tatsächlich glauben solltest, dass man ständig hocherhobenen Kopfes durch die Gegend stolzieren muss und auf seinen Beutezug sich wahllos auf irgendein Tier stürzt, weil es keine Rolle spielt, ob das nächste Tier nun gerade der größte Elch im Lande ist... Er schüttelte leicht seinen Kopf. Es ist äußerst mutig seine Schwächen zu kennen und zuzugeben. Auch er selbst hatte Schwächen und Ängste. Eine ganze Menge sogar. Wer sagte, dass er nicht die Beine in die Hand nehmen würde, wenn man ihm nur auf das Falsche stieß?
Die Fähe schien einen unglaublichen Dickkopf zu besitzen und in diesem war als einziger Gedanke dicht verschlossen, dass sie schwach sei. Er atmete tief durch, wusste genau, dass er nur unweit von einem Schuss ins eigene Knie entfernt war. Wann, sprach er weiter, seinen Blick eindringlich auf sie gerichtet, hast du angefangen zu leben?

Mittlerweile wusste der Rüde nicht mehr so recht, ob Mayla nur ihre Augen schloss, um zu entspannen oder ob sie langsam vom Schlaf überwältigt wurde. Womöglich auch beides.
Als sie ihre Nase in das dichte Fell seiner Schulter steckte und tief durchatmete, schauderte er kurz. Es erinnerte ihn an den Krieg, zumindest zu anfänglichen Zeiten, als sie noch als größere Gruppe zusammen waren. In der Nacht hatten sie sich stets dicht an dicht auf einem winzigem Fleckchen Erde zusammengekauert, während ein anderer Teil aufmerksam Wache hielt. So etwas wie Scham gab es damals nicht. Es war oft vorgekommen, dass jemand seine Tränen im Fell des Nachbarn trocknete. Ohne Beschwerde, denn am nächsten Tage war er vielleicht an der Reihe sein Schluchzen zu ersticken. Einem war alles Recht, solange es einem am Leben hielt. Und dennoch hatte man nie das Gefühl der Sicherheit gehabt. An einen geruhsamen Schlaf war kaum zu denken, wenn man bedachte, dass selbst jener Wolf getötet wurde, welchen man nur kurz zuvor für ausgesprochen gerissen, schnell, mutig und stark gehalten hatte. Atreus selbst hatte sich als Einzelkämpfer wesentlich besser getan, wenn dies der richtige Ausdruck dafür war. Tatsache war, dass er keine Verantwortung mehr gegenüber seiner Kollegen hatte. Der Rüde musste nicht immer alarmierend hochschrecken, weil nur wenige Meter neben ihm mal wieder jemand schreiend aus einem Albtraum erwachte. Er musste lediglich auf sich selbst Acht geben. Vielleicht war jener Tag auch nur der, an welchem er sich seinem Schicksal ganz ergeben hatten. Überleben oder Sterben. Diese zwei Möglichkeiten hatte er zur Auswahl und wenn er sterben musste, so wäre er lieber im Schlaf überwältigt wurden. Keine Zeit zur Gegenwehr, nicht genügend um Angst aufkommen zu lassen. Atreus war mit dieser Ansicht sicherlich einer der wenigen oder gar der Einzige, welcher so von Zeit zu Zeit wirklich richtig schlafen konnte.
Sein Blick blieb an dem nun wieder grauverhangenem Eingang hängen. Erneut fielen so viele, lange Regenstriemen herab, dass es fast aussah, als bildete sich dort ein Wasserfall. Wie es schien, würden die Beiden hier noch einige Zeit ausharren müssen.
Du solltest ein wenig schlafen, Mayla., sagte er leise, bevor er seinen eigenen Kopf seufzend wieder auf seine Vorderläufe ablegte. Nur wenige Augenblicke später erweckte eine flinke Bewegung zu seiner Rechten seine Aufmerksamkeit. Eine junge Ratte flitzte quer durch den Raum, kletterte einen alten Balken empor, bevor sie ganz aus seiner Sicht verschwand. Selbst sie suchten also nach Schutz vor dem Unwetter. Wie es aussah würden sie hier also wesentlich länger warten müssen, als Atreus erwartet hatte.Nachdenklich fuhr er sich kurz mit der Zunge über seine Lefzen. Ob die kleine Fähe Hunger hatte? Um den Winter zu überstehen, brauchte sie definitiv noch ein wenig auf den Rippen.


22.10.2014, 11:00
»Mayla
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Atreus



Leise, ganz leise nur lachte sie bei seiner Antwort in sich hinein. Es war etwas, das man schon seit langer Zeit nicht mehr von Mayla hatte vernehmen können. Spätestens seit Amdír sie allein gelassen hatte, war ihre volle Aufmerksamkeit auf das pure Überleben ausgerichtet gewesen – nichts, das einem übermäßig positive und lustige Gedanken brachte. Doch es fühlte sich gut an, endlich einmal wieder etwas – wenn auch nur für einen kurzen Moment – amüsant zu finden. Allerdings hatte sie kaum erwartet, dass die Anregung dazu ausgerechnet von so einem verschlossen wirkenden Charakter wie ihm kommen würde. Nach einer kleinen Weile verebbte ihr Lachen jedoch wieder und es schien, als würde sie nun umso aufmerksamer den Worten von Atreus lauschen. Was einen Wolf definierte? Nun, das kam vermutlich ganz auf die Sicht an, welche man seit seiner Geburt eingetrichtert bekam. Es war von der Herkunft abhängig. Nach ihrem Verständnis sollte ein Wolf ein Wesen sein, was problemlos allein überleben konnte, stark genug war, um jeglichen Gefahren und Hindernissen zu trotzen. Niemand also, der regelrecht angewiesen war auf Gesellschaft und Schutz. Ich will nicht bestreiten, dass es als stark gelten kann, wann man die eigenen Schwächen zugibt. Aber so denken nicht viele. Als stark gilt man nur, wenn man stark handelt – ohne Schwäche, ohne Angst. Es mochte eine recht konservative Ansicht sein, die man sie so in ihrem Rudel gelehrt hatte. Und vermutlich sah sie das Ganze insgeheim vollkommen anders. Doch jeder würde wissen, wie schwierig es war, das zu überwinden, was man seit seiner Kindheit beigebracht bekommen hatte. Und nach den Normen, die sie kannte, galt sie eben nicht als stark.

Als sie die Frage des Rüden vernahm, tauchten in einer raschen Bewegung ihre Augen hinter den Lidern auf, während sie im selben Moment ihren Kopf anhob. Mit einem Mal zeigte sich auf ihrem Gesicht ein regelrecht abweisender Ausdruck und als sie die Stimme erhob, war diese von einem kalten Unterton geprägt. Ich habe gelebt, bevor ich wieder gestorben bin. Nachdem sie dies ausgesprochen hatte, wandte sie ihren Blick wieder von ihm und ließ den Kopf wieder zurück auf ihre Vorderläufe sinken. Diesmal drehte sie ihn jedoch nicht so, dass ihre Nase sein Fell berührte, sondern vielmehr in die andere Richtung. Von ihm fort. Es schien beinahe, als hätte diese Frage dazu geführt, dass sich abermals eine gewisse Wand zwischen ihnen aufbaute. Doch in diesem Fall führte sie nicht zu Ängstlichkeit ihrerseits, denn das hätte auch dafür gesorgt, dass sie in Anbetracht ihrer Läufe von ihm abgerückt wäre. Doch es war Mayla egal, sie blieb einfach, wo sie war. Nur schaute sie ihn nicht mehr an. Natürlich wusste sie nichts über ihn, hatte keine Ahnung, durch welch grausame Vorgeschichte er vielleicht geprägt sein mochte. Doch zu tief und frisch war noch die Wunde in ihrem Herzen, welche der Verlust ihrer Welpen gerissen hatte. Und es war fast so, als hätte er mit seiner Frage seine scharfen Krallen geradewegs hineingebohrt. Bevor sie die Jungen verloren hatte, war ihr Leben gut gewesen. Vielleicht nicht perfekt, vielleicht trotzdem geprägt von falschen Ansichten oder veralteten Definitionen. Doch zumindest war es ihr nicht schlecht ergangen. Sie hatte gelebt. Doch seit jenem grausamen Ereignis hatte sie jegliche Lust am Leben verloren – und war das in gewisser Weise nicht gleichzusetzen mit einer bestimmten Art von Tod? Vielleicht wäre der Begriff „mentaler Tod“ dafür ganz passend. Schweigend lag die Rot-Weiße da, rührte sich nicht weiter. Nur das Heben und Senken ihrer schmalen Seiten bewies, dass sie – zumindest rein körperlich – noch am Leben war. Sie bemühte sich darum, von ihren düsteren Gedanken fortzukommen, indem sie sich schlichtweg auf ihre Umgebung konzentrierte. Da war der Boden, dessen Kälte sie selbst durch ihr dichtes Fell hinweg spürte. Ihr Pelz selbst war noch immer von einer gewissen Feuchtigkeit durchzogen, was ihr ein sachtes, dauerhaftes Frösteln bescherte. Denn obgleich sie hier drin besser geschützt waren, streckte der Wind seine langen Finger doch bis in die hintersten Ecken aus. Eigentlich hatte sie nicht so reagieren wollen, so kalt und abweisend. Er konnte nichts dafür, wusste nicht, was in ihrer Vergangenheit geschehen war. Da war es eigentlich nur allzu unfreundlich, derartiges anzubringen. Doch die Fähe hatte es einfach nicht verhindern können, hatte er damit doch unbewusst ihren wundesten Punkt getroffen. Und so etwas steckte selbst ein verschlossener Charakter wie sie nicht ohne eine unbewusste Reaktion weg. Nun, jetzt war es zu spät. Was gesagt war, war gesagt und ließ sich in keiner Weise mehr rückgängig machen. Sie würde sehen, wie er darauf reagierte.

