Stillreich » Das Tal » [NP] Die Insel
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Oona ♥



Nur zu gerne würde Ruao wissen, was in ihr vorging. Doch er sah ihr ins Gesicht und konnte nicht einmal erahnen, was sie dachte oder wie sie sich wirklich fühlte. Es hatte mal Zeiten gegeben, in denen das anders gewesen war. Doch diese waren gefühlt schon Ewigkeiten her - und ungreifbar weit weg.
Du scheinst mir sehr beschäftigt. Überrascht sah er hoch; trug dabei kurz ein mattes, bitteres Lächeln auf den Lippen. "Ich schätze, das täuscht." Nur zu gerne wäre er so sehr beschäftigt, dass er keine Zeit für anderes hätte. Keine Zeit zum nachdenken, oder zum (ver)zweifeln. Doch egal, wie krampfhaft er genau diese Beschäftigung suchte - er wurde nicht fündig. Nicht einmal die Herdenleitung verschaffte ihm den gewünschten Erfolg; im Gegenteil. Er hatte das Gefühl, seither noch mehr an sich und seinem Leben zu (ver)zweifeln. Ich möchte dich nicht erneut verletzen. Ruao nickte stumm, hätte ihr gerne gesagt, dass es ihn jetzt gerade viel mehr verletzen würde, wenn sie gehen würde. Doch diese Schwäche konnte und wollte er weder sich selbst noch ihr eingestehen. Es würde ihn nur noch verletzlicher machen, als er es ohnehin schon war.
Es wurde augenblicklich still zwischen ihnen. Das Schweigen breitete sich schneller zwischen ihnen aus, wie ein loderndes Feuer es für gewöhnlich tat. Und das, obwohl da eigentlich noch so vieles sein müsste, was sie sich zu sagen hätten. Doch das meiste würde vermutlich für immer ungesagt bleiben; so war es viel zu oft im Leben. Ruao hatte erkannt, dass man gewisse Dinge nicht ändern konnte, egal, wie sehr man es auch wollte. Das war der Lauf des Lebens.
Es war eine schöne Zeit. Aber sie ist vorbei. Ihre Worten trafen ihn vollkommen unvermittelt; der Norweger blinzelte angeschlagen. Was sie sagte, wahr wohl wahr - doch es tat unfassbar weh, es aus ihrem Mund zu hören. So sachlich und nüchtern. So gefasst. Bis gerade eben hatte Ruao gedacht, er hätte das ebenfalls bereits angenommen und akzeptiert - doch jetzt wurde ihm bewusst, dass die Wunde so frisch und schmerzhaft war, dass sie nicht einmal annähernd verheilt sein konnte. Es fühlte sich noch genauso schlimm an, wie früher. Im Prinzip hatte sich nichts verändert. Er hatte die ganze Zeit gehofft, dass sie irgendwie noch eine Chance hätten. Dass sie es irgendwie wieder hinbekommen würden. Dass alles gut werden würde, eines Tages. Wie unvernünftig von ihm.
Aber, ging es Oona nicht ähnlich? Sie hatte so verletzt gewirkt, als sie es laut ausgesprochen hatte. Bildete er es sich nur ein, oder litt sie darunter mindestens genauso sehr, wie er? Hoffte sie vielleicht auch, dass es doch noch nicht vorbei war? Dass das noch nicht ihr Ende gewesen war? Sein Herz setzte kurz aus, nur, um dann umso schneller wieder loszustolpern. War das alles nur Wunschdenken, oder könnten sie es tatsächlich schaffen? Eigentlich hatte es nie etwas gegeben, was sie nicht zusammen geschafft hätten. Früher hatten sie sämtliche Herausforderungen gemeinsam gemeistert. Zusammen waren sie unschlagbar gewesen; und unfassbar stark.
Es hätte ein Neuanfang sein können. Der Falbe seufzte schwer. Natürlich hatte Oona recht - es hätte in der Tat so etwas wie ein Neuanfang sein können. Doch er war nicht bereit gewesen; und er war es noch immer nicht. Vielleicht würde er es auch nie sein. Er konnte und wollte einfach nicht abschließen. Nichts würde ihn jemals auch nur ähnlich glücklich machen, wie das Leben, welches hinter ihm lag. "Ja, das hätte es sein können. Doch das ist es nicht. Nicht für mich," erhob Ruao seine Stimme, war selbst erstaunt, wie belegt diese klang. Für diesen Moment war es ihm unmöglich, stark zu bleiben. Die Schwäche brach über ihn herein, wie ein Gewitter nach einem schwülen Sommertag. "Ich kann mein neues Leben nicht genießen weil ich immerzu nur an das Leben denke, dass ich mal hatte." Und welches er sodann auf schmerzliche Art und Weise verloren hatte. Er lebte ausschließlich in der Vergangenheit, nicht in der Lage, sich der Gegenwart zu öffnen. "Und das war so viel besser."
Es berührte ihn, dass Oona laut aussprach, dass er Glück verdient hatte. Es bedeutete ihm viel, dass sie noch immer eine hohe Meinung von ihm hatte - trotz allem, was zwischen ihnen vorgefallen war. Das bewies ihm wieder einmal, wie echt ihre Liebe doch gewesen war. Wie echt und einzigartig. "Nein, ich habe niemanden an meiner Seite," fügte er leise hinzu, wagte es nicht, ihr dabei in die Augen zu sehen. Nur zu gerne hätte er ihr gesagt, dass er niemanden an seiner Seite wollte. Dass an seiner Seite immer nur ein Platz für sie war; für niemanden sonst. Und diesen Platz würde er vermutlich für immer freihalten - einfach, weil niemand jemals Oonas Stellenwert einnehmen könnte. Niemals. "Da wäre niemand, den ich an meiner Seite haben wollen würde." Abgesehen von dir. Wie immer blieb das womöglich Wichtigste ungesagt.
Ruao traute sich nicht, ihr die Gegenfrage zu stellen. Die Frage, ob sie jemanden gefunden hatte, den sie in ihr Leben und ihr Herz gelassen hatte. Er fürchtete sich zu sehr vor ihrer Antwort, hatte Angst, dass sie bejahen würde. Denn obwohl er wusste, wie unvernünftig es war: es würde ihm das Herz brechen. Selbst nach all der Zeit würde es zerstören, wenn er wusste, dass sie jemanden anderen liebte.
Erträgst du es nicht wegen dem, was mit uns war? Oona hatte leise gesprochen, kaum hörbar. Eine nahezu erstickte Frage, die jedoch in voller Lautstärke in ihm nachhallte. "Das einzige, was ich nicht ertrage ist, dass das zwischen uns war." Ruao war überrascht, wie offen und ehrlich sie miteinander sprachen. Und wie ruhig sie blieben. Das hatten sie die letzten Male nicht geschafft - es war lange her, dass sie in der Lage gewesen waren, offen über sich zu sprechen. "Erträgst du es?" fragte er sie ebenso leise, wie sie zuvor ihn. Ebenfalls eine Frage, deren Antwort er fürchtete. Was, wenn sie es ertrug? Was, wenn Oona stärker war als er? Er ertrug es nicht, dass er sie verloren hatte. Und er würde es auch niemals ertragen können.



