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Aufgaben


1. Spiele für einen Tag ein Hundevieh, und du darfst nur wie ein Hund sprechen also nur Knurren, Bellen && Beißen. » Vroni? Hrrrn.

2. Bringe die nächste Person mit den flachsten Flachwitzen (Schwarzer Humor ist auch erlaubt!) zum Lachen. » Ich hasse dich, Vroni! ;D


Celos » 04.10.2023, 20:12 » Ich leg mein Herz zu deinen Hufen.
In ganzer Art reagierte Liesel anders, als Celos es hätte vorhersehen können. Er hätte es verstanden, wäre sie abweisend gewesen, gar nicht willens, seine Hilfe überhaupt anzunehmen – oder, das vielleicht auch: seine Anwesenheit überhaupt als solches zu verstehen. Als mehr als die Hilfe, die er ihr gegen die Dornen unmittelbar geleistet hatte. Oder wenn sie ihm zu verstehen gegeben hätte, dass sie nur einen Moment brauchte, um sich zu sammeln. Er hätte es ihr sogar glauben wollen, wenn sie ihm mitgeteilt habe, dass ihr Zustand nur Erleichterung war. Tränen der Erleichterung – vielleicht sogar das Szenario, das Celos am liebsten gehört hätte. Nicht gerechnet aber hatte er mit ihrer gebrochenen Stimme, die dennoch klar und bestimmt klang. Ihr Zynismus stach mehr als die Dornen an seinen Nüstern, vielleicht am meisten, weil er sich gegen sie zu richten schien. Aus verlorenen Augen sah er sie an, versuchte, die Teile ihrer Antwort zu einem Ganzen zusammenzusetzen – und scheiterten daran, dass Celos sich nicht vorstellen konnte, dass irgendjemand etwas gegen die weiße Schönheit haben könnte. Und dass sie selbst... nein. Es passte nicht. Vielleicht wollte Celos auch einfach nicht, dass es passte.

Er überlegte auch dann noch weiter, als er sie seinen Blick erwidern sah. Er wollte das verstehen. Um ihretwillen. Und wenn er nur genug... Celos erstarrte, als ihre Nüstern über sein Gesicht strichen. Sanft, einer Engelsberührung gleich. Die ihn sofort aus allem rissen, was ihn davon abhalten könnte, das ganze Ausmaß ihrer Fürsorge aufnehmen zu können. Noch nie hatte jemand geschafft, Celos auf so radikale Weise einzunehmen wie sie es tat mit nur dieser zartesten aller Gesten. Dieser einzelne Moment hatte Potential genug, um sich für eine Ewigkeit darin zu verlieren – und Celos müsste ein anderer sein, um das Verlangen danach zu verleugnen. Nach nichts mehr als das genau das eintreten mochte – dass dieser Moment anhielt, für die Ewigkeit. Weil genauso klar wie ihre Berührung war, dass ein Moment alles war, was Celos zustand. Eine Engelsberührung – wie kam es überhaupt, dass einem Sterblichen wie ihm das widerfuhr?

Dennoch schaffte Celos es, überrascht zu sein, als Liesel zurückschreckte, aufsprang und zurückwich. Überrascht und nicht vorbereitet. Ein Sentiment, das ihm sicherlich auch übers Gesicht geschrieben stand, während er sie ansah, während langsam zurückkam, was sie gesagt hatte, bevor... sie ihn beim Daran-Denken unterbrochen hatte. Bevor alles andere unwichtig geworden war. Nur mit Widerwillen erinnerte Celos sich, sträubte sich gegen die Erinnerung an die Bestimmtheit, mit der sie seine Fürsorge gesträubt hatte. Versuchte trotzdem, dahinter zu kommen. Weil er das Gefühl hatte, dass er das musste, ein wenig, als hinge ihrer beider Glückseligkeit davon ab. Aber.. „Das verstehe ich nicht.“ Man sah, dass Celos Gedanken mit ihrem Aussprechen noch nicht beendet waren, wie er fieberhaft weiter versuchte, einen Sinn aus ihren Worten zu spinnen. Noch nie hatte er sich mehr gefühlt wie ein einfacher Kerl – denn das war er: ein einfacher Kerl, der niemals würde umreißen können, welche hohen Gedanken die Stirn dieser Schönheit durchquerten. „Du bist meine Retterin, Liesel“, fügte er nach einer Weile verständnislos an. Als hätte er erkannt, dass er seine Stirn niemals genug matern könnte, um hinter den Fluss ihrer Gedanken zu kommen. „Nichts, was ich dir je zurückgeben würde, könnte je genug sein. Und nichts mehr, als dir etwas davon zurück zu geben, habe ich doch gerade getan...“ Ratlos war noch immer sein Blick. Er verstand nicht.
Celos » 08.12.2021, 02:00 » Ich leg mein Herz zu deinen Hufen.

Es war nicht so, dass Celos nicht mitbekam, wie Schluchzer um Schluchzern der Kehle seiner hübschen Retterin entflohen. Er konnte lediglich nicht damit umgehen, konnte ihren Schmerz so viel weniger ertragen als jeglichen, der ihm jemals selbst in seinem Leben widerfahren sein mochte. Also ignorierte er, was nicht sein sollte, ging nur stoisch seiner Aufgabe nach, als wäre er blind für das Leid um ihn herum. In Wahrheit zerriss es ihm das Herz, schlimmer noch als die Dornen, die in seine Lippen stachen. Irgendwo war dieser Schmerz wohltuend, weil es ihm das Gefühl gab, darin mit ihr verbunden zu sein – auch, wenn er bereits vermuten konnte, dass es nicht physische Qualen waren, die sie gerade heimsuchten. Es war nur einfacher, sich auf diese zu fokussieren. Und Celos war, schlussendlich, ein einfacher Kerl.

Und immer, wenn er eine neue Ranke beiseite geschafft hatte, schnoberte er unbeholfen über Liesels Fell, unsicher, wie er sie am besten erreichen konnte. Wollte, dass sie wusste, dass er für sie da war; für sie da war, wie sie es damals für ihn gewesen war. Es dauerte bis er sich zu ihrer Schulter hochgearbeitet hatte, dass Celos inne hielt und vorsichtig gegen ihren Hals stupste. Jetzt wäre ein guter Moment gewesen, um tröstende Worte auszusprechen und doch fielen ihm einfach keine auf die Zunge. „Liesel...“, murmelte er leise, seine Stimme schwebend irgendwo zwischen verzweifelter Hilflosigkeit und einer Frage. Warum weinst du?, wäre sicherlich die einfachste von allen gewesen, aber sie wirkte zu einfach, zu trivial für die Schimmelstute. Er wollte weniger fordern, mehr Sicherheit bieten als Antworten. Es war unschwer zu erkennen, dass der Pfad für sie bergab verlaufen war, seit sie sich verloren hatten, während seiner stets zu grünen Weiden gezeigt hatte. Was war passiert? Was war passiert, das seine schöne Retterin so dermaßen aus der Bahn geworfen hatte? Celos würde gleichzeitig sterben wollen für die Antwort und wusste doch zur selben Zeit, dass dies eine Frage für später, wenn überhaupt, war. Nicht für jetzt. „Liesel, ich... ich bin hier. Ich weiß, es... es ist nicht viel... aber ich bin hier.“ Unsicherheit schwang in seiner Stimme mit, ein fragender Unterton. Ob sie ihn überhaupt hier haben wollte. Was auch immer es war – die Schimmelstute hatte etwas an sich, das ihn nach elf Sommern wieder ratlos wie ein Fohlen werden ließ. Als wäre er an ihrer Zerbrechlichkeit zerbrochen.

Celos » 20.05.2021, 23:40 » Ich leg mein Herz zu deinen Hufen.

Ein Hallo war nicht unbedingt das, was Celos erwartet hatte. (Nicht, dass er eine Entschuldigung erwartet hatte. Liesel hatte sicherlich ihre Gründe gehabt, um zu gehen. Auch wenn er sie nicht verstanden hatte – immer noch nicht verstand –, aber dass sie diese Gründe gehabt hatte, dessen war er sich sicher.) Ein Glück, dass ihr kläglicher Befreiungsversuch ihn daran hinderte, weiter über diese Begrüßung nachzudenken. Augenblicklich ging ein Ruck durch seinen Körper, bereit, sich gegen den Feind zu stellen. Ein Instinkt, natürlich. Die Dornen waren schließlich kein Problem, die sich durch ein resolutes Auftreten lösen ließen. Celos stoppte noch in der Bewegung, ein Bein schon vor sich abgestellt. Unentschlossen zog er es wieder zurück.