Schlafen. Vielleicht keine schlechte Idee, um wieder etwas zu Kräften zu kommen und dann irgendwann wieder weiter ihres Weges zu ziehen. Wann auch immer. Wohin auch immer. Sie hatte keinen wirklichen Ort, wohin sie sich wenden konnte. Gewiss, da waren die Fenrir Ano, denen sie angehörte. Doch diese Gruppierung glich im Moment vielmehr einer Kinderstube und all die Jungtiere erinnerten sie nur allzu sehr an das Vergangene. In ihrem Kopf würden sich die Bilder aufdrängen, wie ihr Nachwuchs wohl aussehen und sich verhalten würde, wenn er nur überlebt hätte. Und das wäre dann wohl der endgültige Todesstoß für ihr kleines, armes Herz. Nein, noch würde sie weiter ziellos umherziehen und erst zurückkehren, wenn sie den Zeitpunkt für geeignet hielt. Oder wenn es vielleicht eine Aufgabe gab, die sie zu erledigen hätte. So würde es wenigstens eine Pflicht geben, der sie nachzukommen hatte – eine Ablenkung, ein gewisser Sinn für ein verloren scheinendes Leben. Aber bis es soweit war, würde sie alles wohl oder übel weiterhin so handhaben wie bisher. Die Fähe schloss ihre Augen, ignorierte das leise Trippeln, welches durch einen umherhuschenden Nager verursacht wurde. Wenngleich ihr Magen leer war, so verspürte sie jetzt erst recht keinerlei Hungergefühl mehr. Doch das war schon lange nicht mehr der Fall – eigentlich aß sie nur noch, weil sie wusste, dass sie lediglich so am Leben bleiben konnte.


26.10.2014, 21:27
» Atreus
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Mayla



Er konnte keinen Laut vernehmen, war sich nicht einmal sicher, ob da überhaupt einer war. Und doch würde der Rüde schwören, dass er gerade gesehen hatte, wie sich ihre Maulwinkel ein wenig gehoben hatten. Sie lachte. Oder lächelte vielmehr. Was auch immer es war, so wusste Atreus eines ganz sicher, dass der Klang ihres Lachen nur ebenso schön sein konnte wie ihre Stimme selbst. Vermutlich sogar besser, weil es ein Zeichen von Lebensfreude und Hoffnung der reinsten Form sein würde.
Nun, sagte er langsam, dann gehöre ich nicht zu „viele“. Nein, das tat er definitiv nicht. Jeder war anders- ein einzigartiges Individuum. Zwar musste es einige gemeinsame Komponenten geben, dennoch weigerte sich der Graue sich einem Einheitsbild zu unterwerfen. Kein Abziehbild eines anderen Wolfes, sondern einfach nur er selbst.
Er seufzte leise. Wenn es nur irgendjemanden gab, der noch nie einer seiner Schwächen oder Ängste verfallen war, so wolle er verdammt sein. Diejenigen, welche es durch Schauspielkunst zu verbergen versuchten, waren meistens die ärmlichsten Wesen. Sie besaßen kein Selbstvertrauen ihre wahre Persönlichkeit zu leben. Dagegen entsprach Mayla also eine der vielleicht stärksten Wölfe. Sie verbarg nicht, dass irgendwas sie so gemacht hatte. Tief in ihr ruhte aber noch ihr altes Ich.

Wenn man jemanden wie Mayla begegnet, erwartete man immer wieder auf diese ruhige, bedachte Art zu treffen. Stets vorsichtig und eher zurückhaltend. Umso überraschender war ihre Reaktion. Ihr Kopf schnellte so schnell nach oben und die wenigen Worte flossen nur so aus sie heraus, dass sie manch einen vermutlich vor Schreck hochschrecken ließen. Mit Atreus jedoch geschah exakt das Gegenteil. Seine Lippen zitterten leicht, als er ihr direkt in diese abweisenden, viel finsteren Augen schaute. So als würde sie ihn nur allzu gern so weit wie eben möglich von sich stoßen. Zu gerne würde er etwas sagen, doch er fühlte sich als habe sich eine eisige, schwere Bleidecke über ihn gelegt und beraubte ihm jeder Möglichkeit. Außer einem lautem Schlucken konnte kein Ton aus seinem Schockzustand entweichen.
Doch vielmehr noch waren es ihre Worte. Sie kamen ihm so unglaublich vertraut vor. Würde die Stimme nicht offensichtlich einem weiblichen Besitzer zugehörig sein, so würde er sich wenige Jahre in der Zeit zurück versetzt fühlen und würde felsenfest behaupten, dass ihm gerade dies über die Lippen gekommen war.
Genauso rasch hatte die Fähe sich wieder abgewandt, hüllte sich in Stille. Es brauchte einen Moment länger, bis auch er sich mit einem kleinem Räuspern abwandte. Er war aber weit davon entfernt wieder ähnlich entspannte Haltung einzunehmen wie zuvor.
Sein Blick in den Raum hatte etwas Leeres. Wäre da nicht dieser glasige Eindruck voller Schmerz, könnte man meinen er träume. Gewissermaßen tat er dies auch. Bilder der Erinnerungen jagten ihm Schauer über den Rücken. Atreus hatte damit gerechnet, dass sie ihn selbiges fragte oder bestritt, dass sie nicht lebte. Vielleicht auch irgendwas Verborgenes aus der Vergangenheit. Aber egal was es war, hatte der Rüde sich nicht diese Reaktion vorstellen können. Wie töricht eigentlich, zu glauben das nur das Schicksal eines selbst so grausam sein konnte. Womöglich war es völlig natürlich, dass man sich dies einbildete. Fehlte es doch wirklich an Vorstellung was andere durchgemacht haben mussten. Man sollte aber immer hoffen, dass man eben dies nicht mehr erleben musste.

Endlich von seinem Schreck erholt, wenn auch noch lange nicht vergessen, fand er Mayla neben sich schlafend vor. Zumindest vermutete er dies aufgrund ihres flachen, gleichmäßigen Atems. Ihre eigene Wachsamkeit dürfte aber verhindern, dass es ein langer, erholsamer Tiefschlaf werden würde.
Langsam erhob er sich, schaute nochmal zu der kleinen Gestalt hinab, bevor er sich leise zum Eingang schlich. Es war nicht in seinem Sinne sich einfach davonzumachen. Er brauchte einfach ein wenig Luft. Noch immer fühlte er den dicken Kloß in seinem Hals, der ihm den Atem abschnürte. Und nicht zuletzt bedrängte ihn abermals der Duft ihre Läufe. Nicht, dass er befürchtete seinen Verstand zu verlieren und seinen Instinkten nachzugeben.
An der großen Öffnung in der Wand angekommen, setzte er sich, das Gesicht dem Unwetter dort draußen zugewandt. Wenn sich doch nur irgendetwas hierher verirren würde. Ein Hase, ein junges Reh... Doch dies war vergebene Hoffnung. Bei dem Wetter traute sich keiner mehr groß von einem geschützten Ort weg und warum in aller Welt sollten sie gerade um das Gebäude herumgehen. So dicht am Abgrund entlang ohne viele Fluchtmöglichkeiten.
Allmählich lockerten sich seine Muskeln wieder ein wenig, das Blut schien wieder einfacher durch seine Adern zu zirkulieren.

Atreus wusste in seinem Innerem, dass er es ihr erklären musste. Einfach irgendetwas zu sagen, Worte der Aufmunterung, welche er irgendwo einmal aufgeschnappt hatte, würden einfach nur so bedeutungslos verhallen. Zurecht.
Mayla., flüsterte er ihr leise zu, als sein Blick auf ihr fiel. Sie zitterte am ganzen Körper. Es war ihm bereits vorhin aufgefallen, doch war er sich uneinig darüber gewesen, ob es nicht vielleicht auch er selbst gewesen war. Nun schien sie zu frieren. Es war nicht so, dass sie sogleich erfrieren würde, jedoch konnte sie durchaus erkranken, wenn sie es nicht schaffte ihre eigene Körpertemperatur auch nur einigermaßen aufrecht zu erhalten. Mayla., wiederholte er etwas lauter, als sie zunächst nicht zu reagieren schien so sehr er es auch hasste sie aus dem bisschen Schlaf zu holen, welchen er ihr soeben erst gönnen wollte. Erging wieder zu ihr zurück, legte sich vor ihr hin. Seine Pfoten konnten fast ihre berühren. Nur ein wenig mehr strecken.
Er versuchte ihren Blick aufzufangen, darauf gefasst noch immer diese Kälte darin zu begegnen. Ich weiß, dass dies womöglich jeder Volltrottel sagen könnte..., sagte er leise, während seine Blick kurz zu Boden fiel. Vielleicht bin ich auch einer. Lediglich ein dumpfes Murmeln. Atreus musste sich zwingen ihn wieder auf das Augenpaar direkt vor sich zu richten. Aber ausnahmsweise musst du es glauben, wenn ich dir sage, dass ich weiß wie es sich anfühlt. Tot zu sein und dennoch weiterleben zu müssen. Es vergingen scheinbar mehrere Minuten in denen er sie einfach nur anblickte, als würde er etwas suchen. Eine Bestätigung, dass der innere Kampf in ihm irgendeinen Wert haben würde. Dass sie es wert war als Erste seit Langem zu erfahren woher er kam. Normalerweise verschwieg er es, sollte es doch im Hier und Jetzt keinerlei Rolle mehr spielen. Ihn auch in keiner Weise mehr definieren, doch damit legte er sich selbst hinein. Er war Atreus damals wie er es heute ist. Nur älter. Und wenn man es denn unbedingt so nennen wollte weiser. Seine Erfahrungen nahm er als Anlass einer besseren Existenz. Seine Erinnerungen als Mahnbilder.
Ich war im Krieg. Er war fast versucht es dabei zu belassen. Jeder konnte sich vorstellen was dies bedeutete. Kampf. Tote. Verletzungen. Furcht. Verlust. Schmerz. Jeder der mir etwas bedeutete ist gefallen. Mein echter Bruder. Meine Eltern. Meine Brüder im Kampf. Und ich wage zu bezweifeln, dass da draußen auch nur noch ein einziger meines damaligen Rudels existiert. Seine Stimme hatte etwas raues, kratziges. Jedes Wort fiel ihm schwer. Viel schlimmer sind aber all die fremden Gesichter. Die Namen.. Unzählige Sterbende hatten ihn angefleht ihre Verwandten oder besten Freund zu verschonen. Da war ein Chuck. Ein Silver. Auch weibliche Namen waren darunter. Doch selbst wenn er gewollt hätte, hatte er nahezu keine Wahl gehabt, da die meisten wohl schon getötet wurden, bevor er ihnen begegnete. Irgendwann hatte er aufgehört diese Worte noch wahrzunehmen. Ein blankes Bild. Gefühlskälte. Anders, so glaubte man es zumindest, könnte man nicht überleben. Heute wusste er, dass versteckte Emotionen noch lange nicht verschwunden waren. Und ich weiß wie es ist all dies vergessen zu wollen. In irgendeine düstere Kammer des Gehirns einschließen und nie wieder öffnen zu wollen. Aber das ist eine Lüge. Die Erinnerungen kommen immer wieder. Im Traum. Im Angesicht eines eigentlich völlig Unbekanntem.Dann wenn man es am wenigsten erwartet. Die ganze Zeit über hatte er sich nicht von ihr abgewandt, obwohl sein Körper leicht bebte. Was würde sie wohl denken? So entfernt war ihr erster Gedanke schließlich nicht mehr. Ein Mörder. Das war er. Viele Leben hatte er auf dem Gewissen und keinem einzigem hatte er damals auch nur einen Funken Respekt entgegengebracht. Den Weg zurück hatte er noch nicht ganz gefunden. Er glaubte nur fest darin sich irgendwo auf dem richtigen Pfad zu befinden oder zumindest unweit davon entfernt.
Er schüttelte leicht den Kopf. Es tut mir Leid., Atreus stand auf, Ich weiß nicht warum ich dir das erzählt habe. Der große Rüde setze sich wieder an seinen ursprünglichen Platz neben Mayla. Er wirkte um einige Jahre jünger, wie er so auf seine Pfoten hinab schaute, als hätte er irgendetwas beschämendes getan. Es ist nur, dass es mir so bekannt vorkam. Bekannter als vieles andere.

