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1. Gib deinem nächsten Playpartner einen Kuss auf die Wange!
2. Gähne so lange in deinen Posts, bis du deinen Gegenüber zum mitgähnen animierst! smilie


Dekkja » 30.06.2017, 23:49 » Der Märchenwald #2

Ahorn


"Tiefer in den Wald hinein?", murmelt Dekkja entsetzt und starrt wieder in das dunkle Dickicht - es kommt ihr zwar weitaus weniger bedrohlich vor als noch vorhin, das stimmt, ja, aber das heisst noch lange nicht, dass sie sich gerne freiwillig dort hinein begeben würde! Ihr Blick saust zurück zu dem Schimmel. Vielleicht sind seine Absichten ja doch nicht so rein, wie sie vermutet hatte? Erneut versucht sie, irgendetwas aus ihm zu lesen, doch vergebens. Ihr Gegenüber wirkt so ruhig als hätte er sie gerade einfach nur nach ihrem Lieblingsplatz zum Grasen gefragt. Ein wenig unsicher erhebt sie wieder ihre Stimme. "Ich weiß nicht", beginnt sie, die Worte dabei unentschlossen etwas in die Länge ziehend. "Ich denke, hier ist es sicher genug. Man weiß ja nie, was dort so alles auf einen wartet, nicht?", setzt sie fort und versucht dabei lässig zu klingen, das Lächeln, an dem sie sich zuletzt versucht, wirkt aber alles andere als überzeugt. Im Inneren schimpft sie sich für diesen Versuch und versucht, diese ungelenke Grimasse hinter einem weiteren Gähnen zu verbergen. Sie blickt abwartend zu dem Hengst, bittet um Zustimmung. Was, wenn er sich anders entscheiden würde? Wirklich tiefer in den Wald gehen möchte? Mit dem linken Auge schielt sie erneut in die wenig einladende Dunkelheit und sendet dann ein Stoßgebet zu den Ahnen, dass er doch bitte mit ihr einer Meinung sein möge. Die Aussicht, die Nacht hier alleine zu verbringen, ist auch kein Stückchen beruhigender, so viel steht fest.

Ihre Miene hellt sich hingegen auf, als er nach ihrem Namen fragt. Endlich kommen sie zu erfreulicheren Gesprächsthemen! "Ach, lassen Sie doch die Formalitäten. Wenn wir schon die Nacht zusammen verbringen werden, ist das doch nicht nötig", plappert sie munter drauf los. "Mein Name ist Dek-", fährt sie fort, wird aber durch ein Gähnen übermannt, dass sich mitten in ihre Worte stiehlt. "Ja.", beendet sie den unterbrochenen Satz, aber irgendwie fühlt es sich noch nicht richtig an. "Also, Dekkja", setzt sie erklärend hinzu, um die beiden Silben nicht so unverbunden im Raum stehen zu lassen. "In unserer Sprache bedeutet das 'Finsternis' - keine Ahnung, was sich meine Eltern dabei gedacht haben", fügt sie mit einem Lächeln, aber auch einer ordentlichen Portion Stolz an. Mit aller Macht drängt sie dabei die Bilder zurück; Bilder, in denen das Wasser um sie herum sich rot färbt, als sie sich im See wusch. Danach. Sie schüttelt den Kopf, nur um Artax' höhnisches Grinsen vor sich zu sehen, ihren Vertragspartner, den sie am liebsten zum Teufel wünschen würde. Wieso hatte sie sich mit ihm verbündet? Es erscheint ihr so absurd, jetzt, hier, wie sie jemals Zustimmung für seine irren Pläne fühlen konnte. Sie wusste, dass sie fähig wäre, ihm zu helfen. Auch wenn sie sich nicht an das erinnert, was nach ártalis Verbannung geschah, erinnert sie sich nur zu gut daran, was sie danach gesehen hat. Das Ausmaß ihrer Wut, der unglaublichen Taten, für die sie sich nie für fähig gehalten hatte. Ja, vielleicht ist die Namenswahl ihrer Eltern doch nicht so unverständlich gewesen. Immerhin haust in ihr eine Finsternis, die ihr selbst Angst einjagt.
Dekkja » 12.06.2017, 22:40 » Der Märchenwald #2

Ahorn


Für einen kurzen Moment denkt Dekkja, dass ihr Gegenüber diesmal selbst in Gedanken versunken ist und es nun an ihr sein würde, ihre Frage zu wiederholen. Dann jedoch spricht er wieder, auch wenn die kleine Verzögerung merkwürdig war. Sie hatte nun etwas Geistreiches erwartet, eine längere Erklärung - eben etwas, über das man noch einmal mehrere Momente nachdenken musste, um sich vollständig zu erinnern. Seine nüchterne Aussage überrascht sie. "Oh", purzelt es überstürzt aus ihrem Mund, die Verwirrung steht ihr vermutlich deutlich ins Gesicht geschrieben. Schließlich führt der Hengst doch aus, was er vorher gesagt hatte, aber sie muss ihm Recht geben: es ist nicht wirklich von Belang. Aber trotzdem, er meinte es ja sicherlich nur gut und irgendwie möchte sie, dass er sich selbst nicht so kritisch sieht. "Trotzdem. Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Vielen Dank", blubbert sie. Kurz überlegt sie, ihn zu fragen, was man denn sehen würde, verwirft den Gedanken aber wieder. Der Schmerz hat sich auf ein Ziepen zurückgezogen, das zwar unangenehm ist, aber auch nur in dieser Hinsicht störend ist. Von daher belässt sie es bei ihren Worten, bevor sie ihren Blick wieder abwendet und kurz die Umgebung mustert, erneut.