20.10.2018, 21:14
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Ruao



Oona fühlte sich verloren. Nun war ihr größter Wunsch, sich bei Ruao zu entschuldigen und ihn ein letztes Mal sehen, in Erfüllung gegangen. Doch Oona konnte keine Erleichterung empfinden. Ihr blieb nichts. Sie war ausgelaugt und wollte nicht mehr. Wieviel zeit würde wohl vergehen, bis sie es entgültig nicht mehr ertrug? Bis sie endlich genug Stärke besaß um ihren erbärmlichen Leben ein Ende zu setzen?
Sie war immer noch schwach, keines Hengstes würdig. Am allerwenigsten Ruao. Dieser verdient jemanden an seiner Seite, der zu ihm stand und nicht nur zur Last fiel. Wie gut, dass Oona sich damit sofort selbst disqualifizierte, bevor sie sich noch Hoffnungen machte, die sie nicht erfüllen könnte.
Achso. Naja, ich möchte auch deine Ruhe nicht stören. Du bist sicher nicht hier, um an mich und unser Drama erinnert zu werden. Oona stockte. Hatte sie damit erneut zu viel gesagt? Sie ertrug den Schmerz in Ruaos Augen nicht. Immer wieder trieb sie ihn von sich weg, verletzte ihn. Wieso konnte sie das nur so gut? War er nur aus Pflichtbewusstsein bei ihr geblieben? Vielleicht war er innerlich auch froh gewesen, sich nicht länger mit ihr abgeben zu müssen. Hatte er sie immer als Last empfunden und nur seine Pflicht getan?
Am Ende war es Oona, die zusammenzuckte. Er konnte es nicht genießen, weil er an die Zeit denken musste, die sie geteilt hatten? Hatte er noch immer die schrecklichen Bilder von Oonas Fehlgeburt im Kopf? Alles was sie zerstört hatte?
Dann es war es natürlich klar, dass er das neue Leben nicht genießen konnte. Die Brutalität der Aussage trieb sie erneut beinahe über die Klippen. Doch zumindest noch durfte sie nicht weinen. Sie wollte RUao nicht erneut zur Last fallen. Er würde ihr wieder helfen, dass tat er immer, doch es nervte ihn sicherlich nur. Das sie ohne ihn nicht klar kam und ihn erneut verfolgte.
Das alles war so eine schlechte Idee. Ein Hexenwerk, dass sie erfasst hatte. Dabei glaubte sie nicht einmal daran.
Erstaunt sah sie bei seinem Zusatz auf. Damals war alles besser? Hatte sie das richtig verstanden? Zustimmend nickte sie. Doch sie konnte nichts sagen. Was sollte sie auch sagen? Das es stimmte? Sie wussten beide, wie es geendet hatte.
Erleichterung erfasste sie, als er zugab, keine neue Stute an seiner Seite zu haben. Die Eifersucht zog sich wie eine zufriedene Katze zurück, doch nicht ohne Oona noch einem einen Ich habe es dir ja gesagt, blick zugeworfen zu haben.
Wie sehr sie Ruao vermisst hatte wurde ihr gerade erst wieder bewusst, nhun wo er neben ihr stand. Seit die Wut verschunden war, blieb nur die KRaftlosigkeit. Nur für einen Moment konnte sie sich davon erholen und sich Kraft aus ihrem Treffen ziehen. Doch das war falsch. Oona sollte gehen. Sollte einmal das richtige machen, bevor sie das Leben des Fjords erneut zerstörte.
Obwohl sie es gewusst hatte, zuckte sie bei seinen nächsten Worten zusammen. Er konnte sich also niemanden vorstellen, mit dem er zusammen sein wollte? Irgendwie ahtte sich Oona der Vorstellung hingegeben, dass es erneut zwischen ihnen passen konnte. Wie sehr wollte sie es, auch wenn der andere Teil von ihr wusste, dass sie es nie schaffen würden.
Sie hatte ihre Chance und hatte alles kaputt gemacht.
Oona ließ den Kopf hängen. Das war deutlich. Wie hatte sie sich nur so täuschen können? Hatte er ihr die ganze Zeit etwas vorgespielt? Selbst am Anfang? Sie wollte sich das nicht vorstellen.
Er war einfach ein zu guter Hengst, dass er sie so lange ertragen hatte.
Hab schon verstanden. Tut mir Leid, das du das so siehst. Das wusste ich nicht. Du... Du hättest es auch früher sagen können.  Am schluss brach ihre Stimme. Sie konnte es nicht glauben. wollte nur in ein Loch verschwinden und dort sterben. Selbst die schönen Zeiten wollten diese WOrte nicht zu heilen wissen.
Alles was sie bisher gedacht hatte war falsch.
Heute ist es schwer, aber ich würde es nie vergessen wollen.
Mit den Worten wandte sie sich ab. Sie ertrug es nicht. Alles was sie dachte war falsch. Er ertrug ihre gemeinsame Vergangenheit nicht. Wie hatte sie nur so flsch liegen können.
Sie konnte ihn nicht mehr ansehen.

 


Wörter: 768

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20.10.2018, 22:12
»Ruao
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Oona ♥



"if you love someone
and you're not afraid to lose 'em
you'll probably never love someone like i do"


Er hatte sich schon oft gefragt, wie sehr man sich selbst zerstören konnte. Wie weit man bereit war zu gehen, nur weil man sich selbst nicht mehr ertrug. Ruao hätte dabei aber nie für möglich gehalten, dass er sich eines Tages genau an diesem Punkt wiederfinden würde: nur einen Schritt vom Abgrund entfernt, der ihn mit Dunkelheit empfing und bereit war, ihn zu verschlingen. Und alles in ihm war bereit, den letzten Schritt zu gehen - das war das Erschreckende daran. Er hatte nichts mehr zu verlieren; das machte das Angebot so verlockend, den Wunsch so begierig. Der Norweger konnte kaum noch widerstehen; die Selbstzerstörung war ihm schon viel zu nahe gekommen, war Eins mit ihm geworden.

Und dann war da Oona: die Stute, die ihm den Spiegel vorhielt. Ihr ging es genau gleich. Sie hatten sich gemeinsam im "finden" verloren und sich dabei gegenseitig zerstört - wie unsinnig, wenn man es rückwirkend betrachtete. Sie hatten sich mehr geliebt, als alles andere auf der Welt. Gemeinsam waren sie stark, mutig und unbesiegbar gewesen. Sie hatten sich gegenseitig den Rücken freigehalten, sich aufgebaut, getröstet, zusammen gelacht, getrauert und egal wie schwer es war, sie waren sich immer treu gewesen. Im Prinzip war das dass Wertvollste was man besitzen konnte. Und sie hatten es besessen. Und schlussendlich verloren.
Es zerbrach dem Falben das Herz, Oona so zu sehen: von Selbstzweifeln und von Selbsthass zerfressen. Das hatte sie nicht verdient. Doch er konnte er nicht helfen, egal, wie sehr es wollte. Er hatte so lange versucht. Mit so viel Hingabe, Liebe und Verständnis. Die Stute war dafür allerdings nicht empfänglich gewesen - sie war nicht bereit gewesen, sich helfen zu lassen. Sie hatte im Selbstmitleid gebadet, ihn von sich gestoßen. Und auch wenn es Ruao so unsagbar schwer gefallen war, hatte er sie tatsächlich irgendwann aufgegeben. Heute bereute er das. Vielleicht hätte er einfach noch ein bisschen länger durchhalten müssen und dann wäre alles wieder gut geworden. Vielleicht wären sie dann heute wieder glücklich, hätten eine Familie und eine Heimat, in der sie sich wohlfühlen konnten. Vielleicht müssten sie dann heute nicht vor diesem Scherbenhaufen stehen, der sie drohte in die Knie zu zwingen. Weil sie keine Kraft mehr hatten, alleine weiterzumachen. Ruao verfluchte sich für all diese Gedanken, für alle diese Emotionen - er hasste, was das Leben aus ihm gemacht hatte. Er hasste, was er heute war.

