» Porthos
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Snow White



Porthos' Hufe donnerten über den schneebedeckten Boden, sein Atem verlief in kurzen, schmerzhaften Zügen. Schließlich wurde seine Kehle so eng, dass er glaubte, ersticken zu müssen, daher blieb er kurz stehen und atmete tief ein und aus. Es war der siebte Tag und die siebte Stunde, die Porthos nun vollkommen allein verbrachte. Sieben Tage und sieben Stunden, seit er sich über den toten Körpers Arevs gebeugt hatte. Den Körper, den er vernichtet hatte, um Sylver zu rächen. Doch was nutzte ihm dieser Mord? Rein gar nichts, dachte der Hengst bitter. Das bringt sie nicht zurück. Sylver ist verloren. Doch die Wahrheit war, dass es ihm eine gewisse Genugtuung bereitet hatte, Arev auszulöschen. Dennoch konnte man Porthos keineswegs als Sadisten bezeichnen. Nein, der hübsche Hengst wusste, dass er wahrscheinlich eine Menge Leben gerettet hatte, indem er den Hengst getötet hatte. Es war auch nicht die Tatsache, dass er Arev umgebracht hatte, sondern dass er überhaupt gemordet hatte. Es machte ihn zum Sünder. Von nun würde auf ewig Blut an seinen Hufen kleben. Unschuldiges Blut. Denn Gerüchten zufolge waren die weiblichen Mitglieder von Arevs Familie allesamt verschleppt und missbraucht worden, nun, da sie keinen Beschützer mehr hatten. In seinem Heimatland tobte der Krieg jeden Tag wie ein wütendes Monster, das immer mehr Opfer forderte, schon die Kriegsfronten schienen sich einfach nicht einigen zu können. Im Prinzip ist es barbarisch, schoss es ihm durch den Kopf. Natürlich war es das. Krieg war eine sinnlose und vor allem aussichtslose Sache. Und dennoch konnte er die Kriegertrommeln, die in seinem Herzen schlugen, nicht zum Verstummen bringen. Er war der geborene Krieger – der große Körper des Hengstes war muskulös, ausdauernd und widerstandsfähig. Doch bis vor jenen sieben Tagen hatte Porthos nie das Bedürfnis zum Töten verspürt. Er hatte die Krieger, die er besiegt hatte, stets lebend abgeliefert. Er war ein Mann der Verteidigung gewesen, nicht des direkten Angriffs. Die allerhöchste Priorität in seinem Leben war stets Sylver gewesen.

Was bin ich nun geworden? Fortgelaufen von deiner Heimat, ein Mörder, ein Niemand. Noch dazu hatte er nicht nur einiges von seiner Seele eingebüßt – denn Porthos hatte das Gefühl, selber gestorben zu sein, als Sylver an seiner Seite ihren letzten Atemzug getan hatte – auch sein Körper war geschunden. Von seiner ehemaligen Hochform, Sportlichkeit und Dynamik war nur noch ein kläglicher Hauch übrig geblieben. Im Kampf gegen Arev hatte er sich etliche Wunden zugeführt, die in unregelmäßigen Abschnitten sein Fell auf hässliche Weise durchbrachen. Außerdem hatte sein Gegner im derart hart gegen das linke Hinterbein getreten, dass es ein widerliches Knacken von sich gegeben hatte. Er hatte geglaubt, es wäre gebrochen, doch es schien nur verstaucht zu sein. Das Lahmen behinderte ihn allerdings beim Laufen, und es sah wahrscheinlich recht albern aus, wenn er es hinter sich herziehen musste wie einen toten Holzklotz. Dazu kam, dass er scheinbar ein Atemproblem entwickelt hatte. Die tückische Kombination aus all diesen Dingen übte sich nahezu zerstörerisch auf seine Kraft und Ausdauer aus. Porthos wollte nicht in Selbstmitleid oder gar Melodramatik schwelgen, dafür war er einfach der Typ. Stattdessen drohte ihn die Resignation zu überfallen. Er glaubte nicht, dass es ihm jetzt noch etwas ausmachen würde, zu sterben. Und so, wie es momentan für ihn aussah, war es nicht unwahrscheinlich, dass es geschah.

Porthos hob langsam sein Haupt, reckte den Kopf gen Himmel und sah eine trübe Wand aus Wolken, die nicht einmal einen kleinen Sonnenstrahl hindurch ließ. Seine Brust zitterte leicht, als er sich wieder in Bewegung setzte, und er fühlte sich an seine natürlichen Bedürfnisse, nämlich Hunger und Durst, erinnert. Seine Absicht war es gewesen, einen Fluss oder eine andere Wasserquelle zu finden, in der er seine Wunden auswaschen konnte, doch bisher hatte er kein Glück gehabt. Dabei hatte sein exzellentes Gehör den Rotbraunen noch nie getrügt. Wenn hier in der Nähe etwas wäre, hätte ich es vernommen. Porthos war auf dem Weg an einem See vorbei gekommen, doch selbst mit seinem beschädigten Geruchssinn hatte er bemerkt, dass es stark nach Salz roch und somit ungenießbar war. Natürlich hatte es somit auch für seine Verletzungen nichts genützt. Es heißt nicht umsonst 'Salz in die Wunde streuen'. Nachdem er den See hinter sich gelassen hatte, kam eine Weile lang nur grüne Ebene. Auf dieser hatte Porthos ein paar spärliche Gräser aus dem kalten Boden gezupft, doch diese waren in seinem Magen auf alles andere als Zustimmung gestoßen. Jetzt sah Efeu aus dem Boden wuchern, die grünen Blätter waren bedeckt mit einer feinen Schicht glitzernden Schnees. Als der Hengst langsam weiter ging, bemerkte er, dass neben einer Vielzahl von Efeu auch andere Pflanzen aus dem Boden ragten. Die meisten sahen nach Unkraut aus. Außerdem gab es hier teils stark verbröckelte, graue Steine, die wohl einst rechteckig gewesen sein mussten, doch der Zahn der Zeit hatte an ihnen genagt und sie verformt. Porthos wusste, dass er sich auf einem Friedhof befand. Sylver war in Menschenhand aufgewachsen und wusste alles über die merkwürdigen, zweibeinigen Wesen. Hat alles über sie gewusst, sagte eine boshafte Stimme in Porthos' Kopf mit Betonung auf dem hat. Er erinnerte sich an ihre faszinierenden Geschichten. Obwohl Menschen ihm fremd waren, hatte er ihr immer gerne zugehört. Porthos erinnerte sich genau an den Tag, an dem er Sylver gewissermaßen entführt hatte. Als er die schöne Stute erblickt hatte, war es um ihn geschehen – und so war er völlig kopflos losgegangen, um den Zaun, der sie vom Fliehen hinderte, aufzubrechen. Die völlig verdutzte, aber erfreute Sylver war mit ihm gegangen – und seitdem hatten sie sich nie getrennt. Bis zu dem Tag, an dem Arev uns gewaltsam entzweite. Dieses wertlose Schwein.

Porthos wollte diesen Ort verlassen. Schmerzlich dachte er daran, wie er die Leiche Sylvers hatte zurücklassen müssen – für sie hatte es kein feierliches Begräbnis gegeben. Keine Grab, das schöne Wildblumen zierten. Und auch, wenn diese Traditionen ihm nichts bedeuteten, diese kalten, toten Steine erinnerten ihn unweigerlich an sie. Plötzlich vernahmen seine aufmerksamen Ohren ein Rascheln. Er spitzte sie und horchte angestrengt. Es war noch ein ganzes Stück entfernt. Da Porthos nicht abschätzen konnte, worum es sich handelte, wartete er ab. Stille hüllte sich um ihn wie ein dichter Mantel, nur sein eigener Atem durchbrach das Schweigen. Erneut ein Rascheln.
Eine kleine, weiße Stute trat in Porthos' Blickfeld. Seine angespannten Muskeln lockerten sich ein wenig, dennoch blieb er wachsam. Seine dunklen Augen musterten die Erscheinung, doch sein Gesicht blieb ausdruckslos. Es ließ keine Aussage darüber treffen, wie er das, was er sah, aufnahm. „Hallo“, sprach er schließlich in neutralem Ton. Er wollte sehen, wie die Fremde reagierte, was sie überhaupt wollte. Vielleicht war sie ebenso wenig an einer Konversation interessiert wie er.


25.12.2014, 20:26
» Sleeveen
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Schneebeere



Abscheuliches Wetter. Es war nicht so, dass er der dichten Luftwand in den heißen Sommermonaten mehr abgewinnen konnte und doch wäre dies regelrecht eine nette Abwechslung zu dieser derzeitigen Plackerei. Dieses Elendige Tosen des Windes direkt an seinen Ohren entlang ging ihm nicht nur auf die Nerven, sondern drohte auch seinen Schädel zum Platzen zu bringen. Zumindest fühlte es sich durchaus so an. Seine Schläfen pochten und er schien gar nicht mehr in der Lage zu sein, etwas anderes zu hören als dieses gewaltige Rauschen.
Nachdem er das Rudel hinter sich gelassen hatte, war er seinem Gefühl gefolgt. Wo auch immer ihn das hinführen mochte, momentan war es aber eher so, dass er mit dem Wind ging.
Wohin der Wind ihn wehte... Sleeveen war nicht nach Scherzen und Reimereien. Seine Laune hatte einen Tiefpunkt erreicht, für welchen es kaum Worte gab. Nun vielleicht war dies ein wenig übertrieben, wenn man wollte, konnte man wohl von „typisch Mann“ reden. Und doch musste man zugeben, dass es in vollster Einsamkeit doch recht trist und traurig werden könnte. Selbst dann, wenn man diese selbst gewählt hatte. Nun genaugenommen hatte der große Rüde dies nicht getan. Sein Job bedeutete durchaus mit Artgenossen in Kontakt zu treten. Soziale Fähigkeiten der besonderen Art zu zeigen.Seufzend schlüpfte er durch ein Loch eines halb verrosteten Maschendrahtzaunes. Es gab keine Menschen. Nicht hier. Es war also nicht nötig, wann immer man auf etwas aus deren Welt traf skeptisch und vorsichtig zu werden. Das einzige, was einem begegnen konnte, waren Bildnisse. Oder das hier. Was auch immer es war. Steinreihen. Einige noch aufrecht stehend, andere waren umgekippt. Ecken durch die starke Witterung abgebrochen, mit Moosen überwachsen.
Die Zweige der umstehenden Bäume schwankten und knackten bedrohlich. Es war keine gute Idee sich bei diesem Wetter in der Nähe alter Gehölzer aufzuhalten, doch sein Blick nach oben verriet ihm, dass es sich um junge Pflanzen handelte. Deren Äste waren noch weich und biegsam. Nicht so spröde wie altes, trockenes Holz. Außerdem lebten Wölfe in Wäldern, warum sollte er sich also fernhalten.
Sleeveen hatte nicht eine Sekunde innegehalten in seinem Gang, bis ihm ein Loch auffiel, welches definitiv versprach tiefer in das Erdreich hineinzuführen. Bei nähere Betrachtung schien es sich um einen alten Dachbau zu handeln, vielleicht auch Fuchs, jedoch musste schon einmal wer anderes es zu seinem Nutzen erweitert haben. Ein Wolf oder Hund. Aufgrund seiner Größe musste der Braune sich doch reichlich ducken, aber wenig später die durchaus geräumige Schlafkammer erreicht, konnte er sich wieder aufrichten. Noch immer berührten seine Ohrspitzen die Decke. Wen störte das schon? Sleeveen wohl kaum. Was zählte war die Ruhe. Verhältnismäßig gesehen natürlich. So dauerte es nicht lange bis er sich mit dem Rücken an einer der Außenwände gelehnt auf seiner Seite ausbreitete und die sonst so munteren Augen träge schloss. Ein kleines Schläfchen, würde niemanden schaden. Nicht, wenn Hoffnung auf besseres Wetter bestand. Weder wartete jemand auf ihn, noch würde irgendwer ihn vermissen und selbst wenn dem so wäre. Pech gehabt.


09.01.2015, 20:32
» Ivy
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Sleeveen & Schneebeere



Es war kalt. Schnee bedeckte die Landschaft, machte aus allem eins. Im Moment war es ruhig, nur der Wind wehte und ließ einzelne Schneewehen übers Land ziehen. Ivy stapfte durch den mal tiefen, mal durch den seichten Schnee. Sie war kaum vom Schnee zu unterscheiden, ihr Fell war schneeweiß, plüschig wie ein Teddybär. Er schützte sie vor der Eiseskälte, dem ständigen kalten Wind. Mehr Schutz gab es nicht. Das Wild war rar, wenn sie Glück hatte fand sie im Unterholz ein paar unvorsichtige Mäuse oder mal ein Eichhörnchen, dass in der verwirrenden Schneelandschaft nach seinen Vorräten suchte. Sie hatte hier noch nie einen Wolf gesehen, zumindest war ihr auf ihrer Reise noch nie einer begegnet. Sie hatte schon einiges erlebt, ihr Clan hatte sie im Stich gelassen. Hatte es nicht für nötig gehalten, dass auch sie eine Schutzbedürftige war. Aber sie war ja eine Verräterin. Hätte sie damals nichts gesagt, dann wäre sie immer noch dort. Aber wollte sie das überhaupt? Ivy spitzte die Ohren. Im Schnee bewegte sich etwas. Sie duckte sich langsam in den Schnee, war eins mit ihm. Es war ein Hase. Lange Löffel, lange Läufe. Ein schneller Läufer. Sehr schnell. Ivy trippelte sehr langsam näher, der Schnee strich durch ihr dichtes Fell, aber sie war lautlos. Ihre gelben Augen leuchteten, endlich eine Beute. Als sie dicht genug war, passt sie den Moment ab, wo ihre Beute unaufmerksam sein würde. Der Wind stand gut, der Hase konnte sie nicht wahrnehmen. Sie hatte wirklich Glück. Sie legte den Kopf in den Schnee.. Ahnungslos scharrte der Hase im Schnee nach Grashalmen. Um es herum Felsen die aus der Erde ragten, alte Holzpfeiler, krumm und schief. Ivy spannte die Muskeln, der Hase saß abgewandt vor ihr. Jetzt! Ivy hielt inne. Sie hörte Schritte, der Wind trug fremde Gerüche mit sich. In dem Moment als sie sich dem Hasen wieder zuwandte, bemerkte es die Anwesenheit eines Feindes. Mit langen Sätzen sprang es voran. Ivy schoss los, hinter her. Aber der Hase raste mit einer Geschwindigkeit durch den Schnee... Sie konnte ihm nicht mehr nachsetzen. Es war leichter als sie und kam schneller durch den Schnee. Ivy bremste ab, Nackenfell gesträubt. Nochmal davon gekommen.
Sie beruhigte sich, glättete das Fell, schaute sich um. Ein sanfter Wind wehte, brachte den Geruch erneut. Sie stapfte an den Felsen vorbei. Eingeritzte Zeichen und merkwürdige Schriften zierten diese.. etwas was nur mit Menschenhand hatte geschaffen werden können. Es war ein seltsamer Ort. Sie hielt an, als nicht weit weg Gestalten zu sehen waren. Sie verharrte, sie würde schon rechtzeitig bemerkt werden.