„Da soll nochmal jemand sagen, es wäre ein großes Tal?“ Celos hatte einen Witz machen wollen, aber noch immer sprach die Unsicherheit, die Verwirrung aus seiner Stimme. Dass er sie tatsächlich wiedergefunden hatte. Was für ein großartiger Zufall das war. Solch ein Zufall, dass sie eigentlich gänzlich unmöglich waren. Aber, am Ende – und davon war Celos überzeugt – eben genau das: ein Zufall. Niemals wäre ihm eingefallen, dass die hübsche Stute ihm gefolgt war, dass sie die ganze Zeit über ihn gewacht hatte – ausgerechnet ihn. Jemanden wie sie hatte er nicht verdient. Vielleicht gerade noch als vorübergehenden Zufall, jetzt schon zum zweiten Mal. Nur für einen schnellen Blick erlaubte er sich, die Augen von ihrem Gesicht zu nehmen, aber was er sah, erschreckte ihn. Von der grazilen Stute, auf die er einst in großer Not getroffen war, war bloß noch ein... Celos schüttelte energisch den Kopf, sodas seine Mähne wild flog. Wrack, hatte er gedacht. Ein Wort, ein Gedanke, der sicher nicht angemessen war für die, die sich so selbstlos aufgeopfert hatte für ihn. Wortlos trat er einen Schritt vor, zaghafter jedoch dieses Mal. Er senkte den Kopf und schloss das Maul um eine Dornenranke, jedes Stechen und Pieksen ignorierend. Es war ein stummes Hilfeangebot. Um es auszusprechen, hatte er keine Worte finden können. Hier lief so viel mehr schief, als bloß die dornigen Ranken dieses Gestrüpps, das war so klar wie die Nachtluft am Meer. Aber danach zu fragen, das traute Celos sich nicht.

Celos » 13.04.2021, 13:46 » Ich leg mein Herz zu deinen Hufen.

Vielleicht war dies genau, auf was das Schicksal gewartet hatte. Dass Celos nicht mehr an Liesel dachte. Von einem anderen Wanderer hatte er einmal gehört, das Schicksal schlage dann ganz besonders gern zu, wenn man nicht damit rechnete. Celos hatte das damals als Klamauk abgetan, er glaubte nicht an Schicksal. Wer weiß, vielleicht würden die Ereignisse des Tages ihn ja noch zum Gläubigen machen.
Hinterher würde er nicht mehr genau sagen können, was ihn dazu bewogen hatte, dem Rascheln im Gebüsch nachzugehen. Vielleicht, ja vielleicht, war es sogar so etwas wie jugendlicher Übermut, der ihn dazu trieb. Eigentlich war dies ja das erste Mal, dass er eine längere Strecke gehen wollte, seit er sich diesen Platz ausgesucht hatte (nicht, dass die Strecke zum See besonders lang gewesen wäre, aber Celos bewegte sich hier auf einem sehr niedrigen Niveau). Und gleich dann, ohne zu wissen, wie sehr er seinem geschundenen Bein vertrauen konnte, einen Abstecher zu machen, konnte wohl kaum anders bezeichnet werden:  es war leichtsinnig. Oder Schicksal?

Jedenfalls beschleunigte sein Herz für einen Moment, als er durch das Blätterdickicht einen Flecken weißen Fells erkennen konnte. Liesel. Sein Kopf formte bloß einen Gedanken, obwohl es ja viele weiße Pferde gab, obwohl es so schrecklich unwahrscheinlich war, dass dieses weiße Pferd die junge Stute war, der er sein Leben zu verdanken hatte. Mit jedem Schritt kämpfte Celos mehr gegen den Gedanken an, kämpfte ihn nieder, um am Ende nicht enttäuscht zu werden. Eine Enttäuschung, die sich nur anfühlen würde, als hätte er sie ein zweites Mal verloren.
Beim Näherkommen bemerkte er dann, dass das Geschöpf mit dem Gestrüpp zu kämpfen schien. Er nutzte diese Erkenntnis, um auch das letzte Stück von Liesel aus seinen Gedanken zu verbannen: Das hier war nicht mehr bloß seine Neugier, seine auswegslose Hoffnung, sie wiederzusehen. Er konnte etwas Gutes tun, diesem Wesen helfen. So, wie sie damals ihm geholfen hatte.

Einige Tritte später war er am Ort des Geschehens angelangt, endlich in der Lage, einen Blick über das Gestrüpp zu werfen. Die Dornen bemerkte er kaum, waren bloß eine Randnotiz bei dem Anblick, der sich ihm da gerade eröffnete. „Liesel?“, keuchte er, überrascht. Seine Worte irgendwo zwischen Frage und Feststellung, denn selbstverständlich fragte er nicht, ob sie es wirklich war. Er konnte es bloß nicht glauben.

Celos » 23.10.2020, 13:59 » Ich leg mein Herz zu deinen Hufen.

Mein Herz zu deinen Hufen, da wird es schon sicher sein.



Celos hatte nie realisiert, dass es einfacher war, Andere hinter sich zu lassen, als selbst verlassen zu werden. Nie – bis jetzt. Er wusste gar nicht, wann er den Sprung vom Jungspund zum ewigen Junggesellen gemacht hatte, aber irgendwo zwischen dann und jetzt musste er weise geworden sein. Früher, da waren es banale Gedanken gewesen, die ihm durch den Kopf gegangen waren, früher, da war sein Kopf sogar leer gewesen, von Zeit zu Zeit. Und heute war ihm, als würden all die Gedanken, die er dann nicht gehabt hatte, alle auf einmal auf ihn einprasseln.

Auch wenn er von Anfang an gewusst hatte, dass Liesel ein Geschenk des Himmels war, dass er unmöglich auf ewig würde behalten können, hatte es weh getan, eines Tages ohne sie aufzuwachen. Das Wissen um den Verlust war nicht Vorbereitung genug gewesen, er hatte trotzdem nach ihr gesucht, mit langen Pausen, seinem verletzten Bein zuliebe – denn dessen Heilung war immerhin ihr Vermächtnis, Celos würde den Teufel tun und die Genesung erneut in Gefahr bringen. Hätte er auch nicht, hätte er gewusst, dass sie gar nicht so fern war, ihn immer im Blick gehabt hatte – ultimativ respektierte er ihren Wunsch, Abstand zu nehmen von ihm. War vielleicht auch besser so. Was wollte sie, dieses engelsgleiche Wesen, auch mit einem alten Griesgram wie ihm?

Inzwischen waren die Tage ohne die Schimmelstute sogar zur Gewohnheit geworden, ungewollt. Am Anfang war Celos sich sicher gewesen, sie auf ewg zu vermissen, aber wie sagte man so schön? Das Leben ging weiter, schaute nicht nach links oder rechts. Celos war traurig, aber nicht suizidal. Er würde das Leben, das Liesel ihm gerettet hatte, nicht in den Wind schießen.
Die große Wiese in der Mitte des Tals war ein wenig sein Basiscamp geworden, hier hatte er alles, das er brauchte. Was für die Beißer, Wasser im Überfluss, einige andere Pferde um ihn herum, die ihm etwas Sicherheit gaben, wenn er ruhte – als Einzelgänger wusste er, dass es eigentlich töricht war, sich auf Fremde zu verlassen. Aber er war noch nicht bereit, sich wieder jemandem anzuschließen, und ein bisschen Gesellschaft war immer noch besser, als einsam auf weiter Flur zu stehen. Heute fühlte er sich schon deutlich besser. Zum ersten Mal seit Langem traute er sich, überhaupt seine gewohnten Wege zwischen Fluss und seinem Liegeplatz zu verlassen, dem See entgegen.

Celos » 03.02.2019, 22:44 » Die verwunschene Quelle #2
Ich traue mich nach einer langen, langen Zeit mal wieder an ihn.