Der Norweger begriff nicht sofort, dass Oona ihn falsch verstanden hatte. Sie interpretierte seine Worte komplett anders, als er sie gemeint hatte. Ruao erkannte dies erst, als er den Schmerz in ihren Augen sah - ihre Stimme hörte, die plötzlich noch belegter und verletzlicher wirkte, als zuvor. Es dauerte einige Augenblicke zu lang, ehe er es begriff. Und zu diesem Zeitpunkt hatte Oona sich bereits von ihm abgewandt, wollte gekränkt das Weite suchen. Genau diese Situation hatten sie schon so oft durchlebt - würde es denn nie enden? Würden sie endlich wieder einen Weg finden, eine Einheit zu werden? Früher hatten sie sich nie missverstanden; eher im Gegenteil: sie hatten stets ohne Worte genau gewusst, was in dem Anderen vorging. Immer.
"Oona, jetzt warte doch mal," rief Ruao der Konikstute nach und lief ihr hiflos nach. Ein Deja-Vu. Genau diesen Moment hatten sie schon tausendmal durchlebt - und dabei jedoch nie gemeistert. "Du hast das falsch verstanden!" beteuerte er entschlossen, nachdem er sie eingeholt hatte und ihr bestimmt den Weg versperrte. Sein Blick verankerte sich dabei fest in ihrem; der Schmerz, den er dort soeben hinterlassen hatte, sprang ihm dabei regelrecht entgegen. "Ich bereue nichts. Gar nichts. Das meinte ich so nicht." Ruao fand nicht die richtigen Worte, wusste nicht, wie er sich erklären sollte. Doch würde es überhaupt Sinn machen, sich zu erklären? Würde das noch irgendwas ändern können? Oona war so.. unnahbar geworden. Der Falbe hatte nicht mehr das Gefühl, zu ihr durchdringen zu können. Schon lange nicht mehr.
"Ich wollte damit sagen, dass das einzige, was ich in meinem Leben nicht ertragen kann, ist, dass ich dich verloren habe." Ruao hatte sein Herz noch nie gerne auf der Zunge getragen; es war ihm schon immer schwer gefallen, offen und ehrlich über seine Gefühle zu sprechen. Oona wusste von dieser Schwäche - und doch hatte sie es schon unsagbar oft geschafft, ihn aus der Reserve zu locken. Sie war der Grund für ihn gewesen, an dieser Schwäche zu arbeiten. Für sie hatte er sich gebessert. In so vielen Hinsichten. "Es gibt Nichts und Niemanden, den ich so sehr liebe, wie dich. Und ich würde einfach alles dafür geben, dass alles wieder so wird, wie früher. Als wir noch unzertrennlich waren. Als uns niemand etwas anhaben konnte. Als wir einfach nur glücklich waren. Ohne wenn und aber."

Wie konnte etwas, was einmal so einfach gewesen war, plötzlich so schwer sein? Ruao wünschte sich in diesem Moment nichts mehr, als eine Tür in die Vergangenheit. Er wollte einfach nur zurückgehen und all das Glück, die Zufriedenheit und die Liebe nochmals erleben. Wenn auch nur für einen Tag. Er wollte diesen Frieden zurück; aktuell herrschte in ihm nur Krieg. Er kam nicht mehr zur Ruhe; alles war so aufgewühlt und chaotisch. Der Hengst fürchtete sich vor dem Moment, in welchem er das nicht mehr ertragen konnte; was geschah dann? Zu was würde er bereit sein, wenn er sämtliche Grenzen überschritten hatte? Ruao war sich nicht sicher, ob ihm die Antwort gefallen würde.



22.12.2018, 23:34
» Oona


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Am Ende war ihr nichts geblieben. Heute stand sie alleine da, hatte alles verloren. Es war schwer auf etwas zu Hoffen, wenn jede Hoffnung bereits vor einem Jahr gestorben war. Als Ruao ging, starb auch der Rest von ihr. Zurück blieb die Wut und der Hass, weil Ruao irgendwann aufgegeben hatte. Oona konnte es verstehen. Heute. Doch nun blieb ihr nichts.
Ruao hatte sich ein neues Leben aufgebaut. Auch wenn es ihn nicht sonderlich glücklich machen zu schien, er hatte etwas, worauf er zurückblicken konnte. Was war ihr geblieben? Nie hatte sie sich so hilflos und schwach gefühlt.
Sie hatte alles besessen. Eine Liebe, ein Leben, eine gesunde Herde, Freunde. Nun stand sie da, in einem fremden Land, alleine und mit der Gefahr des Alleinseins im Nacken. Vielleicht hatte sie es verdient. Es war die Rache für ihre Selbstsucht und ihre Ignoranz. Dafür, dass sie den Traum vieler gelebt hatte. Nur kam es ihr heute viel zu kurz vor. Nur einen gefühlter Wimpernschlag später stand sie hier, mit Ruao auf der andren Seite. Diesmal war es kein stummes Verständnis, keine stille Absprache. Diesmal waren ihre Worte voller Missverständnisse.
War es Oonas Schuld? Doch was konnte sie heute noch tun. Sie musste einsehen, dass sie Ruao heute nicht mehr würdig war. Heute war alles anders, seit sie ihr Fohlen verloren hatten. Heute verdiente sie ihn nicht mehr, denn sie war zerbrochen. Er verdiente eine vollständige und gesunde Stute und niemanden, dem es immer wieder schlecht ging. Heute hatte sie einen guten Tag erwischt, um auf ihn zu treffen. Zumindest soweit man das bei ihrer Stimmung sagen konnte.
Deswegen fiel es ihr auch schwer zu gehen, doch sie würde Ruao und seiner neuen Liebe nicht im Weg stehen. Nicht mehr, denn sie sah ein, dass es so besser war. Ohne sie, war Ruao einfach besser dran. Niemand konnte sie mehr brauchen. Damals war es vielleicht anders gewesen, doch sie hatte immer in Ruaos Schatten gestanden. Nicht, dass es ihr etwas ausgemacht hatte. Dort hatte sie die Sicherheit gehabt, dass er immer hinter ihr stand, egal was geschah.
Wie sehr sie sich doch getäuscht hatte.