Das, was ihr vorhin bedrohlich erschien, scheint nun weitaus weniger furchteinflößend, der Fremde scheint auch keine bösen Absichten im Sinn zu haben: somit ist ihre Entscheidung getroffen. Sie wird hier bleiben. Vielleicht taut er im Laufe der Nacht ja sogar noch ein bisschen auf. Schließlich sollen nicht alle Hengste draufgängerische Abenteuerer sein, nein, manche von ihnen sollen einfach schüchtern sein. Vielleicht gehört er ja zu dieser Art? Ihr Blick wandert zurück zu dem Schimmel und sie mustert ihn noch einmal mit schräg gelegtem Kopf. Nein, das stimmt so nicht. Schüchtern wirkt er auf sie nicht. Das nicht - aber irgendetwas Anderes verbirgt sich in ihm, dass sie nicht richtig zuordnen kann. Irgendwo hinter der Kriegerfassade, zwischen den leblosen Augen. Irgendetwas, das in ihm schlummert. Neugierig dreht Dekkja den Kopf zurück, aber sie weiß sofort, dass sie mit einem direkten Ansatz nie hinter dieses Geheimnis kommen würde. Besonders gesprächig ist er ja nicht, und er wirkt erst recht nicht wie jemand, der gerne aus dem Nähkästchen plaudert, geschweige denn über sich selbst sprechen würde. Nachdenklich beginnt sie, ihren Kiefer zu bewegen, als könnte sie ihn damit zermürben, doch obwohl die Rädchen in ihren Kopf auch Hochtouren laufen, bewirkt es nich viel mehr, als dass sie davon müde wird. Das erste aufkommende Gähnen kann sie noch herunterschlucken, das Zweite jedoch nicht. Sie wendet ihren Kopf kurzzeitig von ihm ab, bis dieser Anfall vorüber ist, dann blickt sie ihn unter schläfrigen Lidern hervor an. "Es ist schon reichlich spät, nicht?", stellt sie fest. "Vielleicht sollten wir uns einen Schlafplatz für die Nacht suchen", überlegt sie laut - allerdings viel mehr in der Hoffnung, von seinen Ortskenntnissen zu profitieren, denn in diesem Teil des Tales kenn sie sich absolut nicht aus.
Dekkja » 03.03.2017, 23:19 » Der Märchenwald #2

Ahorn


Langsam ebbt der Schmerz wieder ab, ein unangenehmes Brennen bleibt, doch zumindest kann sie die Tränen nun zurückblinzeln, auch wenn ihre Augen noch immer unangenehm wässrig sind. Im nächsten Moment schreckt sie jedoch erneut zusammen. Der Graue ist nun definitiv zu nah an ihr dran, sie hört seine Stimme so deutlich, als würde er direkt neben ihr stehen. Sofort schnellen ihre Ohren zurück, mit einem Ruck spannen sich alle Muskeln in ihrem Körper an. Scharf kann sie ihr Umfeld noch immer nicht erkennen, doch sie blickt direkt auf seine Nüstern, müsste nur den Kopf vorbeugen, um ihn anzustupsen oder zu verletzen - doch danach steht ihr nicht der Sinn. Sie fühlt sich auch keinesfalls angegriffen. Genervt blinzelt sie noch ein paar Mal, bis die Welt um sie herum wieder einigermaßen erkennbar ist - und anscheinend täuscht sie ihr Gefühl nicht, der Hengst hat sich weiterhin kein Stück bewegt, wobei er ihr Verhalten spiegelt, ebenfalls so aussieht, als würde er im nächsten Moment auf sie zuspringen. Nun gut. Wäre er wirklich ein Auftragsmörder und hätte es auf ihr Leben abgesehen, hätte er ja inzwischen wirklich genügend Möglichkeiten gehabt, um diesen Auftrag zu erfüllen - es lässt sich also wohl ausschließen, dass dies seine Berufung ist.

Dekkja seufzt, eine Mischung aus Erleichterung und Resignation: inzwischen ist es ihr egal, ob sie alleine sein wird oder nicht. Die Gesellschaft ist nicht gerade das, was sie als erfreulich bezeichnen würde, auch wenn der Hengst nicht wirklich unfreundlich verhält. Viel mehr, dass er so reglos ist, seine Motive so wenig ersichtlich scheinen. Seine Gegenwart strengt sie an, hat er ihr doch jedes Mal, als sie ihre Aufmerksamkeit hat schleifen lassen bewiesen, wie verletzlich sie sich macht. Dennoch: er scheint keine allzu schlechten Absichten zu haben, ansonsten wäre sie wohl längst tot, oder verletzt. Die Anspannung ist von ihr abgefallen, sie dreht den Kopf wieder zur Ebene, doch der Schmerz flammt erneut kurz auf, wenn auch schwächer, nicht mehr so unertragbar. Langsam spürt sie auch, wie ihre Nüstern kälter werden, wie den einen Winter, als sie noch ein Fohlen war, ins Wasser fiel und sich erkältete. Erst jetzt fällt ihr auf, dass der Fremde ja zu ihr gesprochen hatte, deshalb hatte sie sich so erschreckt. "Ihr hattet etwas gesagt?", fragt Dekkja, versucht dabei, möglichst souverän zu überspielen, dass die Antwort ungewohnt lang auf sich hatte warten lassen. Sie dreht den Kopf wieder zu dem Grauen, betrachtet ihn nun, aus der Nähe, zum ersten Mal genauer: er ist tatsächlich kein Geisterpferd - soweit sie das erkennen kann zumindest nicht -, die Stellen in seinem Fell, die vorher unsichtbar blieben, sind einfach nur dunkler als der Rest seines Körpers. Er wirkt so, als hätte er eine Ausbildung hinter sich, oder schon eine Menge erlebt - kein schlaksiger Junghengst wie die, die von ihren Vätern aus der Herde vertrieben wurden. Sein Fell ist nicht so zottig wie ihres, sieht aber - zu ihrer Genugtuung - auch nicht besonders kuschelig warm aus.
Dekkja » 24.02.2017, 14:36 » Der Märchenwald #2

Ahorn


Mit einem Nicken nimmt sie zur Kenntnis, dass der Hengst ihr geantwortet hat, ohne sich wirklich dafür zu interessieren. Sie hofft ehrlichgesagt, dass diese unangenehme Begegnung gleich vorbei ist, jeder seines Weges zieht - aber sie ist sich weiterhin nicht sicher, was sie tun soll, und daher verweilt sie. In ihrer Unsicherheit muss sie sich schließlich nicht auch noch beobachtet wissen. Ungeduldig pendelt ihr Schweif umher, ohne dass sie so recht weiß, auf was sie wartet. Ob es wirklich besser ist, wenn der Graue wieder verschwindet - in seiner Gegenwart scheinen die Geräusche des Waldes zumindest ein wenig zu verblassen, werden nebensächlich. Die unmittelbare Gefahr, die davon auszugehen schien, ist damit verschwunden, gleichzeitig kann sie aber auch nicht von sich behaupten, die Gesellschaft ihres Artgenossens zu genießen, er wirkt zwar nicht gefährlich, aber dann wiederum beunruhigt seine Ausdruckslosigkeit sie auch, wie abgeklärt er ist. Ja, so wirkt er: abgeklärt. Soll es im Tal nicht Gestalten geben, die sich darauf verstehen, die Drecksarbeit für Andere zu machen? Gegner einfach... verschwinden lassen? Misstrauisch blickt sie den Grauen an. Er hätte definitiv das Zeug dazu. Unauffällig genug ist er auf jeden Fall, wiegt mit seiner Trägheit sicherlich alle in Sicherheit, wirkt unscheinbar, bis er zu seinem Schlag ansetzt.
In gewisser Weise ist sie wohl auch so jemand. Niemand in ihrer Herde hatte sie beachtet, niemand damit gerechnet, dass sie sich rächen würde, am Ende war sie von sich selbst überrascht gewesen. Es war nichts, was sie sich auf die Fahnen schreiben würde, das Töten an sich hatte ihr keinen Spaß gemacht - aber die Genugtuung danach, das Wissen, ártali gerächt zu haben, Gerechtigkeit über die Herde gebracht zu haben: das war ein verdammt befriedigendes Gefühl gewesen. Es war ihr nicht schwer gefallen, dem Schauplatz dann den Rücken zuzukehren, es war nichts, was sie in ihren Träumen noch verfolgte. Was getan war, war getan. Und je länger sie allein unterwegs war, desto bedeutungsloser schien es ihr. Das waren Szenen aus einem anderen Leben, eins, mit dem sie nichts mehr zu tun hatte, zum Glück. Allein zu sein, wenigstens zu wissen, mit wem man es zu tun hat: es macht sie stärker als der Schutz, den ihr eine Herde bietet.