 

Liesel



Für einen Moment fühlte Celos sich seltsam befreit, schwerelos, so als hätte er seinen Körper verlassen und würde federleicht auf einer Wolke schweben. Doch dies war nur ein kurzer Moment zwischen Traum und Wirklichkeit, und einen Augenblick später wurde er sich seines Körpers wieder vollends bewusst. Seine Glieder schmerzten ob der unbequemen Position, in der er geschlafen hatte, und mit einem dumpfen Ziepen meldete sich auch das verletzte Vorderbein zu Wort. Mit einem Seufzen öffnete der Braune die Augen. Sogleich fühlte er sich für einen Wimpernschlag in die Schwerelosigkeit zurückversetzt. Noch immer konnte er nicht glauben, dass dieses engelsgleiche Wesen sich seiner angenommen hatte. Liesel war nicht nur für seinen Körper die Rettung gewesen. Auch seine Seele schien in ihrer Nähe aufzublühen, wie er es nicht mehr für möglich gehalten hatte. Sein Herz machte einen kleinen Sprung in seiner Brust, während sein Blick ihre entspannten Züge in sich aufsog. Es war das erste Mal, dass die Schimmelstute in sich zu ruhen schien, seit er sie getroffen hatte. Normalerweise war ihre Haltung immer angespannt, auch wenn er es schaffte, sie einmal zum Lachen zu bringen, auch wenn er keinen Grund sah, weshalb sie sich nicht fallen lassen könnte. Celos versuchte, möglichst regungslos zu bleiben, um sie ja nicht aufzuwecken, um sie weiter betrachten zu dürfen, ihre Nähe zu genießen. Zu gerne hätte er sich zu ihr vorgestreckt, um sanft ihre zarten Fesseln zu berühren, doch er hielt sich mit aller Kraft zurück. Auch nachdem sie sich in den vergangenen Tagen aufopferungsvoll um ihn gekümmert hatte, so fürchtete er immer noch, sie mit einem Mal zu verschrecken. Und sie jetzt zu verlieren, das wäre sein Untergang. Da war er sich sicher. Als hätte sie seine Blicke auf sich gespürt, schlug Liesel die Augen auf. Der Braune bemühte sich, möglichst unbeteiligt zu gucken, ganz so, als wäre sein Blick nur zufällig, nur für einen Moment auf ihr gelandet. Mit niedergeschlagenen Augen schnoberte er über den Boden, so als suche er mit den Lippen nach etwas Essbarem. Dabei was die Erde um ihn herum aufgewühlt von seinen Versuchen, auf die Beine zu kommen, und die wenigen verbleibenden Grashalme hatte er schon in den vergangenen Tagen abgeknabbert. Und so nahm er seinen Mut zusammen, und sah wieder zu ihr hoch, ein Lächeln auf den Lippen. „Guten Morgen, Liesel“, begrüßte er sie leise. Mit klopfendem Herzen wartete er auf ihre Reaktion. Nebenbei testete er vorsichtig das verletzte Bein, zog es erst ein Stück zu sich heran, übte dann ein wenig Druck darauf aus. Beide Male durchzuckte Schmerz seinen Körper, doch es fühlte sich nicht mehr so an, als würde dieser ihn von innen zerfressen. Er war da, doch er konnte sich mit ihm arrangieren. Hoffnungsvoll blickte er auf seinen Huf, dann wieder in Liesels Richtung. „Denkst du, ich könnte es heute wieder einmal mit dem Aufstehen versuchen?“ Inständig hoffte er, dass sie dies befürworten würde. Dann würde er ihr zumindest ein Quäntchen weniger zur Last fallen.
Celos » 22.09.2016, 00:46 » Die verwunschene Quelle #2

Liesel, die Königin


Stumm blickte Celos Liesel an, besser gesagt, ihre Sprunggelenke - die, wie ihre Besitzerin, so zart und zerbrechlich aussahen, als wären sie nicht von dieser Welt, sondern aus einer anderen, einem Märchen vielleicht, oder, wenn schon nicht fabelhaft, dann zumindest einer Königsfamilie ensprungen. Aber das schien absurd: eine Königin - Wäre sie das denn überhaupt? Er kannte sich da nicht so aus - würde wohl kaum im Wald umherirren, blutverschmiert und so ziellos, sich mit ihm abzugeben. Und dennoch, etwas Besonderes war sie sicherlich. Und wenn schon nicht für Andere, dann sicherlich für ihn. Momentan sprach die Schönheit aber in Rätseln, zumindest für ihn, den ungebildeten Rumtreiber. Und so schweigt er eine Weile, wartet auf eine Erklärung - zu beschämt, ein zweites Mal nachzufragen, denn er wird das Gefühl nicht los, dass er verstehen sollte, von was sie spricht - vielleicht hatte sie es ihm ja auch grade erklärt und er hatte es verpasst?! Sein Fall musste ihr hoffnungslos erscheinen.

Allerdings war auch Geduld noch nie eine besondere Stärke des Braunen. Und mit einem Mal bemerkte er, dass die Stille nicht nur unangenehm war, sondern auch kein besseres Licht auf ihn wirft: jetzt musste Liesel ihn nicht nur für etwas begriffsstutzig, sondern auch völlig zurückgeblieben halten. "Entschuldige, ich weiß nicht was du gesagt hast, also, was du meinst, ähh, wovon du sprichst", stammelte er hastig, mit den Worten zu schnell für seine Gedanken. "Also, was diese Corvus... wie? Covax? sind. Sind das andere Kräuter, die mehr Aufwand für dich bedeuten?", fügte er hinzu, diesmal deutlich sicherer in seiner Sprache. "Ich bin mir sicher, dass du mir helfen kannst", beendete er dann leise, aber umso bestimmter. Endlich wagte er es auch, den Kopf weiter zu heben, ihr in die Augen zu blicken. Ihr trauriges Kopfschütteln bestärkte ihn in seiner Annahme nur noch mehr. Jetzt musste er nicht sich selbst zuliebe genesen, sondern auch um Liesel zerrüttertes Selbstbewusstsein zu heilen. "Ganz sicher", bestätigte er leise und streckte für einen kurzen Moment seine Nüstern in ihre Richtung, zupfte sanft an ihrem Mähnenkamm, schnoberte dann beruhigend über ihren Hals um eine Weile dort zu verweilen; vielleicht ein paar Augenblicke zu lange... doch es fiel ihm schwer, den Kopf zurückzuziehen, sie wieder alleine zu lassen.

Als er es doch tut, spricht sie, als hätte sie darauf gewartet - und dennoch fühlte er sich durch diese Geste in keinster Art zurückgewiesen. Das scheue Lachen ließ sein Herz nur höher schlagen und er war froh, etwas Luft zwischen ihnen zu haben: sie hätte das Pochen bestimmt zu seinen Ohren, seinen Nüstern hinaus gehört. "Was denn? Magst du mich dann etwa nicht mehr?", konterte er, betont unschuldig, ein aufmüpfiges Glitzern in den Augen. Als würden sie ihm zustimmen, fingen die Vögel jetzt wieder an zu singen, als hätten sie zuvor den Atem angehalten, hätten darauf gewartet, dass er mehr tat; mehr von dem, was er schon so oft getan hatte, was er sonst täte. Doch so attraktiv er Liesel auch fand, er konnte sich nicht vorstellen, sie zu betören, seinen schweren Körper auf sie zu schmeissen - sie war seiner nicht wert, und mit jedem Atemzug, jeder wundervollen Äußerung bewies sie nur noch mehr, dass sie zu gut für ihn, einen Rumstreicher, war. Und das war in Ordnung. Im Moment schätzte er sich einfach glücklich, sie getroffen zu haben, ihre Güte und ihre Fürsorge zu empfangen: auf alles Andere konnte er verzichten, für sie.
Celos » 31.01.2016, 03:38 » Die verwunschene Quelle #2