09.01.2015, 22:19
» Schneebeere
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Sleeveen & Ivy


Ein Krachen. Mit einer gewaltigen Wucht traf direkt neben ihr ein Ast auf, zusammengebrochen unter einer hohen Schneelast. Eine Wolke aus feinen Eiskristallen stiebte auf und legte sich auf ihren seidigen Pelz. Ein schlichtes Zucken ihrer Ohren war die Reaktion auf dieses unerwartete Ereignis, ansonsten setzte sie weiter Pfote vor Pfote und ging ihres Weges. Kein Zusammenschrecken, kein überraschter Ausruf. Man könnte Schneebeere wohl als zu abgebrüht bezeichnen. In der Gesellschaft des hellen Wolfes war sie nicht lange verblieben, hatte er ihr Interesse doch nicht ausreichend geweckt. Ganz abgesehen davon, dass er eine gute Gesprächspartnerin offensichtlich nicht genügend schätzte und durch erstaunlichen Griesgram gezeichnet gewesen war. Leise lachte sie bei der Erinnerung daran, ein glockenheller Ton, der federleicht und doch erstaunlich gut vernehmbar durch die kalte Luft tanzte. Vielleicht wäre es doch recht interessant gewesen, sich zumindest mit dem Grund für dieses Verhalten zu beschäftigen. Dafür hätte sie aber ausreichend Lust dazu haben müssen. Ihre kleinen Pfoten sanken sachte im Schnee ein, während sie weiter voranschritt und sich vor ihr langsam die groben Umrisse durch Menschenhand errichteter Bauten abzeichneten. Ein Ort, den man hier im Tal gemeinhin als den Friedhof bezeichnete. Bislang war sie noch nie dort gewesen und war gespannt, was sie erwarten würde.


Nur wenige Momente später befand sie sich in der Mitte jenes Gebietes, welches ihr Ziel gewesen war. Scharf pfiff der Wind um die seltsam geformten Steine, in welche ihr unbekannte Zeichen eingeritzt waren. Ein Ort, der wohlgemerkt eine gewisse Atmosphäre besaß. Zart besaitete Charaktere würden es hier auf Dauer kaum aushalten. Sie wandte sie kleinen Ohren bei einem Geräusch, welches inmitten des Pfeifens fast nicht wahrnehmbar war. Ihr Blick folgte der Bewegung ihrer Ohren und erfasste einen großen Rüden, welcher sich in dem Moment in einen alten Bau zwängte. Die Mundwinkel der Fähe zogen sich hinauf zu einem amüsierten Lächeln und sie legte leicht den Kopf schief, während sie ihn stumm beobachtete. Eigentlich erstaunlich, dass er es wirklich schaffte, dort hineinzugelangen. Für sie wäre das ein weitaus geringeres Problem, denn wenn sie es richtig einschätzte, war sie um einiges kleiner als er. In den zierlichen, schwarz-weißen Körper kam Bewegung und sie machte sich daran, sich dem Rüden zu nähern. Beziehungsweise jenem Fleck, an dem er sich zuletzt aufgehalten hatte. Von dort sollte es ein Leichtes sein, einen Blick bis zu jenem Raum - falls diese Bezeichnung überhaupt passend war - zu werfen, in den er vorgedrungen war. Wohl für ein Schläfchen oder um vorläufig Schutz vor der Kälte zu suchen. Danke für diesen belustigenden Anblick. Das hat mir den Tag sehr erheitert. Diesen Kommentar mitsamt dem kecken und direkten Ton könnte sie sich wahrlich nicht verkneifen. Er war bereits über ihre Lippen, noch ehe sie es sich möglicherweise anders überlegen konnte. Das, was hier zum Vorschein kam, mochte einer der wahren Bestandteile vom Charakter der Hündin sein. Stets ohne Umschweife auf den Punkt, frech, neckend, vielleicht gar unhöflich. Fraglich war nur, was der Rüde damit anfangen würde - begeistert war er mit Sicherheit nicht. Schneebeere senkte ihren Kopf etwas, um nun tatsächlich einen Blick auf das Innere des Baus zu erhaschen. Dort lag er, an die Rückseite der Wand gedrückt wie ein einziges Fellknäuel. Auch das könnte man als recht interessant bezeichnen, hätte man so eine Aussicht doch nicht alle Tage. Erneut zuckten ihre Mundwinkel und sie schüttelte den Kopf, ehe sie diesen wieder anhob. Dann war da ein erneutes Zucken ihrer Ohren, die wie winzige Radare neuartige Geräusche auffingen und diese an ihr Gehirn weiterleiteten, damit sie dort gedeutet werden konnten. Schritte, Schritte eines anderen Tieres. Sie wandte ihre dunklen, schier unendlich tiefen Augen auf den Verursacher - oder besser die Verursacherin - eben dieser Schritte. Eine Wölfin, das Fellkleid hell wie das jenes Rüden, den sie gerade erst im Steinbruch zurückgelassen hatte. Aus ihrer Richtung kommend stob soeben ein Hase wie vom Wahnsinn verfolgt davon, was auf eine wenig erfolgreiche Jagd schließen ließ. Würde die Schwarz-Weiße Augenbrauen besitzen, so hätte sie diese wohl ein wenig abschätzend hinaufgezogen. Manche besaßen eben ein gewisses Können, andere nicht. Wobei man dich glauben sollte, dass ein Wolf bei der Jagd besser wäre als ein Hund. Nun gut. Knapp nickte sie der Fremden zu, ein schlichtes Zeichen, dass sie wahrgenommen worden war. Mehr war für den Moment wohl nicht nötig - sollte sie etwas wollen, dann würde sie sich schon melden.


Schneebeere löste ihren Blick wieder und entfernte sich einige Schritte von dem Eingang des Baus, wo sie sich schließlich auf den Hinterbeinen niederließ. Was nun, bleiben, gehen? Das würde sie wohl davon abhängig machen, ob sich ein Gespräch entwickelte und falls ja, welchen Verkauf es nahm. Es gab nicht viel, was ihr Interesse tatsächlich so lange wecken konnte, das sie blieb. Umso verwunderlicher war es fast, dass sie sich einer der Gruppierungen hier im Stillreich angeschlossen hatte. Die ganze Zeit über letztendlich mit denselben Charakteren zusammen sein? Nichts, was auf den ersten Blick zu der hübschen Fähe zu lassen schien. Aber letztendlich war es der magische Anteil der Herde, welcher ihr wichtig war. Was man ihr dort ermöglichte. Das, was sie bereits beherrschtem konnte sie dort noch weiter ausbauen und möglicherweise nutzen, wenn es nötig wurde. Ohne Skrupel. Da wäre eine körperliche Unterlegenheit ihrerseits nicht mehr von Belang, könnte sie doch mit einer geringen Anstrengung einen Kampf einfach beenden. Ob nun durch Betäubung oder gar Tötung ihres jeweiligen Gegners - in jedem Fall würde sie siegen. Eine positive Zukunft, für die es sich lohnte, die Zwiste einer kleinen Gesellschaft auf sich zu nehmen und zu ertragen. Ganz abgesehen davon, dass sie sowieso selten an jenem Ort war, wo sich der Großteil der anderen Mitglieder stets aufhielt. Immerhin hatte man ihr keine Art von Aufgabe zugeteilt, welche dies erfordern würde.


09.01.2015, 23:47
» Sleeveen
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Schneebeere & Ivy



Der Rüde hatte soeben erst seine Augen geschlossen und einmal tief durchgeatmet, als vom Eingang der Höhle her eine Stimme erklang. Jedoch hielt er es nicht für nötig diesem Ton ein wesentliches Maß an Aufmerksamkeit zu schenken. Nicht einmal eine einzige Faser seines Körpers schien überrascht zu zucken. Fast so als habe er darauf gewartet, dass nur wer erschien. Ja, regelrecht, als habe er damit gerechnet. Gewissermaßen hatte Sleeveen dies auch. Es war doch nie so, dass einem Ruhe vergönnt war, insbesondere dann nicht, wenn man sie sich am meisten wünschte. Schon in der Vergangenheit waren immer dann Kunden aufgetaucht, wenn er sich einmal dazu entschlossen hatte, dass er ein wenig Pause benötigen könnte. Sich etwas gönnen. Nun natürlich hatte er es nie getan, gab es schließlich immer einige Extras dafür herauszuschlagen.
Aus seiner Kehle kam lediglich ein dumpfes Brummeln des Unmuts, gefolgt von wenigen Worten Schön dir eine Freude gemacht zu haben. Um genau zu sein, konnte die Unbekannte sich äußerst glücklich schätzen. Gefallen kosteten im Normalfall etwas. Je nach seiner Laune unterschiedlich. Seinem aktuellem Gemüt nach, wäre es aber ein reichlich hoher Preis. Was genau konnte er nicht so einfach sagen. Schließlich hatte er nicht einmal einen Blick auf sie geworfen. Wer sie war, was sie hatte, was es am schönsten wäre ihr zu nehmen... Vielleicht solltest du mich als ihr persönlicher Belustiger anstellen. Dies würde aber nie geschehen. Auf solche niederen Aufgaben würde Sleeveen sich nie herablassen. Er besaß schließlich eine ordentliche Portion Ehre. Zu einem Diener würde er nie werden. Sklavenhaft Wünsche erfüllen. Erst wenige Augenblicke später hoben sich seine Lider und brachten seine blauen Augen zum Vorschein. Es dauerte einige weiteren Momente, damit sich seine Sicht auf scharf stellte und er seinen Gast erkennen konnte.Zumindest einen Teil von diesem, denn viel konnte man nicht erkennen. Deutlich kleiner als ein Wolf. Schwarz- weißes Fell. Köter., murmelte er. Er konnte diesen degenerierten Wesen nicht sonderlich leiden. Er kam mit ihnen aus, sofern er überhaupt mit jemandem zurecht kam. Sofern er jemanden leiden konnte. Es war also eine Endlosschleife und vollkommen egal um wen oder was es sich handelte.
Seufzend schloss er seine Augen wieder. Seine Ohren zuckten aufmerksam. So mochte gerade wieder Stille herrschen, doch ihre Anwesenheit spürte er deutlich. Sicherlich konnte man es einfach ignorieren, doch er wollte seine Ruhe haben. Und dies bedeutete nicht, dass er aktiv ignorieren musste.
Langsam erhob er sich und kroch wieder den Gang hinauf ans Tageslicht. Der helle Schnee blendete ihn regelrecht. Noch ein Grund die Wintermonate zu hassen. Also was...
In der Ferne befand sich ein weiterer Umriss. Größer, hell... eine Wölfin. Einen Moment ist keine einzige Seele hier und dann kommen sie wie die Schmeißfliegen.


10.01.2015, 22:45
» Ivy
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Schneebeere & Sleeveen



Sie verharrte still, um sie herum eiskalter Wind, einzelne Schneeflocken. Dort standen sie. Als sie näher blickte erkannte sie einen Hund. Sie hatten sich hier verbreitet, jagten was ihn vor die Nase kam, stahlen die Nahrung. Wind fuhr ihr durchs Fell, ließ die schneeweißen Haare hin und her wehten.
Und dort stand auch der Wolf, dessen Geruch sie wahrgenommen hatte. Obwohl der vom Hund nicht weniger wahrnehmbar gewesen war. Sie wechselten einige Worte miteinander, das konnte sie von hier aussehen. die Worte hörte sie nicht. Aber das interessierte sie auch nicht wirklich. Wichtig war für sie, dass sie diese nicht kannte und das tat sie nicht.
Sie verharrte immer noch. Sie musterte die Situation sehr genau. Schließlich entschied sie sich aber näher zu kommen. Sie schlich eher, setze leise jeden Fuß vor den anderen.
Sie war so nahe gekommen, dass sie die letzten Worten des Rüden noch hören konnte. Ungewöhnlich zu dieser Jahreszeit, an diesem Ort... woanders längst ausgestorben und damit meine ich nicht die Fliegen. Sehr leise hatte sie gesprochen, mit zarter Stimme. Sie musterte den Hund einen Moment lang. Schwarz und Weiß. Weiß und Schwarz. Eine Fähe wie sie es war, nur eben einer dieser Wesen die sich sonst dem Menschen unterwarfen. Ivy blickte zum Rüden hinüber. Blaue Augen hatte er, ungewöhnlich für einen dunklen Wolf. Das hatte sie noch nie gesehen. Noch wusste sie nicht was sie von jenen halten sollte. Zu lange schon war sie allein unterwegs, stets vorsichtig, eher zurückhaltend, vielleicht auch eher bedacht. Ihr Magen erinnerte sie daran, dass sie noch heute irgendwann würde Beute machen müssen. Hunger war eines was hier störte, Beute gab es kaum. Umso mehr ärgerte sie der Verlust ihrer Beute, die sie hätte haben können, wäre sie nicht jäh unterbrochen worden.
Sie blieb stehen, wusste sie ja nicht was sie erwarten würde.


11.01.2015, 22:48
» Schneebeere
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Sleeveen & Ivy


Es war nicht schwer zu bemerken, dass der Wolf ein eher weniger geselliger Zeitgenosse war. Sein Grummeln war vielmehr düster und unwillig, keine Spur von positiven Emotionen war darin zu erkennen. Was war nur los in diesem Tal? Anscheinend stieß man an jeder Kreuzung auf solche Griesgrame, die vom Verhalten her gut zu den abgeschotteten Alten zählen konnten. Nur gut, dass die Fähe viel zu selbstbewusst war, um sich durch so etwas abschrecken zu lassen. Persönlicher Belustiger? Ich denke doch eher weniger. Es sei denn, du hast noch weitere Eigenschaften, die dich zu einem amüsanten Begleiter machen würden. Aber ich glaube kaum, dass du so jemand wärst. Nein, der Rüde schien zu ernst und lebenserfahren, als dass man ihn letztendlich als dauerhaft amüsant bezeichnen würden. Ganz zu schweigen davon, dass sie mit Sicherheit niemanden ständig um sich herum haben wollte. Aber spielte diese Überlegung im Moment überhaupt eine Rolle? Seine Aussage war doch vielmehr ironisch gemeint gewesen als alles andere. Allerdings begannen nun die Mundwinkel der Schwarz-Weißen zu zucken, während ihr neuer Gesprächspartner - wobei dieser Begriff zweifelhaft war - sich aus dem Bau schälte und sogleich etwas wenig Freundliches von sich gab. Doch daran störte sie sich herzlich wenig. Ich muss dir zustimmen, ich bin ein Köter. Schließlich beschreibt dieses Wort dasselbe wie der Ausdruck 'Hund'. Die negative Behaftung wollen wir dabei einmal vergessen. Schier liebenswürdig blinzelte sie ihn an und legte dabei leicht den Kopf schief. Tatsächlich war der Rüde von recht stattlicher Statur, so, wie sie ihn aus der Entfernung eingeschätzt hatte. Wölfe waren von Natur aus größer als ihresgleichen, dennoch überragte dieser Fremde sie äußerst eindeutig. Ob es ihr einen Teil ihrer Würde nahm, aus dem Grund zu ihm aufblicken zu müssen? Keineswegs. Ihre Haltung war gleichsam gestreckt und doch überaus entspannt, während sie insgesamt den Eindruck machte, als könne sie nichts und niemand aus der Ruhe bringen. Schneebeere hatte ihr Selbstbewusstsein lange genug geschult, um sich in derartigen Situationen so geben zu können.
Sie wandte den Kopf bei seinen Worten, die offensichtlich nicht ihr galten. Da näherte sie sich, eine weiße Gestalt inmitten einer weißen Welt. Die Umrisse der Fähe schienen nahezu mit der Umgebung zu verschmelzen und aus größerer Entfernung müsste man konzentriert hinsehen, um sie wirklich zu erkennen. Nun jedoch sah sie alles in jedweder Deutlichkeit.