Trotz ihres Misstrauens hat sie ihre Aufmerksamkeit von dem Hengst abgewandt, nach innen gewandt, er tat ja schließlich nichts. Als er jetzt spricht, wecken seine Worte sie aus ihren Gedanken, und nun fällt auch die Spannung von ihr ab. Sie schnaubt belustigt, ein wenig abfällig vielleicht sogar. Ein Gespräch über das Wetter? Sie muss sich getäuscht haben. Dieses Exemplar scheint einfach nur ein Langweiler zu sein. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie angespannt sie gewesen war, doch nun fällt diese Spannung von ihr ab, das Adrenalin in ihren Adern versiegt und hinterlässt sie einfach müde. Außerdem fängt die Haut an ihrem Maul an, unangenehm zu prickeln, langsam breitet sich ein flammender Schmerz aus, den sie nur schwer einordnen kann, ihr aber Tränen in die Augen treibt.
Sie blinzelt, der Hengst momentan nur eine verschwommene Gestalt, doch sie hat größere Sorgen als ihn. Oder? Unwillig schlägt sie mit dem Kopf, als ihr in den Sinn kommt, dass sie ihn fragen könnte, ob er etwas erkennen kann. So viel zu "Überleben alleine". Die scharfe Kopfbewegung allerdings war nicht wirklich förderlich, wieder setzt ein stechender Schmerz ein, der kurz ihre Sinne benebelt.
Dekkja » 14.02.2017, 19:35 » Der Märchenwald #2

Ahorn


Noch immer ist die Stute nicht recht zu einer Entscheidung gekommen. An sich weiß sie, dass sie in der Ebene noch offener, noch angreifbarer ist - die Wesen des Waldes sind eigentlich allesamt zu klein, um sie wirklich zu verletzen, in der Ebene würde sie sich jedem Wolfsrudel aber nahezu auf dem Silbertablett darbieten. Natürlich würde sie selbst auch besser sehen, doch dass diese Kreaturen weitaus geschärftere Sinne besitzen als sie selber, ist ihr durchaus bewusst. Andererseits fürchtet sie sich im Wald, der so still ist und doch unheimlich viele fremde Geräusche sie immer wieder von ihrem Weg ablenken. Sie seufzt. So wie es aussieht, steht Sicherheit gegen Wohlbefinden. Noch einmal lässt sie ihren Blick zur Ebene schwenken, blickt sehnsüchtig auf die Stelle, wo sie den hohen Schatten der Bäume entfliehen könnte. Diese Stelle fesselt sie, lässt sie nicht mehr los, sie kann den Blick nicht mehr abfinden. Im Stillen fragt sie sich, ob das eine getroffene Entscheidung ist, als eine Stimme hinter ihr sie erschreckt und sie rasant den Kopf in diese Richtung wirft. Dabei streift sie mit den Nüstern etwas, doch es scheint unwichtig, erst einmal versucht sie auszumachen, wer gesprochen hat. Das zweite Mal erschrickt sie, als das Pferd deutlich näher zu ihr steht, als es ihr, ihrer Sicherheit wegen, recht sein sollte - und sie auch vermutet hätte. Seine Stimme hatte so geklungen, als wäre er noch ein gutes Stück weg, bloß die Worte, keine Besonderheiten der Stimme, die ihn irgendwie charakterisieren würden.
Seit ihrer kurzen Musterung ist sie zu dem Schluss gekommen, zumindest keine andere Stute vor sich zu haben: meistens nur zickige Püppchen, besonders wenn man länger mit ihnen zu tun haben muss. Das Pferd ist dunkel, geht aber zum Glück nicht ganz in den Wald über, sie kann seine Konturen erahnen, und immer wieder einen helleren Fleck auf seinem Körper, der ihn wie ein merkwürdiges Puzzle erscheinen lässt, irgendwie nicht ganz vollständig in seiner Statur. Nur Umrisse und einzelne Teile, aber kein fester Körper aus Fleisch und Blut. Nun gut - vielleicht ist er das ja auch gar nicht. Aber er scheint ihr nicht feindlich gesinnt, genauer gesagt hat er keinen Muskel geregt, seit sie sich zu ihm herumgedreht hat. Dabei wirkt er nicht stoisch und stark, sondern einfach nur abwesend und unnahbar, aber bewegt hat er sich trotzdem nicht. Sie fühlt sich ein bisschen so, als stände sie in seinem Weg und er hätte die Notwendigkeit gesehen, ein Gespräch zu starten, um an ihr vorbei zu kommen. "Ja", erwidert sie vorsichtig, ein wenig misstrauisch. Die Formulierung seiner Frage hatte ihr nicht gefallen, sie irgendwie alarmiert - auch wenn sein Äußeres sie beruhigte. Trotzdem, die Frage klang irgendwie... herablassend, so als würde er sie alleine nicht für überlebensfähig halten. Dass sie nicht hierher gehörte, okay. Sie verstand das. Sie war in der Herde großgewachsen, kannte nichts Anderes und das hier war neu, aufregend und teilweise auch bedrohlich und überfordernd für sie - aber sie kommt zurecht, bittesehr! "Und Ihr?", fragt sie knapp zurück, selbst erstaunt, wie wenig sie sich über die Gesellschaft freut, die sie sich eben noch herbeigewünscht hat.
Dekkja » 12.01.2017, 21:02 » Der Märchenwald #2
« vom See