Ups... Verzeihung, dass ich dich erschlage und dabei weiß ich nciht einmal was ich qualitativ von halten soll. xD


27.10.2014, 16:23
»Mayla
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Atreus


Eigentlich erstaunlich, dass selbst jemand wie er schier überrumpelt von ihrer Reaktion wirkte. Atreus hatte den Eindruck gemacht, stets alles nüchtern und beherrscht zu betrachten und sich von etwas Unerwartetem nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Nun, dann hatte wohl offensichtlich nicht nur er einen wunden Punkt getroffen, sondern auch sie. Die Fähe hielt ihre Augen fest geschlossen, während sie jedoch nicht minder aufmerksam seine Bewegungen verfolgte. Sie konnte spüren, wie sich so dicht neben ihr sein Körper rührte und er sich erhob, um mit leisen Schritten davonzugehen. Nun wurde es umso kälter, hatte er doch gewissermaßen eine Wärmequelle dargestellt, die ihren eigenen kleinen Körper vor zu starkem Frieren schützte. Doch es kümmerte sie nicht. Auch wenn er jetzt gehen würde, hätte das keinerlei übermäßig negative Wirkungen auf sie. Dann wäre es genau wie immer. Sie wäre allein, zurückgelassen von irgendeinem Rüden. Tatsächlich, wenn er verschwand, dann wäre er so wie Amdír. Jemand, den sie nie so eingeschätzt hätte, dass er derartig handeln würde – der es aber dennoch tat. Dann würde sie wieder in düsterer Einsamkeit verharren und die Gedanken würden wie eine tiefschwarze Wolke zu ihr zurückkehren, viel stärker noch, als sie es bereits taten. Vielleicht waren es auch diese quälenden Erinnerungen, diese vorwurfsvollen Gedanken, welche sie irgendwann auch körperlich töten würden. Als würde sich eine mehr oder minder kräftige Faust um ihr kleines Herz schließen und es einfach zerquetschen. Manchmal fühlte sich nämlich alles ganz genau so an. Nach einer Weile aber bemerkte sie, dass er keinesfalls auch nur diesen Raum verlassen hatte. Vielmehr klang es, als würde er sich irgendwo ein Stück entfernt von ihr niederlassen und dort in Stille verharren. Warum? Mayla hatte sich nicht die Mühe gemacht, bei ihren Worten die exakte Regung von seinem Gesicht abzulesen. War er vielleicht einfach nur beleidigt, dass sie ihm etwas Derartiges entgegengebracht hatte? Möglich wäre wohl alles. Doch obgleich sie aktuell nicht sonderlich positiv eingestimmt war, so glaubte sie nicht, dass dies der Fall war.
Ohne eine weitere Regung blieb die Rot-Weiße dort, wo sie war. Konzentrierte sich auf sich selbst. Vielleicht würde ihr das helfen, in eine regelrechte Starre zu fallen, bis sie von ihrer Erschöpfung übermannt wurde und tatsächlich einschlief. Allerdings machte die durchdringende Kälte es ihr nicht leichter. Zusätzlich noch schien es ihr, als würde ihr Herz laut und heftig in ihrer Brust pochen, wodurch mit jedem einzelnen Zusammenziehen und Entspannen die Wunde in ihrem Inneren stärker gereizt zu werden schien. Natürlich wusste sie, dass dort keine tatsächliche Wunde war. Doch ihr Kummer schien eine Art Knoten in ihrem Inneren gebildet zu haben, der wirkliche, körperliche Schmerzen auszulösen vermochte. Nur manchmal verspürte sie dies nicht – beispielsweise noch vor wenigen Momenten, wo sie ein regelrecht lockeres, wenn auch ernstes Gespräch mit dem Rüden geführt hatte. Aber nun war es wieder da.

Nach einer schieren Ewigkeit schien es, als würde ihre Bewegungslosigkeit tatsächlich Früchte tragen. Sie fühlte sich kaum mehr in der Lage, ihre Lider wieder anheben zu können und es schien sich eine schwere Müdigkeit auf sie herabzusenken. Immer wieder driftete ihr Geist in oberflächliche, jedoch nicht minder finstere kurze Träume ab, um dann durch einen unerwarteten Laut kurz wieder zurück in die Wirklichkeit gezogen zu werden. Mehrmals hintereinander geschah dies und sie wusste, dass sich schon bald ein wenig erholsamer Schlaf auf sie herabsenken würde. Ein Schlaf, der gespickt war von dunklen Bildern und furchtbaren Träumen. Mayla wusste nicht, wann sie das letzte Mal erholsam geschlafen hatte. Schon seit der Geburt ihres Nachwuchses war dies nicht mehr der Fall gewesen, wenn sie sich richtig erinnerte. Da war einfach diese ständige Angst gewesen, dass die Kleinen sterben könnten, wenn sie nicht ohne Unterbrechung auf sie Acht gab. Und nach ihrem Tod war es noch bedeutend schlimmer geworden. Mayla. Sie öffnete ihre Augen nicht, als sie mit einem Mal die Stimme von Atreus vernahm. Leise war sie und kam wohl vom anderen Ende des Raumes. Was könnte er wollen? Vielleicht wollte er ihr einfach nur mitteilen, dass er sie jetzt verlassen würde? Doch die Fähe blieb dabei, ihre flache, aber ruhige Atmung beizubehalten und sich nicht zu rühren. Vielleicht würde er so glauben, dass sie schlief und ihn nicht hörte. Erst, als er ein zweites Mal ihren Namen aussprach, öffnete sie leicht ihre Lider. Durch den entstehenden, schmalen Spalt vermochte sie halbwegs zu erkennen, wie er sich erhob und wieder auf sie zukam. Seine großen Pfoten schoben sich in ihr unmittelbares Blickfeld, als er sich vor ihr niederlegte und plötzlich zu sprechen begann. Die zierliche Fähe öffnete ihre Augen nun vollends, vielleicht mehr aus reiner Höflichkeit als aus Interesse. Allerdings lag in den dunklen Tiefen nun nicht mehr diese abweisende Kälte, sondern nur noch Trauer und Schmerz. So sehr sie es auch zu verbergen versuchte. Allerdings wandte sie auch ihren Kopf so, dass er nun gerade auf ihren Vorderpfoten lag und sie somit von unten zu ihm aufblicken konnte. Eine Haltung, die von bewusstem Zuhören, aber auch großer Erschöpfung zeugte. Mayla spürte seinen warmen Atem auf ihrem Pelz, die zurückgekehrte Wärme in Form seines großen Körpers. Wären da nicht seine ernsten Worte, so könnte sie nun tatsächlich in das Reich des Schlafes übergleiten. Doch seine Aussagen, von denen sie keine einzige erwartet hatte, ließen sie wieder wacher werden. Er wusste, wie es sich anfühlte. Körperlich noch leben und seelisch schon längst vom Tod dahingerafft zu sein. Bislang hatte sie niemanden getroffen, der sie verstand, der vielleicht genau so fühlte. Doch in Atreus schien alles zusammenzutreffen. Krieg. Verlust seiner Familie, seiner Gefährten, das Töten von Anderen. Andere, die es vielleicht nicht einmal verdient hatten, sondern sich nur der anderen Seite angeschlossen hatten. Ja, das klang sehr exakt nach einer Definition für das Wort „Krieg“. Man tötete sich gegenseitig, weil man letztendlich andere Ansichten vertrat und vielleicht auf rein persönlicher Ebene wunderbar miteinander auskommen würde. Schon bald würde es wahrscheinlich auch hier im Stillreich so sein. Bereits jetzt wüteten zahlreiche Kämpfe und nicht Wenige kamen zu Schaden – es war nur eine Frage der Zeit, bis das alles gewaltige Züge annahm. Doch das war im Moment nicht wichtig. Vielmehr verstand sie, dass sie bei ihm tatsächlich ebenso einen sehr wunden Punkt getroffen hatte. Noch während Atreus sprach, hob sie ihren Kopf an und blickte ihm deutlich offener in die Augen. Sie mochten rein größenmäßig nicht auf einer Ebene sein, doch in Bezug auf ihr Innerstes schienen sie völlig auf einer Ebene. Ja, sie wusste, wie er fühlte. So oft schon hatte sie versucht, ihre schmerzlichen Erinnerungen zurückzudrängen und sich durch Worte, die sie mit schierer Boshaftigkeit an sich selbst richtete, endlich zusammenzureißen. Doch es gelang einfach nicht. Ganz gleich, wie viel Mühe man sich gab. Es schien beinahe, als würde es in der errichteten Schutzmauer immer einen Riss geben – und ganz egal, wie klein dieser war, die Gedanken konnten immer hindurchschlupfen und kehrten somit zurück.