Mit einem belustigten Funkeln in den Augen betrachtete sie die weißfellige Wölfin beim Näherkommen. Wie töricht sie doch wirkte in ihren Bewegungen. Sie selbst glaubte wohl, sich eleganter zu bewegen als eine Tänzerin - doch dabei blieb es auch. Jeder, der auch nur halbwegs bewandert war, könnte ihr teilweise auftretendes Ungeschick erkennen. Gewiss gab es Wesen, die sich tölpelhafter bewegten. Verglich sie die Unbekannte jedoch einmal mit sich selbst, dann waren mehr als eindeutige Unterschiede zu erkennen. Aber Schneebeere war schließlich auch eine Schauspielerin, eine Künstlerin. Wenn sie etwas wusste, dann wie sie mit ihrem eigenen Körper umzugehen hatte. Für einen Wimpernschlag musste sich erst ein Gedanke in ihrem Geist Formen, bevor er sich in überragender Schärfe präsentierte. Diese Fremde erinnerte sie an eine Spitzmaus. Das Schleichen ließ sie eher drückebergerisch wirken, fast so, als würde sie augenblicklich den Schwanz einziehen, wenn man ein Wort gegen sie richtete. Möglicherweise mochte sie mit diesem ersten Eindruck falsch liegen - doch darauf wollte sie nicht hinaus. Es war einfach Fakt, dass die Fähe auf sie persönlich längst nicht die Wirkung erzielte, welche sie wohl auf andere haben wollte. Scheinbare Eleganz wandelte sich zu selbstüberschätztem Schleichen, fließende Bewegungen wurden vorsichtige Schrittchen. Belustigend. Doch es gab eines, was noch weitaus amüsanter war, und das war die von der Hellen getroffene Aussage. Ob sie wohl hoffte, Schneebeere damit angreifen, verletzen zu können? Dann lag sie mehr als weit daneben. Wie recht ich dir doch geben muss, meine Liebe. Letzteres sprach sie betont sanftmütig und verständnisvoll aus. Selbst an Orten, die eigentlich stets verlassen sind, trifft man sogleich auf zwei Wölfe. Schlimmer noch als die Schmeißfliegen. Und zumeist geben Sie sich auch noch so, als wären sie die beeindruckendsten Gestalten des Tales. Dabei können sie teils noch nicht einmal vernünftig jagen. Schneebeere hielt inne und wandelte ihr Miene derart, dass sich ein nahezu entsetzter Ausdruck darauf zeigte. Ein Teil ihrer Bemerkung zählte wohl offensichtlich auf das Missgeschick ab, was die Wölfin fabriziert hatte. Selbst bei der Jagd keine Beute machen und dennoch einen Hund als wertloser bezeichnen. Oh, verzeiht, ihr beide gehört doch selbst dieser Art an. Wie dumm von mir. Und ein sich erneut verändernder Gesichtsausdruck, als sie den zweiten Satz aussprach. Nun drückte schier ihre gesamte Haltung aus, wie amüsiert sie doch von der Aussage der Hellen war. Glockenhell tanzte ihr Lachen durch die Luft und die Schwarz-Weiße schüttelte ihren zierlichen Kopf. Ihr beide solltet einmal einen außenstehenden Betrachter fragen, welchen Eindruck ihr hinterlasst. In den großen wachen Augen glitzerte es vergnügt, während sie von einem Wolf zum anderen blickte. Man könnte schon sagen, dass sie bereits jetzt ihren Spaß an der ganzen Situation hatte. Der eine wie ein alter Griesgram, der bei auftauchender Gesellschaft rein aus Prinzip missmutig wird. Für einen Wimpernschlag hielt sie den Rüden mit ihrem Blick fixiert, bevor sie sich zu der Hellen umwandte. Und die andere eine zarte Dame, die einen Hund als wertloser bezeichnet und doch gerade selbst erst einen Fehltritt verbucht hat. Kurzzeitig musterte sie die Wölfin gar und fällte letztendlich mit geübtem Blick das Urteil, dass die Helle jünger sein musste als sie. So jung und doch schon so verdorben. Ein derartiges Auftreten konnte man sich eigentlich erst ab einem bestimmten Erfahrungsgrad erlauben - und sollte jemand behaupten, Schneebeere würde diesen nicht besitzen, dann tat die Fremde es noch längst nicht.


Innerlich bereitete die Fähe sich auf eine beleidigende Gegenaussage vor, in welcher Form auch immer. Direkt oder hinten herum. Ihr sollte es gleich sein, war sie doch vielmehr neugierig, was für Argumente sie möglicherweise erreichen würden. Bei einem Gähnen klappten ihre Kiefer auseinander und es wurden Reihen von spitzen Zähnen offenbart, die in der Sonne kurzzeitig blitzten. Allein das sollte ein mehr als eindeutiges Signal sein, dass die Hündin sich in dieser Situation keinesfalls ausgeliefert oder hilflos fühlte. Was geschah, wenn die beiden sie mit einem Mal angreifen sollten? Sollten sie es doch versuchen - die schwarze Magie wohnte nicht umsonst in ihr. Für einen Moment verspürte sie gar den unterschwelligen Reiz, der Fähe einen leichten Schlag zu verpassen. Ganz so, als würde ein kurzer Strom ihren Körper berühren, ohne dass sie aber wusste, woher dieser kam. Wie ein winzig kleiner Tadel. Doch sie unterließ es, denn für derartige Kleinigkeiten war sie noch nicht in der Stimmung und zudem schlichtweg zu beherrscht.


13.01.2015, 17:17
» Sleeveen
Dieser Nutzer/Charakter wurde gelöscht.

Schneebeere & Ivy



Auch wenn die Worte der Schwarz- Weißen zunächst nicht so klangen, verrieten sie doch, dass sie verstand, dass der Wolf nur einen Scherz gemacht hatte. Reinste Ironie.
Jedoch veranlasste sie ihn für einen Augenblick zum überlegen. Wäre er ein guter Begleiter? Er wusste es selbst nicht, da er es nie ausprobiert hatte. Darin lag aber womöglich auch der Schlüssel. Seitdem er sein Rudel verlassen hatte, lebte er in Einsamkeit. Alles an ihm hatte sich darauf eingestellt. Er hatte seine große Gestalt durch körperliche Ertüchtigung gestärkt, um sich selbst beschützen zu können. Seine Jagdtechniken verfeinert und für ihn als Einzelkämpfer optimiert. Sein Mundwerk war oft ziemlich lose und wenn es denn sein musste, konnte er durchaus viel reden. Gleichzeitig verlangte es ihm aber nicht danach. Im Gegensatz zu anderem kam er mental mit der Stille sehr gut zurecht. Es wäre vielmehr die Anwesenheit anderer, das ständige Gebrabbel im Hintergrund, Gejammer wenn es mal kein gutes Futter gab und dieses blinde Vertrauen darin, das die anderen einen schon mitversorgen und schützen würden, welche ihm recht zeitig auf die Nerven gehen würden. Tatsächlich würde es ihm wohl mehr schaden, wenn er sich einem Rudel anschließen würde, als nutzen. Unterforderung. Langeweile. Nun er mochte momentan auch nicht gerade ihn reger Tätigkeit schwelgen und doch war das tägliche Überleben durchaus Kampf genug, wenn es auch nicht so aussehen mochte.
Womöglich ist Köter in irgendeiner Welt ein liebevoller Spitzname., merkte er an. Es war tatsächlich möglich, waren die Worte doch immer nur durch eine ganz eigene Interpretation behaftet. Wobei das eigene nicht zwangsläufig auf das einzelne Individuum bezogen sein musste, sondern heutzutage vielmehr auf eine gesamte Gruppierung. Genauer gesagt, also die Interpretation einer Region. Aber tatsächlich meinte er es in dem weitläufigsten Gebrauch. Abneigung. Drecksköter. Töle wäre auch noch eine Wahl. Warum sich immer gleich alle derart angegriffen fühlten, schließlich besaß er selbst einen tatsächlichen Namen, der in seiner Bedeutung nichts positives bedeutete. Ursprünglich wurde es ihm wahrlich als Beleidigung entgegengebracht, er aber trug ihn nun schon fast mit Stolz. War schließlich war nichts falsches daran. Er war hinterhältig. Ein Betrüger.

Mittlerweile hatte sich die helle Fähe angenähert. Sehr zögerlich, fast schon ängstlich. Sie musste sich nicht fürchten. Ausnahmsweise war ihm mal nicht nach Kannibalismus. Ein einziger Laut verließ bei diesem Gedanken seine Kehle, welcher fast einem unterdrücktem Lachen gleich kam. Nur wenig später wurde er durch einen anderen Ton ersetzt. Das Zischen einer ruckhaften Atemausstoßes. Die Weiße wollte wohl witzig sein oder sich auf seiner Seite stellen, wenngleich sie nicht wissen konnte, dass Sleeveen von der Hundeart herzlich wenig hielt. Keineswegs, weil er eine Konkurrenz in ihnen sah, vielmehr könnte man es fast als Mitleid betiteln. Wie verkümmert sie doch waren und einige sahen äußerst lächerlich aus. Nasen, als wären sie gegen einen Baum gerannt, so viel Fell, dass man eine 50:50 Chance hatte das Kopfende zu finden und nicht zuletzt die enormen Größenunterschiede. Das kleinste Exemplar, welchem er mal begegnet war, hatte ihm gerade einmal bis zum Wurzelgelenk gereicht. Degeneriert. Eine Fehlentwicklung in der Evolution. Wobei sie ja nichts dafür konnten, es waren die Menschen gewesen, welche kuschelige Schoßtiere haben wollten.
Wie dem aber auch sei, er brauchte keine Unterstützung. Hatte sie nie gebraucht.

Sleeveen gab zunächst keine Antwort, blieb ihm dazu schließlich auch kaum eine Möglichkeit. Der Hund ergriff sofort Wort. Und wie. Ein Wasserfall an Ironie und Sarkasmus. Nun wurde das ganze doch recht interessant. Wie ein aufmerksamer Zuschauer setzte der Rüde sich, die Ohren gespitzt, ein belustigtes Lächeln auf seinen Lippen tragend. Es erreichte sogar seine Augen, welche leicht funkelten und gespannt zwischen den beiden Konkurrentinnen hin und her wanderte. Für gewöhnlich fand er keinen Gefallen an Zickenkriege. Dieses kreischend hohe Gekeife, diese immer wieder gleichen wiederkehrenden Beleidigungen, die selten wahr waren. Aber einem fiel halt nichts kreativeres ein. Man konnte sich Sleeveen sehr gut zur Zeit der Römer vorstellen, als diese spektakulären Spiele veranstaltet wurden. Gladiatorenkämpfe. Er war definitiv jener, der anfeuernd immer wieder „Kampf! Kampf! Kampf! Blut! Tod!“ brüllen würde.
Nun würde er nun wetten müssen, so galt es worauf. Bei einer körperlichen Auseinandersetzung müsste aus logischer Sicht die Wölfin gewinnen, wenn sie auch nur den Funken einer Ahnung von Selbstverteidigung besaß. Im Falle eines rein verbalen Streites, hatte nun aber bereits die Hündin weit die Nase vorne. Sie hatte eine selbstbewusste Körperhaltung, ihre Worte waren genauso selbstsicher und taff. Kein Stocken oder Zittern. Keineswegs ließ sie sich auf ihre geringe Körpergröße reduzieren.
Dass sie ihn einfach so mit der anderen gleichstellte, ließ er zunächst unbeachtet. Schlussendlich musste er ehrlich mit sich sein. Würde er es nicht genauso tun, würden ihm zwei Hunde gegenüber stehen? Als sie sich ihm aber direkt zuwandte, blickte er ihr entgegen. Oh sie fixierte ihn regelrecht. Die ganz Große spielen, Angst einjagen. Sleeveens Maulwinkel zuckten leicht. Ich bin alt in Jahren gesehen. Denn es war tatsächlich nur die Zahl, welche ihn als einen Senioren auszeichnen würde. Rein äußerlich konnte man ihn genauso gut nur als halb so alt einschätzen. Ebenso erging es ihm gesundheitlich bestens. Er war weder schwerhörig, vergesslich oder blind, noch anderweitig gebrechlich. Und es zeugt von Charakterstärke seine Prinzipien zu haben., fuhr er überzeugt fort. An seiner Meinung festhalten, konnte manchmal sehr beschwerlich werden. Wenn sich die ganze Welt gegen einen stellte, dann war man wahrlich bewundernswert. Außerdem war Anderssein noch immer das Geheimnis vom überleben. Wer sich anpasste, machte die gleichen Fehler wie alle anderen auch und stürzte sich gleichfalls ins Verderben. Vielleicht war genau der eine andere Schritt, das was dem einem Individuum schließlich das Überleben sicherte.
Mit einem Lachen wandte er sich der anderen zu, hatte er sich doch ziemlich schnell eins und eins zusammengezählt. Oder in diesem Fall waren es drei addierte Fakten. Zum einen wurde vorgeworfen, dass manche Wölfe nicht vernünftig jagen könnten, nun wurde explizit der Anwesenden vorgeworfen einen Fehlschlag gehabt zu haben und wie wie auf Kommando schien ein knurrender Magen, welcher definitiv nicht ihm gehörte, die bestätigen zu wollen. Man sollte meinen, so wie du angeschlichen kamst, solltest du Übung darin haben. Nein, es war kein Kompliment. Er hatte nur den netteren Begriff für kriechen verwendet. Ein nahezu enttäuschtes Seufzen erklang. Kein Wunder, dass die Wolfsrasse immer weiter an Respekt verlor, wenn es so viele Vollidioten schafften zu überleben.


21.01.2015, 02:11
» Ivy
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Sleeveen & Schneebeere



Ivy zuckte mit den Ohren, eine Reaktion welche sie nicht erwartete. Die weiße Fähe musterte ihr Gegenüber nur kurz. Nein, so hatte sie es sich nicht vorgestellt, Wortwechsel wonach ihr nicht zumute war.
Es ist kein Fehltritt vorsichtig zu sein. sprach sie, mehr zu sich. Sie war sich sicher, hier war sie falsch. Sie fühlte sich nicht wohl, aber wie konnte man es denn auch? Ivy trat zur Seite. Meine Kräfte spare ich lieber... sagte sie mehr zu sich, als zu den anderen. Dann würde sie sich nun lieber auf die Suche nach einer Beute machen, dass würde ihrem Magen auch eher gefallen. Ivy wandte ich ab und verschwand leisen Schrittes im Schnee..

(würde lieber weiter mit ihr schreiben, aber ich schaffe es nicht jeden Tag vorbeizuschauen. )


22.01.2015, 19:31
» Schneebeere
Dieser Nutzer/Charakter wurde gelöscht.