Ahorn



Wie erwartet waren die Gedanken irgendwann wieder verschwunden: Dekkja war nur zuweilen eine Denkerin. Letztendlich hatte sie ihre eigene Langsamkeit zu Tode gelangweilt und sie war einfach gegen den Wind losgeprescht, hatte sich die Lunge aus dem Leib gelaufen, bis sie schließlich zufrieden und erschöpft in einen stetigen Tölt gefallen war. Sie liebte diese Freiheit, wann und wie lange zu tun, was sie wollte, sie allein: es war neu und eindeutig eine der guten Seiten ihres jetzigen Lebens. Die Landschaft war dabei an ihr vorbeigezogen, ohne dass sie besonders auf diese geachtet hätte. Immer wieder war sie dabei jedoch auf den Fluss gestoßen und hatte jedes Mal begierlich ihren Durst gestillt. Jetzt zog sie schon eine längere Weile an dessen Ufer voran, momentan ihr einziger Leitfaden. Die offene, einladende Wiesenlandschaft hatte sich langsam gewandelt, zu ihrer Rechten befand sich momentan eher eine karge Landschaft, hauptsächlich Steine und ab und an ein größerer Flecken Moos, ein wenig Gestrüpp noch das Höchste der Gefühle - gelegentlich noch ein krumm gewachsener Baum, doch kein Ort, an dem sie sich heimisch fühlen würde. Die Sonne stand jedoch schon tief am Himmel und langsam wollte sie sich einen Platz für die Nacht suchen, war erschöpft von diesem Tag. In der Ferne meinte sie, einen Waldrand ausmachen zu können - sie sollte ihn erreichen können, bevor es vollkommen dunkel sein würde. Mit diesem Ziel vor Augen zog sie ihr Tempo wieder etwas an, in der letzten Zeit war sie eher vor sich hingeschlurft als sich wirklich zielgerichtet fortzubewegen.

Tatsächlich hat sie sich ganz ordentlich verschätzt. Der Wald schien und schien nicht näher zu kommen, und als sie endlich dort angekommen ist, steht der Mond schon in Form einer klaren Sichel am Himmel - besonders viel Licht spendet er damit aber nicht. Unschlüssig bleibt die Stute zwischen den ersten Bäumen stehen und lugt tiefer in den Wald hinein: er wirkt zwar nicht direkt bedrohlich, dennoch fühlt sie sich so ganz alleine angreifbar und wagt sich nicht weiter hinein. In diesem Moment vermisst sie schon den Schutz der Herde: aber nicht ihrer. Welchen Schutz diese bieten, hat man ja ganz deutlich gesehen: gar keinen. Sie schnaubt abfällig, schiebt die Gedanken an diese Verräter und den dummen ártali aber auch wieder beiseite: das ist nichts, was ihr bei ihrer Schlafplatzsuche behilflich sein wird. Unschlüssig wendet sie sich nach rechts, vom Fluss ab, wandert zwischen den Baumreihen umher, die Ebene aber immer im Blick. Sie sieht keine anderen Pferde, doch der Wald ist trotzdem nicht still: es singen keine Vögel mehr, aber trotzdem raschelt es über ihr immer mal wieder, Kreaturen, die sie nicht kennt, stoßen unbekannte Geräusche aus, die sie nicht einmal einordnen kann. Zwar fühlt sie sich weiterhin nicht gefährdet, aber ganz wohl ist ihr auch nicht. Allerdings, alleine in der Ebene - das klingt auch nicht viel vielversprechender. Seufzend bleibt sie stehen und blickt zwischen ihren beiden Optionen hin und her: jetzt wäre eindeutig eine gute Zeit für ein Wunder. Oder zumindest Gesellschaft.
Dekkja » 12.01.2017, 19:52 » Der See #2

Battlecry



Lange hatte sie den imposanten Hengst angeschaut. Erwartungsvoll seine Regungen studiert, doch er gab nichts von sich preis, während er sie wie ein offenes Buch zu lesen schien. Oftmals hatte sie sie Lippen geöffnet, gerade angesetzt, zu sprechen, fühlte sich dann aber doch wieder von seinem durchdringenden Blick eingeschüchtert und wand ihren ab, ohne dass Worte ihr Maul verließen. Erst nach einer Weile wurden seine Züge wieder weicher. Dennoch wusste sie sofort, dass sie ihre Chance vertan hatte. Er wirkte abwesend, so als wäre er gar nicht mehr richtig hier. Sogleich sehnte sie sich sein unangenehmes Starren zurück: wenigstens hatte er sie gesehen. Er hatte sie nicht als die sechsjährige Stute angesehen, die sie war, die noch nie zuvor abseits ihrer Herde gelebt hatte. Irgendetwas war in seinem Blick gewesen, irgendetwas... mehr. Auch wenn sie es nicht wirklich benennen konnte, sie wollte wissen, was es war. Er weckte etwas in ihr, das sie schon einmal gespürt hatte, auch wenn sie nicht einordnen konnte, wann dem so gewesen war: ein dumpfes Gefühl, dass eben genau dort, in ihr, mehr war. Mehr zu ihr, als sie selbst wusste, etwas, was sich ihr sonst immer entzog, sobald sie es näher erkunden wollte. War das der Grund, warum er sie so eingehend studiert hatte?
Was auch immer es gewesen war, es schien ihn nicht mehr zu interessieren. Oder er hatte genug gesehen? War es das? Verstand er sie? Nun war es an ihr, ihn zu studieren. Sein Gesicht war nun ausdruckslos, verriet nichts über ihn. Sein Blick lag in der Ferne, doch es schien nicht so, als wäre er auf etwas Bestimmtes fixiert. Trotzdem schien er auch ihre Regungen nicht zu verfolgen, sondern einfach... vollkommen in sich gekehrt. Als wäre sie gar nicht da. Enttäuscht zuckt sie mit den Ohren, als sie dieser Gedanke streift. Anscheinend ist sie nicht allzu spannend, doch nicht so faszinierend, wie er dachte. Ihr Blick schweift weiter, ist jetzt jedoch fahrig, nicht mehr aufmerksam. Er ist ein wahres Muskelpaket, sein Fell an einigen Stellen verwirbelt, er sicherlich keine Schönheit. Und doch will sie seine Aufmerksamkeit.