Mayla schwieg und schien beinahe etwas ins Leere zu starren, während Atreus sich bereits wieder erhob und neben sie setzte. Seine Worte wirbelten durch ihren Kopf und ihr Verstand schien sie in alle Richtungen zu drehen und zu wenden. Noch wusste sie nicht, wie sie ihm antworten sollte. Ob er eine Antwort überhaupt hören wollen würde. Mitleid würde in keinem Fall etwas bringen, zumindest empfand sie es so – ihr selbst würde das niemals weiterhelfen. Ihre dunklen Augen richteten sich auf den Rüden, der so still neben ihr saß und auf seine Pfoten hinabstarrte. Er war ihm Krieg gewesen und hatte getötet. Vielleicht vielen das Leben genommen. Aber aus einem ganz bestimmten Grund würde sie ihn deshalb dennoch nie als Mörder oder etwas Derartiges hinstellen: Er hatte es nicht zum Spaß getan. Sie mochte nicht den Grund kennen, warum er in diesem Krieg gekämpft hatte. Doch jemand, der aus freien Stücken und vielleicht sogar mit Freude tötete, wurde im Nachhinein nicht von derartig finsteren Gedanken geplagt. Aber dennoch, wie sollte sie nun reagieren? Letztendlich schien es ihr richtig, auch ihm zu erzählen, was sich in ihrem Leben ereignet hatte. Die beiden Erlebnisse gingen in völlig verschiedene Richtungen und doch löste jedes Einzelne so großen seelischen Schmerz aus. Ich habe sie einfach verloren. Während sie diese Worte aussprach, die eigentlich schon alles zusammenfassten, wirkte ihre Stimme noch äußerst leise und verklang zittrig im leeren Raum. Doch es gelang der Rot-Weißen, sich erstaunlich gut zu fassen. Sie waren von meinem besten Freund. Ehemals besten Freund. Ich weiß nicht, warum er es getan hat, aber es ist geschehen. Danach verschwand er und ließ mich völlig allein. Wir waren noch nicht lange im Stillreich und ich wusste noch weniger, wohin mit mir selbst, als ohnehin schon. Die Handlung von Amdír hatte nicht auf gegenseitigem Wunsch beruht, aber dennoch hatte es keinem Akt reiner Gewalt geglichen. Es war bis heute nicht zu beschreiben, obgleich sie schon so lange darüber nachdachte. Und letztendlich änderte es auch nichts daran, was alles geschehen war. Es war Winter, als sie in diese Welt kamen. So klein, unschuldig. Ihr Blick wurde weicher, als sie an die pelzigen, quiekenden Knäuel zurückdachte. Es hätte so schon werden können. Aber sie waren zu schwach. Ich war zu schwach. Nicht stark genug, um sie am Leben zu erhalten und zu beschützen. Und deshalb verließen sie diese Welt so schnell wieder, wie sie hineingeboren worden waren. Ein sachtes Glitzern schien in ihren Augen zu stehen und Mayla wandte ihren Blick ab. Es tat weh, das alles auszusprechen. Noch so viel schlimmer war der Schmerz, als sich nur mit den düsteren, aber zumindest stummen Gedanken herumzuquälen. Doch wenngleich es ihr schier das Herz zu zerreißen schien, so brachte es dennoch eine gewisse Erleichterung mit sich. Bislang hatte sie niemals mit jemandem darüber gesprochen. Amdír hatte sie nur gesagt, dass die Kleinen gestorben waren – er hatte sich abgewandt und sie hatten niemals mehr wieder ein Wort darüber verloren. Irgendwann war er auch einfach wieder verschwunden. Danach war sie immer allein gewesen, hatte nie zu einer Begegnung eine derartige Verbindung aufgebaut, dass sie dies hätte erzählen können. Aber nun hatte sie es getan. Die Rot-Weiße wandte ihre Augen nun wieder auf den Rüden neben sich. Deshalb bin ich schwach, Atreus. Nicht, weil ich niemals stolz durch das Land stolzieren und die größten Beutetiere fangen könnte. Sondern weil ich sie nicht beschützen konnte. In ihrer Stimme lag zwar eine tief verankerte Traurigkeit, doch ebenso blieb sie sicher und fest. Die Ursachen unserer Erinnerungen sind vielleicht nicht dieselben – aber keine ist weniger schmerzvoll. Wir können wohl beide niemals völlig nachvollziehen, was der andere erlebt hat. Aber.. wir verstehen uns. Es war wohl nicht nötig, noch mehr zu sagen. Sicherlich würde keiner von ihnen je völlige Heilung vom eigenen Schmerz erfahren, niemals völlig von den quälenden Erinnerungen befreit werden. Doch für sie zumindest war es ein erstaunlich gutes Gefühl, jemanden um sich zu haben, der sie vielleicht tatsächlich verstehen würde. Und dieses Gefühl hatte sie schon lange nicht mehr gehabt. Nicht einmal ihr ehemals bester Freund hätte ihr dies wohl vermitteln können. Eigentlich erstaunlich, dass ein fast Fremder dazu in der Lage war. Doch nach dem, was sie einander berichtet hatten, waren sie vielleicht auch keine wirklichen Fremden mehr füreinander.


28.10.2014, 11:50
» Atreus
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Mayla



Er spürte ihren Blick auf sich, wagte es jedoch nicht recht ihr entgegenzublicken. Vielleicht wollte er es nicht sehen, was in ihrem Gesicht geschrieben stehen würde. Man konnte noch so oft die Umstände erläutern und doch würden die Hinterbliebenen nie verzeihen und genauso würden auch Außenstehende nicht verstehen, warum man sich überhaupt dafür bereit erklärt hatte zu kämpfen. Warum man es nicht auf andere Wege versucht hatte. Reden. Atreus hatte es versucht. Einige Male. Oder man sollte wohl besser sagen, dass er Verschonung angeboten hatte, wenn sie nur ihre Beine in die Hand nehmen würden. Das hätte noch lange kein Friedensangebot zur Folge gehabt, doch da ihm diese Entscheidung sowieso nicht in Verantwortung gelegt worden war, hielt er seine Taten selbst heute noch für eine gute Lösung. Nicht die beste. Die Beste wäre es gewesen diesen Krieg gar nicht erst zu beginnen. Er hätte fortlaufen können, auch einfach im Getümmel der ersten Schlachten abtauchen können. Warum er genau dies nicht getan hatte, konnte er nicht beantworten. Gerne würde er sich als zu loyal bezeichnen, um der Familie und dem Rudel einfach so den Rücken zuzudrehen. Gleichzeitig fragte Atreus sich, ob es nicht für viel größere Loyalität gegolten hätte, wenn er seine Familie nicht im Stich gelassen hätte, sondern viel mehr die Massen von dannen hätte ziehen lassen sollen und selbst als Beschützer bei ihnen bleiben. Vielleicht hätte er auch seine ganze Familie zu einer gemeinsamen Flucht überreden können. Aber all diese Gedanken brachten ihn heute kaum noch etwas. Sie waren tot. Wenn er noch an das positivere Szenario glauben würde, waren sie nur verschollen.
Desweiteren war es nicht die Wahrheit. Schon als kleiner Bub hatte er gerne mit seinem Bruder gerauft und als übermütiger Jungsspund in diesem Krieg eine Möglichkeit gesehen, ihm nun endlich zu beweisen, wer tatsächlich der Stärkere war. Manche würden die Tatsache des Alters als Entschuldigung nehmen, jedoch nicht der Graue. Sein Mentor hatte ihm vom ersten Tage an eingebläut, dass er gefälligst sein Hirn benutzen solle, denn dafür wurde es ihm schließlich gegeben. Und dieses hatte ihm bereits wenige Stunden nach der Entscheidung gesagt, dass es wahnwitzig war. Hoffnungslos. Es ging nicht darum, wer der Stärkere war. Überleben. Das Wort, welches irgendwann wie zu einem Mantra für alle wurde. Man musste überleben. Nur so bestand noch eine verschwinden geringe Chance auf einen Sieg. Denn ohne Kämpfer, kein Triumph. Man wollte überleben. Dabei war es völlig egal, ob man ein Bein verlor. Nie wieder etwas sehen würde, jede Nacht von Albträumen geplagt werden würde. Auch Atreus war ein Invalider mit seiner Taubheit und immer wiederkehrenden Bilder des Grauens, der damals genau dies glaubte. Freilich war dies nicht gegenüber dem Erlebten und doch erschwerte es den Alltag. Von Zeit zu Zeit kam er sich minderwertig vor. Ein anderes Mal überwog der Hass und das Gefühl ausgenutzt worden zu sein. Und manchmal, so dachte er sogar darüber nach, ob nicht der Tod eine bessere Wahl gewesen wäre. Niemand würde ihn vermissen. Gewiss gab es einige, welche den Freitod gewählt hatten, es Leid Nacht für Nacht schreiend zu erwachen oder von anderen abhängig zu sein. Denn die vielen Pläne, welche entstanden waren, wenn man sich darüber unterhalten hatte, was man tun würde, wenn man überlebte... nichts als Schall und Rauch.