Sleeveen (& Ivy)


Unentwegt hielt sie ihre dunklen Augen auf die Fähe gerichtet und wartete mit einem gewissen Interesse ihre Reaktion ab. Ob sie sich wohl gegen die Bemerkung von Schneebeere zur Wehr setzen konnte? Wenn man einmal recht darüber nachdachte, dann war es zu bezweifeln. Denn der Wölfin waren die Worte vollkommen im Mund herumgedreht worden und sie würde es vermutlich nicht wagen, den erneuten Versuch eines verbalen Angriffes zu starten. Die Überlegenheit der Schwarz-Weißen in dieser Hinsicht war eindeutig und selbst ein Narr würde erkennen, dass sie die Kunst des Wortes vollkommen beherrschte. Dagegen konnte es kein Ankommen geben für jemanden wie die weißfellige Fähe. Für jemanden, der sich taff gab, aber es im Endeffekt nicht im Geringsten war. Es war immer wieder schön zu sehen, wie Viele dieser Art es allein im Stillreich gab. Der Unterschied zwischen Selbstüberzeugung und Selbstüberschätzung war eben klein, aber wichtig. Ich habe nicht bestritten, dass Prinzipien von Stärke zeugen. Aber manchmal machen sie eben auch schwach. Oder sie sind lächerlich. Immerhin haben wir aber ja schon festgestellt, dass du belustigend sein kannst. Mit einem weiterhin amüsierten Lächeln auf den Lippen wandte sie ihren Kopf für einen Moment in Richtung des Wolfes, der soeben etwas auf eine ihrer Aussagen erwiderte. Sicher, ein derartiges Verhalten war nicht unbedingt schlecht. Auch sie gab sich manchmal so, wenn sie einfach Lust dazu verspürte. Es war in jedem Fall effektiv, um sich unnötige Plagegeister vom Leib zu halten. Allerdings konnte man niemals wissen, wann man mal jemanden aus eigennützigen Zwecken brauchte. Wenn er seine abweisende Haltung niemals aufgab, dann würde er wohl kaum jemanden finden, der für ihn unliebsame Aufgaben erledigte. Ein paar Informationen beschaffte. Gar das eigene Leben aufs Spiel setzte, je nachdem, wie weit man es trieb. Denn es gab nicht viele, die wie Schneebeere waren und so etwas belustigend oder gar interessant fanden. Die Meisten würden diesem Rüden wohl beleidigt den Rücken zukehren und einfach verschwinden. Vielleicht brauchte er aber auch niemanden, vielleicht wollte er seinen Weg ganz allein beschreiten und sich von jeglichem Individuum fernhalten. Wer konnte das schon wissen? Selbst sie konnte ihn mit ihren hervorragenden Fähigkeiten, was das Einschätzen Anderer anging, noch nicht völlig verstehen. Fest stand allerdings, dass es sich bei diesem Wolf wohl um einen sehr zurückgezogenen und durchaus willensstarken Charakter handelte. Jemand, der sich auch gegen seine eigene Art wandte.

Die Seiten der Hündin bebten sachte, als sie die Bemerkung des Rüden vernahm. Es war mehr als deutlich zu vernehmen, dass seine Aussage gegenüber der Hellen nur wenig freundlich gemerkt war. Selbst jemand, der im Umgang mit Anderen nahezu unbefähigt war, würde dies bemerken. Somit hatte diese weißfellige Fähe sich mit ihrer Bemerkung gleich zweimal selbst ein Bein gestellt. Ihre Hoffnung war es vermutlich gewesen, dass sie und der Hochgewachsene auf diese Art auf einer Seite stehen würden. Die Seite, welche konträr zu jener von Beere war. Doch offensichtlich hatte sie sich geirrt. Nun standen vielmehr gleich zwei Gestalten gegen sie, wenngleich sie beide nicht Hand in Hand gingen. Einige ironische Formulierungen gefolgt von einem knappen Kommentar; allesamt nichts, womit diese Fremde zurecht kommen würde. Zumindest ihrer Einschätzung nach - und so kam es auch. Ihre Ohren zuckten und in den klaren Augen zeigte sich ein belustigtes Funkeln, als ihr weibliches Gegenüber einige Worte in sich hineinmurmelte, nur um sich im Anschluss abzuwenden und ebenso davonzuschleichen, wie sie näher gekommen war. Das nenne ich Charakterstärke. Nicht nur an Verhaltensweisen, sondern auch an Bewegungen festhalten. Begleitet von einem hellen Lachen tanzte diese Aussage durch die Luft und es wäre nicht verwunderlich, wenn sie die feinen Ohren der Wölfin noch erreichten. Dem sollte auch so sein. Denn es war ein Kommentar zu dieser gesamten Situation und somit auch etwas, das für alle hier bestimmt war. Immerhin baute es sich auch noch einmal auf jener Aussage aus, welche der große Rüde soeben getroffen war. Im Vergleich betrachtet war das jedoch mehr eine liebevolle Stichelei als ein boshafter Kommentar. Zumindest auf den Wolf bezogen. Für die Helle musste es wohl eher noch an einen abschließenden Hieb erinnern, welcher ihr Fortgehen begleitete. Amüsiert betrachtete sie den Fortgang des kleinen Körpers, welcher aufgrund seiner Färbung recht schnell mit der weißen Landschaft zu verschmelzen schien. Nur wenige Augenblicke später war von der Fähe nichts mehr zu erblicken. Allein saß sie nun hier bei dem Rüden, während die Situation geprägt war von kurzzeitiger Stille. Nur das Rieseln einzelner Schneeflocken war im Hintergrund zu vernehmen und vereinzelt brachen kleinere Äste unter den Schneelasten zusammen. In einer raschen Bewegung schüttelte Schneebeere sich, sodass sich vereinzelte Schneekrümel aus ihrem seidigen Fell lösten und wieder mit der großen Masse verschmolzen. Ihre Augen lagen indes wieder auf ihrem zurückgebliebenen Gesprächspartner und das hübsche Gesicht wurde von einem frechen Lächeln geziert. Also, Fremder, ich glaube, ich habe dich von einem Schönheitsschläfchen abgehalten. Möglicherweise möchtest du dieses ja fortführen, damit man dir dein Alter bloß anmerkt und nicht ansieht– auch wenn es interessant wäre, ein Gespräch mit dir zu führen. Was sein Alter betraf, so war sie sich recht sicher, dass er zwar schon einige Jahre mehr auf dem Buckel hatte, aber noch längst nicht als 'alt' zu bezeichnen wäre. Ihre letztere Aussage war tatsächlich vollkommen ehrlich gemeint und sie hatte kein Problem damit, ihm dies direkt ins Gesicht zu sagen. Er war anders, niemand, der sich freundlicher Gefühlsduselei hingab, so wie scheinbar fast jeder in diesem Tal. Es war langweilig, stets nur auf diese Art von Charakteren zu treffen. Allerdings wirkte dieser Rüde nicht so, als wäre er großartig an einem Gespräch interessiert. Besonders nicht, da es sich bei seiner Gesprächspartnerin um eine Hündin handeln würde. Ganz offensichtlich war er ihrer Art schließlich eher abgeneigt. Und somit konnte sie ihn kaum daran hindern, wieder ohne jegliche Form von Eleganz zurück in den verlassenen Bau zu kriechen und dort einsam seine Tage zu verbringen. In wenigen Momenten wäre die Schwarz-Weiße wohl wieder auf ihrem Weg in das Unbestimmte, ein Weg, der nur durch vereinzelte Begegnungen unterbrochen wurde. Ob sie traurig darüber wäre? Nun, nicht wirklich. Sie würde es lediglich als schade bezeichnen, einen derartigen Griesgram einfach ohne großartigen Wortwechsel wieder zurückzulassen. Aber vielleicht irrte sie sich auch und er würde sich auf ein Gespräch einlassen – schließlich war auch Beere nur ein lebendiges Wesen und somit nicht durch absolut vollendete Perfektion gekennzeichnet.


24.01.2015, 13:21
» Sleeveen
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Schneebeere (& Ivy)



Tatsächlich schien das Hauptaugenmerk der Hündin auf der weißen Fähe zu liegen. Zumindest ruhten ihre dunkelbraunen Augen einen Großteil auf jener. Jedoch schien sich kein rechter Konflikt anbahnen zu wollen, die Fremde schwieg. Jedoch war es durchaus zu erwarten gewesen. Zwar mochte die Bemerkung reichlich Provokation genug zu sein, um etwas auszulösen, doch hatte bereits ihr Auftreten verraten, dass die wohl nur die Mutige spielte. Kaum waren ihre eigenen Worte gegen sie verwand, schwieg sie. Kein Wort verließ ihre dunklen Lippen. Viele mochten auf Krawall aus sein, aber nur wenige waren dann in der Lage den Gegenangriff auszuharren und vernünftig zu parieren.
Dieses „manchmal“ bezieht mich jetzt wo genau ein?, fragte er mit einem einseitigem Grinsen. Tatsächlich mochten manche Prinzipien einen schwächen, wenn man sich beispielsweise wie die Helle maßlos zu überschätzen neigte. Sleeveen war aber keiner solche Sorte. Er hatte schon ein ganz gutes Maß für das gefunden, was er konnte und was nicht. Man musste ihm aber auch lassen, dass die Grenze sehr weit ausgereizt war. Wie er immer nur betonen konnte, war alles eine Frage dessen, was für einen dabei herausspringen konnte. Gerne aber sollte dieser Hund ihn erleuchten, wenn sie denn meinte ihn innerhalb von den wenigen Minuten ihres Aufeinandertreffens besser zu kennen, als er sich selbst nach 9 Jahren. Man konnte Kritik schließlich immer hören, aber ob man sie auch wirklich erhörte war eine ganz eigene Entscheidung für sich. Der Rüde für gewöhnlich filterte sich ausschließlich das Lob heraus und ließ den Rest getrost weg. Wie sollte er denn so lange überlebt haben, wenn mancher der Meinung war, er mache alles falsch?
Vielleicht gab es ja nicht nur das eine richtig, sondern ganz viele unterschiedliche Versionen. Genau so viele wie es Lebewesen gab. Schließlich bestimmt Gott die Wege eines jeden, wie seine Mutter zu pflegen mochte. Und dieser Kerl, wer auch immer es sein mochte, schätzte mit Sicherheit auch die Abwechslung. Wenn er gerade dabei war über die weisen Worte- nun dies war Ansichtssache- seiner Mutter nachzudenken... warum in aller Welt hatte sie sich dann immer über ihn und seinem „abscheulichen Verhalten“ beschwert, wenn es doch Gottes Werk und Wille war? Ob Gott das wusste, dass sie seine Entscheidung nicht wertzuschätzen wusste und angemessen bestraft hatte?
Sleeveen war wohl einer der wenigen, dem es herzlich egal war, wie es seinen Eltern erging. Er war nicht rachsüchtig, sodass er ihnen den Tod aus vollsten Herzen wünschte. Weshalb auch, sie hatten ihm schließlich nichts getan. Ihn als Teufel bezeichnet, als grausam, ekelhaft, erbärmlich... immer war ihre Stimme dabei aber von einen Funken Furcht geprägt gewesen. Ja, es würde ihm aber gewiss nichts ausmachen, wenn sie ihre ewige Ruhe gefunden haben.

Vorsichtig? Vorsichtig, damit das Häslein nicht zum Gegenangriff bläst und seine tödlichen Beißerchen in dein zartes Fleisch haut?, fragte er scherzend. Gewiss hatte es sich um kein größeres Beutetier gehandelt. Zum einen hätte er dies auch in der Höhle mitbekommen und nun würde man wesentlich mehr sehen, als diese sehr schmale Furche in der dichten Schneedecke. Es konnte nichts wesentlich größeres als ein Kaninchen oder Hase gewesen sein. Himmel, war diese Fähe lächerlich. Er schüttelte seinen Kopf, als sie sich schließlich umdrehte und genauso verschwand wie sie aufgetaucht war. Unauffällig. Ein Nichts in dieser Welt.
Welche Kräfte?, murmelte er, bevor er sich wieder der anderen zuwandte und sie für einen Moment skeptisch beäugte. An ihren dünnen Beinen hatte sich ein wenig Schnee in Form von kleinen Kugeln in ihrem Fell verfangen. Auch ihre Rute hatte längeres Fell, jedoch schien diese hoch genug getragen zu sein oder genug in Bewegung, sodass daran nichts anhaftete.
Seine Zunge fuhr für einen Moment über seine Lefzen. Nun dies war gewiss nicht was ich mir als Unterhaltung erhofft hatte. Du tust derzeit also einen verhältnismäßig schlechten Job darin, mich zu belustigen., meinte er, als die Hündin sich wieder ihm blickte. Sie an sich war schon ganz interessant, der Fehler lag also bei der Verschwundenen. Aber hieß es nicht immer man sollte fair bleiben? Gerade just in diesem Moment entschied er sich dafür. Sleeveen fand es schon immer reichlich unfair, dass bei einem offensichtlichen Teamjob, stets ein Dummer herausgepickt und bemängelt wurde. Sie hätte mit der Wölfin zusammenarbeiten müssen Mission nicht erfüllt.
Ihr Gesichtsausdruck hätte ihm bereits verraten müssen, dass sie auch für ihn wieder eine nette Mitteilung hätte. Er erwiderte ihr freches Lächeln. Nicht nötig. Das sind die guten Gene. Wenn dem so war, gehörte er definitiv in die erste Generation des vererbten Immerjung-Genes.


26.01.2015, 04:09
»Ruao
Dieser Charakter wurde eingefroren.


Oona?


Nachdem er sich von Ártali verabschiedet hatte, hatte Ruao schnell das Weite gesucht. Die Gesellschaft des jungen, unerfahrenen Isländers hatte dem Falben nicht gut getan sondern ihn nur mehr und mehr daran erinnert, was er alles verloren hatte: Ein beständiges, glückliches Leben in einer harmonischen, guten Gemeinschaft mit einer liebevollen, wunderbaren Stute. Der Schmerz saß nach wie vor unglaublich tief – und doch wusste der Norweger, dass für ihn kein Zurück mehr gab. Nie mehr. Gerne hätte er gewusst, wie es seiner Herde und vor allem Oona ergangen war. Er vermisste sie, er vermisste die alten Zeiten, in denen sie noch glücklich gewesen waren. Doch auch dieses Glück war für immer verloren. Nach der Todgeburt ihres gemeinsamen Fohlens hatten sie sich verändert; Oona hatte ihm die Schuld gegeben, ihm Vorwürfe gemacht und sich in ihrer Trauer regelrecht aufgehängt. Ruao war nicht mehr an sie herangekommen, war mit seinem Schmerz stets alleine gewesen. Jetzt, rückwirkend betrachtet, hätten sie einander eine Stütze sein müssen – doch sie hatten regelrecht alles dafür getan, die sowieso schon grässliche Situation noch unerträglicher zu machen.
Gedankenverloren wandelte Ruao durch das ihm nach wie vor fremde Tal, ohne seine Umgebung wirklich wahrzunehmen. Er wusste, dass er sich jetzt nicht aufgeben durfte, sondern sich zurück ins Leben kämpfen musste – doch es fiel ihm schwer, die nötige Motivation dafür aufzutreiben.
Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, als der Falbe nun doch auf seine Umgebung aufmerksam wurde. Verunsichert rauschte sein Blick über die Gräber, über die blanken Steine und wunderte sich, weswegen Eiseskälte sein gekränktes Herz ergriff. Obwohl er einen solchen Ort noch nie besucht hatte, wusste er instinktiv sofort, worum es sich handelte: Um einen Friedhof. Und genau das führte ihm nunmehr noch intensiver vor Augen, wie schnell das Leben vorbei sein konnte, wie schnell man alles verlor und dass man schlussendlich nichts mit ins Grab nahm. Man musste sein Leben stets so gestalten, dass man glücklich und zufrieden war – alles andere zählte einfach nicht.
Andächtig schritt der Norweger durch den gottverlassenen Friedhof, gedachte den Verstorbenen und betete insgeheim dafür, dass sein Leben eine positive Wendung nehmen würde. Dass er vollkommen alleine hier war, ängstigte den mutigen Ponyhengst kein bisschen. Es gab womöglich nicht viele, die sich gen Abend gerne auf dem Friedhof ihre Zeit vertrieben – eigentlich war es daher ziemlich makaber, dass Ruao ausgerechnet hier gelandet war, aus Zufall. Oder doch Schicksal? Immer wieder ließ er seinen Blick den Friedhof durchkämmen, stets auf der Hut, ob nicht vielleicht doch jemand hier war, der auf ihn lauerte. Sein Vertrauen in die Welt und sein Glaube an Gerechtigkeit war immerhin schwer erschüttert worden.