Bevor sie nachdenken kann, spricht sie wieder, was auch ihn aus seiner Trance zu holen scheint. Sofort stolpert sie über ihre eigenen Worte, um sich zu korrigieren, was den Rappen deutlich belustigt. Obwohl sie nicht das Gefühl hat, dass er sie auslacht, fühlt sie sich trotzdem minderwertig. Ärgerlich bohrt sie die kleinen Hufe tiefer in den Sand, lässt sich aber ansonsten nichts anmerken. Das Gesicht ihres Gegenüber begradigt sich genauso schnell wieder, bevor er zu einem gelassenen, wenn auch kurzem Schluss kommt: „Anders ist vollkommen okay.“ Die Art, wie er es sagt, ist fast beiläufig, dennoch schnappt die Fuchsstute kurz nach Atem: meint er damit sie? Dass sie anders ist? Ist es das, was er gesehen hat, gesehen in ihr? Sie blickt ihn an, erwartungsvoll, wartet darauf, dass er erneut spricht, ihr mehr erzählt, doch er scheint schon wieder weggetreten, weit weg. Mehr oder weniger geduldig wartet sie darauf, dass er zurückkommt, der Schweif langsam hin- und herpendelnd, ihr restlicher Körper jedoch seltsam ruhig, wenn auch jede Faser bis zum Äußersten gespannt ist.
Als er jedoch wieder spricht, ist es nicht das, was sie erwartet hat. Enttäuschung überschwemmt sie. Nicht einmal als er seinen Abgang ankündigt, scheint er bei ihr zu sein. Er streift an ihr vorbei, ohne sie wirklich zu bemerken, und auch als sie ihm nachschaut, wirft er keinen Blick zurück. Seine Bewegungen sind merkwürdig abrupt, abgehakt, ja, mechanisch, aber trotzdem stetig. Es lässt den großen Rappen weniger elegant wirken, aber nicht weniger mysteriös. Dennoch. Er hat sie enttäuscht und irgendwie dämpft das auch ihr Interesse an ihm. Als sie sich wieder dem See zuwendet, sieht sie ihr eigenes Spiegelbild an, klein, zerbrechlich, nicht besonders. Sie brummelt unzufrieden, woraufhin sich die Wasseroberfläche kräuselt und ihr Ebenbild verschwindet. In dem Moment dringt seine Stimme wieder an ihr Ohr, lässt sie erschreckt zur Seite springen. „Anders ist vollkommen okay.“ Sie dreht sich um, doch dort ist nichts - die Stimme war nur in ihrem Kopf. Misstrauisch starrt sie noch eine Weile länger in die Richtung, in die er verschwand, doch es war wirklich nur ihre Einbildung. Was wollte er mit diesem Satz sagen? Sie wir es wohl nie herausfinden, und verdammt, es stört sie! Frustriert wendet sie sich von dem Wasser ab, das sich schon wieder beruhigt hat und nur ihr ebenso unwissendes Spiegelbild zeigt. Ohne den Schritt bewusst getan zu haben, setzen sich ihre Beine in Bewegung, tragen sie weg von diesem Ort, dieser seltsamen Begegnung.
 
» zum Märchenwald
Dekkja » 15.10.2016, 11:45 » Der See #2

Battlecry


"Das ist vermutlich auch keine schlechte Idee", murmelt die kleine Fuchsstute undeutlich, mehr zu sich selbst als zu ihrem Gegenüber. Ohne besonders in Selbstmitleid zu schwelgen muss sie an ihre alte Herde denken, an ártali, den sie beschützen wollte, und der sie dann auch verraten hatte. An Artax, der sich ihrer Wut bedient hatte, von dem sie sich nur zu gern bestätigen ließ, zu gern mitreißen ließ. Und nun? Nun war sie doch nicht mehr allein, und zu neugierig, um zu gehen. "Verflucht, Dekkja, wenn du schon glaubst, weise zu sein - wie kannst du dich dann immer noch aufführen wie das letzte naive Einhorn dieser Welt? Wieso hier bleiben, wenn du doch noch jung genug bist, um zu lernen, dich allein durchzuschlagen?"
Obwohl sie in ihrem eigenen Kopf gebildet wurden, verschwinden die Worte schneller zu den Ohren hinaus, als sie gucken kann - und bleiben ohne Wirkung. Man kann sich streiten: geht sie das Risiko bewusst ein, ist sie ein unschuldiges Opfer? Denn dass Gefahr in der Luft liegt, müsste die Stute doch inzwischen bemerkt haben, so still ist es geworden: alle Vögel sind ausgeflogen, es scheint, als würden sich auch die Bäume zu sehr fürchten, um im Wind zu rauschen. Aber all das fällt Dekkja nicht auf. Viel zu sehr ist sie auf den Artgenossen konzentriert, begierig, seine Geschichte zu erfahren, in ihm vielleicht den zu finden, den sie für ihr weiteres Leben sucht: einen Freund, einen Ratgeber. Ein Fohlen, irgendwann, vielleicht jetzt - wer weiß. Familie; ohne in dem Rappen den Vater zu sehen: aber einen Weggefährten.

Und genau aus diesem Grund muss sie bei seinen nächsten Worten auch lächeln. "Findet ihr nicht?", fragt sie ihn unschuldig zurück, ohne den fragenden Unterton seiner Stimme zu beachten. Sie hatte es nicht als Beleidigung gemeint - wusste er das? Erschreckt über diesen Gedanken bohrt sie ungeduldig einen Hufen in den sandigen Boden unter ihr, um dann hastig auf die Frage zu antworten. "Na- natürlich. Ich meinte nur, dass ich einem wie Euch noch nie begegnet bin. Ihr scheint mir besonders zu sein, ungleicher als der Rest. Es war allerdings nie eine Wertung", meint sie nachdenklich, unsicher, ob sie ihre Gedanken weiter ausführen sollte, unterlässt es dann aber. Sie weiß ja selbst nicht genau, was es ist, dass sie an dem Hengst fasziniert - und doch ist sie sich sicher, dass er garantiert nicht langweilig ist. Aus welchem Grund auch immer; sie weiß es nicht. Doch was nicht ist, kann ja noch werden; sollte der Hengst tatsächlich magisches Blut in sich haben, so möchte sie dabei sein, wenn es in Wallung gerät.