Ihre zerbrechliche Stimme riss ihn aus seine trüben Gedanken. Für einen Moment hätte er schwören können, vorauszuahnen, dass sie ihm nun unangenehme Fragen stellen würde. Keine Ahnung,warum er dies von ihr erwartete. Mayla war keineswegs dieser Art.
Leicht schüttelte er seinen Kopf. Für einen Moment ergaben ihre Worte keinen Sinn. Von wem sprach sie? Ihren Eltern? Doch wenngleich es ihm schwerfiel ihre Worte nachzuvollziehen, so wagte er es nicht sie mit einer Nachfrage zu unterbrechen. Vermutlich würde sie verstummen und nicht zuletzt war es unhöflich. Sie hatte ihm zugehört, also tat der Rüde es auch. Früher oder später würde sich des Rätsels Lösung sicherlich zeigen.
Aufmerksam betrachtete er die zierliche Gestalt neben sich, versuchte aus ihr schlau zu werden. Es war fast so, als würden auf einmal die eingerosteten Zahnräder in seinem Kopf, welche zuvor nur mühselig und quietschend arbeiten, mit neuem Leben erweckt werden. Als sie in diese Welt kamen. Welpen. Seine Augen weiteten sich für einen Moment, als er dies realisierte. Mayla ist Mutter. War Mutter. Nein, nur weil die Kleinen zu früh von dieser Welt gehen mussten, bedeutete dies nicht, dass sie jenen Status aufgeben musste. Sie waren nicht weg. Für immer würden sie da sein. In ihrem Herzen.
Atreus wusste nicht, wie es sich anfühlte, die eigenen Kinder zu verlieren. Er war kein Vater. Und selbst wenn, so war der mütterliche Schmerz eine ganz andere Dimension. Er hatte davon gehört, wie Fähen in solch schwere Depressionen verfallen konnten, dass sie jede Nahrungsaufnahme verweigerten und schließlich verhungerten. Für einen irrsinnigen Moment wünschte sich der Rüde, er hätte sich vorhin doch bemüht etwas Beute zu machen.
Genauso wenig wie er dieses Ereignis jemals in ihrer Position erfahren könnte, so war er auch in der Position, um über diesen Rüden zu urteilen, welchen sie erwähnt hatte. War er der beste Freund, wenn er einfach verschwand? Vielmehr noch, wenn er sie vergewaltigt hatte? Nein. Dieser Kerl war ein Feigling allererster Klasse.
Seufzend rückte er ein wenig näher, legte sich schließlich wieder hin und konnte noch immer problemlos seinen Kopf auf ihr Schulterkreuz legen. Er spürte wie sie zitterte. Vermutlich noch immer vor Kälte, aber mitunter riefen auch die Erinnerungen diese Regung hervor. Er schüttelte leicht seinen Kopf, wobei sich seine Nase tiefer in ihr Fell verbarg. Du bist nicht schwach., murmelte er. Wäre sie, so würde sie nicht mehr leben. Wie hätte sie denn allein im Winter, jung und unerfahren Welpen durchbringen sollen? Und du bist nun nicht mehr allein.

Es vergingen einige Momente in denen Atreus ihr nur Nähe und Ruhe schenkte. Das Gefühl nicht allein zu sein, wie er es ihr gesagt hatte. Der graue Wolf hatte nicht soweit vorausgedacht, um sich zu überlegen wie das zukünftig gesehen weitergehen würde. Das Tal war groß genug, dass ein einzelner Wolf darin regelrecht verschwinden konnte. Wenn sich ihre Wege trennen würden, wäre ihr Wiedersehen mit Sicherheit unbestimmt. Man könnte den Radius bewusst eingrenzen...
Er streckte leicht seine Vorderbeine, bevor er sie, seinen Kopf noch immer auf ihr ablegt, fragte:Wie hießen sie? Das hatte herzlich wenig mit seinen Überlegungen zu tun, bewies es doch wie schnell er mit einem Gedanken abschließen und auf einen anderen eingehen konnte. Im ersten Augenblick schien es falsch wiederum den Verlust der Welpen aufzugreifen. Doch wenn Atreus eines wusste, so war es das Namen immer halfen. Wahrlich unglaublich. Eigentlich sollte es schwerer werden, wenn man etwas bei seinem Namen kannte. Es wurde persönlicher und bedeutender. Doch genau dies hatte ihm immer geholfen. Natürlich schwirrten sie nun bedrohlich in seinen Erinnerungen umher, aber das war er ihnen schuldig. Es waren nicht nur Wölfe. Feinde. Die Namen verschafften ihm den Respekt dafür, dass sie im Kampf gestorben waren. Sie waren wie er. Eine eigene Persönlichkeit, die ihm so näher kamen.
Und genauso waren Maylas Welpen nicht irgendwelche auswechselbaren Fellbündel. Sie waren einzigartige Wesen, die auch einen Namen verdient hatten.


03.11.2014, 12:44
»Mayla
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Atreus


Es schien, als würde es eine zweiseitige Wirkung haben, dass sie das Vergangene ausgesprochen hatte. Einerseits bildete sich nun, wo sie schwieg, irgendeine Form von dickem Kloß in ihrem Hals. Das Sprechen würde ihr schwerfallen, ihre Stimme wohl in sich zusammenfallen, ohne dass sie es verhindern könnte. Zu allem Überfluss noch spürte sie, wie sich langsam ein sachter Tränenschleier über ihre sonst so klaren Augen zog. Die Fähe blinzelte und konnte doch nicht verhindern, dass sich eine Träne löste. Kaum spürbar rann der kleine, salzige Tropfen ihr Gesicht hinab, verlor mit jedem Haar, welcher er berührte, ein wenig von seiner Flüssigkeit. Schließlich fiel er gen Boden und benetzte diesen als dunklen, kleinen Fleck. Doch irgendwie fühlte sie sich auch besser. So lange hatte es sie in ihrer Einsamkeit zerfressen. Mit niemandem hatte sie über die Kleinen oder auch nur etwas Anderes, Schöneres reden können. Das hatte weh getan und sie innerlich immer weiter zerstört. Aber jetzt ging es ihr besser. Es war beinahe, als hätte sich endlich zumindest ein Teil der Wunde in ihrem Herzen geschlossen, weil sie mit jemandem redete, der sie verstand. Vermutlich war dies der wichtigste Aspekt. Niemand könnte sie verstehen, der nicht schon ein ähnliches Maß an seelischen Schmerzen verspürt hatte, noch immer daran litt. Aber Atreus konnte es. Und sie war ihm unendlich dankbar dafür, dass er ihr zugehört hatte.

Mayla spürte, wie die Wärme an ihrer Seite wieder intensiver wurde. Der Rüde war näher herangerückt und legte nun seinen großen Kopf auf ihre Schultern. Diese Geste hatte etwas Beruhigendes und sorgte dafür, dass ihr aufgeregtes, schmerzendes Herz allmählich wieder langsamer schlug. Auch sie senkte nun den Kopf wieder auf ihre Pfoten hinab und schloss für einen Moment ihre Augen. Du bist nicht schwach. Und du bist nun nicht mehr allein. Ein Außenstehender könnte vermuten, dass sie diese Worte gar nicht vernommen hatte, zeigte sie doch im ersten Moment keine Reaktion. Doch sie schienen durch ihren Geist zu hallen, jede Ecke ungehindert zu erreichen und die Botschaft überall hinzutragen. Sie war nicht mehr allein. Nach all der Zeit. Im ersten Augenblick ihrer Begegnung hätte sie niemals vermutet, dass ausgerechnet Atreus dies sagen würde – jetzt könnte sie sich niemand Besseren vorstellen. In gewisser Weise teilten sie etwas, auch wenn es keine positiven Erinnerungen oder etwas ähnliches waren. Aber diese gemeinsame Form des Schmerzes verband sie wohl auf eine bestimmte Art und hob sie auf eine gemeinsame Ebene, die nicht jeder erreichen konnte. Oder die nicht jeder verstand, wenn er nicht ebenso fühlte. Inzwischen hatte die Fähe ihre Augen wieder geöffnet und den Kopf so gewandt, dass er wieder nah am Körper des Wolfes lag. Danke, Atreus. Erstaunlicherweise war ihre Stimme fester, als sie erwartet hatte. Und nicht zuletzt lag eine absolute Ehrlichkeit darin. Kurz, nachdem sie dies ausgesprochen hatte, musste sie für einen kurzem Moment lachen. Ich habe das Gefühl, ich komme heute nur noch dazu, mich bei dir zu bedanken. Tatsächlich, für das Freigeben seines Platzes, das Öffnen der Tür, das Suchen und Untersuchen eines neuen Unterschlupfes, die Worte, die er ihr schenkte. Er hatte innerhalb kurzer Zeit viel mehr für sie getan, als es andere je tun würden oder innerhalb von Jahren getan hatten. Wie Amdír beispielsweise. Er hatte ihr nie so viel geschenkt, für das sie derart dankbar gewesen war. Je mehr sie darüber nachdachte, umso greifbarer wurde die Erkenntnis, dass sie in ihm wohl nie einen wirklichen Freund gehabt hatte. Vielleicht nach jenen Maßstäben, die sie bis dato gekannt hatte. Doch letztendlich war er ja nie für sie da gewesen, wenn es tatsächlich eng wurde. Wenn etwas Unvorhergesehenes geschehen war, dass man nicht mit einem einzigen Fingerschnippen beseitigen konnte. Vielleicht wurde es einfach Zeit, diesen Rüden völlig aus ihren Gedanken zu verbannen und ihn als Teil ihrer Vergangenheit in eine Schublade zu stecken und diese für immer abzuschließen. Denn wenn sie einander überhaupt je wieder begegnen würden, dann waren sie keine Freunde mehr. Und wenn es nach Mayla ging, dann würden sie auch niemals wieder welche werden.

Moemu, Liluye, Malia. Einer männlich, zwei weiblich. Ihr Blick wurde etwas starr, als sie an die Momente der Geburt zurückdachte. Ihr kleiner Körper hatte vor Schmerzen gebebt und nicht nur einmal hatte sie geglaubt, dies nicht zu überstehen. Der Junge war der Erste gewesen, welcher das Licht der Welt erblickt hatte, doch nur kurze Zeit später waren ihm seine Schwestern gefolgt. So klein waren sie gewesen, hatten dort völlig hilflos auf dem Boden gelegen. Ihr Fell war dunkel gewesen, so wie immer bei Welpen. Erst mit der Zeit nahm der Pelz jene Farbe an, die er tatsächlich im Erwachsenenalter haben würde. Wie sie wohl ausgesehen hätten, wenn sie größer geworden wären? Wem hätten sie mehr geähnelt? Wie hätten ihre Stimmen geklungen? So sehr wünschte Mayla sich, dass sie all dies über ihren Nachwuchs hätte erfahren können. Doch diese Möglichkeit hatte sie nun nicht mehr. Sie waren fort, ihre kleinen Seelen ruhten vielleicht irgendwo an einem schönen Ort. Vielleicht würde sie irgendwann auf sie treffen, wenn sie selbst starb. Mühevoll hatte sie im eisigen Winter ein Loch in den Boden gegraben, um sie dort niederzulegen und ihnen eine angemessene letzte Ruhe zu ermöglichen. Ihre Krallen waren abgebrochen, ihre Pfoten blutig geworden, doch mit Tränen in den Augen hatte sie verbissen weitergekämpft, während der Schnee unerbittlich eine immer dicker werdende Decke über die Landschaft gelegt hatte. Die Rot-Weiße erschauderte bei dieser Erinnerung und bemühte sich, in das Hier und Jetzt zurückzukehren. Nur weil sie mit jemandem darüber hatte sprechen können, bedeutete das nicht, dass der Schmerz verschwunden war. Vermutlich würde er das nie sein und immer irgendwo in ihrem Herzen weilen, solange sie unter dieser Sonne wandelte. Ich frage mich so oft, was später aus ihnen geworden wäre. Wie sie geworden wären. Vermutlich war gerade das ein Fehler, der die schwärende Wunde immer offen hielt. Doch Mayla konnte sich dessen einfach nicht erwehren. Könnte das überhaupt eine Mutter, die ihre Jungen verloren hatte? Vermutlich nicht.


