Fragile trabte suchend durch die Gegend. Es musste doch irgendwas geben, das sich als Information als nützlich erweisen konnte. Doch statt hilfreicher Informationen fand er ein Tal voller leere. Egal wie gut er suchte, er fand kaum ein Pferd und wenn, waren sie wortkarg und verzogen sich, bevor sich Fragile auch nur vorstellen konnte. Es blieb ihm nichts übrig, als unverrichteter Dinge zurückzukehren und zu sehen, ob zumindest seine Herde mehr spannendes bot, wenn die Umgebung es schon nicht tat. Er hatte wirklich absolut nichts gefunden. Frustriert stampfte er auf und machte sich auf die Suche nach seiner besten Freundin. Vielleicht hatte Robyn ja irgendetwas, worüber sich zu lästern lohnte, wenn er selbst schon mit leeren Hufen nach Hause kam. Selbst der Fahle machte sich rar, zumindest hatte ihn Fragile nicht finden können. Aber die Hoffnung, dass dieses pferd geschichte war, hatte er gar nicht erst. Das Tal war riesig, er konnte nicht überall zeitgleich sein. Scheinbar hatte er Faith einfach verpasst, was ihm sehr missfiel.
Er musste nicht lange suchen, als er den Herdenplatz erreichte. Dort stand Robyn schon und sah sich suchend um. Vielleicht auf der Suche nach ihm? Oder irgendeiner Beschäftigung in diesen langweiligen Zeiten? Nun, Fragile war zurück und mehr als bereit, seine einsetzende Langeweile zu beenden. Robyn, endlich jemand, der mich von meiner Langeweile erlösen kann, begann er ganz dramatisch und ging auf die Stute zu. Er meinte es ernst, wollte nichts lieber als dieser Eintöngikeit entkommen. Erzähl, gibt es wenigstens hier Neues, wenn das Tal schon wie ausgestorben wirkt?, fragte er voller Hoffnung, dass wenigstens sie etwas wusste, über das sich zu reden lohnte.
Fragile fing an ein wenig herum zu drucksen, nervös fing er an mit dem Schweif zu schlagen und ein zittriges Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Der hübsche Bursche, den er damals angetroffen hatte war von ihm ebenso angetan gewesen, wie er von ihm und dennoch hatte sich zwischen ihnen nichts weiteres ereignet. Der Grauschimmel hatte keine besondere Erklärung parat. Vielleicht war es einfach noch zu früh gewesen. Für den Fremden, denn Fragile hatte sicherlich keine Probleme damit, sich mit Unbekannten zu vergnügen. Im übrigen lag doch genau darin der Reiz. Ein wenig enttäuscht war er natürlich schon gewesen, als sich ihre Wege ohne jegliche Zärtlichkeit getrennt hatten, aber er hatte so viele interessante Informationen bekommen, dass es sich dann doch wieder gelohnt hatte. Dennoch war ihm der gierige Blick des Hengstes nicht entgangen und er hatte ihn auf genau die selbe, hitzige Art und Weise erwidert. Mit jedem anderen wären die weiteren Verläufe des Tages schon klar gewesen, doch bei ihnen beiden war es natürlich anders gekommen. Sie hatten sich mit einem fast sehnsüchtigen Lächeln verabschiedet und waren gegangen. Wie ärgerlich. Der Grauschimmel seufzte frustriert und schüttelte mit dem Kopf.
„Es ist nichts passiert, Robyn. Auch wenn wir es wohl beide anders gehabt hätten. Gott weiß, weshalb er sich aus dem Staub gemacht hat. Identitätskrise oder so. Hat vermutlich eine Familie und sich innerlich nicht damit anfreunden können.“ Fragile wusste ganz genau, dass der andere keine Familie gehabt hatte, was sein Verhalten umso komischer gemacht hatte. Wen kümmerte es schon, mit wem man wie verkehrte, wenn man sowieso noch Niemandem die Treue geschworen hatte? Zumindest für Fragile war das wohl das merkwürdigste Verhalten, welches er seit langem hatte miterleben dürfen. Schließlich war er ein wunderhübsches, williges Kerlchen. Wer sagte dazu schon nein?