Sie wendet den Blick ab, das fast mechanische Starren ihres Gegenübers ist ihr mittlerweile leicht unangenehm geworden. "Er ist nur aufmerksam", beruhigt sie sich selbst in Gedanken, und es hilft, das Unwohlsein zu vertreiben. Wieso sollte es auch nicht? Die Sonne scheint sanft auf ihren Rücken, eine angenehme Wärme, dazu die malerische Stimmung: der Herbst hat Einzug erhalten, die Bäume um sie herum gelb und rot und braun getupft, gefärbte Blätter, die sich auch um den See herum am Ufer angesammelt haben: ab und an wird eins von einer kleinen Welle erfasst, nur um ein paar Momente später wieder hängen zu bleiben, nass und von der Bewegung noch immer zitternd. Fasziniert beobachtet die kleine Isländerstute dieses Schauspiel, immer und immer wieder, der Gesprächspartner nicht gänzlich vergessen, aber in den Hintergrund gerückt.
Dekkja » 22.09.2016, 20:04 » Der See #2

Battlecry


So schnell wie er gekommen war, verschwand der Schnee auch wieder, Vögelgezwitscher im Frühling, ein kurzer Sommer - es kommt Dekkja so vor als würde sie die Jahreszeiten im Schnelldurchlauf erleben. Wie könnte es auch anders sein? Nicht einmal die Jahreszeiten sind sicher vor der durchtriebenen Weltordnung, die hier herrschte, weil das ist es schließlich, was das Tal ist: eine Parallelwelt. So schnell wie er gekommen ist, verschwindet der Schnee auch wieder, Vögelgezwitscher im Frühling, ein kurzer Sommer - es kommt Dekkja so vor als würde sie die Jahreszeiten im Schnelldurchlauf erleben. Und dennoch wehrt sie sich gegen diesen Gedanken, gegen die Magie im Tal, von der sie schon so oft gehört hat: kann es denn so allgegenwärtig sein, wenn sie, Dekkja, nur ein normalsterbliches Wesen ist? Ist das gerecht, ist das möglich?

Für eine lange Weile grübelt sie über diese Frage nach, ohne zu einem vernüftigen Schluss zu kommen. Je länger sie darüber nachdenkt, desto schwerer kommen ihr ihre Glieder wieder vor, bis auch ihre nur noch Gedanken schwer und ermüdend wirken. Hätte der imposante Friese sich nicht doch in der Zwischenzeit bewegt, sie wäre wohl eingeschlafen. Doch die Art, wie er um sie herumschleicht, sie taxiert, ist merkwürdig, bizarr, vielleicht sogar ein wenig furchteinflößend: ganz und gar schräg auf jeden Fall. Seine Stimme sendet ihr Schauer den Rücken hinunter, lässt sie frieren, obwohl sie eben noch die warme Luft auf der Haut spürte - alles in allem, die ganze Situation ist seltsam, und wieder einmal verflucht Dekkja dieses Tal, das sich in alles einmischt, in dem nie so ist, wie es noch vor Augenblicken schien, es keinen sicheren Grund gibt, auf den man sich verlassen kann; keine Gesetze, keine Gewissheiten. Sie seufzt. Jetzt bloß nicht überreagieren, es ist die Umgebung, die sie so aufreibt, nicht der Hengst: er soll vor allem nicht merken, wie sie langsam, aber sicher, verrückt wird. Und vielleicht hat er mit seiner treffenden Aussage auch recht: sie ist allein, womöglich ist sie es auch schon zu lange gewesen.
"Das stimmt, ich bin tatsächlich allein unterwegs", bestätigt sie ihn dementsprechend, ohne näher auf ihre Hintergründe einzugehen: sie hat weder Lust, über Ártali, noch über Artax zu reden. Diese beiden Hengste waren für sie nur mit Problemen verbunden; und auch wenn sie beiden - und, besonders ihrem Bruder - das Beste wünscht, würde sie sich auch nicht beschweren, sie nicht mehr wiederzusehen, zumindest nicht in der nächsten Zeit. Und dieser Herr klang zumindest nicht nach Aufregung, auch nicht, als wäre seine Gesellschaft besonders unterhaltsam, aber wenn sie es sich recht überlegt, würde ihr wohl etwas Ruhe auch gut tun: seit ihrer Flucht hatte sie nicht mehr vernünftig gerastet, war entweder allein und auf der Hut gewesen, oder war Hals über Kopf in ein Abentuer galoppiert, das ihr alles abverlangte. Also, wieso nicht einmal diese Gelegenheit beim Schopfe nehmen, eine Weile mit dem imposanten Rappen umherziehen? "Und so scheint es sich mir bei Euch auch zu verhalten", spricht sie diesen jetzt wieder an, wendet ihm wieder ihren neugierigen Blick zu: er steht noch immer im Wasser, doch nicht mehr so tief. Trotzdem, er sieht so aus, als würde ihn irgendetwas dort festhalten - gab es hier etwa Schlingpflanzen? Dennoch, dann würde wohl auch er nicht mit einer solchen stoischen Gleichgültigkeit unter gehen, das konnte sie sich kaum vorstellen. "Ihr seid ein ungewöhnlicher Zeitgenosse", meint sie nachdenklich, gar nicht sicher, ob sie es laut ausgesprochen, oder letztendlich doch nur in Gedanken gesagt hat.
Dekkja » 31.03.2016, 19:44 » Der See #2

Battlecry


Nichts war bisher passiert, sie war ganz sie selbst geblieben - starrte den Hengst einfach nur an, nicht sicher, ob er besonders kühn oder besonders leichtsinnig war, bei dieser Kälte ins Wasser zu gehen. Vielleicht war er auch des Lebens überdrüssig, und sie störte dir Ruhe eines Sterbenden. Oder war er nur eines dieser vielen, übernatürlichen Wesen, die das Tal bevölkerten - sie war sich sicher, dass einige auch Unsterblichkeit zur Liste ihrer Fähigkeiten zählten. Wie dem auch sei, tot war der stattliche Hengst bisher ja noch nicht, und im Allgemeinen sah es auch nicht so aus, als würde er in den nächsten Minuten von der Bildfläche verschwinden. Bekräftigt durch die Selbstfindungsphase, die sie in den letzten Stunden durchgemacht hatte - und den Test, dass keine Hassgefühle gegen den Hengst aufwallten, plötzlich und ungerechtfertigt - trat die Stute noch ein paar Schritte näher, doch weiterhin blieb sie ruhig, nichts in ihr deutete darauf hin, dass sie dem Hengst etwas antun wollte. Zufrieden mit sich selbst, und ihrem Geist, nickte sie.

Allerdings ist ihr forsches Vortreten nicht unbemerkt geblieben - wenn auch der imposante Rappe weitaus weniger Elan an den Tag legte als die Isländerstute, die naturgemäß eher trippelte, und dabei nicht zwingend die gleiche Eleganz besaß wie der Friese vor ihr. Doch jetzt stand sie, den Blick gebannt auf den Rücken, den kräftigen Hals, den sich langsam ihr zuwendenden Kopf vor ihr. Und sie wurde enttäuscht. So stattlich wie der Rest seines Körpers war sein Kopf jedenfalls nicht - vor allem der Blick, geprägt durch völlige Gleichgültigkeit, die so gar nicht zur Aufwartung, die eines Kriegers, passen wollte. Der Blick hatte nicht direkt etwas Abweisendes, aber einladend war er wohl definitiv auch nicht. Trotzdem ließ die Stute sich nicht beirren. Er wirkte nicht gefährlich - und selbst wenn, sie trennten immer noch die Elememte, und auch er würde sich der Sogkraft, den starken Armen des Wassers kaum entziehen können.  Ihr blieb also genügend Zeit, würde sich diese Begegnung als fatal herausstellen - bis jetzt war sie aber vor allem eins: langweilig.