Liesel, die Unnachgiebige


Kaum hatte er, welch andere Wahl blieb ihm auch?, ihrem Angebot zugestimmt, da blickte sich die Schimmelstute auch schon um, ließ den Blick über die Umgebung schweifen - eine Umgebung, in der sie vermutlich so viel mehr sah als er. Was für ihn aussah wie Unkraut oder, als höchstes der Gefühle, Fressbares, darin sah sie seine Zukunft. Und das Ende seines Leidens. Er stieß einen leisen Seufzer aus, als sie mit den Nüstern seine Stirn berührte, schloss für einen kurzen Moment die Augen. Ihre Nähe tat so gut. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass die Kräuter mehr Wunder bewirken konnten als die Zuneigung, die sie ihm entgegenbrachte. Aber wenn sie daran glaubte, so war er auch gewillt, es zu probieren. Mit dieser hoffnungsvollen Aussicht kehrte allerdings auch sein Galgenhumor zurück, der ihm in der Einsamkeit immer ein treuer Geselle gewesen war. "Warst du nicht diejenige, die mir gerade schon fast den Totenschein ausgestellt hat? Angesichts dessen sollte ich mir vielleicht doch Sorgen machen, was meine letzten Worte sein sollten", erwiderte er, ohne es böse zu meinen. In seinen Worten klang ein amüsiertes Schmunzeln mit, doch es war nicht die Stute, über die er sich lustig machte - nein, viel mehr betrachtete er die Ironie der gesamten Situation. Ihre Worte waren nur ausschlaggebend gewesen. Man konnte es halten, wie man wollte, wenn Celos eins nicht mochte, waren das tröstende Worte, die nur den wahren Charakter des Geschehens überdecken sollten. Doch seine zynische Zunge verstummte sogleich darauf wieder - sie hatte es schwer bei all der Lieblichkeit, die Liesel verbreitete. Wie schon vorher war er nicht imstande, die passenden Wörter zu formen, es war, als wäre er nicht mehr Herr seiner Gedanken. Deshalb nickte er nur ergeben mit dem Kopf, doch in seinen Augen stand die Dankbarkeit geschrieben, die er wirklich empfand.

Wirklich wohl war ihm nicht dabei, als sie sich von ihm entfernte - auf der Mitte der Lichtung blieb zumindest ein wenig Zeit, um auf einen Angriff zu reagieren, aber wer wusste schon, was alles im Dickicht lauerte? Immerhin war Liesel angegriffen worden, bevor sie sich trafen, da gab es kein Zweifel, bei all dem Blut an ihrem Körper. Was, wenn sie damit die Aufmerksamkeit von Raubtieren auf sich zog? Oder schlimmer, wenn das, was sie vorher angegriffen hatte, noch immer dort draussen auf sie wartete? Er konnte gar nicht sagen, wie glücklich er darüber war, dass sie nicht lange überlegen musste, sondern zielstrebig über die Wiese strich, ein paar Kräuter auswählte und dann zu ihm zurückkehrte. Still beobachtete er ihr Vorgehen - er wagte es nicht, sie in ihrer Konzentration zu stören, doch er konnte auch seinen Blick nicht von ihr abwenden. Als sie sich herab beugte, um seine Wunde zu versorgen, konnte er es nicht lassen, mit den Augen über ihren Körper zu wandern - er wusste, sein Anstand sollte es ihm verbieten, sich wie ein brünftiger Junghengst zu verhalten, aber wie sollte er, bei der verführerischen Aura, mit der ihre Rosse sie umgab; bei der fürsorglichen Aufmerksamkeit, die sie ihm zuteilte? Natürlich schämte er sich, und er konnte nur hoffen, dass sie nichts bemerkte - oh bitte, lass es sie nicht bemerken, flehte er inbrünstig. Und doch wusste er, dass er so viel Glück kaum verdient hatte. Sie müsste entweder blind oder naiv sein, um nicht zu bemerken, was für eine betörende Wirkung sie auf ihn hatte - doch das war er nicht, dieses triebgesteuerte Wesen. Oder? Mit einem Mal kamen ihm Zweifel. Vielleicht hatte er sich zu lange aus allem rausgehalten. Vielleicht kannte er sich selbst nicht mehr. Vielleicht war er doch nicht erwachsen geworden, sondern immer noch der lüsterne Streuner, den sein Vater vertrieben hatte. Doch weiter darüber nachdenken konnte er nicht - wenngleich er sich an das Pochen gewöhnt hatte, das sich von der Wunde her ausbreitete, fuhr ein flammender Schmerz durch das Bein, als Liesel die Blätter mit ihrem Maul auf die Wunde presste. Woher er die Stärke nahm, nicht das Bein in die Höhe zu reissen, wusste er nicht - aber er hätte Liesel mit Sicherheit verletzt, hätte er es getan. Natürlich wollte er auch nicht, dass sie sich noch mehr Sorgen machte, als sie es sowieso schon tat. Doch nicht nur deswegen konnte er den Blick nicht mehr vom Boden abwenden, als sie sich wieder aufrappelte. Nein, viel mehr traute er sich nicht. Was dachte sie jetzt über ihn? Welches Bild hatte sie? Er war so versunken in seinen eigenen Gedanken, dass er sich gar nicht auf ihre Stimme konzentrieren konnte. Doch auch wenn er keinen Zusammenhang zwischen den Worten fand, irgendetwas war anders. Zuerst konnte er es nicht benennen, aber dann fiel ihm die Unsicherheit in ihrer Stimme auf. Also hatte sie es bemerkt. Was sollte er jetzt tun? Es leugnen? Kleinreden? Offen darüber sprechen? Er wusste es nicht. Doch genau in diesem Moment stolperte er über die Worte, die aus ihrem Mund kamen. "Corvus Corax?", fragte er irritiert - über was hatte sie gesprochen? Seine Krankheit? Oder über etwas anderes? Wieso, bei Gott, hatte er ihr bloß nicht zugehört und musste sich noch weiter blamieren - oder vielleicht sollte er es auch als gelungene Ablenkung sehen.
Celos » 15.11.2015, 03:54 » Die verwunschene Quelle #2

Liesel, seine Heilerin smilie



Obwohl Liesel kaum ihre Stimme erhebt, der Hengst hätte es sich nie ausmalen können, ihr zu widersprechen. Zum einen gehörte es sich nicht, doch viel wichtiger, der Ton ihrer Stimme ließ es nicht zu. Obwohl er streng klang, ein Hauch von Sorge schwang doch mit. Und das, obwohl er doch genau das nicht sein wollte, ein weiterer Grund für den traurigen Ausdruck in ihren Augen. So wollte er schon erwidern, sie solle sich nicht um seiner kümmern. Er wäre nur ein alter Knochen, ein Niemand, bereit, in die ewigen Jagdgründe einzugehen. Doch der Hengst stand still, ja gar starr, als sich der schöne Körper der Stute an seinen schmiegte. Das Herz des Braunen begann erneut, schneller zu schlagen, aber diesmal war kein Schwindelanfall der Grund. Mit jedem Zug atmete er den Duft ihrer Rosse ein, der sich augenblicklich verdichtet hatte, so meinte er zumindest. Natürlich war er sich gleichzeitig auch bewusst, dass dem nicht so war, dies nur die Reaktion seines Körpers, die völlig fehl am Platz war.

Und deshalb erstarrte Celos. Wenn er jeden Muskel einfrieren könnte, dann auch sein Herz, könnte es davon abhalten, so aufdringlich zu schlagen. Verbreitete es nicht ein völlig falsches Bild des Hengstes? Denn die Zeiten, in denen er sich nahm, was er wollte, waren längst vorbei. Natürlich, es war nicht von den Hufen zu weisen, Liesel war attraktiv, nein, eine wahre Schönheit viel mehr. Das war ihm nicht entgangen, wie könnte es auch. Doch sie schien nicht in der Verfassung, sich ihm hinzugeben, oder am Ende gar ein Fohlen aufzuziehen. Und eigentlich wollte sie sich doch bestimmt bloß seine Wunde ansehen, nichts weiter. Wieso konnte sein Körper sich also nicht angemessen verhalten?

Während seine Gedanken noch kreisten, zog die Stute sich wieder zurück, sodass sie sich nun wieder gegenüber standen. Erleichtert war er, keine Frage, doch gleichzeitig konnte er noch immer ihre Berührung an seiner Seite spüren, spürte, wie die angenehme Wärme sich langsam wieder verflüchtigte. Es war schön gewesen, einem anderen Lebewesen mal wieder so nahe zu kommen, und jetzt erst fiel ihm auf, wie sehr er dies vermisst haben musste. Sein Herz, das törichte Wesen mit einem Eigenleben, machte einen kleinen Hüpfer, als sie ihre ersten Worte aussprach. Wir. Wir, das war ein du und ich, bedeutete, dass sie beim ihm bleiben wollte, zumindest für eine Weile. Und doch, veranstaltete sie nicht gerade viel zu viel Trubel um einen alten Herrn wie ihn? Hilfe suchen wollte sie, womöglich ein weiteres Wesen mit seinen Problemen belasten. Der Gedanke an sich behagte ihm schon nicht, doch viel wichtiger, er wusste nicht, wo man einen Heiler finden konnte, geschweige denn, ob er überhaupt so weit laufen könnte, bis sie einen finden würden. Das zuzugeben kam natürlich auch nicht in Frage. Wenn sie sich schon die Mühe machen wollte, ihn zu versorgen, würde er ihr nicht noch weitere Schwierigkeiten bereiten. Am Ende käme sie noch auf die Idee, allein einen Heiler zu suchen! Wer wusste schon, was ihr auf dem Weg alles zustoßen könnte. Nein, wenn nötig, würde er die Zähne zusammen beissen, bis der Tod sich seiner annahm.