Erstaunt hielt sie inne, als Ruao vor ihr stehen geblieben war. Irgendwie war es wie damals, wo sie einander ständig aufgehalten hatten. Während Ruao für sie gekämpft hatte, hatte sie gegen ihm gekämpft.
Wie sehr sich das alles doch wiederholte. Es war erschreckend.
Ich bereue einiges Ruao. Und vielleicht ist das auch der Punkt. Es ist gut, dass du weitergemacht hast, denn es tut dir auf Dauer nicht gut, wenn du ohne eine Aufgabe bist.
Sie meinte jedes Wort ernst, wollte nicht, dass er wieder in ihr die Bremse sah, die ihn zurückhielt und ihm ein schlechtes Gewissen bereitete. Das war schon lange nicht mehr ihr Ziel. Im Gegenteil, sie wünschte ihm ein neues Leben, mit einem Fohlen und einer neuen Stute, die er liebte.
Erstarrt hielt sie die Luft an, als er die nächsten Worte sagte. Doch dann machte sie sich auch klar, dass es okay war. Es war auch für ihn eine Schlimme Zeit gewesen. Für beide.
Sie konnte es nicht verhindern, ihn voller Liebe anzusehen, die sie nach wie vor Empfand. Es änderte nichts, doch das war okay. Zumindest ein bisschen. Wenn sie es nur lange genug einredete.
Das verstehe ich und ich bin deiner Meinung. Ich freue mich auch jetzt noch, dich und deine damalige Herde kennengelernt zu haben. Es war die schönste Zeit meines Lebens. Nur mit Mühe unterdrückte sie den Wunsch, näher an ihn heranzutreten und ihn in die so vertraute Umhalsung zu schließen. Sie kämpfte, um ihre Hufe vor diesen Schritten abzuhalten. Ihr Kopf verstand das auch, doch ihr Körper wehrte sich heftig dagegen.
ich vermisse diese Zeit Ruao. Die Unbeschwertheit. Alles war so leicht. Wir gemeinsam. Doch wir haben keine Alternative mehr.
Sie konnte ihn nicht mehr ansehen, ohne in Tränen auszubrechen. Die Alternativen hatte es gegeben. Die ganze Zeit über. Bis zu ihrem ersten Treffen im Stillreich, wo sie auf ihn losgegangen war. Doch selbst da war er ihr noch beigestanden, als sie sich verletzt hatte.
Sie musste tief durchatmen, um die Trauer herunterzuschlucken. Sie lauerte an der Oberfläche, bereit, jeden Moment über sie hinwegzufegen.
ich liebe dich auch. Damals wie heute. Doch nichts wird wieder wie früher. Die Vergangenheit liegt hinter uns und wir können sie nicht mehr ändern. Keinen Fehler und keine richtige Entscheidung.
Sie wusste nicht, ob sie die Zeit von damals noch einmal erleben wollte. Nicht wo sie wusste, wie es geendet hatte. Wie sie zerbrochen waren und alles verloren hatten.
Heute hatte Ruao eine neue Partnerin an seiner Seite. So weh es auch tat, sie wollte es ihm gönnen, auch wenn die Eifersucht sie zerfraß.
Sie verstand die widersprüchlichen Worte nicht, doch vielleicht liebte er die Erinnerung an damals. Oona tat es. Doch wieso sagte er, dass er sie liebe? Vielleicht hatte er sich versprochen. Es musste ganz sicher so sein.

Bevor sie ein Paar geworden waren, waren sie zuerst Freunde gewesen. Vielleicht konnte sie wenigstens das sein, wenn seine neue Liebe dies erlaubte, auch wenn es Oona noch weiter zerstörte.
Wie ist sie denn so?, versuchte sie es fröhlich klingen zu lassen, was ihr gründlich misslang.
Sie wollte Ruao ablenken und auf andere Gedanken bringen. Er sah nicht sehr gut aus, müde und erledigt. Aber das war wieder einmal nur ihre Schuld, also musste sie über ihren Schatten springen.


Wörter: 937

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04.01.2019, 15:01
» Cesare


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Illium



Nachdem er sich von Rasha verabschiedet hatte, erkundete Cesare zunächst das Tal für sich. Zu seiner Beruhigung waren ihm einige Strukturen bereits vertraut - der zentral gelegene See etwa - und noch viel wichtiger: die Gebäude der Menschen schienen lange verlassen zu sein. Gut. Der Goldene wollte dieser Spezies gerne aus dem Weg gehen.
Während der Ebbe betrat er das, was in wenigen Stunden eine Insel sein würde. Abgesehen von ihm schien gerade niemand hier zu sein. Auch gut. Das gab ihm Zeit, genau das zu tun, weswegen er hergekommen war: nachdenken. Ãœber sich selbst nachzudenken klang für den Geschmack des Konsuls viel zu esoterisch. Sich selbst finden zu wollen und all dieser Blödsinn gehörte eigentlich eher ins Repertoire eines scheinheiligen Kultführeres als in das eines Politikers.
Doch diese elendige Frage hatte ihn in seiner Heimat nicht mehr loslassen wollen: wer war er, wenn man seine politische Vergangenheit ausblendete? Wäre er so geworden, wie er war? In Italien oder Free Horses meinten die Leute ihn als abgebrühten Machtpolitiker zu kennen. Was nicht falsch war, Cesare hatte mehr als eine Intrige durchgestanden und war in mehr als einem Komplott selbst beteiligt gewesen.
Es gab jedoch noch die andere Seite. Jene, die er gerne verdrängen oder am besten gleich für immer wegsperren würde. Er erinnerte sich noch an den Jungen, der er einst gewesen war. Jener war weit von dem perfekten Pokerface, welches für den Politiker so lebensnotwendig gewesen war, entfernt. Sein Leben war nicht geprägt von der Kontrolle, welche mächtigen Hengsten zugestanden wurde. Im Gegenteil, er war vielmehr... Opfer - Cesare verabscheute jenes Wort und wollte es eigentlich nicht mit sich in Verbindung bringen - jener Mächtigen gewesen.
Ohne den Krieg, den seine Mutter noch vor seiner Geburt begonnen und letztlich verloren hatte, wäre er nicht als politische Geisel in der Monarchie aufgewachsen. Kein Irrer König, arrogante Aristokraten und vor allem kein psychotischer "Ziehbruder" und kein Secundus Severinus.
Secundus Severinus... niemand mochte das Leben des jungen Goldenen wohl so geprägt haben wie sein unfreiwilliger Ziehvater. Das Wort "Kindheitstrauma" klang in Cesares Ohren lächerlich, doch...
Der hochgewachsene Achal Tekkiner schluckte. Selbst als Erwachsener würde man den Anblick von Pferden, die von Wölfen zerfleischt werden und den Schreien der Gefolterten nur schwerlich wieder los werden. Er selbst hatte kaum sprechen gelernt, als Severinus meinte, ihm jene grausame Welt zeigen zu müssen. Abhärtung. Abgestumpft hatte es ihn wohl. Der kleine Junge war so voller Angst gewesen, dass seine Psyche damit wohl nicht mehr hatte umgehen können. Alle seine Gefühle, diese Schwäche, hatte er lange in sich vergraben. Erst recht nach Celias Tod war es nur leer und kühl in seinem Inneren gewesen.
Andere hätten jenen Umstand bedauert. Was Cesare nervte war jedoch, dass diese verdammten Emotionen sich nicht mehr einsperren lassen wollten. Das perfekte Pokerface fing an zu brökeln. Immer öfter schlich sich stattdessen ein Lächeln auf seine Lippen. Das behagte ihm überhaupt nicht. Es fühlte sich schlicht falsch an, etwas zu fühlen. Es war Schwäche, dass wusste Cesare, doch keine, die er noch länger kontrollieren konnte. Warum konnte ihn sein Inneres nicht in Ruhe lassen mit diesem unnützen Zeug? Als analytischer Anführer wäre er nicht nur weiterhin in ihm viel vertrauteren Gefilden geblieben, sondern auch ein deutlich effizienterer Konsul als jemand, der plötzlich einen Selbstentdeckungstripp hatte. Er wollte nur, dass dieser dumme Spuk bald ein Ende fand und er wieder normal wurde, um als Konsul zurückkehren zu können.
Der Vollblüter drehte sich um, um diesen Ort wieder zu verlassen. Entgegen seinen Erwartungen stand dort bereits plötzlich jemand. "Seid gegrüßt", grüßte Cesare halb aus Reflex. Vermutlich stand der andere dort noch nicht lange. Selbst wenn, seine Gedanken waren dem Fremden ohnehin verborgen geblieben. Dennoch fühlte er sich beinahe peinlich berührt, in einem solchen Moment der Schwäche "erwischt" worden zu sein.