19.05.2015, 09:03
» Oona


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Ruao



von Dorf Neumond


Oona fühlte sich immer schwächer, als sie es endlich geschafft hatte, sich weit genug zu entfernen, um nicht mehr Gefahr zu laufen, dass ihr Midnight noch folgen konnte, und sie so sah. Ihre Gedanken verdüsterten sich immer weiter, während sie mechanisch einen Huf vor den anderen setzte. Sie konnte nicht mehr, und wollte auch nicht mehr. Wieder einmal fragte sie sich, warum sie ihr Leben nicht beendete, es bot ihr nichts mehr. Ruao finden? Um was zu tun? Was würde es ihr bringen, wenn sie das Leben des Hengstes zerstörte? Würde es ihr dann wirklich besser gehen? Würde es sie befriedigen, sein Glück zu zerstören, nachdem es ihnen beiden gewaltsam entrissen worden war?
Die Stute wusste nicht mehr was richtig und was falsch war, was sie eigentlich wollte. Denn genau genommen wollte sie gar nichts. Sie sah gar nichts mehr. Ihre Augen trübten sich immer weiter, während sie einem Weg folgte, von dem sie sich ein wenig wünschte, er würde sie über eine Klippe führen. So sehr sie ihr Leben hasste, konnte sie ihr Leben doch noch nicht absichtlich beenden, warum wusste sie nicht. Denn hier hielt sie nichts mehr. Was sollte sie auch tun? Sie hatte nichts mehr, sie stand vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens. Ihre Herde war weg, Ihre Sicherheit, ihre Freude, und das für sie immer am Wichtigsten: Ihre einzige große Liebe. Doch konnte sie dem Norweger vergeben, dass er einfach gegangen war? Dass er geflohen war, als es ihr am schlechtesten ging? Nein sie gab ihm nicht die alleinige Schuld, dass sie ihr gemeinsames Fohlen verloren hatte, denn warum auch? Und doch... war er einfach nicht da gewesen. Und das verstand die Stute nicht.
Erst nachdem es dunkler wurde, und sie immer weniger sah, bemerkte die Konikstute wo sie hingegangen war. Irgendwie musste sie um die Ironie hart lächeln. War das hier vielleicht ihr Grab? Und damit niemand sie vermisste, was eh niemand tat, aber auch um unnötige Spuren zu vermeiden, konnte sie sich einfach gleich hier hinlegen und sterben, denn sie spürte es tief in sich, dass sie keine Kraft mehr hatte weiter zu machen. Ziemlich bald ging sie in die Knie, und ließ sich schlaff auf den Boden fallen. Während der Regen einfach nicht besser wurde, sondern wieder stärker geworden war, und ihr somit immer kälter war, spürte sie innerlich die Kälte, die sie so sehr vereinnahmt hatte. Keine Ahnung, wie sie so lang überlebt hatte, aber nun konnte sie einfach nicht mehr. Sie gab auf und ließ den Kopf hängen, während sie sich kaum mehr rührte, und beschloss, dass sie genauso gut hier sterben konnte wie überall anders. Doch irgendwie wünschte sie Ruao, jetzt, wo sie ihn nicht mehr sah, doch noch ein gutes Leben. Aber sie war sicher, dass der Hengst genau das haben würde. So war er einfach, er sah irgendwann einfach nach vorne und vergaß die Vergangenheit, vergaß sie. Ein Stern am Himmel, an den sich niemand mehr erinnerte. Doch Oona war nicht mehr traurig darüber, denn sie fühlte nichts mehr.
Irgendwann spitze sie doch die Ohren, als es immer wieder etwas dunkler wurde. Sie hörte ein Pferd, welches näher kam, konnte jedoch nicht sagen. Es interessierte sie auch nicht weiter. Ehr aus Routine sah sie auf. Erkennen konnte man sie hier wohl nicht unbedingt, da einige Grabsteine und Sträucher sie vor der Geräuschquelle verborgen, doch so konnte sie doch einiges Erkennen. Zuerst sah sie nur ein Pferd, erkannte irgendwann die Farbe, ehe sie die Augen zusammenkniff. War es wohl immer so, wenn man sterben würde, dass man sich das, was man eigentlich sehen wollte, und doch wieder nicht sehen wollte, genau jetzt kam? Sicher nur eine Illusion, was anderes viel ihr darauf nicht ein.
Wieso nur regte sich ihn ihr gerade wieder alles? Sie spürte die Kraft durch sie strömen, als ob sie elektrisiert wurde. Erst als ihr Phantom sich wieder entfernte, stand Oona schließlich auf, folgte dem Weg, welcher der Fremde gegangen war. Wie ein Magnet wurde sie von dem Pferd angezogen, dass ihrem Geliebten so sehr ähnlich sah. Sie trabte ihm nach, besessen davon zu erfahren, ob es wirklich Ruao war, der da vor ihr war. Den sie gerade dann traf, wenn sie in Ruhe sterben wollte. Wenn sie mit sich endlich im reinen war. Wieder einmal ruinierte er alles, wieso konnte er sie nicht in Ruhe lassen? Wenigstens beim Sterben konnte sie das wohl erwarten!
Inzwischen sah sie rot, als sie dem Pferd immer schneller und kraftvoller nachrannte. Kurz darauf bereits hatte sie ihn erreicht und erstarrte schockiert. Auch in ihren Augen bemerkte man den Schock, ehe er von Hass abgelöst wurde. Ihre Chance.
Er hatte alles zerstört, dafür würde er nun büßen. Nie ließ er sie in Ruhe. Noch bevor er großartig reagieren konnte galoppierte sie auf ihn zu, bäumte sich vor ihm auf und schrie ihn an. Duuu! Aus allen ihren Gesten sprach der Abgrundtiefe Hass, der ihre Lethargie vertrieben hatte. Doch wie lang sie dieses Gefühl halten konnte, wusste sie sich, denn schon jetzt verflog es wieder, und sie fühlte sich wieder immer Schwächer.
Wieder redete sie sich ein, was Ruao alles getan hatte, was er ihr angetan hatte, und es interessierte ihn nichtmal, denn ihm schien es bei weitem nicht so schlecht zu gehen wie ihr.
Gerade als ihre Hufe wieder den Boden berührten, war sie ihm nahe genug und verbiss sich in seinen Halsansatz, versuchte ihn zu Boden zu reißen. Warum sie das tat wusste sie nicht, denn sie bekam das ganze kaum mit.
Erst nach einigen Sekunden, als sie Blut schmeckte, wurde ihr bewusst was sie eigentlich tat. Sofort ließ sie los, stolperte rückwärts, während sie einfach nur entsetzt über sich selbst war. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihren Gefährten an, den sie so lange nicht gesehen hatte. Der sie verlassen hatte, als er keine Lust mehr darauf hatte.
Inzwischen hatte sie die Kraft erneut verlassen, und man sah von weitem, dass sie sich nun kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Nur mit Mühe fiel sie nicht wieder hin, sondern stand mit zitternden Beinen bei dem Hengst, dem noch immer ihr Herz gehörte. Das Adrenalin war weg, ihr Körper, der ausgelaugt und energielos war, nachdem sie seid zwei Tagen nichts mehr zu sich genommen hatte, streikte immer mehr, während sie nun hilflos zu weinen begann. Den Kopf wandte sie ab, zu schwer war der Anblick des Hengstes, den sie nicht nur Liebte, sondern auch gerade verletzt hatte.
Die Mähne fiel in ihr Gesicht, sodass man nicht sah, wie schlecht es ihr wieder ging. Ihre Augen hatten wieder den toten Ausdruck angenommen, nahm sie doch ihr Schicksal hin, dass Ruao sich ihr Verhalten nicht gefallen lassen würde. Wenn sie sterben würde? Vielleicht war es ganz gut, dass gerade er es tun würde.
Ergeben stand sie da, wartete auf sein Urteil, dass er sicher fällen würde, denn er war trotz allem der Leithengst ihrer Herde, die sie beide verlassen hatten. Während ihr Kopf sich mit all dem Abgefunden hatte, dass der Hengst noch lebte und auch ohne sie gut klar kam.
Verkrampft und starr stand sie da, während sie nicht wusste, das nun geschehen würde, nur die Muskeln verkrampften immer weiter, die Kraft ließ nach, während sie ihren Blick krampfhaft am Boden hielt, weil sie Ruao nicht ansehen wollte. Nicht sehen wollte, was sie verloren hatte, und sicher nie wieder bekommen würde.
Vielleicht war der Tod doch das Beste für die Stute.


Wörter: 1308

__________________

20.05.2015, 00:15
»Ruao
Dieser Charakter wurde eingefroren.


Oona


Ruao wusste nicht, wie viele Stunden vergangen waren, als er endlich aus seiner Trance erwachte. Mittlerweile war es beinahe komplett dunkel geworden, der Mond stand tief und schwer am Himmel und warf sein bleiches Licht auf den tristen Friedhof – die Umgebung wirkte nun noch gespenstischer, unheimlicher; doch den Falben beeindruckte das kaum. Allerdings bezweifelte er dennoch, ob er die Nacht wirklich hier verbringen wollte – wirklich einladend war dieser Ort trotz Ruao’s Gleichgültigkeit trotzdem nicht.
Kaum hatte er seinen Weg durch die kahlen Reihen der Grabsteine fortgesetzt, wurde er auf etwas aufmerksam, was ihn schließlich doch ein wenig beunruhigte: Schritte. Irgendwo hinter ihm. Ruao verlangsamte, lauschte und versuchte abzuschätzen, in welcher Entfernung sich das andere Pferd befand. Immerhin war es kein Raubtier, wie der Norweger ziemlich schnell erleichtert festgestellt hatte. Warum aber sollte ein Artgenosse ihn hier des Nachts verfolgen? Irgendetwas stimmte dabei doch nicht, oder? Und da der Falbe von Natur aus eher misstrauisch war, konnte er seine Skepsis auch absolut nicht unterdrücken oder verdrängen. Einige Meter lief der Ponyhengst noch, um sich wirklich sicher zu sein, dass dieser Jemand ihm tatsächlich folgte. Doch daran bestand spätestens jetzt kein Zweifel mehr.
Unverblümt wandte er sich um, selbstbewusst, entschlossen. Sein Blick durchbohrte die Nacht, doch er konnte lediglich eine vage Silhouette, einen schwachen Schatten wahrnehmen welcher sich noch in großer Entfernung zu ihm befand. Doch dieser Jemand kam langsam – aber dennoch sicher – näher und Ruao fühlte sich, als würde er jeden Moment vor Aufregung platzen. Als Angst würde er diese Gefühlsexplosion welche gerade in ihm stattfand nicht beschreiben – aber es war eine Mischung sämtlicher Emotionen, die es gab.

Der Norweger wich erschrocken zurück, als das andere Pferd ihn plötzlich anschrie und auf ihn losstürmte. Im ersten Moment schien Ruao nicht zu begreifen, was sich hier gerade vor seinen Augen abspielte, doch es dämmerte ihm schnell: Er brauchte nicht lange, um sie zu erkennen. “Oona?“ krächzte er ungläubig und kniff unsicher seine Augen zusammen. Eigentlich war es unmöglich, dass er sie verwechselte. Seine Oona würde er unter tausenden von Stuten erkennen, sofort. Sie war jahrelang die Stute an seiner Seite gewesen, sie kannten einander in- und auswendig. Doch vielleicht spielte ihm seine Sehnsucht, seine Hoffnung einen Streich? Doch wer sonst hätte einen Grund, sauer auf ihn zu sein?
Sie ließ ihm nicht lange Zeit, die Situation zu begreifen oder einzuordnen. Der Hass, welcher sie ihm entgegen schleuderte, lähmten den Falben und er spürte, wie plötzlich wieder, wie verloren er sich fühlte. Es brach ihm das Herz, dass sie in ihm offenbar nicht mehr sehen konnte, als einen Schuldigen, einen Verräter – als den, der ihr wehgetan hatte. Dass er im Grunde mindestens genauso litt wie sie, ignorierte Oona nach wie vor. Und dennoch: Ruao war schockiert, wie schlecht seine Partnerin aussah. Sie sah abgekämpft, müde und kaputt aus. Also eigentlich genauso, wie er sich auch fühlte. Doch im Gegensatz zu ihr konnte er dies gut verstecken, gut überspielen. Im Grunde waren sie einander nach wie vor ähnlich, verbunden.
Gerade als der Falbe verzweifelt nach Worten suchte, um ein Gespräch zu beginnen, welches härter nicht hätte sein können, verlor Oona offenbar die Kontrolle über ihre Wut, ihren Hass. Ruao war sichtlich entsetzt darüber, dass die Stute nicht davor zurückschreckte, ihn körperlich zu attackieren. Erschrocken wollte er sich aus ihrem Biss befreien, spielte jedoch nicht einmal mit dem Gedanken, sie anzurühren. Niemals könnte er sie verletzen. Niemals hatte er sie verletzen wollen.
Der Ponyhengst fühlte sich seltsam gedemütigt, als er spürte, wie das warme Blut seinen Hals hinabfloss. Ihm wurde wieder einmal knallhart bewusst, dass sie am Ende waren – dass sie ganz unten angekommen waren und das nächste, womöglich letzte Level, der gegenseitigen Zerstörung erreicht hatten. Doch warum? Immerhin hatten sie das gleiche Leid, das gleiche Schicksal erlitten. Es war Ruao nach wie vor nicht begreiflich, warum sie sich aus den Augen verloren hatten, weswegen sie sich bekämpften, obwohl sie sich stützen müssten.