08.11.2014, 23:28
» Atreus
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Mayla



Atreus spürte wie ihr Zittern nachließ, sich ihr Körper wieder etwas entspannte und Ruhe zu finden schien. Auch er hatte die düsteren Bilder wieder vertrieben und in ein dunkles Fach gesteckt, wo sie erst einmal verweilen durften, bis sie ein anderes Mal wieder herausgekrochen kommen würden.
Sein Herz schlug einen kräftigen, gleichmäßigen Rhythmus, welchem sich seine Atmung automatisch anpasste. Und schon bald schienen die beiden Wölfe im Gleichtakt zu sein.
Nicht., wisperte er in ihr dichtes Fell, sodass es beinahe verschluckt wurde. Es war wie er es gesagt hatte, da war nichts was ihm unnatürlich kam. Irgendwas bei dem er Anstrengung gehabt hätte, es zu tun. Abgesehen von seiner Vergangenheit zu erzählen. Aber bei allem anderem? Was war schon dabei bei Unwetter seinen Platz zu teilen oder gar einen besseren aufzusuchen. Was war es für Leistung jemandem zuzuhören und seine Gedanken zu äußern. Wenn Mayla das Bedürfnis hatte, sich zu bedanken, so wäre auch er in der Pflicht. Sie hatte nicht viel weniger getan. Wäre sie nicht, würde er wohl noch immer einsam dort oben vor der alten Holztür liegen. Außerdem hatte sie ihm ebenfalls zugehört, offenbar in den richtigen Momenten die passenden Worte gefunden.
Er war nicht gut im Bedanken, vermied es daher immer. Sicherlich konnte er dieses eine Wort über die Lippen bringen, doch klang es dann nicht einfach nur leer und bedeutungslos?
Sein Blick fiel auf sie, da sie ihr Gesicht nun wieder ihm zugewandt hatte. Für einen Moment lösten sich seine Lippen, als wolle er etwas sagen. Tatsächlich ein Wort des Dankes an sie richten, doch blieb er stumm. Stattdessen legte er seinen Kopf schief und seine Augen kniffen sich ein wenig zusammen, als er sich versuchte auf ein Detail zu konzentrieren. Seine braunen Augen flogen kurz ein Stück weiter nach unten, entdeckten einen kaum sichtbaren, dunkleren Fleck im Staub, welcher bereits wieder im Begriff war zu trocknen. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass sie geweint hatte.
Er hasste Tränen. Er fühlte sich schon immer hilflos, wenn jemand vor ihm weinte. Er würde alles dafür tun, dass es aufhörte, da es ihm jedes Mal selbst ein wenig das Herz zerriss. Das betraf natürlich nicht Freudentränen, wobei auch die ein gewisses Gefühl des Unwohlseins bei ihm auslösten.
Seufzend streckte er seine Nase in ihre Richtung aus, war fast im Begriff die kleine Spur in ihrem Fell entlangzufahren, welche die Tränen hinterlassen hatten, als würden sie so verschwinden. Aber Atreus hielt inne, noch bevor er sie berührte zog er seinen Kopf wieder zurück und legte ihn auf seine Vorderpfoten ab. Den Blick nun nach draußen gerichtet, wo sich mittlerweile einige Sonnenstrahlen durchgekämpft hatten und das Unwetter fürs erste ganz vertrieben.

Er hätte es ihr nicht übel genommen, wenn sie den Kleinen keine Namen gegeben hätte, schließlich wusste er nicht einmal wie lange sie überhaupt gelebt hatten, wenn denn überhaupt. Er hatte aber auch nicht mit dieser Namenswahl gerechnet. Im Stillem wiederholte er die Namen für sich. Sie zeugten davon, dass eine Menge Überlegung und Liebe in die Wahl gesteckt wurde, denn sie waren einzigartig oder zumindest nicht allzu weit verbreitet. Er hatte noch keinen dieser Namen je gehört und doch hatten sie sofort einen warmen, vertrauten Klang. Sie waren schön. Am bestem jedoch gefiel ihm Malia. Es mochte daran liegen, dass er eine solche Ähnlichkeit zu dem der Mutter besaß, dass es ihm ein Lächeln auf die Lippen trieb. Genauso gut konnte es aber auch nur der Gedanke an Welpen sein. In seinem Alter dachte man häufiger darüber nach, wie es sei die Vaterrolle zu übernehmen ungeachtet dessen, ob man eine Partnerin an der Seite hatte oder nicht. Früher oder später müsse er sich dann auch eingestehen, dass er in das typische Elternbild passen würde: die kleinen Prinzessinnen um jeden Preis behüten und betüdeln, während die Söhne dazu angehalten werden auf ihre Schwestern Acht zu geben, aber freilich nicht weniger geliebt werden würden.
Atreus schüttelte leicht seinen Kopf.

Eine Frage, wie sie sich wohl jeder von Zeit zu zeit stellte. Was wäre, wenn... Auch der Graue stellte sie sich. Mit der Zeit hatte er aber gelernt sich diesen Gedanken nicht allzu sehr zu widmen. Es war halt nicht so. Aus irgendeinem Grund, waren die Dinge nicht so geschehen. Es war, als würde man sich bei einer Reise ärgern, an einer bestimmten Kreuzung nicht links abgebogen zu sein. Warum? Etwas hatte einem dazu bewegt die andere Richtung zu nehmen. Ob dies nun richtig oder falsch war, würde man erst ganz am Ende seines Lebens sehen. Dann wenn man beruhigt und zufrieden von der Welt gehen konnte oder eben nicht.
Nur allzu gern hätte er der Fähe entgegnet, dass sie die Situation jetzt ganz anders aussehen würde, wenn sie in der Lage wäre ihre Frage selbst zu beantworten. Sie wären nicht hier, denn die Vergangenheit wäre anders und hätte somit auch die Zukunft verändert. Womöglich wären die beiden Wölfe sich nie begegnet. Vielleicht hätte auch sein Leben einen anderen Verlauf genommen, doch wenn nicht, so wollte er die Zeit nicht zurückdrehen. Atreus hatte die Geschehnisse, wenn auch nur äußerst vage angerissen, zum ersten Mal mit jemandem geteilt. Es fühlte sich so an, als würde eine recht große Last von seinen Schultern genommen. Ohne Zweifel waren die Erinnerungen noch da. Für immer. Und damit müsste er bis zum Ende selbst zurecht kommen. Aber der Rüde hatte das Gefühl nun nicht mehr alles erklären zu müssen. Nicht warum die ersten Sekunden ihres Aufeinandertreffens so unglücklich verlaufen waren oder warum er eben das tat was er tat. Man konnte es sich von nun an denken, und selbst wenn Fehlinterpretationen noch immer nicht ausgeschlossen waren, so war es ihm am Ende doch lieber als jemand dargestellt zu werden, der Angst hatte, als jemand unsoziales. Und wenn Atreus nicht auf vieles stolz war aus den vergangenen Monaten, so war diese kleine Befreiung etwas, das er nicht wieder verlieren wollte.
Er kam sich in diesem Moment unglaublich egoistisch vor. Denn wenn alles anders wäre, so wäre Mayla nun glücklich. Sicherlich würde es einen anderen Tiefschlag geben, jedoch musste sie sich nicht als Mutter bezeichnen, die ihre Jungen verloren hatte. So blieb ihm nichts anders als ihr zu antworten:Bei dieser Mutter sicher nur Gutes.


11.11.2014, 02:43
»Mayla
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Atreus


Sie lauschte dem immer schwächer werdenden Geräusch des fallenden Regens, bis schließlich nur noch das Rauschen des Ozeans und das Pfeifen des Windes zurückblieben. Schon bald ließen sich durch die zerstörte Tür Sonnenstrahlen erkennen, welche mit ihrem goldenen Licht die völlig durchweichte Erde küssten. Es war wahrlich Herbst. Von einem Augenblick auf den anderen konnte das Wetter vollkommen umschlagen, ein strahlend blauer Himmel düstere Wolken eines Gewittersturms beherbergen. Beständig blieben nur die kühlen Temperaturen, welche bis zum Winter noch deutlich fallen würden. Dann würde für alle Bewohner des Stillreiches wieder eine harte Zeit anbrechen und der Kampf um Nahrung expandieren. Bis heute konnte Mayla sich nicht erklären, wie sie den letzten Winter überstanden hatte. Die Geburt der Jungen hatte an ihren Kräften gezehrt und bis zum Schluss hatte sie sich nur völlig geschwächt, ausgemergelt und abgemagert dahingeschleppt. Das Jagen war ihr selten gelungen und meist hatte sie tagelang mit knurrendem Magen wach gelegen, wohl umso mehr in der Hoffnung, endlich zu sterben wie ihr Nachwuchs. Ihnen in einer Welt wiederzubegegnen, die fernab jeglichen Lebens war. Das war ihr offensichtlich verwehrt geblieben, denn sonst wäre sie jetzt nicht hier. Noch immer hatte sie nicht die Kräfte zurückerlangt, welche sie früher besessen hatte. Aber vermutlich würde sie es trotzdem schaffen, auch dieses Jahr die kälteste Zeit zu überstehen.