Mit ihren weiteren Ausführungen konnte er sich eher anfreunden. Er war in der Heilkunst nicht sehr bewandert, aber dass bestimmte Kräuter solche Leiden heilen konnten, da war er sich sicher. Wenn es sie hier in der Nähe gab, würde es ihr auch sicher nicht viel Zeit rauben. Zaghaft nickte er, als sie fortfuhr und ihm schilderte, dass das Bein sich entzünden würde. Schlimmer werden würde. Und obwohl sie es nicht aussprach, Celos war sich bewusst, dass es ihn über kurz oder lang in die Fänge des Tods treiben würde. Eigentlich war es komisch. Auf dem Weg zur Quelle hatte Celos geglaubt, dass sein Bein nicht besonders gut aussah, aber anscheinend konnte es noch bedeutend schlimmer werden. Überhaupt, er hatte sich die Stelle nicht mehr angeschaut, er wusste gar nicht, wie sie aussah - und legte auch nicht besonders viel Wert darauf. Ihm wurde jedes Mal flau im Magen, doch Liesel schien deutlich unempfindlicher in dieser Sache zu sein.

Er wollte ihr antworten, doch als er den Mund öffnete, war er dazu nicht in der Lage. Erst dann fiel ihm auf, dass er wohl noch immer die Luft anhielt - wie lange wohl schon? Er wusste es nicht. Während wieder frische Luft in seine Lungen strömte, überlegte er, dass auch Leorah bereits etwas in diese Richtung gesagt hatte. Natürlich würde er sich hüten, Liesel davon zu erzählen. Erst brachte er sie zum weinen, dann benahm er sich wie ein lüsterner Landstreicher und dann stellte er ihr noch seine Illusionen vor - nein, das musste nun wirklich nicht sein. "Ich will wirklich nicht, dass du deine Zeit an mich verschwendest. Ein paar Kräuter... wären schon mehr als genug", brachte er stockend über die Lippen. Noch immer war ihm nicht ganz wohl bei der Sache, doch er bezweifelte, dass sie einen Rückzieher akzeptieren würde. "Ich weiß schon jetzt nicht, wie ich dir danken soll", fügte er aufrichtig hinzu. Mit den letzten Worten hatte er den Kopf wieder gehoben, sodass sich ihre Blicke kreuzten. Ihre Augen noch immer so geheimnisvoll wie beim ersten Mal, er mit einem weichen Ausdruck in ihnen. Ohne Zweifel, er mochte sein Gegenüber, auch wenn er kaum etwas über die Schimmelstute wusste, dass auch sie verwundet war, war offensichtlich. Nur dass keine Kräuter dieser Welt diese Wunden heilen konnten.
Celos » 24.10.2015, 16:44 » Die verwunschene Quelle #2

Liesel, die Seelsorgerin


Natürlich hatten seine Worte nicht gereicht. Hilflos musste der Braune mit ansehen, wie Tränen das zarte Gesicht seines Gegenübers hinabliefen. Wie hatte er auch so töricht sein können, so dumm... Zu glauben, dass seine Worte Tränen stoppen konnten, passte nur allzu gut in seine neusten Spinnereien. Noch immer zögerte er, war sich nicht sicher, ob er sie trösten durfte. Aber sie hatte dieses Unnahbare verloren, das sie vorher umgeben hatte. Oder war das nur Teil der Illusion gewesen? In seinem Kopf drehte sich alles, die Situation überforderte sein momentanes Denkvermögen. Also tat er das, was er auch sonst immer tat: verließ sich auf sein Herz. Zaghaft, um ja nicht zu aufdringlich zu wirken, beknabberte er ihren Widerrist. Alles, was er in diesem Moment wollte, war dem schönen, verwirrten Geschöpf Trost zu spenden. Doch hier stellte sich wieder heraus, wie wenig der Hengst doch eigentlich von Stuten verstand. Er war zweifelsfrei ein guter Liebhaber, eine angenehme Gesellschaft wohl auch. Doch Gefühle mied er seit Jahren, fühlte sich schon seit langem fehl am Platz.

Wie ein geschlagener Hund zieht er seinen Kopf zurück, als die Stute zu schluchzen anfängt. Anstatt ihr Leid zu lindern, hatte er es nur noch schlimmer gemacht. "Ent... Entschuldige. Ich wollte das nicht", flüstert er. Passend dazu entflammte auch der Schmerz in seinem Bein von Neuem, wabernder Nebel trübte seine Sinne und ihm wurde flau im Magen. Gut möglich, dass ihm das schon einmal passiert war, das würde zumindest erklären, wieso er auf dem Boden aufgewacht war. Wieder konnte er sich an die Hilflosigkeit erinnern, das schreckliche Gefühl, nicht wieder aufstehen zu können. Auf keinen Fall war er gewillt, sich noch einmal in diese Situation zu begeben, doch schon die bloße Vorstellung ließ ihn schneller atmen und er spürte, wie die Panik sich weiter in ihm ausbreitete. Kontrolle. Er brauchte die Kontrolle, über das was geschah wieder... und wie schon vorher fiel ihm auch jetzt der Ratschlag seiner Mutter wieder ein. Zuerst war es schwer, sich überhaupt auf etwas zu konzentrieren, ging sein Atem doch so schnell wie der Hufschlag im Galopp. Die Umgebung verschwamm zu einem einzigen Hintergrundrauschen, unmöglich, einzelne Eindrücke noch herauszufiltern. Er spürte den Moment der Ohnmacht näher kommen, doch bevor alles um ihn herum schwarz wurde, fiel die Anspannung wieder von ihm ab. Für einen Moment vergaß er das Atmen sogar, doch danach hob und senkte sich seine Brust fast schon wieder regelmäßig. Langsam kam er wieder zu Sinnen. Zuerst hörte er die Vögel wieder, dann ihre Stimme. Sie bedankte sich bei ihm. Wofür auch immer, er hatte ihr doch gar nicht geholfen... doch noch war er zu benommen, um Widerspruch zu leisten. Doch anscheinend war auch sie wieder zu sich gekommen, denn ihr Schluchzen war abgeebbt. Verschwommen kehrte auch sein Augenlicht zurück, und er blickte direkt in ein Lächeln, dass sie ihm zuwarf. Auch wenn ihr ganzer Körper erschöpft wirkte, dieser Zug um den Mund brachte Jugendlichkeit in das schöne Gesicht zurück. Ihre Frage jedoch traf ihn unvorbereitet. Auch wenn er im Trösten nicht brillierte, so war er noch schlechter darin, von sich zu erzählen. "Mit mir? Es ist nichts, nur eine kleine Schramme. Braucht nur ein bisschen Zeit, um weiter zu heilen... Das wird schon wieder", erwiderte er, war sich jedoch nicht sicher, wen diese Worte eher beruhigen sollten - die Stute oder ihn selbst. Seine Illusion, Leorah, hatte davon gesprochen, dass man diese Wunde behandeln müsste, doch er kannte sich nur dürftig in der Heilkunst aus. Und Liesel, nun, sie schien genug eigene Sorgen zu haben, er wollte nicht eine von ihnen werden. Bisher hatte er sich immer allein durchschlagen können, das würde auch weiter funktionieren. Außerdem, waren Ratschläge von Illusionen nicht genauso ausgedacht wie sie selbst? Es gab wohl niemanden, der ihm diese Frage beantworten konnte.