Gewillt, diese Langeweile zu beenden, durchbrach sie die Stille, bot ihrem Gegenüber die Möglichkeit einer Unterhaltung an. "Ist Euch nicht kalt dort drinnen?" Der Zorn, die sinnlose Wut, war vollständig aus ihren Worten gewichen, und, wie um sich für ihr voriges Verhalten zu entschuldigen, verhielt sie sich nun höflicher als bei ihrer Begnung mit Artax. Doch es lag nicht allein daran, nein, still und heimlich musste sie sich gestehen, dass der Hengst sie beeindruckt hatte. Er war sicherlich attraktiv, aber das war es gar nicht. Dekkja fand ihn nicht anziehend, nicht auf... diese Weise. Aber seine Ausstrahlung, die hatte sie gebannt. Sein Blick hatte letztlich den Ausschlag gegeben - er hätte sie einschüchtern können, dann wäre sie sicherlich nicht vorgetreten. Wäre es jedoch der Blick eines Kriegers, der stoische, gelassene, aber doch gleichzeitige Blick, der rein jener Gattung vorbehalten war, gewesen, sie hätte ihm ihr Herz und ihr Leben vor die Hufe gelegt, komme was wolle. So allerdings hatte er sie doch, in gewisser Weise, ermutigt. Gar nicht so sehr durch das, was er getan hatte, sondern viel mehr durch das, was er nicht getan hatte. Die Faszination, die sie von Anfang an gespürt hatte, war noch nicht verflogen, und so sah sie es als ihre Pflicht an, zumindest herauszufinden, was es mit ihm auf sich hatte. So war ihre volle Aufmerksamkeit auf den Rappen gerichtet, als sie nochmal die Stimme erhob. "Ihr holt euch dort drinnen sicherlich den Tod - es ist tiefster Winter!" Es war keine Bevormundigung, lediglich eine Feststellung. Mit all ihren Sinnen konzentrierte sie sich auf etwas, ein Zeichen, das ihr verraten würde, wie er es aufnahm. Ob er sich vielleicht, wenn auch seine Worte anders sprechen würden, durch ein Zucken, einen Blick, verraten würde - schließlich wäre er der erste Übernatürliche, dem sie begegnet.
Dekkja » 03.03.2016, 20:00 » Der See #2
» ab hier von Fallen gespielt
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Battlecry



No one's gonna take my soul away

Im Schnee steht eine Stute, die in sich selbst ruht. Man könnte meinen, sie wäre eine Statue, doch dazu liegt zu wenig Schnee auf ihrem Fell, nur ein paar weiße Tupfen auf dem schlammfarbenen Fell. Den Blick in die Ferne gerichtet, lässt sie das Vergangene Revue passieren.

Kurz nach ihrer Begegnung mit Artax hatte der Winter eingesetzt. Er kam auf leisen Schwingen, zog über Nacht die Bäume in seine kalte, weiße Umarmung. Dekkja, die im Schatten einiger Bäume gedöst hatte, konnte sich kaum sattsehen an diesem Schauspiel - und obwohl ihre Beine kalt waren, die Glieder steif vom unvorhersehbaren Kälteeinbruch, war sie kaum zu halten. Mit einigen ungelenken Sprüngen tauchte sie ein in die weiße Wunderwelt, das Schneetreiben, das noch immer anhielt. Ihr war, als würden die Flocken, die auf ihrem Körper aufkamen, zischend an ihrem Fell verglühen – doch mit ihnen auch die innere Unruhe, die sie seit dem Verrat ihrer Herde angetrieben hatte. Hier, an diesem kalten Wintermorgen, fand Dekkja zu sich selbst zurück.

Natürlich hatte sie sich verändert, ohne Frage. Was, wenn nicht der Verrat des eigenen Vaters, die Brandmarkung als Mörderin und das Kappen der letzten Familienbande, sollte jemanden mehr verändern? Viel mehr, welche Seele würde standhaft bleiben in solchen Zeiten, wer könnte so unerschrocken, so abgestumpft sein? Doch soweit man das sagen konnte, so fand sie sich in dem Flockenwirbel selbst wieder, wie eine Erinnerung, einen alten Freund, den man im Herzen immer vermisst hat, und doch konnte man das Missen nie so ganz zuordnen. Die Hitzigkeit der letzten Zeit kühlte der Schnee, die ruhige Landschaft zähmte ihre wilden Gedanken.

Es geht ein Ruck durch die Stute, die Statue erwacht, hinterlässt eine gleichmäßige Spur im Schnee. Sie weiß nicht wohin sie will, aber die Szenerie ist so einladend, sie genießt das bloße Erlebnis. Keinen Gedanken mehr verschwendet sie an den Fuchs, mit dem sie einen Pakt schmiedete. Der Zorn, den Ártali in ihr geweckt hatte, war verflogen, und mit ihm die Zerstörungswut. Dekkja war nie das freundliche Mädchen von nebenan gewesen, war schon immer den Jünglingen ähnlicher gewesen als ihre Altersgenossinnen. Sie mochte keine gute Freundin sein, bestand aus einer harten Schale und einem harten Kern. Doch sie war ein Racheengel, kein Todesengel. Sie wollte die leiden lassen, die ihre Familie verraten hatten, die “Mörder” geschrien hatten und selbst ein junges Fohlen dem sicheren Tod aussetzten. Es war ein Wunder, dass ihr Bruder überhaupt überlebt hatte, doch das hatte sie noch nicht gewusst, als sie deren Leben ein Ende setzte, die den jungen Fuchs verbannt hatten. Es hatte sich gut angefühlt, und noch immer brodelte das Blut in ihren Adern, wenn sie daran dachte. Doch mit dem fallenden Schnee zog sich die Blutlust wieder zurück, in einen Winkel ihres Unterbewusstseins, den sie nicht wecken wollte.