Mit nun geschlossenen Augen genoss sie einfach die Ruhe, welche diese Situation mit sich brachte. An ihrer Seite spürte sie den starken, wärmenden Körper von Atreus. Lange war es her, dass die Fähe sich so geborgen gefühlt hatte. Vermutlich war dies das letzte Mal der Fall gewesen, als sie an der Seite ihrer Mutter gelegen und in Ruhe mit ihr geredet hatte. Denn dieses Gefühl der wirklich absoluten Sicherheit war in der Gegenwart von Amdír nie in ihr aufgekommen. Gewiss hatte sie gewusst, dass er sie wohl vor Angreifern oder ähnlichem beschützen würde. Aber diese absolute Gewissheit hatte sie niemals gehabt. Eigentlich seltsam, dass sie dies damals nicht schon bemerkt hatte. Die viel zu lange Zeit zusammen hatte sie beide in irgendeiner Form kaputt gemacht. Die dunklen Augen tauchten hinter ihren Lidern auf, als der Rüde neben ihr seinen Kopf hob. Aufmerksam blickte sie ihn an, registrierte das Seufzen und wie sich sein Kopf dem ihren näherte. Nur eine winzige Bewegung mehr und seine Nase hätte ihre Wange berührt, aber stattdessen hielt er vorher inne und legte den Kopf auf seinen Vorderpfoten ab. Die Rot-Weiße schloss ihre Augen wieder, wandte ihren kleinen Körper jedoch so, dass er nun vollkommen jenen von Atreus berührte. Es würde ihr gewiss nichts ausmachen, wenn diese Situation, die ihr so viel Ruhe und Kraft gab, niemals endete. Allerdings würde sie sich gewiss bald damit auseinandersetzen müssen, dass er wieder verschwand. Es gab keinen wirklichen Grund, warum er ihr über einen längeren Zeitraum hinweg Gesellschaft leisten sollte. Vielleicht wäre er schon am nächsten Tag fort, verschwunden, ohne eine Spur zu hinterlassen. Sie könnte es ihm nicht einmal verübeln. Er war ein Einzelgänger, wirkte wohl auch wie jemand, der seine Zeit allein durchaus sinnvoll zu nutzen wusste. Mayla dagegen gehörte einem Rudel an, welches vielleicht schon bald von ihr verlangte, dass sie irgendeine Aufgabe erfüllte. Ihre Wege würden sich vermutlich wieder trennen, so wie der Wind zwei Blätter auseinander trieb. Ohne Zweifel und für immer. Was schon verband sie, dass er bleiben sollte? Natürlich hatten sie dem jeweils anderen einen Teil von sich offenbart, über den vielleicht nicht jeder Bescheid wusste. Aber reichte das? War es genug, um zwei eigentlich völlig fremde Wölfe zukünftig einen gemeinsamen Weg beschreiten zu lassen? Zu gerne würde sie ihn fragen, wusste jedoch nicht, ob er überhaupt eine Antwort darauf hätte. Und sie wollte diese Ruhe wirklich nicht zerstören.

Ein sanftes Lächeln zog sich bei seiner Bemerkung über ihr Gesicht und sie hob ihren kleinen Kopf an. Natürlich hoffte sie, dass sie den Kleinen eine gute Mutter gewesen wäre und sie zu vernünftigen Wölfen herangezogen hätte. Erfahren würde sie es nie. Aber zumindest wusste die Fähe, dass sie in jedem Fall alles dafür getan hätte, um nur Gutes aus ihren Jungen zu machen. Vielleicht würde sie irgendwann nochmals trächtig werden und der Nachwuchs würde überleben, sodass sie erfahren könnte, ob sie tatsächlich eine gute Mutter wäre. Allerdings wusste sie nicht einmal, ob sie das wollte. Ihre Angst über einen erneuten Verlust würde bis ins Unermessliche gehen. Ganz zu schweigen davon, dass sie einem Rüden überhaupt erst einmal wieder völlig vertrauen können müsste, um ihn zum Vater zu machen. Denn dank Amdír war ihr eben dieses Vertrauen ganz gewiss nicht mehr allzu leicht möglich. Vielleicht war sie auch gar nicht mehr in der Lage, trächtig zu werden. Wer wusste schon, ob bei der Geburt etwas rein körperlich schief gegangen war, von dem sie nichts mitbekommen hatte? Ja, dass Mayla tatsächlich noch einmal Mutter wurde, war nicht unbedingt wahrscheinlich. Vielleicht war es auch besser so. Bist du Vater, Atreus? Ihre Stimme war leise und fragend, während sie ihn anblickte. Sie wusste nicht recht, ob sie ihn sich als Vater vorstellen konnte. Einerseits wirkte er wie jemand, der stets für andere da war und sie beschützte, wenn es denn nötig wurde. Doch umso mehr schien er sich selbst aufgrund seiner Vergangenheit selbst zu verachten. Für die Fähe schien es aus genau diesem Grund eher unwahrscheinlich, dass irgendwo kleine Jungtiere auf ihn warteten. Nicht, weil er nicht fähig wäre, gut genug für sie zu sein. Sondern vielmehr weil er gewiss glauben würde, dass er nicht gut genug für so etwas war. Aber sie konnte sich genau so gut täuschen. In ihrem alten Rudel hatte es einen verschlossenen, kaltschnäuzigen Rüden gegeben. Doch umso liebevoller war er zu seinem Nachwuchs gewesen.

Noch während sie eine Antwort abwartete, senkte sie ihren Kopf wieder und richtete den Blick auf die immer freundlicher wirkende Außenwelt. Immer wieder fielen kleine Wassertropfen von den Überresten des Türrahmens herab, doch die dunklen Flecken würden gewiss bald vom scharfen Wind getrocknet werden. Sie müsste tatsächlich bald einen Entschluss fassen, wohin sie gehen sollte. Hier oben würde sich kaum ausreichend Essbares finden lassen und inmitten eines Schneesturmes zu ihrem Rudel zurückkehren zu müssen wäre umso weniger erfreulich. Mayla war sich nicht sicher, aus welchem genauen Grund sich etwas in ihr sträubte, jetzt zu den Fenrir Ano zu gehen. Vielleicht war es, weil sie dieser Gruppierung nicht aus vollster Überzeugung angehörte. Sie wusste einfach, dass sie ganz allein nicht mehr vollkommen überleben könnte. Aber das war schon alles. Die zierliche Fähe seufzte, wobei ihr Atem eine kleine Staubwolke aufwirbelte. Ich bin mir nicht wirklich sicher, wohin ich als nächstes gehen sollte. Diese Aussage war nicht mehr als ein Murmeln, welches ebenso gut ungehört im Raum verklingen konnte.


23.11.2014, 14:12
» Atreus
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Mayla



Dieses alte Gemäuer war ein recht guter Schutz gegen den wütenden Sturm und Regen gewesen, doch gegen die hereinbrechende Temperaturen des Winters konnte es kaum etwas ausrichten. Dies lag wohl daran, dass die Wände sowieso feucht waren und es genügend Löcher und Ritzen gab, durch die die Kälte hereinkriechen konnte. Doch er wollte sich wahrlich nicht beschweren. Das Jahr war gut gewesen. Viele warme Monate, auch der Herbst war mit wenigen Ausnahmen recht freundlich gestimmt gewesen. Nun hieß es abwarten, was weiter auf ihn zukam. Ein Winter mit viel Schnee oder wieder nur dieses nass-kalte Wetter? Ersteres würde er definitiv bevorzugen, wenngleich es bedeutete dass die Beutetiere weiter auswandern würden. Vielleicht sogar aus dem Tal heraus, das sich deren Nahrung unter dicken weißen Schichten verbergen würde. Aber gleichzeitig war es erträglicher als Wolf und nicht so arg auf die sowieso schon schlechtere Stimmung drückend.

Er konnte sich selbst nicht recht erklären, weshalb er wieder zurück gezuckt hatte. Es war doch nichts dabei oder vielleicht doch? Es gab da einen Rüden, mit welchen Mayla sicherlich nichts mehr zu tun hatte und doch war er der Vater der verstorbenen Welpen und hatte somit eine Verbindung zu der Fähe. Atreus war niemand, der sich in solchen Dingen dazwischen drängen wollte. Jedoch sollte der Unbekannte froh sein, wenn er ihm nicht über den Weg laufen würde. Noch immer konnte der Graue nicht glauben, wie feige und unehrenhaft manche doch sein konnten. Wie konnte man nur eine junge Mutter, die soeben ihre Jungen verloren hatte alleine lassen.
Atreus hatte soetwas nie getan. Im Kampf hielt die Bruderschaft zusammen, selbst dann wenn man noch am vorigen Tag selbst im Stich gelassen worden war. Persönlicher Differenzen waren nichtig, wenn es um das reine Überleben ging. Gott weiß was, Mayla hätte zustoßen können. Ganz sicher war sie nicht Herr ihrer Sinne gewesen, sodass man sie einfach überfallen hätte können. Die Nahrungsaufnahme vergaß man auch nur allzu oft und nicht zuletzt spukten einem die gruseligsten Gedanken durch den Kopf. Es spielte keine Rolle, ob man versehentlich einer Klippe hinabstürzte, da man es am nächsten Tag womöglich absichtlich getan hätte.
Niemals. Egal wie es einen selbst erging, niemals ließ man jemanden zurück, dem man vorher auf welcher Art auch immer Treue geschworen hatte.
Ziemlich lange hatte der große Wolf damals versucht wieder zurück zur Gruppe zu finden, nachdem auch die Letzten durch einen Überraschungsangriff getrennt wurden. Im war durchaus bewusst gewesen, dass er viel mehr nach einzelnen Mitgliedern suchte. Aber er hatte nichts gefunden. Nicht einmal einen Toten. Beinahe vermutete er, dass er die gesamte Zeit über in die falsche Richtung gelaufen war. Weg vom Geschehen. Aber selbst wenn sein Unterbewusstsein ihn dazu veranlasst haben sollte, so hatte er nicht aufgegeben, oder?
Natürlich spürte er wie Mayla sich näher an ihn drückte, als wollte sie seinen Rückzug wieder gut machen. Doch der Rüde bewegte sich nicht, starrte weiterhin auf den Ausgang. Denn genauso bemerkte er auch wieder diesen süßlichen Duft. Mittlerweile fühlte sich der feste, ungleichmäßige Steinboden regelrecht komfortabel an. Vielleicht war aber auch nur alles taub und schläfrig geworden. Ziemlich sicher würde er es nicht einmal bemerken, wenn ihm ein spitzer Stein in die Flanken stechen würde. Langsam glitt sein Kopf zwischen seine Pfoten, sein Atem wirbelte direkt vor seiner Nase ein wenig Staub auf.