Ruao war überfordert. Mit ihr. Mit sich. Mit der ganzen Situation. Als Oona von ihm abgelassen hatte, wurde ihm erst so richtig bewusst, was er ihr angetan hatte. Warum hatte er sie verlassen? Wie hatte er in Erwägung ziehen können, ohne sie leben zu können? Natürlich, ihre Liebe hatte gelitten – doch Ruao hatte nicht das Recht gehabt, sie im Stich zu lassen. Trotz allem jedoch war auch Oona nicht unschuldig an der ganzen Misere; der Falbe war hin- und hergerissen, war ratlos und vor allem sprachlos. Was sollte er schon sagen? Was sollte er tun? Der Karren war festgefahren, er sah keinen Weg mehr, der ihn aus dieser Problematik hinausführen könnte.
“Warum tust du das?“ fragte er sie mit brüchiger Stimme; seine Verzweiflung und seine Enttäuschung waren offensichtlich. Doch der Schmerz, den die Wunde verursachte, war im Gegensatz zu seinem seelischen Leid nicht der Rede wert. Ruao würde sämtliche Verletzungen in Kauf nehmen, wenn einfach alles wieder so wie früher wäre. Doch es gab keinen Weg zurück – im Gegensatz zu ihm hatte Oona diese Tatsache vielleicht noch immer nicht verinnerlichen können. Doch gab das Geschehene ihr wirklich das Recht, ihn anzugreifen? Ihn zu beschuldigen?
“Ich weiß, dass ich dich verletzt habe, als ich ging. Doch du kannst mich nicht für alles verantwortlich machen, was nicht so lief, wie wir uns das vorgestellt haben. Das ist einfach nicht fair, Oona.“ Seine Stimme war ruhig, klang beherrscht. Ruao war bedacht darauf, die Kontrolle nicht auch zu verlieren. Er würde seinen Respekt vor der Stute, die er abgöttisch liebte, niemals verlieren. Egal, was alles zwischen ihnen stand. “Es tut mir leid, dass ich dich verlassen habe.“ Er blinzelte er ihr sichtlich betrübt zu, seine Ohren vergruben sich unbeholfen im Nacken. “Aber ich habe einfach nicht mehr gewusst, was ich machen soll. Es hat sich alles so verändert.“ Er hatte einfach keine Kraft mehr gehabt, alles alleine zu stemmen. Er hatte nicht für Oona und für sich stark sein können – dafür hatte er selbst viel zu sehr gelitten. “Es war auch mein Fohlen. Und auch ich habe es geliebt und verloren.“ Es tat weh, es so offen und ehrlich anzusprechen. Es brach ihm das Herz, sich daran zu erinnern. Und der Gedanke, wie glücklich sie sein könnten, wenn ihr Fohlen gesund zur Welt gekommen wäre, erfüllte den Norweger mit grenzenloser Enttäuschung.


20.05.2015, 16:15
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Ruao



Immer noch schockiert starrte sie Stute ins Leere, konnte nicht fassen, was sie da gerade getan hatte. Wie konnte sie nur so auf ihn losgehen? Ja sie wollte ihn demütigen, ihn verletzten, doch war es nicht in ihrem Sinne gewesen, ihn körperlich zu verletzten.
Sie brach in Tränen aus, die Lautlos zu Boden tropften und sich mit dem Regen vermischten. Sie konnte ihn einfach nicht ansehen, ihm nicht zeigen wie entsetzt sie über sich selbst war. Niemals war sie aggressiv gegenüber irgendwem gewesen, niemals hatte sie jemanden so stark verletzt wie Ruao jetzt. Sie verstand sich selbst nicht, wusste nicht, was sie davon halten sollte. In ihr war ein reines Chaos ausgebrochen, dass sie einfach nicht mehr unter Kontrolle brachte. Die so sorgsam verpackten Wunden, die sie durch eine Trennwand verdeckte, hatten nach all der Zeit wieder zu bluten, ja sogar zu eitern begonnen, während sie immer weiter in sich zusammensackte. Nein, das konnte sie nicht mehr. Sie wollte Ruao nicht mehr wehtun, nie mehr. Auch ihn schien das alles mitzunehmen, auch wenn die Konikstute nicht wusste, ob es nur an dem Wiedersehen lag oder an allem. Sie hatte einfach nicht die Kraft hinzusehen.
Lang verdeckte und abgestorbene Gefühle kehrten wieder zu ihr zurück. Erschlugen sie mit grausamer Brutalität, die sie noch nie erlebt hatte. Wieso jetzt? Wieso gerade jetzt? Hatte sie es doch gerade erst geschafft, ihre Fassade anderen gegenüber aufzubauen, wieder weiterzumachen, auch wenn sie keinen Sinn darin sah, doch zumindest hatte sie aufgehört darüber nachzudenken, sich umzubringen. Nicht das sie bereuen würde zu sterben, oder Angst davor hatte, doch tief in sich glaubte sie daran, dass alles einen Grund hatte. Wenn sie sterben sollte, würde sie es tun, ohne mit der Wimper zu zucken, doch bis dahin würde sie weitermachen, so lange sie noch irgendwie konnte. Doch ihre Energiereserven waren endgültig aufgebraucht, sie war einfach nur am Ende. Sie wusste nicht mehr wo hin mit sich, was sie jetzt tun sollte, und schwieg einfach, während sie mit gesenktem Kopf versuchte das Chaos in sich zu Ordnen. Die Gefühle, welche sie gerade überschwemmten, ließen sie vollkommen verzweifeln. Noch während Ruaos ansprache brach die Stute auch körperlich zusammen und landete hart am Boden. Die Luft wurde aus ihren Lugen gepresst, als sie sich ungebremst landete. Eigentlich versuchte sie gar nicht, den Schmerz zu verdränge, da sie auf einem Teil eines Grabsteins gelandet war. Sie nahm den Schmerz an, sah es als Rache an, dass sie ihren ehemaligen Gefährten blutig gebissen hatte und weinte einfach weiter, ohne ein Geräusch zu verursachen. Wie sollte es nur weiter gehen? Was sollte sie weiter tun? Die Vorwürfe, welche der Norweger ihr an den Kopf warf waren alle war, und erst jetzt sah sie wirklich, wie tief sie ihre einzige große Liebe verletzt hatte. Viel zu sehr war sie gefangen gewesen in ihren eigenen Schmerzen, dass sie seine vollkommen ignoriert hatte.
Hoffnungslosigkeit erfasste sie, veranlasste sie, sich immer stärker an den Stein zu lehnen, welcher sich immer tiefer in sie bohrte, und so die seelischen Schmerzen ablenkte, da ihr Körper immer weiter protestierte. Doch sie verdiente es nicht anders. Sie verstand nun, dass sie schuld daran war, dass Ruao ging, dass die Herde zusammenbrach. Sie hatte ihn soweit getrieben, hatte ihm in seinem eigenen Schmerz nicht beigestanden.
Immer mehr kam sich die Stute wie ein Monster aus Kindermärchen vor. Von solchen Monstern hatte ihre Mutter ihr erzählt, und auch andere Mütter erzählten Geschichten darüber. Die Verzweiflung in der Stute wurde immer schlimmer, als sie ergeben den Kopf auf den Regennassen Boden legte und immer noch nicht sprach. Ob sie nochmal die Kraft aufbringen konnte? Für sie war alles verloren, und sie wollte gar nicht wissen, ob sie diesen Friedhof überhaupt wieder verlassen würde.
Erst jetzt fiel ihr die Antwort auf eine Frage von ihr selbst ein.... eine Woche.... es war eine Woche her, dass sie das letzte Mal gegessen und mehr als ein, zwei Schlucke getrunken hatte. Und auch davor hatte sie immer nur sporadisch was zu sich genommen, seit sie ihr Fohlen verloren hatte. Vielleicht wollte das Schicksal, dass sie eine letzte Gelegenheit bekam, ihren Geliebten zu sehen.
Erst jetzt hob sie den Blick. Die Tränen waren versiegt, weggespült durch den Regen, als sie den Hengst das erste Mal seid so langer Zeit wieder leibhaftig sah. Er schien ebenfalls fertig zu sein, wenn auch deutlich weniger als sie, aber sie hatte einfach begonnen, auf nichts mehr zu achten. Sie achtete ihr Leben nicht mehr.
Es tut mir Leid. Das gerade, und was alles passiert ist. Aber nachdem du gegangen bist, da... da konnte ich die Herde nicht mehr zusammen halte, die hat sich einfach aufgelöst. Danach war ich einfach nur mehr allein, hatte nichts mehr. Ich hab dich für all das Verantwortlich gemacht. Ihre Stimme klang stumpf, einfach kraftlos und ließ keinerlei Emotionen mehr erkennen. Auch ihre Augen schienen von einem Tod geprägt, den die Stute sich mehr als alles andere wünschte, als ihr Leben zu beenden. Inzwischen hatte sie Ruao verziehen. Hatte im Herzen verstanden, was ihn dazu getrieben hatte, und nun wollte sie ihm nicht mehr böse sein. Nur der Hass auf ihn hatte sie all die Zeit lang begleitet, genährt, ja eigentlich gar vorwärts getrieben.
Weißt du. Lange habe ich dir allein die Schul daran gegeben, einfach um irgendeinen Sinn im Leben zu finden, nachdem ich nichts mehr hatte. Einfach um weitermachen zu können. Ich bin nicht so stark wie du. Ich habe es nicht geschafft. Ich kann einfach nicht mehr so weitermachen. Weder mit dem Hass, noch mit den Beschuldigungen. Was passiert ist, ist Vergangenheit. Nicht mehr zu ändern, egal wie sehr wir daran festklammern.
Aber Ruao. Trotz all dem Liebe ich dich noch immer. Und vielleicht ist es Glück, dass wir uns gerade jetzt begegnen..
kurz bevor ich sterben werde,beendete sie Gedanklich den Satz.
Denn ich habe jetzt erst begriffen, dass ich daran schuld war. Ich hätte für dich da sein sollen, wie es sich für die Gefährtin eines Leithengstes gehört. Ich hätte mehr auf die Herde schauen sollen, diese zusammenhalten, bis sich alles wieder normalisiert hat. Aber ich war blind.
Mir tut Leid was passiert ist. Und ich bitte dich um Verzeihung. Vielleicht kannst du mir irgendwann vergeben, was passiert ist, und wieder glücklich werden wie früher. Ich wünsche es dir aus tiefstem Herzen, denn inzwischen bin ich einfach froh über diese Chance, dich noch einmal gesehen zu haben.

Der Ton in ihrer Stimme hatte sich bei keinem ihrer Worte verändert. Ebensowenig wie ihre gesamte Haltung. Ihr Körper blieb, trotz der Worte am besten Wege zum Tod.
Mit letzter Kraft versuchte sie sich wieder aufzurichten, schürte sich dabei auf ihrem Stein auf, der ihr geholfen hatte die Gefühle wieder einzudämmen und zurückzudrängen, und sah Ruao an. Doch vor seinen Augen wollte sie sich die letzte Blöße doch nicht geben. Und ihm auch nicht noch mehr Kummer bereiten, sollte er sie doch noch etwas mögen und nicht einfach nur verabscheuen. Sie nahm die Schmerzen an ihren Rippen gar nicht mehr wahr, während etwas Blut an ihr heruntertropte. So war es vielleicht auch fair. So bluteten sie beide. Sie spürte nichts mehr. Gar nichts mehr. Doch wollte sie, wenn sie schon sterben musste, alleine sterben, und das mit den frischen Erinnerungen an ihr Herz, dass seid der Fehlgeburt ihres Fohlens immer nur bei Ruao gewesen war. So konnte sie sterben, stellte sie fest. Immer noch saugte sie jedes Detail des so vertrauten Hengstes in sich auf.
Jetzt war alles gut.


Wörter: 1309

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20.05.2015, 18:01
»Ruao
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Oona


Ruao wusste, dass sie litt. Mindestens genauso sehr, wie er. Doch im Gegensatz zu dem Norwerger selbst beherbergte Oona noch Wut in ihrem sonst so reinen Herzen. Dieser unbändige Zorn war es, der sie am Leben hielt und die Tatsache, dass sie ohne diesen Hass zu Grunde gehen würde, zerfleischte dem Falben das sonst so tapfere Herz. Er kannte diese Stute viel zu gut, um nicht zu bemerken, wie kaputt sie sich fühlte. Wie erschöpft und kraftlos sie war – und vor allem erkannte er die Reue in ihrem verschleierten Blick, nachdem sie die Kontrolle über sich selbst verloren und ihn angegriffen hatte. Ruao wusste, dass sie das niemals getan hätte, wenn sie bei klarem Verstand gewesen wäre und dennoch war er einfach nicht dazu in der Lage, sie zu trösten oder aufzubauen. Früher hätte er sie in dem Arm genommen, sie gehalten, beruhigt, ihr gut zu gesprochen. Heute war da nichts als Hilflosigkeit in seinem nunmehr stillen, abgestumpften Wesen.
Ruaos Ansage kam ihm über die Lippen, ohne dass er wirklich darüber nachdenken musste. Auch bei ihm hatten sich so manche Emotionen angestaut, die nur darauf gewartet hatten, endlich frei gelassen zu werden. Die letzten Monate waren auch für ihn hart gewesen und es war ihm nicht leicht gefallen, Oona und die Herde im Stich zu lassen. Immerhin war das sein Leben gewesen: Die Stute seines Lebens und ihre gemeinsame, kleine Welt. Verständnis für diesen fatalen, folgenschweren Schritt hatte er natürlich nicht erwartet – doch es kränkte ihn, dass Oona ihm offenbar noch immer die Schuld gab. An ihrem Verlust. Immerhin kannten sie einander viele Jahre, hatte diese ganze Zeit immer zusammen gehalten, zueinander gestanden, sich gestärkt und unterstützt. Ruao war davon überzeugt gewesen, dass ihre Liebe nicht zu zerstören war, dass sie für immer zusammen wären – dieser Verlust war beinahe noch schmerzlicher, unerträglicher gewesen, als der, des ungeborenen Füllens.

Der Norweger realisierte nicht sofort, was sich vor seinen Augen abspielte. Er sah zwar, wie die Konikstute zusammensackte, wie ein nasser Sack und er spürte auch, wie der Boden erzitterte, als sie dumpf aufschlug – doch sein Gehirn verbat ihm für einige Atemzüge jegliche Reaktion darauf. Er starrte sie lediglich entsetzt an, unfähig, sich zu regen. Und obwohl er eigentlich wusste, dass er definitiv nicht zu hart mit ihr ins Gericht gegangen war, fühlte er sich dennoch verantwortlich dafür, dass Oona zusammengeklappt war.
Er sah, dass sie aufgab. Oona resignierte. Diesen Charakterzug hatte die sonst so taffe, selbstbewusste Stute noch nie an den Tag gelegt und wäre Ruao nicht nach wie vor wie versteinert, so wäre er spätestens jetzt vor Sorgen hysterisch geworden. Es behagte ihm nicht, wie sie da lag, sich ihrem Schicksal fügte und keinen Widerstand produzierte. Das passte einfach nicht zu ihr – so war Oona nie gewesen! Was, wenn der Falbe doch zu weit gegangen war? Was, wenn er sie zu früh verlassen hatte? Hatte er vielleicht nicht hart genug um sie gekämpft? War er zu wenig für sie da gewesen?
Ihr Blick traf ihn messerschwer und Ruao rang angespannt nach Luft. Es war lange her, seit sie einander das letzte Mal so wirklich in die Augen gesehen hatten; dies machte ihm erst richtig bewusst, was seither alles geschehen war und es beschämte ihn, dass er so tief gesunken war, nachdem er einst mühsam ganz oben angekommen war.