Wörter: 677

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13.01.2019, 19:09
» Illium
BLUEBELL

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Cesare



Illium schloss die Augen und atmete tief ein. Halo hatte recht behalten. Der Glaube in sich selbst stärkte ihn, gab ihm die Kraft weiterzumachen und sich seinen Verpflichtungen zu stellen. Die Alpträume schwanden nicht, verfolgten ihn noch immer als haben sie ihm etwas Wichtiges aufzutragen, doch er schaffte es mittlerweile Dmitri ins Gesicht zu blicken, ohne zurückzuzucken, wie ein getretenes Jungtier. Schuldgefühle vermochten es noch immer ihm den Atem zu rauben, doch sie lähmten ihn nicht länger. Dank Halos aufbauender Worte und der tröstenden Nähe, die seine Freunde ihm spendeten. Doch so dankbar er seinen Liebsten auch für ihre Unterstützung war, das Gespräch mit Galen verfolgte ihn, erinnerte ihn immer und immer wieder an das, was vor ihm lag. In jener kalten Winternacht hatte er so ruhig und fest entschlossen gewirkt. Er hatte sich selbst damit überrascht, wie fest seine Stimme an jenem Abend geklungen hatte. Doch wie üblich wich seine Entschlossenheit den Zweifeln. Doch gab es einen anderen Weg? Einen einfacheren? Er musste sich den Corvus Corax stellen und Seelendieb um sein Wohlwollen bitten. Ohne zu zögern hatte Illium Galen bestätigt, dass er das Risiko eingehen würde. Die Adoyan Enay benötigten jeden Verbündeten, den sie bekommen konnten. Faithless hatte bereits unter Beweis gestellt, wie weit er bereit war zu gehen, um sie untätig zu machen und obwohl der Wiederaufbau ihrer Gemeinschaft gut funktioniert hatte, spürte man nach wie vor noch die Wunden, die Raphaels Verlust hinterlassen hatte. Illium schluckte schwer und ignorierte die Erinnerungen an einen lang verlorenen Freund, die drohten ihn zu überwältigen. Vielleicht würde er bald sterben. Der Engel neigte den Kopf in die Richtung, in welcher das Gebiet der Corvus Corax lag. Er hatte nur eine einzige Chance, aber er würde alles für jene tun, die bereit waren, sich ohne zu zögern für ihn in den Kampf zu stürzen.

Illium konnte jedoch nicht leugnen, dass er die Planung der Reise etwas vor sich hergeschoben hatte. Dabei ignorierte er die fragenden Blicke seiner Engsten und das böse Omen, welches sich über den Adoyan Enay zusammenbraute wie eine sich bald ergießende Sturmwolke. Die Corvus Corax waren mächtige Verbündete, aber ebenso grauenhafte Feinde. Illium konnte nicht versichern, dass der mächtige Rappe an ihrer Spitze bereit war sich im Ernstfall hinter sie zu stellen. Er konnte nur hoffen. Im schlimmsten Fall würde er nicht zurückkehren, aber er vertraute Dmitri, wusste, dass er im Ernstfall das weiterführen würde, was er angefangen hatte. Kopfschüttelnd breitete der Schecke seine prachtvollen Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte. Er hatte noch genügend Zeit sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Später. Illium schloss die Augen und genoss den Wind unter seinen Flügeln, wie die Wolken die Spitzen seiner Schwingen küssten und das Gefühl von Freiheit, welches sein Herz schneller schlagen ließ. Eigentlich hatte Illium vorgehabt zu den anderen zurückzukehren und endlich mit Dmitri über die momentane Lage zu sprechen. Stattdessen blieb sein Blick an einem stattlichen Hengst hängen, dessen Leib beinahe golden in dem untergehenden Licht der Sonne erstrahlte. Ihm haftete der faulige Geruch, der den Anhängern des Fahlen beiwohnte nicht an und er durchschritt das Tal nicht mit derselben Selbstsicherheit, wie es die von Magie berührten Kreaturen taten. Ein Sterblicher.

Ein kaum erkennbares Lächeln ließ Illiums Mundwinkel nach oben zucken und ehe er sich versah, landete er so leise wie möglich hinter dem Fremden. Die letzten Wochen hatte er sich zunehmend mit seinen Gefährten und engsten Vertrauten umgeben. Obwohl sie alle wunderbare Zeitgenossen waren, gab es eine Sache, welche ihnen allen fehlte. Der Charme der Sterblichen. Sanft lächelnd legte Illium den Kopf schief und musterte den Fremden, wie er gedankenverloren gen Horizont schaute. Wie er die Welt wohl wahrnahm? Sein Leben erschien wie ein flüchtiger Augenblick und dennoch kosteten die Sterblichen ihr Leben vollkommen aus, während Illium beizeiten vollkommen das Ziel aus den Augen verlor. War es das, was einen am Boden hielt und vorantrieb? Der Ausblick auf das Ende? Der Goldene drehte sich um und Illium brachte ein zartes Nicken zur Begrüßung zustande. Er wusste, dass gerade er sich von den Sterblichen fernhalten sollte, sofern es sich nicht um eigene Herdenmitglieder handelte und dennoch konnte er der Versuchung nicht widerstehen. Die Neugierde trieb ihn vorwärts, spitzte seine Ohren und ließ seine goldenen Augen erstrahlen. ”Wollt Ihr vor der Flut das Festland erreichen, Fremder?” Der Schecke nickte zum Himmel, der begann sich in einem zart rosanem Ton zu färben. ”Ich fürchte Ihr habt die Zeit knapp verpasst.” Vermutlich hätte es der Goldene noch ohne große Probleme geschafft das Festland zu erreichen, hätte er sich nur beeilt, aber Illium kannte die Gezeiten, wusste, wie schnell sie sich gegen einen selbst richten konnten und er wollte nicht das dem anderen etwas zustieß. Nicht, wenn er dies verhindern konnte.


Wörter: 843

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ILLIUM, WITH HIS WINGS OF SILVER-KISSED BLUE
and a face designed to seduce both males and females, not to mention
his ability to do the most impossible acrobatics in the air,
would provide a worthy diversion.
13.01.2019, 21:06
» Cesare