Er schüttelte fast träge seinen Kopf, bevor ein ruhiges Nein. seine Geste unterstützte. Für ihn hatte es nie genügend Zeit gegeben für eine ernsthafte Partnerschaft gegeben, welche Nachwuchs zur Folge gehabt hätte. Man mochte es kaum glauben, aber schon damals war er wohl das genaue Gegenteil seines Bruders gewesen. Er hatte daran geglaubt, dass er die eine Richtige finden würde, ohne erst mehrere durchprobieren zu müssen. Fast schon romantisch diese Idee. Während sein Bruder also ausgedehnte Flirts pflegte, begnügte Atreus sich mit stummen beobachten und dem ein oder anderem freundlichen Wortwechsel. Dies bedeutete nicht, dass er völlig unerfahren war. Man hatte schon einmal mit der besten, weiblichen Freundin gekuschelt und auch kleinere Küsse ausgetauscht. All dies ging aber nicht über den hinaus, was es auch bei seiner Mutter bedeutete. Und im Krieg gab es besseres zu tun. Viele Fähe waren vergewaltigt wurden. Er konnte es auch nicht abstreiten, dass dies in seiner Gruppe geschehen war, jedoch hatte er sich dann immer zurück gezogen. Damit wollte er nichts zu tun haben.
Wenn der Graue es sich recht überlegte, war er auch ganz froh um seine Entscheidungen. Wäre er Vater gewesen, wäre er nun sicherlich in ähnlicher Situation wie Mayla. Partnerin und Kinder verloren. Hätte er eine völlig Unbekannte vergewaltigt, so mochte es Nachkommen geben, wie sollte er aber wissen wo sie waren. Wenn diese denn nicht auch schon längst tot waren.
Von der Vorstellung, seine Traumpartnerin nach dem Motto Liebe auf den ersten Blick über den Weg zu laufen, hatte er sich aber auch verabschiedet. Ein Märchen.
Der Wolf blickte zu ihr hinüber. Dachte sie ernsthaft darüber nach, ob er Vater war und damit ob er ein guter war?
Seine Zunge fuhr kurz über seine Lippen, bevor er fragte:Wo gehörst du hin? Bist du in einem Rudel? Es musste jemanden geben, der auf sie Acht geben konnte. Doch was, wenn da keiner war? Atreus konnte sie schlecht zwingen einer Gruppierung nur deswegen beizutreten. Doch er konnte auch nicht ihr ständiger Aufpasser spielen, oder?


29.11.2014, 01:41
»Mayla
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Atreus


Sie ignorierte den Umstand ihrer Läufe. Vermutlich auch, weil sie schlichtweg zu müde war, um sich weiter damit zu beschäftigen. Dieses gesamte Gespräch war überaus befreiend, aber in gleichem Maße ebenso erschöpfend. Über das Vergangene zu reden schmerzte und dies zehrte nun einmal an ihren Kräften. So schloss sie einfach die Augen, wartete jedoch weiterhin seine Antwort ab. Diese kam knapp, aber deutlich. Nein. Eigentlich hätte sie es sich denken können. Er war im Krieg gewesen, in solchen Zeiten baute sich vermutlich niemand eine Familie auf. Zumindest konnte sie sich dies vorstellen, wissen würde sie es wohl nie. Sachte nickte sie, zum Zeichen, dass sie ihn verstanden hatte. Es gab nichts weiter dazu zu sagen. Vielleicht hätte sie antworten können, dass auch er gewiss irgendwann eine Partnerin finden und mit ihr eine Familie gründen würde. Aber war das wirklich so? Er schien innerlich so zerschunden, dass sie nicht wusste, ob er je alles verarbeiten und jemandem vertrauen könnte. Nahezu wie bei ihr selbst, nur dass der Auslöser ein anderer war. In gleichmäßigen Bewegungen hoben und senkten sich ihre Flanken, während sich ihr Herzschlag mit jedem Atemzug zu verlangsamen schien. Vielleicht sollte sie einfach schlafen. Ein einziges Mal einen behüteten Schlummer durchlaufen und danach möglicherweise wieder etwas mehr Energie zur Verfügung haben. Auf rein körperlicher Ebene würde ihr das in jedem Fall gut tun.

Mayla öffnete ihre Augen bei seiner Frage wieder und blinzelte mehrmals, um die bleierne Müdigkeit etwas zu vertreiben. Sie würde noch einschlafen, wenn sie jetzt einfach vor sich hindämmerte. Und das wäre inmitten eines Gespräches mehr als unhöflich. Ich kann mich als Teil der Fenrir Ano bezeichnen. Aber das heißt nicht unbedingt, dass ich dorthin gehöre. Letztendlich war sie doch nur dort, um zu überleben. Einen Rückzugsort und Unterstützung zu haben, wenn sie verzweifelte. Jedoch traf die Aussage, dass ein Rudel nahezu wie eine Familie war, bei ihr nicht zu. Vermutlich würde sie sich dort niemals absolut geborgen oder behütet fühlen. Nicht so, wie es jetzt bei Atreus oder damals bei ihrer Mutter gewesen war. Gewiss lebten auch dort im Rudel freundliche Charaktere, mit denen sie sich gut verstand. Es war schließlich nicht so, als wäre die Rot-Weiße unverträglich oder ohne jegliche soziale Kompetenz. Allerdings verstand dennoch nie jemand, wie sie sich innerlich fühlte. Wie zerrissen und zerfetzt das kleine Herz doch war, das dort in ihrer Brust schlug. Und solange das so war, konnte sie sich einfach nicht wie in einer zweiten Familie fühlen. Du gehörst keiner Gruppierung an, nicht wahr? Wegen seiner Vergangenheit konnte sie sich nur schwer vorstellen, dass er sich in diesem Krieg offen positionierte und somit daran Teil hatte. Wer einmal etwas Schlimmes durchlebt hatte, der wollte das normalerweise doch nicht noch einmal tun. So erging es ihr zumindest.

Ihre Kiefer öffneten sich bei einem Gähnen, welches sie schließlich nicht mehr unterdrücken konnte. Es offenbarten sich kleine spitze Zähne, Zähne, die schon lange nichts mehr hatten zerkauen können. Langsam machte sich in ihr ein unterschwelliges Gefühl des Hungers breit. Irgendwann würde wohl ihr Magen anfangen, störende Geräusche von sich zu geben und damit den Hunger offen darzulegen. Aber bis dies soweit war, würde noch einige Zeit vergehen. Sie hatte gelernt, lange nichts zu sich zu nehmen und dieses Gefühl einfach in den Hintergrund zu schieben. Besonders nach dem Tod ihrer Jungen hatte sie dies sehr häufig getan. Kein Wunder, dass sie immer dünner und dünner geworden war. Mayla gehörte von Natur aus zu den vielmehr zierlichen Wesen, sodass sie noch mehr wie bloß Haut und Knochen gewirkt hatte. Aus mehr hatte sie auch tatsächlich kaum bestanden. Glücklicherweise hatte sie es irgendwann doch geschafft, sich selbst zur Nahrungsaufnahme zu zwingen. Sonst hätte sie jetzt noch bedeutend weniger auf den Rippen und wäre kaum in der Lage, diesen Winter zu überstehen. Allerdings musste sie früher oder später trotzdem jagen, wenn dann die Müdigkeit nicht mehr ihre Sinne benebelte und sie träge machte. Inzwischen fiel es der kleinen Wölfin überaus schwer, ihre Augen noch offen zu halten. Doch wie bereits erwähnt wäre ein Einschlafen ziemlich unhöflich inmitten eines Gespräches. Also kämpfte sie mit eiserner Selbstbeherrschung dagegen an, war jedoch inzwischen gar zu müde, um auch nur ihren Kopf noch einmal anzuheben. Das hätte ihr vielleicht noch besser bei dem Versuch geholfen, wach zu bleiben. So richtete sie ihre Augen einfach auf den Ausgang und betrachtete die Außenwelt, wie der Wind einige Blätter vorüber trieb und sie gar in den Raum hineinfegte. Allerdings war es längst nicht mehr so ungemütlich wie bei dem Gewitter. Inzwischen war selbst ihr dichtes Fell vollkommen abgetrocknet und schützte sie bedeutend besser vor der Kühle. Aus dem Grund zitterte ihr zierlicher Körper auch nicht mehr, sondern strahlte gar eine angenehme Wärme aus. Wenn jetzt noch ihre Hunger gestillt wäre und ihre Läufe vorübergehen würde, so wäre die Situation schlichtweg perfekt. Doch auch so konnte Mayla sich nicht erinnern, wie lange es schon her war, dass sie sich so wohl gefühlt hatte. Da war sie wohl doch einmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Und sie persönlich würde nicht behaupten, dass dies allzu häufig vorkam.

Inzwischen hatten ihre Lider sich doch wieder über die dunklen Augen herabgesenkt und sie stand schon mit drei Pfoten im Reich der Träume. Vermutlich würde sie dort wieder hinausgezogen werden, sobald Atreus etwas sagte. Aber solange dies nicht geschah, begann ihr Geist bereits damit, diverse Bilder zu formen. Erstaunlicherweise betrafen diese nicht den Tod ihres Nachwuchses, wie doch sonst so häufig. Vielmehr waren es Erinnerungen an die Vergangenheit in ihrem alten Rudel. Da waren ihre Eltern, so viele bekannte Gesichter, gar Amdír war darunter. Jedoch brachte sie ihm in diesem Moment keinerlei Wut oder Vorwürfe entgegen – denn damals war ja noch alles gut gewesen. Damals.. es war so schön gewesen..


29.11.2014, 21:42
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Stillreich » Das Tal » Der Leuchtturm #1
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