Ihre Worte betrübten ihn sichtlich und erst jetzt fuhr eine sachte Regung durch seinen Körper, als er seinen Kopf leicht zu ihr hinunter neigte, um sie besser verstehen zu können. Er sah die getrockneten Tränen auf ihrer Ganasche und er wünschte sich, er hätte die Kraft, die aufzubauen und zu trösten. Doch genau diese fehlte ihm so schmerzlich, dass er nicht einmal sich selbst stärken konnte. Dass Oona sich jedoch bei ihm entschuldigte, sich selbst eine Teilschuld eingestand, überraschte und rührte ihn gleichermaßen. Wäre diese Einsicht, dieses Verständnis nur schon viel früher gekommen, hätten sie einander vielleicht halten können. Vielleicht aber auch nicht. “Ich kann verstehen, dass du mich für all das verantwortlich gemacht hast. Vielleicht bin ich ja auch sogar wirklich Schuld daran – ich weiß es nicht.“ Der Falbe zuckte ratlos mit den breiten Schultern und seinen dunklen, aufrichtigen Augen war anzusehen, wie abgekämpft auch er war. Wie kraftlos. Wie kaputt.
Oonas Worte überschwemmten ihn und es fiel Ruao schwer, ihr zu folgen, zu begreifen, was sie ihm sagen wollte. Viel zu lange hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen – generell fühlte der Falbe sich plötzlich so vereinsamt, seit er die letzten Monate kaum noch mit jemandem kommuniziert hatte. “Ich bin nicht stärker als du, Oona. Ich glaube nicht, dass ich es geschafft habe.“ Ruao schüttelte erschöpft den ponytypischen Kopf und betrachtete die Stute, die er von Herzen liebte mit nachdenklichen Blicken. Für ihn klang das alles beinahe so, als wolle sie sich verabschieden, von ihm. So, als wolle sie alles ins Reine bringen, bevor sie weg war. Für immer. Unsicher spielte der Falbe mit den Ohren, in ihm schrillten sämtliche Alarmglocken und sein Gefühl für drohende Gefahr hatte ihn noch nie getäuscht.
“Du trägst nicht alleine die Schuld, Oona. Wir haben beide unseren Teil dazu beigetragen und wir beide waren es, die alles aufgegeben haben – schlussendlich sogar uns. Es bedeutet mir sehr viel, dass du dich entschuldigst. Auch mir tut es unsagbar leid, was alles geschehen ist und dass wir alles verloren haben. Es war nie meine Absicht, dass sich alles so sehr verändert. Doch es bringt uns nicht weiter, wenn wir einander Vorwürfe machen. Es ist an der Zeit, in die Zukunft zu blicken; zu versuchen, von vorne zu beginnen. Etwas Neues aufzubauen. Und du kannst das auch schaffen.“
Sein Blick ruhte nach wie vor auf ihrem ausgemerzten Körper. Ruao war verunsichert, ihm kamen einfach nicht die passenden Worte in den Sinn. Oona hingegen hatte wie immer die richtigen Formulierungen gefunden, darin war sie schon immer besser gewesen, als er. Bei diesem Gedanken schlich sich ein wehmütiges Lächeln auf seine Lippen, doch es hielt nicht lange Stand. “Ich werde dir vergeben können“, versicherte er ihr mit belegter Stimme, konnte nicht verstecken, wie viel Gefühl in diesen wenigen Worten lag. Ruao besaß ein eigentlich sehr nachtragendes Wesen doch Oona hatte er nie lange böse sein können – auch die letzten Monate würde er irgendwann verdaut haben, würde darüber stehen können. Wirklich stark war nur der, der verzeihen konnte.

Erst als Oona vergeblich versucht hatte, sich aufzurichten, fiel Ruao auf, dass sie auf einem Stein gelegen hatte. Besorgt trat er näher, bot ihr an, sie zu stützen, ihr aufzuhelfen doch da war sie wieder: Die Resignation in ihrem Blick. Diese Leere. “Steh bitte auf“; murmelte er eindringlich und suchte dabei ihren Blickkontakt. Er roch das Blut, welches sie verlor – es vermischte sich mit dem Geruch seines eigenen. Am Ende fand eben doch immer wieder zusammen, was zusammen gehörte. Als Oona nicht direkt auf ihn reagierte, wagte er es, sie zu berühren. Auffordernd stupsten seine Nüstern gegen ihren Hals, ihr Geruch, ihre Nähe löste dabei in ihm einen verheerenden Sturm aus. Er erinnerte sich zurück, an alles was gewesen war. An die guten, sowie an die schlechten Zeiten. Und vor allem erinnerte er sich daran, dass er ihr versprochen hatte, immer für sie da zu sein. Egal, was geschah. “Komm schon, Oona. Ich helfe dir, aber du musst aufstehen.“ Er spürte, wie das Leben aus ihrem Körper wich, wie ihre letzten Kraftreserven schwanden. Nervös rüttelte er an ihr. “Mach keinen Scheiß verdammt!“ fluchte er hilflos, suchte den Friedhof nach helfenden Hufen ab. Doch hier war niemand, abgesehen von ihnen beiden.
“Du kannst mich doch nicht alleine lassen?“ seufzte er erschöpft und ließ sich neben ihr auf den Boden gleiten. Er konnte ihren Schmerz spüren, ihre Sehnsucht danach, zu sterben. Und er sah ein, dass er sie nicht aufhalten konnte. Reisende musste man ziehen lassen, das war schon immer so gewesen. Doch es würde sein Herz zerbersten, wenn sie nun wirklich diesen Weg einschlagen würde. Trotz alle dem war er es ihr schuldig, bei ihr zu bleiben, sie dabei zu unterstützen – er wollte bei ihr bleiben, bis zum bitteren Ende. So, wie es sich eben gehörte, wenn man jemandem aufrichtig und von ganzem Herzen liebte.

smilie


08.06.2015, 09:19
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Ruao



Oona wusste nicht, was passiert war. Immer mehr erkannte sie, dass ihr Körper und ihre Wut eigenständig gearbeitet hatten, während der Rest von ihr sich tief in sich selbst zurückgezogen hatte. Sie hatte all das nie gewollt. Nichts davon. Weder den Angriff auf Ruao, noch die Trennung, noch den Bruch der Herde. Wieder fragte sie sich, ob es ihre Schuld war. Was sie hätte anders machen müssen, damit sie doch noch eine Chance gehabt hätten, neu hätten anfangen können, und vielleicht sogar alles gut geworden wäre. Immer mehr kam die Erkenntnis dessen, was sie weggeworfen hatte, zu fest verankert in ihrer Trauer, um Ruaos etwas unsichere Hilfe anzunehmen, wo er doch selbst darunter gelitten hatte.
Durch den Nebel des Hasses bemerkte sie endlich, wie fertig ihr Hengst war. Immer war er stark gewesen, hatte alles für sie und die Herden getan. Trotzdem war er gegangen, nachdem er mit ihr nicht mehr zurecht gekommen waren. Doch eigentlich hatten sie sich gegenseitig geschworen, in guten und schlechten Zeiten immer füreinander da zu sein. Wie schnell waren sie dann doch von diesem Versprechen abgewichen.
Was ist nur mit uns passiert, Liebster. Ihre kaum hörbare Stimme war nur mehr traurig, ihre Augen immer noch tot. Nichts war mehr übrig, nachdem der Hass, all die Wut, alles was sie angetrieben hatte, verschwunden war.

Wie gern würde sie jetzt wieder stark sein, sich hinter ihrer Mauer verstecken, welche sie mühsam errichtet hatte. Doch es ging nicht. Sie bemerkte wie ihre Gefühle, die sie fest in sich vergraben hatte, verdrängt und von denen die gehofft hatte, dass sie endlich besser wurden, nachdem einige Zeit vergangen war, immer wieder in ihr auftauchten. Sie bekam kaum noch Luft, ehe sie unter der Last zusammen brach. Den Norweger konnte sie dabei einfach nicht ansehen, konnte nicht in ihre Vergangenheit blicken. Alles was sie zerstört hatte mit ihrer Art, mit welcher die den Verlust ihres gemeinsamen Fohlens betrauerte. Damals hatte sie immer wieder ignoriert, dass es auch Ruaos Fohlen war, dass er genau gelitten hatte. Dass es ihn ebenfalls mitnahm. Es war ihr nur wichtig, ihn für alles verantwortlich zu machen. Ihren Schmerz und ihre hilflose Wut auf irgendwas zu lenken, auf etwas fokussiert zu sein, damit man sich nicht mit Tatsachen auseinander setzen musste.
Ihr Körper hatte der Stute gezeigt, was ihr Geist nicht begreifen wollte. All die Zeit nicht. Die Kraft war irgendwann zuende, wenn man sich nicht darum kümmerte. Und sie hatte kaum geschlafen, denn immer wieder hatte sie Alpträume gehabt, und sie hatte zu wenig gegessen und getrunken. Irgendwann war es einfach genug.
Doch sie war froh, dass sie ihre große Liebe noch einmal gesehen hatte. Dass sie ihm sagen konnte, wie leid ihr das alles tat. Und sie es jetzt auch so meinte.
Inzwischen spürte sie das Blut ihren Körper herabrinnen, während sie sich immer weiter auf den Stein presste, den Hengst nicht mehr ansehen wollte. Sie wollte schöne Erinnerungen von ihnen, zusammen, in einer Zeit wo sie glücklich waren.
Bitte geh jetzt. Ich danke dir für alles, und es tut mir so Leid. Alles. Die Kraft hatte sie verlassen, während sie immer mehr flüsterte. Sie sah nur zu Boden, vermied den Blick, während sie darauf hoffte, dass er sie allein sterben ließ. Sie wollte nicht mehr. Die Schmerzen, die Trauer, die Hoffnungslosigkeit. Es war genug für das Leben der Ponystute.

Sie schüttelte nur träge den Kopf, wollte ihm sagen, dass er keinerlei Schuld trug, immerhin hatte sie das Fohlen in sich getragen, es war allein ihre Schuld, dass es schief gegangen war. Immer hatte er sie umsorgt, geliebt und so ehrerbietig behandelt. Es traf ihn keine Schuld. Nein, nicht ihn. Wieder schüttelte sie den Kopf. Doch, du hast gelernt damit zu Leben, und weiterzumachen, egal wie schwer es war. Fast liebevoll lächelte sie, während sie sich immer mehr auf den Stein lehnte, der sich immer tiefer in ihren Körper bohrte. Den Hengst konnte sie dabei nicht ansehen. Zu schwer lag die Last ihrer Fehler auf ihr. Zu sehr vermisste sie die Zeit mit ihm.
Du konntest nichts tun. Du hast dich immer gut um mich und unser ungeborenes Fohlen gekümmert. Alles gegeben. Ich konnte es nicht halten. So wie ich auch unsere Herde nicht halten konnte. So wie ich unsere Beziehung weggeschmissen hatten. Ich will nur, dass du wieder glücklich wirst. Dass du eine Stute findest, mit der du ein neues Leben beginnen kannst. Die dir ein Fohlen schenkt, wenn du noch eins willst. Mit der du wieder zufrieden und ohne Schatten leben kannst.
Erst jetzt hob sie schwach den Kopf, sah den Hengst an. Der frühere Sanftmut war unter ihrer Fassade von Niedergeschlagenheit zu erkennen, ehe sie den Kopf senkte. Danke.... das ist gut. Dankbarkeit lag in ihren Zügen. Er würde ihr vergeben können. Mehr wünschte sie sich nicht mehr.
Nur kurz hatte sie es geschafft wieder auf die Beine zu kommen, ehe sie auf der selben Stelle wieder zusammengesackt war. Nur diesmal erwischte der Stein einen Rippenbogen weiter hinten. Ob er wohl brechen würde, bevor sie starb?
Warum sie gerade jetzt darauf kam, konnte sie sich nichtmal denken, doch andererseits nahm sie die Gedanken nun wie sie kamen.
All das war mehr, als sie jemals erhoffen konnte. So viel mehr als sie erwartet hatte. Und mit jedem Atemzug der ihr schwerer fiel, war sie dankbarer.
Er konnte ihr vergeben. Er konnte weiterleben. Wenigstens einer.

Immer undeutlicher nahm sie ihre Umgebung war. Immer weniger sah sie vor sich, und die Dunkelheit kehrte immer mehr zu ihr zurück. Inzwischen hatte sie aufgegeben noch einmal aufzustehen. Oona schloss die Augen, während sie hoffte, dass es bald vorbei sein würde.
Schmerzen spürte sie keine mehr, doch sie bekam Ruaos Stimme noch aus der Entfernung mit. Wieso war er noch hier? Er sollte doch gehen, damit sie endlich in Ruhe sterben konnte. Damit sie endlich Frieden fand. So glücklich wie sie war, dass sie ihn nochmals gesehen hatte, dass er ihr vergeben würde, dass er weiterleben konnte, dass er stark genug war. Das war gut, und es beruhigte sie auf eine Art und Weise, die sie nicht für möglich gehalten hätte.
Wieder versuchte sie es. Bitte geh einfach. Werde glücklich. Ich habe keine Angst mehr. Keinen Hass. Und ich werde mit ungetrübter Liebe im Herzen sterben.
Die Körperwärme, welche von Ruao ausging, nahm sie in sich auf, saugte die Berührung in einem letzten Versuch auf, doch sie konnte einfach nicht mehr wach bleiben. Ihr Körper streikte mit jedem Versuch von ihrem Hengst.
Mit einem letzten Versuch schaffte sie es zumindest sich umzudrehen, lag nun auf dem Flachen Boden und wurde nicht mehr von einem kaputten Grabstein gequält.
Leise seufzte sie zufrieden, als der Druck nachlies. So war es besser. Immer mehr entglitten ihr die Gedanken, während sie auf das Ende wartete. Wieso ging er nicht? Er sollte das nicht mitan sehen. Das hatte er nicht verdient.
Doch inzwischen fehlte ihr auch die Kraft zu sprechen. Sie spürte nichts mehr, außer einer angenehmen Ruhe, die sie überkam.
Als letztes spürte sie noch den Körper von Ruao nahe bei ihr. Es rührte sie, dass er bei ihr blieb bis zum Ende.

Oona ließ sich einfach fallen. Doch eigentlich dachte sie immer, dass Sterben anders war. Sie dachte an einen Tunnel, den sie entlang ging. Das Licht, welches sie abholen würde.
Doch nichts davon geschah.
Sie fühlte sich nur leichter als die letzten Monate zuvor. So als wäre ein wahnsinniges Gewicht von ihr genommen worden. So als könnte sie zum ersten Mal seit dem Tod ihres Fohlens in Ruhe schlafen.
Nichts mehr fühlte sie, als ihr Körper von selbst einen tiefen Atemzug tat, und ihr Herz in einem kräftigen Rythmus begann weiterzuschlagen.