Auch total mies geworden .__.
Celos » 26.04.2015, 03:33 » Die verwunschene Quelle #2

Liesel, die schlechte Lügnerin

Immer wieder hallte ihr Satz in seinem Kopf wider. "Wir haben uns noch nie getroffen." Einer von ihnen beiden schien nicht ganz bei Verstand zu sein, doch Celos war sich momentan nicht einmal sicher, wer. Fest stand, er hatte eine beachtliche Erinnerungslücke, vielleicht hatte er dabei auch einen Schlag auf den Kopf bekommen? Oder vielleicht war er auch gar nicht wach, und dies alles nur ein Traum. Er wusste, nichts von alledem war wahr. Dass er wach war, daran erinnerte ihn immerfort der Schmerz in seinem Bein. Und obwohl sein Kopf brummte, es war eins dieser verteufelten Pochen, welche irgendwo im tiefsten Inneren seines Schädels entstanden und sich langsam, wie ein Virus, in ihm ausgebreiteten, und bestimmt nicht von einem Zusammenprall stammen konnte. Stumm betrachtete er das Spiegelbild Leorahs neben ihm. Nein, sie ist nicht verrückt. Er wusste, würde er es sich nur lange genug einreden, so würde genau dies auch zur Wahrheit werden, und sein Gefühl, diese schreckliche Unsicherheit, übertrumpfen. Dies war kein Platz für Zweifel. Sein kleiner Gedankenspaziergang endete abrupt. Die sanfte, erschöpfte Stimme, in der sie zuvor mit ihm gesprochen hatte, war verflogen. Stattdessen wirkten ihre Worte angriffslustig, allerdings... auf eine gewisse Art auch defensiv. So als hätte sie ein Geheimnis, das er berührt hatte, ohne es zu wissen. Kurz taumelte der Braune, dann fand er seinen Stand wieder. Breitbeinig, sodass sich seine Hufe nun immer tiefer in den Uferschlamm gruben. Langsam, fast wie in Trance, hob er daraufhin den Kopf, starrte die Stute vor ihm jedoch nur mit einem ausdruckslosen Gesichtsausdruck an. Sie war wohl wütend, ja, so viel bekam er noch mit, aber ihre Worten konnte er einfach ausblenden, ein zaghafter Versuch, die harte Realität auszusperren. Er wusste nicht genau, was er falsch gemacht hatte, aber er wollte es auch gar nicht wissen. Er würde jetzt so tun, als höre er ihr zu, und sie dann später mit seinem Charme versöhnlich stimmen. Als sie jedoch ihren Namen aussprach, schnellten seine Ohren nach vorne. "Leorah." Fast schon hätte er über sich selbst gelacht, wie schnell er doch auf diese zwei Silben reagierte. Aus welchem Grund auch immer - denn es war sicherlich nicht bloß der Geruch von Rosse, der in der Luft lag, sondern noch etwas anderes - fühlte er sich zu der Stute ihm gegenüber seltsam angezogen. Mehr als von dem Großteil ihrer Art zuvor. Ihre Blicke trafen sich, und zum ersten Mal waren die Augen seines Gegenübers nicht ganz so leer wie zuvor. Nein, jetzt konnte der Hengst seine eigene Verwirrung in ihnen gespiegelt sehen, neben etwas anderem - es gelang ihm jedoch nicht, diesen zweiten Ausdruck einzuordnen. Und plötzlich stand noch etwas Zweites zwischen ihnen im Raum, wie eine Wand, die sich langsam aufbaute. "Ich heisse Liesel und nicht Leorah." Verständnislos blickte Celos die Schimmelstute an, wartete darauf, dass sie das Ganze als Scherz enttarnt. Nichts dergleichen geschah jedoch. Stattdessen trat sie näher, sah ihm in die Augen, und er war sich sicher: sie konnte ihn lesen wie ein Buch, für sie war es kein Geheimnis, was er dachte. Selbst wusste er es nicht. Nicht die leiseste Ahnung, was er von der ganzen Situation halten sollte, davon, dass er scheinbar verrückt geworden war. Er musste sich das vorherige Gespräch ausgedacht haben, ja, sogar eine ganze Identität. Leorah existierte nicht, stattdessen hieß die Schönheit vor ihm Liesel, und, wenn er es sich näher überlegte, hatte sie auch immer weniger mit seiner Illusion gemeinsam. Der Blick der Stute glitt über seinen Körper, taxierte ihn. Vermutlich versucht sie einzuschätzen, ob du gefährlich bist, alter Mann. War er das denn? Gefährlich? Wohl kaum, aber er hatte es bis vor kurzem auch nicht für möglich gehalten, dass er unter die Verrückten gegangen war - dementsprechend wenig vertraute er seiner eigenen Selbsteinschätzung. Zu welchem Schluss sie auch gekommen sein mochte, sie zeigte es nicht. Weder Angst noch Mitleid stand in ihrem Blick, stattdessen waren ihre Augen wieder dunkler geworden. Mit Erschrecken stellt er fest, dass sie mit den Tränen kämpft, und könnte sich im nächsten Moment für seine Worte bestrafen, klingen sie doch so kindlich und wenig maskulin. Er hätte sie anstupsen, vielleicht sogar vorsichtig beknabbern können. Eines dieser sinnlosen Gespräche anfangen können, die man gleich wieder vergaß, die aber irgendwie ihren eigenen Charme hatten. Vielleicht wäre er sogar besser im Wasser verschwunden, um sie mit ihren Gedanken für einen Moment alleine zu lassen. Alles wäre besser gewesen als die beiden Worte, die jetzt in den Blättern hingen: "Nicht weinen."
Celos » 06.04.2015, 01:44 » Die verwunschene Quelle #2

Liesel, das Double

Da sein Kopf schon wieder anfängt zu brummen, verschiebt der Braune sämtliche Überlegungen nach hinten. Wahrscheinlich hatte er sich auch nur getäuscht und ihre Augen hatten sich gar nicht verändert - obwohl, dessen ist er sich merkwürdigerweise sicher. Als hätte jemand ihr die Augen ausgenommen und durch neue ersetzt, schwarz wie die Nacht. Merkwürdig, aber wohl zunächst nebensächlich - er würde sie später fragen. Oder vielleicht lieber nicht? Eben diese Augen mustern ihn jetzt misstrauisch, fast herablassend, dessen ist er sich sicher, wenn er auch sonst nichts in ihnen lesen kann. Umso eifriger bemüht er sich, ihre Frage zu beantworten. "Oh, ja, sich-, nat-, aber ja doch", stammelt er, während vor Aufregung seine Zunge über die eigenen Worte stolpert. Einatmen, ausatmen, ruft er sich selbst ins Gedächtnis. Das hatte seine Mutter früher immer lächelnd gesagt, wenn er völlig außer Atem vor ihr gestanden hatte und ihr von seinen Heldentaten erzählt hatte - allen gleichzeitig natürlich! Nachdem er sogar zweimal tief Luft geholt hat, setzt er seine Erklärung fort. "Ja, natürlich kennen wir uns. Wir haben uns an der Quelle getroffen." Atmen. "Dann ist ein Gewitter aufgezogen, und wir haben nach Schutz gesucht", beendet er seine kurze Ausführung, wobei er großzügig darüber hinweg sieht, dass er keinen blassen Schimmer hat, was danach passiert ist. Sein Schwächeanfall war schon peinlich genug, ansonsten hätte er ihr natürlich zu Hilfe eilen können. Und dann wäre sie sicher nicht so übel zugerichtet worden. Erst als sie sich von ihm abwendet, wird er auf ein Detail aufmerksam, dass ihm vorher entgangen war. Sie hatte ihn hier gefunden, bewusstlos. Das kann nicht sein. Nein. Sie waren zusammen gegangen, oder? Er hatte das nicht bloß alles geträumt, nein, so alt war er nun auch wieder nicht, und auch nicht so verrückt. Wenn sich auch nicht viel hinter dem Stern auf seiner Stirn verbarg, seine sieben Sachen hatte er bisher immer beisammen gehabt. Verwirrt blinzelt er der Weißen hinterher, und hätte über einem Kopfschütteln - er musste aufhören, immer so kompliziert zu denken! - fast ihre Antwort überhört. "Hingefallen?", wiederholt er ihre Worte, und schon sein Tonfall macht deutlich, dass er weit davon entfernt ist, ihr zu glauben. "Glaub ich dir nicht", ergänzt er allerdings dessen ungeachtet. Noch einmal versucht er, sich aufzurappeln - seine Kehle ist schon ganz ausgedörrt, außerdem will er ihr wieder in die Augen sehen können. Auch wenn er nicht weiß wieso, er hat das Gefühl, dass der Schlüssel zu all diesen Unstimmigkeiten darin liegen muss. Wenig graziös und unter großen Anstrengungen kann er sich in den Stand hieven. Mehrmals ist sein linkes Bein unter ihm weggebrochen, bevor er schwankend auf drei Beinen steht, bis zum Bauch in Schlamm bedeckt. Alles um ihn herum dreht sich, und am liebsten würde er sich wieder hinlegen. Eigentlich, denkt er, waren die Schmerzen gar nicht so schlimm gewesen. Wenn er sich nur ein wenig ausruhen würde, würde die Wunde sicherlich von selbst heilen! Doch so sehr er sich auch am liebsten seinem inneren Schweinehund ergeben würde, er weiß, wenn er jetzt nicht stehen bleibt, steht er nie wieder auf. Also unterdrückt er den Drang und humpelt umständlich näher ans Wasser - nicht ohne immer wieder kleine Verweilpausen einzulegen. Schwer atmend betrachtet er schließlich ihrer beiden Spiegelbilder - die Stute neben ihm scheint vollkommen verloren darin, als wäre sie sich seiner Anwesenheit gar nicht mehr bewusst. "Leorah?", fragt er vorsichtig, zögernd, weiß nicht, ob er sie überhaupt aus der Traumwelt wecken sollte, in der sie sich offenbar befindet.
Celos » 28.02.2015, 01:39 » Die verwunschene Quelle #1