Vor ihr tat sich nun ein See auf, die Wasseroberfläche seltsam dunkel gegen den hellen Schnee um sie herum. Das Schneetreiben war verebbt, doch es war kalt genug, um die weiße Pracht für die nächste Zeit zu erhalten. Je näher sie kam, desto mehr hob sich noch ein weiterer Fremdkörper gegen die Winterlandschaft ab, der Körper eines anderen Pferdes. Für einen Moment nur blieb Dekkja stehen, überlegte, ob sie wirklich zu den Listen ihrer Taten auch einen Vertragsbruch schreiben wollte, doch sie schüttelte den Gedanken an Artax sogleich wieder aus dem Kopf. Er war ein krankes Hirn, getrieben vom Wahnsinn. Vielleicht mochten ihre Ziele für einen Außenstehenden ähnlich aufwarten, und so hatte sie sich selbst mitreissen lassen von der Idee, das Tal unter ihr Joch zu zwingen. Doch nun, die fiebrigen Gedanken abgeschüttelt, erkannte sie, dass er falsch lag. Sie waren keine Verbündete, denn Verbündete brauchten einen gemeinsamen Antrieb. Und den hatten sie nicht.

Mit ruhigen Schritten war sie hinter den Hengst getreten, der immer weiter auf den See zugegangen war, mittlerweile bis zu den Fesseln im Wasser stand und doch nicht zu frieren schien. Sie taxierte ihn, überlegte sich seine Gesinnung. Sie dachte nicht daran, ihn anzusprechen, war gar nicht allzu sehr auf die Gesellschaft aus. Viel mehr war das ein Experiment, sie forderte das Feuer, das bis vor kurzem anstatt von Blut durch ihre Adern geflossen war, heraus. Denn wer wusste schon, ob Schnee kalt genug war, um eine Stichflamme niederzurdrücken.

I don't really wanna know what's good for me

Dekkja » 20.11.2015, 22:30 » Das Gebirge #2

Artax



Dekkja verfolgte das Verhalten des Hengstes skeptisch. Irgendwas hatte er an sich, das sie prinzipell abstieß. Doch sie machte sich nichts daraus. Sie hatte sowieso kein interesse daran ihn näher kennen zu lernen. Sie mochte ihn auch nicht. Die Dunkelbraune war nur darauf aus, andere fertig zu machen. Sie genoss den Schmerz der anderen und sie liebte es, ihn zuzufügen. Das sie nun mit einem Hengst, der ihr ähnlich zu sein schien, Eine Allianz schadete ihm zweifel nie, da war sie nicht dumm. Aber ebensowenig würde sie ihm trauen.
Irgendwas sagte ihr, dass er sie bei einer besseren Gelegenheit hintergehen würde und es problemlos hinnahm. Genau das würde sie selbst auch tun.
Nun denn, nachdem alles geklärt ist, wünsche ich viel Erfolg bei unserer Zusammenarbeit und bin dann weg.
War sie dabei unhöflich? Was solls, war ihr sowieso egal.
Sie wandte sich ab und galoppierte davon. Sie verließ das Gebirge und sah sich nach einem neuen Opfer um.

->weg
Dekkja » 18.10.2015, 13:32 » Das Gebirge #2

Artax



Ein böses Lächeln hatte sich auf ihre Züge geschlichen, als sie an all die Möglichkeiten dachte. Ja, sie konnte nehmen was sie brauchte und so lang sie es brauchte. Da lohnte es sich auch etwas kurzer zu treten.
Er schien in einigem mit ihr einer Meinung zu sein, hoffte sie jedenfalls.
Wie auch immer.
Selbstverständlich, Auf eine Erfolgreiche Zusammenarbeit. Ich hoffe nur du erwartest von mir nicht ewig bei dir zu bleiben. Sie sprach boshaft und doch fest, war für ihre Verhältnis fast freundlich. Einen Gleichgesinnten traf man selten, die meisten waren nur feige, also nichts für die Stute. Sie hatte gerne starke Charaktere, denn sie kämpfe lieber mit ihrem Körper als ihrem Verstand. Wie jemand das jemals einem guten Kampf vorziehen konnte verstand die Ponystute nicht. Vor allem weil man sie immer unterschützte.
So stand das Bündnis nun anscheinend fest, sah den Hengst direkt an, sie würde sich ihm sicher nicht unterordnen, so weit kam es noch.
Dekkja » 16.10.2015, 16:46 » Das Gebirge #2

Artax



Die Sute machte sich immer mehr Gedanken. Sie wollte sich dem Hengst nicht unterordnen, würde es niemals über sich bringen jemandem das Kommando zu überlassen. Sie schätze Artax ein wie sich selbst, etwas das nie funktionieren konnte, denn keiner würde je nachgeben.
Trotzdem erkannte sie die Vorteile von denen er sprach. Es war ein gefährliches Tal, wie Dekkja es besonders machte. Ein Verbündeter der ihr Rückendeckung gab war hier sicher nicht verkehrt, auch wenn sie ihm niemals trauen würde. Sie traute niemandem, der ihr in den Rücken fallen konnte, wenn sich ein Vorteil daraus ergab, die Stute würde es genauso machen, das war klar,
Sie zuckte nur gelangweilt mit den Schultern, zeigte keinerlei größeres Interesse daran mit dem Hengst zusammen zu arbeiten. Andererseits musste sie sich nicht auf dauer mit ihm abgeben, das lehnte sie sowieso ab,
Warum nicht, bringt durchaus Vorteile. gab sie doch leicht nach, auch wenn ihre Miene keinerlei Begeisterung sondern nur Bosartigkeit abstrahlte.
Dekkja » 24.09.2015, 16:42 » Das Gebirge #2

Artax



Das Blut aus ihrem Biss spuckte sie angewidert aus. Es schmeckte einfach nicht, und trotzdem liebte sie das Gefühl, wenn das Fleisch nachgab. Warum sie gerade dieser Hengst so provozierte, war ihr unverständlich, doch irgendwann würde sie es herausfinden. Angewidert starrte sie den Hengst an, immer noch die Ohren eng an ihr Genick gepresst.
Die Worte von Artax nahm sie ihm einfach nicht ab, spielte er doch extra unschuldig. Wer sollte das schon glauben?
Gehässig lächelte sie ihn an, kalt und abschätzig.
Vielleicht hasst du nichts anderes verdient,säuselte sie lieblich.
Ihre Miene änderte sich dabei jedoch kaum.
Doch sie musste zugeben: Sie dachte ernsthaft über die Allianz mit ihm nach. Zu zweit? Doch musste sie daran denken, dass sie dann auf ihn Rücksicht nehmen musste. Das widerum widerte sie sehr an.
Trotzdem hatte er recht.
Widerwillig sprach sie aus zusammengebissenen Zähnen. Du hast recht. Es wäre sinnvoll.
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