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Illium



Als jemand, der die meiste Zeit seines Lebens seine Gefühle im Inneren vergraben hatte sowie als überzeugte Atheist aufgewachsen war, konnte man Cesare schwerlich esoterische Sensibilität unterstellen. Doch selbst er bemerkte, dass an dem Fremden etwas... anders war. Allerdings konnte er es nicht genau benennen. Er wusste lediglich, dass jener kurioserweise seinen Fluchtinstinkt ansprach, obwohl der Dunkle weder aggressiv noch bedrohlich wirkte. Zumal Cesare ohnehin notorisch schwer einzuschüchtern war. Angst vor einem Mafiaboss zu zeigen war die schnellste Möglichkeit, Werbung für seinen Rivalen zu betreiben. Zumal tatsächlich nach einer gewissen Anzahl an Begegnungen mit Persönlichkeiten jenes Kalibers ein gewisser Gewöhnungseffekt eintrat. Doch sollte man sich dennoch nie in Sicherheit wägen.
Allerdings beschloss der Konsul jene befremdliche Empfindung vorerst zu ignorieren, schrieb sie seiner bis eben noch zu emotionalen Stimmung zu. Doch die Anwesenheit des anderen Hengstes hatte den Effekt kalten Wassers gehabt - sie hatte Cesares Verstand wieder hergestellt. Egal, wie verschüchtert der Junge von damals gewesen sein mochte, nun war er Cesare. Ein Hengst, welcher sich mehrmals politisch unter Beweis gestellt hatte. Allerdings begann der Goldene zu ahnen, was ihn auf diese Reise getrieben hatte: unverarbeitete Kindheitstraumata. So banal und dumm dies auch klang. Aber dies war nicht die Zeit dafür.
"In der Tat", bestätigte er die Vermutung des anderen. Er fragte sich, was ihn als Fremden enttarnt hatte. Meist geschah so etwas über Kleinigkeiten in der Körpersprache oder Wortwahl. Wie dem auch sei, scheinbar hatte er endlich jemanden vor sich stehen, der mit dem Tal einigermaßen vertraut war.
Cesare hatte sich ein grundsätzlich Misstrauen gegenüber anderen angewöhnt. Allerdings konnte er nicht sehen, welchen Vorteil es dem Fremden gebracht hätte, in dieser Hinsicht zu lügen. Davon ausgehend, dass er kein Serienmörder war. Den Eindruck erweckte der Dunkle jedoch nun wahrlich nicht. "Dann dürften wir hier wohl eine Weile festsitzen." Außer sein Gegenüber wäre versessen darauf, hinüber zu schwimmen.
"In dem Fall ist es wohl nur angemessen, sich vorzustellen. Ich bin Ottaviano", log er. Jenen Namen hatte er bereits gegenüber Rasha benutzt. Vermutlich war es paranoid, doch womöglich war sein Name manchen selbst hier vom Hörensagen bekannt. Schließlich gab es genug umherwandernde Pferde, die von einem Tal zum nächsten gingen. Der Konsul wollte in diesem Tal schlicht nicht mit den Erwartungen, die man an ihn stellte, in Verbindung gebracht werden. Andersherum könnte so niemand närrisch anmutende Selbstfindungsgeschichten von Cesare dem Konsul verbreiten. Ottiaviano war dagegen ein unbeschriebenes Blatt, welches nicht auf seinen Ruf achten musste. Außerdem konnte er so dem Paradox entgehen, sich gleichzeitig den Standards und Verhalten, welche mit Cesare verknüpft waren, verpflichtet zu fühlen und jene gleichzeitig hinter sich lassen zu wollen, für diesen närrischen Selbstfindungstrip. Es war insgesamt ein seltsam befreiendes Gefühl.
"Geh ich recht in der Annahme, dass Ihr mit diesem Tal vertraut seid?"


Wörter: 497

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19.01.2019, 01:21
» Illium
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Cesare



Die Mundwinkel des Schecken zuckten nach oben. Natürlich. Der fremde Hengst war nicht der einzige, der sich nun für die nächsten Stunden auf diesem Stückchen Land zur Ruhe setzen musste. In den Augen des Goldenen war Illium auch nicht mehr als ein Sterblicher. Einige seiner Sippschaft hätte diese Annahme beleidigt, ja, vielleicht sogar erzürnt, aber Illium entspannte sich unter dem nichtsahnenden Blick beinahe. Für ein paar Abendstunden konnte er mehr sein, als das Wesen, welches die Adoyan Enay voll Inbrunst in den Krieg führte. Er war noch immer er selbst, aber ohne die Verantwortung die ihm an schlimmen Tagen den Rücken krümmte. Vergessen waren die blau silbernen Schwingen auf seinem Rücken und die Magie, die durch seine Adern pulsierte. Heute war er Illium, ein stolzer Leiter und Anführer, aber ohne den Krieg, der es vermochte diese Welt zu einem schrecklichen Ort zu machen. Galen hätte ihn für das Vorhaben seine gesamte Herkunft verleugnen zu wollen gescholten. Illium wusste, dass er nicht nachdachte, sich nach etwas sehnte, welches ihm in diesem Leben einfach nicht vergönnt war, aber Sterbliche hatten eine Auswirkung auf ihn, die sich nur noch mit purem Leichtsinn umschreiben ließ.


Es war eine Entscheidung, die er binnen Sekunden traf. Hierbleiben und für eine Nacht jemand sein, dessen Leben innerhalb von Minuten dahinzuschwinden schien, oder sich von der Insel entfernen und sich erneut als göttliches Wesen den nie enden wollenden Qualen des Lebens hingeben? Es war eine einfache Entscheidung. Eine, die er bloß heute Nacht treffen würde. Das schwor er sich. Begrüßend nickte er dem Goldenen zu, als dieser seinen Namen nannte. "Illium.”, stellte er sich mit einem zarten Lächeln vor. Ottaviano hatte einen wachsamen Blick. Kurzzeitig kam es dem Engel sogar vor, als würde das Augenpaar des Goldenen an seinen Flügeln haften bleiben, aber er schob diese Annahme auf einen Trugschluss seinerseits. Es war unmöglich, aber er musste wachsam sein. Ottavianos Wesen war das komplette Gegenteil von Naivität und Folgsamkeit. Er würde ihm nicht alles glauben, was aus seinem Munde drang und gewiss hinterfragen, was er als Tatsachen offenbarte. Wie aufmerksam der Hengst ihn tatsächlich gemustert hatte, fiel ihm jedoch erst auf, als dieser erneut das Wort erhob. "Geh ich recht in der Annahme, dass Ihr mit diesem Tal vertraut seid?" Illium hätte besorgt sein müssen, aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, war er bloß begeistert und ein klein wenig beeindruckt. Illium war nicht direkt naiv, aber es war anderen schon immer leichtgefallen, ihn an der Nase herumzuführen. Vor allem Sterbliche konnten ihn Dinge glauben lassen, die bereits allein mit dem nutzen des logischen Verstandes widerlegbar waren. Der Schecke zweifelte stark daran, dass dem Goldenen so ein Missgeschick passieren konnte. "Was hat mich verraten?”, lachte er und nickte dann zur Bestätigung. "In der Tat. Ich nenne dieses Tal schon sehr lange meine Heimat.” Illium wollte nicht darüber nachdenken, wie lange er bereits im Stillreich verweilte. Es handelte sich um keine allzu lange Zeitspanne, aber die Verluste, die sie erlitten hatten, ließen die vergangenen Jahre wie Jahrzehnte erscheinen. "Gibt es etwas, womit ich Ihnen helfen kann, Ottaviano?”


Wörter: 542

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ILLIUM, WITH HIS WINGS OF SILVER-KISSED BLUE
and a face designed to seduce both males and females, not to mention
his ability to do the most impossible acrobatics in the air,
would provide a worthy diversion.
20.01.2019, 16:15
» Cesare


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Illium



Der fremde Hengst irritierte Cesare nach wie vor. Jener schien so gewöhnlich und besaß doch eine Ausstrahlung, welche der Goldene nicht zuordnen konnte. Er hasste es, wenn er Leute nicht einschätzen konnte. Immerhin wagte er es zu behaupten, normalerweise die anderen schnell durchschauen zu können. Im Endeffekt waren viele Pferde nur eine leichte Abwandlung voneinander. Eine leichte Variation in der Vergangenheit, doch die Motive und Handlungsmuster ähnelten sich oft. Der Konsul konnte nicht ahnen, dass in diesem Fall ironischerweise sie beide selbst in jenes Gebiet fielen.

Illium also. Das konnte ebenso erfunden sein wie sein "Name" Ottaviano. Allerdings spielte es keine Rolle. Zumal sein Gegenüber eher einen seltsamen Hang zur Arglosigkeit zu haben schien. Obwohl Cesare nach wie vor dessen Ausstrahlung noch nicht ganz einordnen konnte. Ein Grund, umso wachsamer zu sein. Schließlich verstanden es gerne auch gerade die gefährlichsten Individuen, sich als arglose Unschuldslämmer zu tarnen.