Wörter: 1348

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10.06.2015, 02:09
»Ruao
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Oona


Ruao konnte diese ganze Situation nicht begreifen. Es kam ihm alles so unrealistisch, so befremdlich vor. Nach allem, was vorgefallen war, hatte er nicht damit gerechnet, Oona jemals wieder zu sehen – geschweige denn in solch einer Verfassung. Schweren Herzens hatte er mit ihr abgeschlossen, hatte sich damit abfinden wollen, die Liebe seines Lebens verloren zu haben, weil er sie hatte aufgeben müssen. Und nun stand er hier, in einem fremden Tal auf einem Friedhof und traf sie. Der Norweger begriff es einfach nicht, es war zu surreal, nicht greifbar. Daher starrte er sie lediglich aus leeren, doch gleichzeitig auch endlos traurigen Augen an. Warum nur hatten sie einander das angetan? Warum hatten sie ihr Glück mit Hufen getreten? War das, was sie nun besaßen, denn wirklich besser? Ruao bezweifelte das stark. Keiner von ihnen beiden war noch glücklich; sie beide hatten sich zu bemitleidenswerten Wracks entwickelt, denen niemand mehr auch nur einen Funken Lebensfreude nachsagen konnte. War das wirklich ihr Ziel gewesen? Schwer vorstellbar – und doch war es genauso. Hierfür hatten sie gekämpft. Monatelang. Es wäre inakzeptabel, wenn sie sich nun beschweren würden. Denn es war ihr gemeinsames Werk.

Reglos stand der Falbe da, während Oona am Boden lag. Er war nicht fähig, ihr zu helfen. Er war sprachlos, innerlich tot. Zumindest fühlte es sich so an. Als sie ihn bat zu gehen, schüttelte er lediglich entschlossen den Kopf und suchte ihren Blickkontakt. Es schmerzte ihn, dass sie ihn abermals wegschicken wollte – doch diesmal würde er bleiben, diesmal würde er sich durchsetzen, sich nicht wieder selbst aufgeben. Das war er der Ponystute schuldig, nach allem was geschehen war. Außerdem würde er ganz bestimmt nicht dabei zusehen, wie sie starb. Er würde sie am Leben erhalten, sie zwingen, zu atmen – auch wenn es das letzte wäre, was er tat. Wenn überhaupt, so ging er vor ihr. Denn das hatte die Natur so vorgesehen.
Er hatte gelernt weiterzumachen? Ruao verharrte noch immer still und stumm an Ort und Stelle. Vermutlich hatte sie Recht, denn er machte tatsächlich irgendwie weiter, das Leben machte vor solchen Schicksalsschlägen nicht halt und Ruao hatte zusehen müssen, dass er nicht auf der Strecke blieb. Konnte man ihm daraus einen Vorwurf machen? Oder war er vorbildlich, aufgrund seiner Stärke? Seines Willens? Der Norweger bedachte sie mit ratlosen Blicken, noch immer unfähig zu reagieren. Er fühlte sich so ausgebrannt, gerade.
“Ich will mit keiner anderen Stute glücklich werden oder eine Familie gründen. Ich wollte all das nur mit dir, mit niemandem sonst.“ Ruao’s Stimme war fest, entschlossen – es kränkte ihn, dass Oona so sprach. Klar, sie wollte ihn aufbauen, ihn trösten und ihm Mut machen. Doch sie erreichte damit eigentlich das komplette Gegenteil. “Du hast alles für unser Fohlen getan, genauso wie ich. Dass Gott es uns genommen hat, ist weder deine noch meine Schuld.“ Es fiel dem Norweger schwer, das zu sagen. Er hatte auch immer einen Schuldigen gesucht, weil er geglaubt hatte, dann besser damit abschließen zu können. Doch heute wusste er, dass er sich geirrt hatte. Es gab keinen Schuldigen und es würde ihm auch nichts bringen, wenn es einen gäbe.

Der Falbe spürte, dass Oona im Begriff war, zu sterben. Dieses Wissen zerriss ihm schier das Herz, ließ ihn fallen, im freien Fall. Ihm war schwindelig, er fühlte sich benommen. Doch er wusste auch, dass er es nicht aufhalten könnte. Oona hatte sich dazu entschieden, er war kein Heiliger, kein Arzt. Und auch wenn es ihm schwer fiel, so blieb er dennoch. Er wollte seine letzten gemeinsamen Minuten mit ihr genießen, sie in Würde verabschieden und gehen lassen. Auch wenn es schlussendlich bedeuten würde, dass auch ein großer, wichtiger Teil von ihm mit starb.
“Ich werde nicht gehen. Ich bleibe bei dir, bis zum Schluss. So, wie wir es uns einst versprochen haben“, widersprach er mit brüchiger Stimme, spürte, wie ihm heiße Tränen in die Augen stiegen. Tiefer Selbsthass durchzog seinen stämmigen Körper und er wünschte sich gerade nichts sehnlicher, als dass er einfach die Zeit zurückdrehen könnte, um alles anders zu machen. Um all das verhindern zu können. Doch es war zu spät. Es war vorbei.
Als er neben ihr lag, lauschte er ihrem Atem, der immer ruhiger wurde bis er schließlich scheinbar komplett versiegte. Ruao schloss die Augen, versuchte, den Schmerz in seiner Brust zu bündeln. Dieser Verlust riss ihm erneut den Boden unter den Hufen fort, ließ ihn bitterlich fallen. Immer tiefer, immer weiter. Der Falbe wartete auf den Aufprall, wollte ihr folgen, da sein Leben so nun doch keinen Sinn mehr hatte. Diesmal würde er nicht weitermachen. Diesmal war er nicht stark genug. Ohne sie war sein Leben nutzlos, vergeudet. Ohne sie war er verloren. Einsam. Entsetzt darüber, dass er Oona nun auch verloren hatte, drückte er sie fest an sich, still ein paar Tränen vergießend. Er würde sie niemals vergessen. Sie würde immer seine Nummer eins bleiben. Immer.


24.06.2015, 12:10
» Oona


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Ruao



Immer wurde ihr gesagt, sterben sei friedlich. Man würde in den Himmel kommen, wenn man aufrichtig war. Die Konikstute wusste, dass sie sich diese Chance mit ihrem Verhalten in den letzen Monaten selbst verbaut hatte, dorthin zu kommen. Aber hatte sie die Hölle wirklich verdient? Sie wollte nichts davon, denn eigentlich hatte sie, nachdem sie Ruao gesehen hatte, endlich wieder Mut geschöpft. Den Mut daraus, dass sie vielleicht an sich arbeiten konnten. Dass alles wieder gut werden würde und sie ihr Leben gemeinsam weiter bestreiten konnten. Nichts lief wie es sollte. Wie sich Oona das wünschte. Warum nur? Es betrübte sie, den Norweger zurück zu lassen. Egal wie sehr sie versucht hatte in wegzuschicken, ihn dazu zu bringen zu gehen, damit er verschwand. Er war bei ihr geblieben. Ja er hatte recht, sie hatten sich all dies geschworen. Waren immer füreinander da gewesen. Bis zu dem Zeitpunkt, als sie ihr gemeinsames Fohlen verloren hatte. Ab da war alles schief gegangen. Und nun, nun stand sie am Rande des Todes, den Scherbenhaufen ihres Lebens vor sich, ihren Gefährten an ihrer Seite, der ihr Beistand. Und die Erkenntnis, dass es nichts brachte. Dass sie verloren hatte. Diesmal wohl endgültig, denn was außer ihrem Leben konnte sie nun verlieren.
Wieso war er nicht gegangen, als sie ihn brutalst angesprochen hatte. Nachdem sie ihn verletzt und gebissen hatte. Nachdem sie alles getan hatte, um ihm jedes erdenkliche leiden zuzufügen. Wieso war dieser Norweger so störrisch. Nun sah er auch noch mitan, wie sie starb. Zuerst ihr Fohlen, und nun Oona selbst. Was würde Ruao nun tun? Würde er das überstehen? Würde es ihn noch mehr mitnehmen, wenn sie starb, als das ungeborene Leben, welches sie frühzeitig verlassen hatte? Oder erwartete sie einfach immer noch, dass er sie liebte, obwohl er bereits mit ihr abgeschlossen hatte, sie nicht mehr liebte, sondern nur als Pflichtbewusstsein, jemandem seiner alten Herde zu verabschieden, geblieben war?

Eigentlich hatte sie gedacht, dass sterben friedlich war. Das es sie beruhigte und ihr den Schmerz nahm, der sie seit so vielen Tagen begleitete. Sie hatte von einem Licht gehört, welches sich vor ihr öffnen würde. Darauf sollte sie zugehen können. Doch es ging nicht, denn das Licht kam nicht. Stattdessen war sie in der unendlichen Schwärze gefangen. Fragte sich, womit sie das verdient hatte. War sie wirklich ein so schreckliches Pferd gewesen, dass sie es nicht verdiente, ihren Frieden zu finden, sondern für immer hier verharren musste?
Das war so ungerecht. Und doch konnte sie nichts daran ändern.

Es beruhigte sie, dass sie den Körper ihres Liebsten bei sich fühlte. Es er erfüllte sie mit einer Ruhe, die sie so noch nie empfunden hatte. Sie bemerkte, dass sie seit so langer Zeit endlich wieder atmen konnte. Die Luft, die durch ihre Lungen strömte und sie dehnte, schenkte ihr die Kraft die es brauchte, ihren Körper wieder in Gang zu setzen. Nur langsam und mit viel Mühe arbeitete wieder alles wie es sollte. Die Schmerzen, die sie mit jedem Atemzug spürte, während sie das Blut wahrnahm, welches immer noch aus ihrem Körper sickerte, brachten sie wieder zur Besinnung. Sie spürte immer noch den Hengst neben sich. Wieviel Zeit war vergangen? Sie konnte es einfach nicht einschätzen, während ihr Körper sich die Kraft aus all dem holte und begann, sich langsam zu erholen.
Sie spürte den Frieden in sich. Die Hoffnung, die ihr gerade aberwitzig vorkam. Selbst wenn sie überlebte. Würde Ruao ihr dann nochmals eine Chance geben? Bisher hatte sie immer gedacht, dass sie ohne in besser dran war, dass er ihr immer nur wehtat. Doch nun, wo sie begriffen hatte, wieviel Schuld sie selbst trug, und das er auch darunter gelitten hatte, genau wie sie.....
Sie wollte ihn wieder zurück. Wollte wieder mit ihm Leben. Doch sie traute sich nicht. Traute sich nicht auf eine gemeinsame Zukunft zu hoffen.
Inzwischen wurde ihr bewusst, dass sie schlief. Ihr Körper begann sich zu erholen, um wieder aufzuwachen. Viel zu wenig hatte sie geschlafen, viel zu wenig auf ihn geachtet. Kein Wunder, dass er nun die Rechnung stellte.

Es dauerte einige Zeit, bis sie wieder wach wurde. Bis sie die Augen öffnen und sich wieder der Welt stellen konnte. Die Wunde an ihrer Seite hatte aufgehört zu bluten und war nun verkrustet, ehe sie mit neuer Kraft zu sich kam. In einer Bewegung richtete sie sich auf. Oona sah an sich herab. Sie musste feststellen, wie schlecht sie aussah. Und sie erinnerte sich an Ruao, den Hengst, der ihr alles bedeutete.
Doch nun.... nun war sie seiner nicht mehr würdig. Würde sie es jemals wieder sein? Könnte er sich ein Leben mit ihr vorstellen, wenn sie das werden würde, was er verdiente, was er wollte?
Sie wollte alles für ihn sein. Alles für ihn tun. Ihre Augen hatten wieder ein wenig mehr Leben in sich, als sie ihn ansah. Ihren Held. Ihre Liebe.
Wie sehr sich die Stute auch wünschte, ihm wieder gerecht werden zu können. Sie würde es sicher nie schaffen. Nie wieder Sein sein. Nie wieder genug.
Traurig sah sie in den Nachthimmel. Ob inzwischen nur Stunden oder Tage vergangen sind, wusste sie nicht, doch sie sah nur zu den Sternen. Wünschte, jemals genug zu sein, um ihm gerecht zu werden.
Diese Gedanken und Träume schickte sie in den Himmel zu den Sternen. Hoffte auf Erfüllung, wenn sie dann endlich anfangen konnte daran zu arbeiten. Ihn zu Lieben.


Wörter: 948

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28.06.2015, 00:15
»Ruao
Dieser Charakter wurde eingefroren.


Oona


Ruao wusste nicht, wie lange er reglos neben ihr gelegen hatte, bis ihm auffiel, dass sie noch atmete. Ruckartig hob er seinen massiven Kopf und starrte Oona an. Konnte es etwa sein, dass sie lediglich vor Erschöpfung eingeschlafen war? Erfüllt von neuer Hoffnung beobachtete sie, lauschte ihrem leisen Atem und spürte, wie sich Erleichterung in jeder Faser seines Körpers breitmachte. Die Vorstellung sie verloren zu haben, hatte ihn beinahe zerfressen – denn er hätte sich auf ewig selbst die Schuld daran gegeben, hätte es sich niemals verzeihen können. Der Schmerz den der vermutete Verlust in ihm ausgelöst hatte, war noch immer allgegenwärtig, doch ebbte langsam ab, hinterließ lediglich ein Gefühl von Erschöpfung und Müdigkeit.
Erfasst von neuem Mut erhob der Norweger sich und begann, die Umgebung abzusichern. Er suchte alles ab, prägte sich jede Kleinigkeit ein um jede noch so winzige Veränderungen bemerken zu können und hielt schließlich Wache. Ruao würde so lange hier verweilen, bis Oona wieder bei Bewusstsein und vor allem bei Kräften war. Und er würde diesen Friedhof mit allem verteidigen, was er besaß. Niemand würde ihr zu nahe kommen, solange er atmete.
Die Stute schlief lange, doch der Falbe ließ den Gedanken, dass sie eventuell nie mehr aufwachen würde, gar nicht erst zu. Er versorgte sie weiterhin voller Hingabe, versuchte sogar, ihre Verletzung so gut es ging zu reinigen und zu pflegen. Er stillte seinen Durst und seinen Hunger nur oberflächlich, denn viel wichtiger war es ihm, bei ihr zu bleiben. Hin und wieder machte Ruao sich sogar die Mühe, in einem hohlen Ast Wasser zu Oona zu transportieren, damit sie nicht austrocknete. Doch ob sich all dies auszahlen würde, wusste Ruao zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Irgendwann jedoch war es schließlich soweit: Oona erwachte und erhob sich. Das kam so überraschend, dass Ruao lediglich dazu in der Lage war, sie sprachlos anzustarren. Es kam ihm mit einem mal so unwirklich vor und doch strömte pure Erleichterung sein besorgtes Gemüt. Für ihn waren mittlerweile gefühlte fünf Ewigkeiten vergangen und es befreite ihn regelrecht, dass die Stute nun endlich wieder auf den Beinen war. Aus großen Augen sah er sie an, vorrübergehend unfähig, zu reagieren.
Es verwirrte ihn, dass auch sie nichts sagte. Sie sah ihn nicht einmal direkt an, sondern wich seinen Blicken beinahe schon aus. Oder bildete er sich das ein? Ruao war verunsichert, wollte sich von diesen negativen Gefühlen allerdings nicht leiten lassen. Zwischen ihnen stand enorm viel und es würde lange dauern, bis sie das alles aufgearbeitet und aus der Welt geschafft hatten. Das ging nicht von heute auf morgen, es gab noch so viel zu besprechen. “Oona, wie geht es dir?“ erkundigte er sich behutsam, nicht wissend, was er sonst hätte Fragen sollen. Es waren harte Tage gewesen und dennoch war Ruao unsagbar froh, dass die Ponystute aufgewacht war. Erst jetzt fiel ihm auf, wie sehr ihn dieser Umstand belastet hatte und wie schön es war, sich leichter, befreiter zu fühlen.


01.07.2015, 11:08
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