Die falsche Leorah alias Liesel



Ein Röcheln entweicht dem Körper des Braunen. Kurz flackern seine Augenlider, doch er hält sie noch geschlossen. Schon der kurze Blick ins Licht eben hatte sich angefühlt, als würde jemand seinen Schädel von innen mit einem Meißel bearbeiten. Er will sich wieder zurücksacken lassen, zurück ins angenehme Nichts der Bewusstlosigkeit, in dem alles gleich viel erträglicher scheint. Der Schmerz aus seinem Bein war verschwunden gewesen, die Wiesen saftig, Leorah gesprächig - kurzum, er hatte sich wohl gefühlt.
Leorah. Jetzt kommen langsam die Erinnerungen zurück, nicht bloß der Schmerz allein. Es schickt sich nicht, in Gegenwart einer Dame sich einzig zum eigenen Vorteil auszuruhen!
Trotzdem verweilt er noch kurz in seiner Tarnung, spürt ihren Atem ganz nah, eine kleine Berührung am Hals. Obwohl sein Stutenverschleiß schon lange nicht mehr so hoch war wie er es zu Junghengstzeiten gewesen war, er war lange allein gewesen. Die zärtliche Liebkosung spricht seine männlichen Instinkte deutlich an, wenn auch nicht nur diese. Nein, die Erkenntnis, dass sich nach langer Zeit wieder ein Pferd um ihn kümmerte, berührte auch sein Herz. Fast schon ungewohnt ist es, aber gleichzeitig weckt es schöne Erinnerungen, aus Zeiten, als er noch ein Anderer gewesen war, ein unschuldiges Fohlen.
Trotz den schönen Momenten aus der Vergangenheit, er besinnt sich nun darauf, langsam die Augen zu öffnen. Wieso liegt er überhaupt am Boden? Eingeschlafen war er nicht, auch wenn er sich nicht allzu genau daran erinnern kann. Sie hatten Schutz vor dem Gewitter gesucht, welches dann wohl auch sein Fell durchnässt hatte. Wann sie hier angekommen waren, was auf dem Weg passiert war, seine Lage - all das war ein großes Loch. Die Erinnerung fehlte ihm.
Mit einem letzten Flackern öffnen sich nun jedoch seine Augen. Mittlerweile haben sie sich an das Licht gewöhnt, das ihm vorher so gleißend erschienen war. Trotzdem brauchen sie noch eine Weile, bis sie die Schimmelstute vor ihm fixieren können. Zuerst erblickt er ihre Brust, sie steht dicht vor ihm und zieht gerade den Kopf zurück, vermutlich da sie den Erfolg ihrer Reanimationsversuche bemerkt hat. Er will gerade ansetzen, fragen, was ihm zugestoßen sei. Doch kein Gespräch ohne Augenkontakt, vor allem nicht bei einer Dame, so viel hatte man ihm damals noch beigebracht. Mit ihrem Anblick jedoch rückt jede Frage um das eigene Wohl in den Hintergrund. "Dein Gesicht!", ruft er entsetzt, völlig unbedacht, dass der Feind noch immer in der Nähe sein könnte. Erst, als die Worte schon seinen Mund verlassen haben, sickert es langsam zu ihm durch, dass sein Ausruf wohl nicht besonders intelligent gewesen war. Schon versucht er sich aufzurappeln, um ihr zumindest zur Seite stehen zu können, doch sein linkes Bein bricht unter ihm ein, noch bevor es völlig belasten kann. Er schlägt dumpf mit dem Brustkorb auf der Erde auf, wobei ihm eine Art stöhnendes Schnauben entfährt. Er belässt es bei diesem einen Versuch - ihm fehlt nicht nur die Kraft, es noch einmal zu versuchen, nein, er weiß auch, dass noch so viel Ehrgeiz ihn an dieser Stelle nicht weiter bringen werden. Somit begnügt er sich mit seiner misslichen Lage und hebt wieder den Kopf, um zu der Schimmelstute aufzuschauen.
"Sag, was ist passiert? Wer hat dich so zugerichtet? Droht noch Gefahr, müssen wir fliehen?", fragt er aufgeregt, während er gleichzeitig versucht, vom Boden aus die Lage zu sondieren, was sich jedoch ebenfalls als Herausforderung herausstellt. Frustriert gibt er den Versuch auf und mustert wieder die Stute vor ihm. Obwohl sie sich noch nicht lange kennen, er fühlt sich angezogen von ihr - und nicht nur von dem süßlichen Duft ihrer Rosse, der noch immer schwach in der Luft schwebt. Nein, da ist mehr, mehr als er es sich selbst erklären kann. Das ist eigentlich nicht seine Art!
Ihre Gesichtszüge scheinen seltsam vertraut. Und doch könnte er gleichzeitig schwören, dass sie sich verändert hat, ihre Augen... er kann es nicht benennen, aber etwas in ihren hat sich verändert, dessen ist er sich sicher.
Celos » 21.02.2015, 03:02 » Die verwunschene Quelle #1