Die Bestätigung seiner Vermutung hatte er erwartet. "Dass Ihr mich als Fremder angesprochen habt war ein mögliches Indiz, jedoch noch nicht ausreichend. Ihr wusstet jedoch um die Gezeiten dieses Ortes Bescheid und bewegt Euch wie jemand, der nicht zum ersten Mal hier ist." Die Kleinigkeiten, an denen man letzteres erkannte, ließ der Goldene jedoch bewusst aus. Man verriet schließlich nicht solch nützliches Wissen an Wildfremde. Im allgemeinen aber brauchte es schlicht ein Auge fürs Detail und einen der Logik mächtigen Verstand, um andere analysieren zu können. Hatte man dies einmal eingedrillt, geschah dies vollkommen automatisch. Cesare müsste sich im Gegenteil bemühen, es nicht zu tun. Ähnlich war es bei seinem perfekten Pokerface.

Illium hingegen besaß offensichtlich kein solches, wie die absolute Mehrheit. Allerdings hatte Cesare aus Free Horses gelernt, dass dies nicht zwangsläufig bedeutete, dass er jemanden fernab der Politik vor sich hatte. Als der Dunkle ihm seine Hilfe anbot, nahm der Goldene sie daher auch ohne zu Zögern an "In der Tat. Ich muss gestehen, bisher rein gar nichts über die hier ansässigen Herden zu wissen. Könntet Ihr mich auf dem Gebiet etwas aufklären?" Fast wäre es ihm unangenehm gewesen, danach zu fragen. Immerhin wusste er aus eigener Erfahrung, wie ermüdend-repetitiv es war, immer und immer wieder Neuankömmlingen das Tal erklären zu müssen. Auf der anderen Seite, hatte Illium freiwillig seine Hilfe angeboten. "Selbst Schuld", hätte seine Halbschwester an dieser Stelle wohl gesagt.


Wörter: 409

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22.01.2019, 15:26
» Aurelie
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Maximus


Sie brach das angespannte Schweigen, versuchte die Angst und den Misstrauen, das Verlangen nach ihrer unbezahlbaren Freiheit zu zügeln, im Zaum zu halten und ihre Gedanken zu kontrollieren, ihn nicht Teil daran haben zu lassen. Zu groß war die Gefahr, dass er der eine war, der eine der sie stürzen würde, der den Fluch auf die nächste Generation übertrug. Gott, wahrscheinlich hielt sie zu viel auf sich, aber sie fürchtete sich so sehr davor.
Seine Worte entlockten der jungen Stute jedoch ein sachtes Lächeln, die Augen kurz von ihm zur Tür wendend, seinen Schulterblick folgend. "Eventuell wäre das eine Möglichkeit, aber leider lässt sich die Vergangenheit nicht umschreiben, huh? Damit habt Ihr Eure Chance leider vertan.", antwortete die junge Goldene mit einem schicksalhaften aber auch schalkhaften Funkeln in den caramellfarbenen Augen. Oh, wie sehr wünschte sich Aurelie, dass sie einmal in die Vergangenheit reisen könnte, die Geschichte entdecken, die einst geschrieben ward. Eine Geschichte, die hoffentlich mit ihr Enden würde und mit einem 'und sie lebten glücklich bis an's Ende aller Tage' abschloss. Ja, der Gedanke war schön.

Seinen Dank nahm Aurelie mit einem leichten Nicken entgegen, seine Gestalt musternd als immer wieder grelle Blitze die Dunkelheit der Hütte vertrieb. Maximus. Aurelie blinzelte einen Moment, klang der Name nicht so fremd wie man eventuell annehmen mochte in einem fremden Land. In der Tat, war Maximus ein Name, den man mit einem Land wie Valeria verknüpfen könnte, von Art und Klang, der rauen Melodie. Doch gewiss kam dieser Hengst nicht aus Valeria, oder?
Das goldene Mädchen hielt einen Moment inne, ehe sie sich ihrerseits vorstellte. "Mein Name ist Aurelie, es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen, Maximus.", antwortete sie formvollendet, blinzelte, ehe sie ihren Blick wieder in seine Augen legte. "Kommt Ihr von hier?", fragte sie nun, wissen wollend, in welchem Land sie hier war, welchen Weg sie nun würde gehen müssen. Sie war so... verloren in dieser Welt, keinen Pfad kennend, nicht wissend, in welche Richtung sie laufen musste. Dieses Abenteuer war von Schicksalshand geführt und auch nur jenes, würde sie in ihre Heimat führen können - oder auch nicht.


25.01.2019, 11:38
» Illium
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Cesare



Ein kaum wahrnehmbares Funkeln schlich sich in die goldenen Augen des Erzengels. Er hatte ein sehr intelligentes Wesen vor sich, dessen schnelle Auffassungsgabe wahrhaftig nur von Vorteil sein konnte. Illium Kopf neigte sich zur Seite und er betrachtete abermals den schlanken Leib des Goldenen. ”Ist das so, ja?” Ottaviano war ein sonderbarer Zeitgenosse. Er schien nicht so aufgeweckt wie die Jungtiere der Sterblichen, aber auch nicht abweisend oder gar zynisch, wie so einige Einzelgänger, die sich mit diesem Verhalten zu schützen versuchten. Er war vorsichtig und bedacht und schien Illium binnen Sekunden einschätzen zu können, war aber gewiss nicht von unfreundlicher Natur. Er war ein Talent, welches er nur zu gerne gefördert hätte. Ein Stratege. Andererseits war Ottaviano allein und ein Fremder noch dazu. Illium bildete sich nicht ein, sofort den Charakter des Hengstes einschätzen zu können und dennoch überkam ihn der Wunsch ihn bei den Adoyan Enay zu wissen. Doch er zügelte sein Verlangen und nickte nur bedächtig. Der Goldene musste seinen eigenen Weg gehen.

Illium ignorierte den Drang, Ottavianos Beobachtungsgabe auf die Probe zu stellen und konzentrierte sich stattdessen auf die Frage, die der Goldene ihm stellte. Keine sonderbare Fragestellung für einen Einzelgänger, der sich neu im Stillreich eingefunden hatte und dennoch verdunkelte sich der Blick des Engels für den Bruchteil einer Sekunde. Doch Ottaviano konnte natürlich nicht wissen, was für Erinnerungen er in dem Schecken mit diesen Worten wachrief. Der Schatten der Illium das Licht in den Augen zu nehmen schien, verschwand so schnell wie er gekommen war und schon bald fand sich wieder ein Lächeln auf das Antlitz des anderen. ”Natürlich. Es gibt drei große Herden, sowie kleinere Gruppierungen von Tieren, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen zusammengeschlossen haben.” Einen Augenblick zögerte er. Nur zu gern hätte er die Gaistjan Skairae verdrängt, ihre Existenz verleugnet und dem Fremden bloß jene Gemeinschaften aufgezählt, dessen Zielsetzung nicht auf Mord und Totschlag basierten. Dennoch, früher oder später würde Ottaviano von ihnen hören und es war wohl besser, wenn Illium ihm nicht dreist ins Gesicht log.