Robyn fing wieder an über Faithless zu reden und auf Fragile’s Antlitz legte sich erneut ein zynisches Grinsen. Der Geist hatte sich den falschen Zeitpunkt ausgesucht, sich zu verlieben. Worte fanden hier schneller an die Ohren anderer, als das Schläge sie hätten vernichten können, auch wenn einige Geheimnisse aufgrund von krieg und Brutalität verloren gingen. Schade drum, aber es ließ sich nun einmal nicht ändern. Aber dieses Geheimnis und was Robyn gerade erzählte… „Sein Name war Oblivion, nicht wahr? Ich glaube er ist spurlos verschwunden. Oder gestorben. Wer weiß das schon? Vielleicht hat Raphael sich auch damals seiner entledigt. Wäre ein schlauer Schachzug gewesen, auch wenn ich nicht glaube, dass dieses Geistervieh irgendeine Form der Zuneigung verspüren kann.“ Einen Augenblick blieb Fragile still, dachte über die Situation nach und fing schließlich noch mehr an zu grinsen. Leiko also? Eine Rappstute? „Gut zu wissen, dass sein neues Liebchen auch ein schwarzes Fellkleid trägt. Schade für sie wäre, wenn er noch immer nicht über seine alte Tusse hinweg gekommen ist.“ Er hatte noch nie etwas von einer Leiko gehört. Vermutlich war sie längst tot, wie die meisten Angehörigen jener, die im Krieg eine bedeutende Rolle spielten. „Ihr Name ist übrigens Englyn.“ fügte er schließlich leiser hinzu. Nicht jeder sollte sofort ihren Namen wissen, schließlich war das hier ein Geheimnis, welches der Grauschimmel auch noch anderen erzählen wollte. Ein Geheimnis welches NUR er erzählen wollte. Und vielleicht Robyn, aber sie hatte als seine beste Freundin Privilegien. Besagte beste Freundin redete sich gerade in Rage und Fragile konnte nur grinsend mit den Augen folgen, während sie von einem Thema zum nächsten sprang. Efterklang, Venom, dann wieder Illium, Dmitri, wieder Illium. Fragile lächelte leicht. Er hatte noch nie gesehen, wie Robyn ernsthaft ihr Herz verschenkt hatte. Aber verknallen tat sie sich oft. Ungefähr drei Mal am Tag. Was natürlich nichts gegen Fragile war, er ungefähr jeden Hengst toll fand, der sich in seine Nähe begab. „Ich befürchte Dmitri ist off limits. Ich habe gehört, dass er eine Frau und Kinder hatte. Sein Sohn Hybrid, hat sich übrigens neulich umgebracht. Tragische Geschichte. Und mit seiner Enkelin hat er noch weniger am Hut, als mit mir. Immer diese Familiendramen. Man würde meinen so alte Klepper würden ihre Leben langsam auf die Reihe kriegen, aber sie sind einfach noch schlechter darin, als wir. Und der gute zählt schon eine dreistellige Zahl.“ Fragile trat ein wenig näher an Robyn heran und senkte seinen Mund in die Nähe ihres Ohres. Nicht jeder musste das hören was er nun zu sagen hatte. „Außerdem glaube ich, dass er an Illium bald einen Narren fressen wird.“ Gefährliche Worte, aber der Intuition des Grauen war meistens zu vertrauen. Zumindest in solchen Dingen. Mit einem fast gleichgültigen Blick trat er wieder zurück und überblickte den Herdenplatz. In letzter Zeit schien sich kaum spannendes zu ereignen, aber Fragile wusste, dass es unter der Oberfläche nur so brodelte. Bald würde alles auf einmal ans Licht geraten und dann hätten Robyn und er eine Menge zu tun.
„Eben noch hab ich geglaubt, dass sich dieses goldene Püppchen für Illiim entscheidet, aber ich lag wohl falsch. Schau nur wie sie diesem Vampir hinterher dackelt. Ob sie weiß, dass er ihr den hübschen Nacken innerhalb von einer Sekunde zerbersten kann?“ Vermutlich wusste sie es nicht, was auch ganz gut so war. Vielleicht war sie ja sogar eine derjenigen, die nicht einmal die mächtigen Schwingen auf dem Rücken der Engel erkennen konnte. So wie Tear. Fragile suchte mit einem hastigen Blick nach links und rechts nach der kleinen Schimmelstute. Als er sie schließlich fand wurden seine Augen riesig. Sie und Jason standen zusammen, sahen sich mit einem Lächeln an und die Aura um die beiden herum war einfach nur… unangenehm? „Oh. Mein. Gott.“ gab er schließlich von sich, als er in die Richtung der beiden nickte. War denn jetzt jeder Engel von irgendjemandem besessen? Sogar Jason? Skandalös. Fragile sah wieder zurück zu der goldenen Stute, die sicherlich bald eine Dreiecksbeziehung führen würde und lächelte fast schon boshaft. „Drama. Ich könnte mich nicht mehr auf die kommenden Ereignisse freuen, Robyn.“ Ganz zu schweigen von den vielen neuen Gesichtern die hier aufgekreuzt waren. Auch jene würden ordentlich mitmischen und während sie alles ins Rollen brachten, würde der Graue daneben stehen und sich lächelnd alle wichtigen Details merken, um sie an Robyn weiter zu geben. Schließlich gab es nichts wichtigeres als Informationen.