Leorah, die Fremdenführerin



Der Rest der Reise verlief eher, wie er es erwartet hatte: ruhig und schweigsam. Durch das drohende Gewitter lag natürlich weiterhin eine gewisse Spannung in der Luft, aber einem Fremden würden sie wohl kaum direkt ins Auge springen. Viel mehr wirkten sie wie eine eigene kleine Herde, fand er. Ein Hengst und seine Stute. Und das gerade von ihm, dem Charmeur, dem Herzensbrecher, dem rastlosen Junggebliebenen der sich weder an Ort noch andere Lebewesen band. Es mag das Alter oder die Krankheit sein, aber es scheint mir, du wirst weise, bemerkte er in Gedanken.
Allerdings war natürlich nichts so, wie es auf den ersten Blick schien. Viel mehr waren sie zwei unabhängige Wesen, verbunden durch – was? Mitleid? Hilfsbereitschaft? Güte? Er wusste es nicht, zumindest nicht, was die Motive der Stute anging. Die Suche nach Gesellschaft war es wohl eher nicht, und auch nicht nach Sicherheit. Leorah schien nicht auf einen starken Beschützer an ihrer Seite angewiesen zu sein – er momentan schon eher. Der Stolz, der ihn früher in so manch brenzlige Situtation geleitet hat, blutet. In ihm strebt das Verlangen, stark zu sein, maskulin, nicht schwächlich und verletzlich, wie es die Umstände ergeben hatten.
Während die Stute vor ihm mühelos den Weg zu finden scheint, bereitete ihm schon die Verfolgung Probleme. Ab und zu geriet er ins Straucheln, wenn er mit dem verletzten Bein auf eine Wurzel trifft, spürte hier ein Ziehen, dann wiederrum fing die Wunde an zu brennen. Je weiter sie laufen, desto weniger bekam er noch von seiner Umwelt mit. Konzentriert starrte er auf den rhtymisch vor ihm wippenden Schweif, und als selbst das zur Herausforderung wurde, einfach bloß auf seinen eigenen Atem. Ein, aus. Ein, aus. Schritt für Schritt, jeder führt näher zum unbekannten Ziel.
Fast meinte er schon, sie aus den Augen verloren zu haben, aber es war eher eine allgemeine Benommenheit, die jetzt auch sein Sehfeld einschränkt. Die Lücke war dennoch größer geworden, Zweifel ausgeschlossen. Einige hastige Schritte machte er, strauchelt erneut, denn Rhytmus und Schrittfolge boten jetzt gemeinsam keinen Halt mehr, sondern brachten nur Chaos in seinen Bewegungsablauf. Die Stute vor ihm, die anscheinend auf ihn gewartet hatte, verharrte weiter, bis er wieder zu ihr aufgeschlossen hatte, und beantwortete derweil seine Frage. Zwar nimmt er war, dass sie wohl gesprochen haben muss, doch die einzelnen Wörter ließen sich einfach nicht zu einem Satz zusammenfügen. Deshalb nickte er einfach nur und brachte das Konversation somit zum Erliegen, aber die Vorwärtsbewegung beanspruchte noch immer seine gesamte Aufmerksamkeit. Ein, aus. Ein, aus, aus.
Mit einem Anflug von einem Lächeln schritt sie wieder voran, bis sich ihre Schritt auf einmal verlängerten. Etwas musste ihre Aufmerksamkeit erregt haben, wenn auch er spürt, dass sich etwas verändert hatte, seit sie stehen geblieben war, er konnte es nicht benennen. Ob dort eine Gefahr lauerte? Dann sollte sie fliehen. Ihn und sich selbst zu verteidigen, das wäre unmöglich zu schaffen für eine Stute wie sie. Und er war schließlich schon angeschlagen, eine weitere Verletzung setzte seinem Leben vielleicht ein Ende, was er in Anbetracht der momentanen Qualen sogar als Erlösung betrachtete. Ein, aus.
Kurz darauf hat er jedoch endlich ebenso die Stelle erreicht, an der Leorah stehen geblieben war. Keine Gefahr war der Grund für ihr Halten, sondern eine Lichtung – sie waren also tatsächlich am Ziel angelangt. Ein. Aus.
Danke“, richtete er das Wort an sie, nachdem er sich kurz die Zeit genommen hatte, wieder zu Atem zu kommen. Das verletzte Bein belastete er gar nicht mehr, trotzdem spürte er das Pochen, das von der Wunde ausging. Sie hatte doch gesagt, dass sie sich mit Heilkräutern auskannte – nicht? Ist dies nun Glück im Unglück, oder Schicksal? Eigentlich will er ihr noch mehr sagen, gar eine kleine Rede schwingen. Er holt einmal tief Luft - das tiefe Rasseln, das seinen Atemzug begleitet ignoriert er. Um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen, wölbt er stolz die Brust auf. Prächtig steht er da, ein Koloss gegenüber der zierlichen Gestalt der Stute.

Schmerz. Plötzlich ist da nur noch Schmerz, der Himmel stürzt hinab, der Boden greift ihn an, seine Beine versagen den Dienst. Mit einem dumpfen Prall berührt sein Rumpf die Erde, die Augen verdrehen sich, in ihnen spiegelt sich zeitweilig das Weiße. Mittlerweile starren sie nur noch ins Leere, fixieren einen Punkt den niemand sonst kennt. Ein paar Mal zucken seine Beine noch, dann rührt sich der Braune nicht mehr. Trotzdem wird jedes geübte Auge erkennen können dass er keineswegs tot ist, nein. Nur ein Schwächeanfall, der vermutlich der eiternden Wunde zuzuschreiben ist, ein Aufbäumen des Körpers gegen den Stolz.

Miep .___. Dafür, dass es so lange gedauert hat gibt es keine Entschuldigung. Es tut mir so unendlich leid, dass ich dich so ewig habe warten lassen :c
Edit: es hat wirklich lange gedauert ;D
Celos » 31.07.2014, 15:11 » Die verwunschene Quelle #1

Leorah, die Geheimnisvolle



Das Gewitter, das die Spannung in der Luft schon seit einer Zeit angekündigt hatte, sendet nun die ersten Blitze und ferne Donnergrollen. Regen hat noch nicht eingesetzt, doch Celos weiß, dass auch das nicht lange ausbleiben wird. Die Quelle ist malerisch gelegen, jedoch kein guter Unterschlupf, so ungeschützt und zudem noch nah am Wasser. So ist er auch auf die Worte der Fremden vorbereitet, schließlich hatte er nur auf ihr Zeichen gewartet. Da sie scheinbar eine Vorstellung von einem Ort zu haben schien, an den sie ihn bringen wollte, fand er es nur gerecht ihr die Führung zu überlassen. Außerdem kannte er die Gegend nur flüchtig aus vergangenen Jahren.
Auf ihre nächsten Worte ist er jedoch nicht vorbereitet gewesen. Er hatte vermutet dass es eine schweigsame Reisen werden würde, allenfalls unterbrochen durch seine Versuche ein Gespräch anzufangen. Doch dass sie ihm zuerst ihren Namen verraten würde, darauf war er nicht gefasst gewesen. Überrascht schaut er auf, gerade rechtzeitig um noch ein müdes Lächeln auf ihren Lippen verschwinden zu sehen. Es wirkt unbenutzt, als hätte sie seit Langem diese Geste nicht mehr verwendet. Er versucht gar nicht, das Lächeln, dass sich auf seine Lippen stiehlt, zu unterdrücken. "Die Freude ist ganz meinerseits. Mich hat man Celos genannt", stellt er sich galant vor, und richtet sich stolz auf. Auch durch den aufwallenden Schmerz trüben sich seine Augen nur kurz - tief saugt er ihren süßlichen, und doch gleichzeitig herben Rosseduft ein, der jeden Schmerz betäubt.
Auf ihren Vorschlag, nach einer Lichtung zu suchen, antwortet er mit einem Nicken. "Zwar kenne ich die Gegend nicht besonders gut, aber ich habe gehört dass der Wald hier recht licht ist. Wir sollten gute Chancen auf einen sicheren Zuschlupf haben, besser als anderswo im Tal."
Er begegnet ihrem Blick. Unergründlich. Das ist der Gedanke, der ihm durch den Kopf schiesst. Oft hatte er das Gefühl, die Gedanken der Stuten, die ihm begegnet waren, zumindest erahnen zu können, doch sie war anders. Gleich ihrem Duft scheint sie zwar zerbrechlich, doch sie hat etwas Kämpferisches, fast schon Maskulines. Alt kommt sie ihm nicht vor, trotzdem erfahren. Sie tritt auf, als wüsste sie, was sie täte. Er kann nicht anders, als sich zu wundern, wer sie gelehrt hat. In der Herde seines Vaters waren die Stuten zwar selbstbewusst gewesen, aber nur in der Sicherheit des Herdenverbands. Nie hätte sich eine so weit von der Herde gewagt, nicht alleine, nicht so selbstbewusst.
Er schüttelt den Gedanken an seinen Vater aus dem Kopf. Es bringt ihn nicht weiter, jetzt Hass zu schüren. Stattdessen sucht er nach einer Frage, nicht allzu persönlich, aber trotzdem interessant genug, um eine Konversation am Laufen zu halten. Nach einer Weile entschließt er sich dann doch, sie nach ihrer Geschichte zu fragen. Die Entscheidung, wie viel sie ihm erzählen würde, läge somit immer noch bei ihr. Er hofft darauf, dass sie ihm damit auch die Antworten auf einige seiner Fragen geben würde. "Und du? Du scheinst dich hier im Tal auszukennen, wurdest du hier geboren?""
Tatsächlich hatte sich der Schmerz in seinem Bein nun sogar etwas gelegt. Vielleicht hatte er sich einfach inzwischen so sehr daran gewöhnt, oder das Wasser der Quelle doch seine Wirkung gezeigt. Doch eigentlich war er sich ziemlich sicher dass es mehr an etwas anderem lag - der Mischung aus dem Adrenalin im Blut und ihrem Geruch in seinen Nüstern.
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