”Die Corvus Corax befindet sich in der Nähe des Dunkelwaldes. Soweit ich gehört habe, nimmt ihr Leiter jeden auf, der bereit ist sein Leben der Gemeinschaft zu verschreiben. Sie setzen sich stark mit der Magie auseinander.” Illium stockte und räusperte sich. ”Der Magie der Heilpflanzen.” Illium schwieg einen Augenblick und hoffte, dass Ottaviano seinen kleinen Patzer nicht bemerkt hatte. Galen hatte ihm wieder und wieder eingebläut, dass die meisten Sterblichen nichts von der Magie wussten, die sie umgab und das dieser Umstand wichtig für eine friedliche Koexistenz war. Aber war es nicht fahrlässig, andere blind in ihren Untergang laufen zu lassen? Ein paar überzeugende Worte und einige merkwürdige Kreaturen des Tals hätten die naiveren Wesen bereits in ihren Klauen gefangen. Auch wenn Illium nicht glaubte, dass Ottaviano ohne zu überlegen irgendjemandem folgte. ”Die Adoyan Enay leben in der Nähe des Sees. Sie sind… sehr am Allgemeinwohl interessiert und nehmen häufig auch verletzte Wanderer auf, um ihnen zur Genesung zu helfen.” Illium wollte nicht zu viel erzählen. Er liebte seine Herde, aber weder der Verlust Raphaels noch der nahende Krieg mit den Gaistjan Skairae war etwas, was er heute hier berichten wollte. Sein Blick verdunkelte sich erneut. ”Am Rande des Tals, in der Nähe der Nebelfelder, leben noch die Gaistjan Skairae. Sie sind… anders. Grausam.” Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen den beiden aus und Illium schüttelte unwirsch den Kopf. ”Jeder sollte sich jedoch sein eigenes Bild machen.” Seine Worte klangen harsch, beinahe abweisend, doch dies war wohl eher seinen eigenen verzwickten Gefühlen geschuldet. Er wollte niemanden in die Nähe des Fahlen treiben, aber er weigerte sich den Wanderer vor sich in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dann wäre er selbst nicht besser, als das Ãœbel gegen welches er so verbissen kämpfte.


Wörter: 672

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ILLIUM, WITH HIS WINGS OF SILVER-KISSED BLUE
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27.01.2019, 14:28
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Illium



Cesare nickte lediglich. Nach wie vor ließ es ihn nicht los, dass er etwas an seinem Gegenüber nicht zuordnen konnte. Eine der wenigen Nachteile seines Könnens: er vermochte andere schnell und gut zu analysieren, doch Unzuordenbares machte ihn "kirre", wie seine Halbschwester wohl gesagt hätte.
Nicht ohne Grund, gerade diese vermeintlichen Kleinigkeiten in der Ausstrahlung hatten sich rückblickend oft als wichtige Zeichen herausgestellt. Noch heute ärgerte sich Cesare über den letzten Fall, als er die "Unzuordbarkeit" nicht beachtet hatte. Damals noch Oberhaupt der Zensoren in der Res Publica, hatte er
den Zensor Kismet, den späteren Don der Talmafia, nicht als einen Spion in ihren eigenen Reihen erkannt. Damals hatte er jene Unstimmigkeiten ignoriert, dieser Fehler würde ihm kein zweites Mal unterlaufen. Diese gefühlten Unstimmigkeiten waren eine Mitteilung des Unterbewusstseins, dass das Bewusstsein erst noch kodieren und einordnen musste.

Dennoch beschränkte sich Cesare vorerst bewusst auf den deutlich größeren, zuordenbar Teil des Dunklen. Womöglich würde der andere Teil sich im Laufe des Gespräches offenbaren.
Illium schien recht intelligent. Jedoch ohne die Verschlagenheit, die er von seiner Heimat gewohnt war. Als naiv mochte er den anderen ebenso wenig bezeichnen. Etwas in diesen seltsam goldenen Augen verriet dem Politiker, dass der Dunkle durchaus gewisse Grausamkeiten der Welt kannte. In seinem Alter nicht verwunderlich, glaubte "Ottaviano" doch jemanden vor sich zu haben, der wenige Jahre jünger als er selbst war. Selbstredend konnte er nicht ahnen, wie er sich damit irrte.

Illiums Reaktion entging dem Konsul keineswegs. Seine Frage hatte offenbar dunkle Assoziationen, vermutlich Erinnerungen wach gerufen. Doch besaß sein Gegenüber genügend Selbstbeherrschung, sich jenen nicht hinzugeben. Stattdessen setzte er in der Tat zu einer Erklärung an, der Cesare aufmerksam lauschte. Drei Herden also, weniger als bei Free Horses. Ob sie wohl ähnlische Strukturen wie jene und die seiner Heimat hatten? Zumindest Monarchien und von einer Leitspitze angeführte Herden schienen ihm recht häufig vorzukommen.
"Sein Leben der Gemeinschaft zu verschreiben" war häufig ein Euphemismus freiwilligen Sklaventums. Nichts, was den Goldenen interessiert hätte.

Während Illiums Stocken sah Cesare jenen kurz skeptisch-irritiert an. Entgegen seiner sonstigen Fähigkeit, solche Details richtig zu deuten, nahm er es als Versprecher hin. Er sah sich als rationalen, nicht von Ideologien getrübten Geist. Doch selbst ein Cesare konnte sich des confirmation bias nicht vollständig entziehen. Magie war für ihn Blödsinn, daher verweigerte er das Bloße in Erwägung ziehen ihrer Existenz.
Der Goldene nickte zum Zeichen seines Verständnisses. "Sind sie Pazifisten?" Zumindest klangen sie sehr nach der Pazifistenherde aus dem anderen Tal. Als jemand, der in einer Töte-oder-werde-getötet-Politik aufgewachsen war, fremdelte Cesare mit jener Einstellung. Sie mochte ehrenhaft sein, doch auch äußerst weltfremd.

"Inwiefern grausam? Sind sie politisch aggressiv oder schlicht die übliche Ansammlung von Verbrechern?" Letztere waren meist eher unorganisiert, betrieben keine politischen Feldzüge, sondern waren vielmehr lästige Nadelstiche im politischen Gefüge. Aggressive Eroberer hingegen waren ein gänzlich anderes Kaliber. Cesare deutlich bekannter, war er doch in einer jener Herden aufgewachsen. Grausamkeit war ihm ohnehin vertraute als Güte, auch, wenn er nie etwas von sinnloser Grausamkeit Freude empfunden hatte. Nicht wie sein blutrünstiger Ziehburder. Doch manchmal war es ein nötiges Ãœbel.
"Sicherlich" Der Konsul würde sich mit Sicherheit auf die Aussage eines einzelnen verlassen. Wenngleich ihm der Dunklerecht vertrauenswürdig vorkam. Gaistjan Skairae... Illium schien eine unausgesprochene Feindschaft mit jener Herde zu haben. Es könnte eine rein ideologische Ablehnung sein, doch der Gesamteindruck von Illiums Reaktionen deutete auf etwas persönliches hin.

"Gibt es irgendwelche besonderen Strukturen wie einer Monarchie oder Republik? Wie schätzt Ihr deren Führungspersönlichkeiten ein?" Zur Führungsstruktur hatte sich er andere bisher nicht explizit geäußert. Nur, dass die Corvus Corax einen scheinbar dominant eingebundenen Leiter hatten. Die anderen könnten dennoch anders als die übliche Doppelspitze organisiert sein. Als Diktatur oder Demokratie. Cesare hielt kurz inne. Er hatte sich ganz offenbar selbst dabei ertappt, wieder in alte Gewohnheiten zu schlüpfen. Als Politiker durch und durch war die Tal- und Herdenpolitik stets einer seiner Lieblingsthemen gewesen. Doch dies musste sich hier ändern. Immerhin wollte er hier nicht allzu lange verweilen und erst recht nicht wieder politisch aktiv werden. Streng genommen war er ohnehin noch der Konsul seiner italienischen Heimat, auch wenn er seinen Bruder mit Unterstützung der Senatoren momentan für die Regierung abgestellt hatte.

[ooc: sorry, ist etwas arg viel Text geworden]


Wörter: 753

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28.01.2019, 23:59
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