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Immer lauter tickt die Uhr.


Linette » 03.02.2014, 12:06 » Die Wiesen #2

Akatosh


Langsam wurde es wirklich kalt. Auf dieser weiten Ebene gab es kaum etwas, das ihr ausreichend Schutz bieten könnte. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, hierher zu kommen – oder zumindest nicht in Gesellschaft zu sein. So würde niemand bemerken, wenn der eisige Wind auch ihr tiefstes Mark erreichte, ihren schlanken Körper erstarren ließ und ihm gleich einem Gift die Lebenskraft entzog. Irgendwann würde sie einfach hier liegen, tot, eine starre Mattigkeit in den Augen. Mit der Zeit würde Gras über sie hinwegwachsen, ihr Körper würde zusammenfallen und jeden Teil seiner Schönheit verlieren, den er einmal gehabt hatte. Und keiner würde sich an sie erinnern; keiner würde wissen, dass sie, Linette, einmal existiert hatte. Die Stute schüttelte sich abermals bei diesem nicht unbedingt herzerwärmenden Gedanken. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Tatsache ihrer Unbekanntheit in dieser Welt schätzen oder verachten sollte. Wie alles im Leben hatte wohl auch dies seine positiven und negativen Seiten, über die sie für den Moment lieber nicht allzu intensiv nachdenken wollte. Noch fühlte sie sich äußerst lebendig, wenngleich die Kälte sie durchaus zeitweilig zittern ließ. Jederzeit könnte sie diesen Ort verlassen und Schutz suchen, es war also nicht so, als hätte sie keine Wahl.


Ein irritierter Ausdruck zeigte sich auf ihrem hübschen Gesicht, als sie glaubte, etwas wahrzunehmen. Schritte, die sich erst näherten und kaum wenige Augenblicke später wieder zu entfernen schienen. Sie wandte den Kopf, ihre dunklen Augen erfassten einen großen Hengst, der sich soeben wieder von ihr abgewandt hatte. Warum? Verwirrung umspielte ihren Geist und sorgte dafür, dass sie keine logische Erklärung dafür fand. Wer würde es vorziehen, in dieser Einsamkeit die Gesellschaft einer Stute zu meiden, der man beinahe gegenüberstand? Lin glaubte kaum, dass sie eine derart abschreckende Aura besaß. Natürlich mochte in ihrem anmutigen Gebaren durchaus jemand einen leuchtenden Funken von Arroganz erkennen, doch dem war nur bedingt so. Viel mehr besaß sie lediglich ausreichend Selbstbewusstsein, um ihr Aussehen als ausreichend gut einschätzen zu können. Dennoch, dieser Hengst wirkte nicht so, als wäre er diesem Tatbestand abgeneigt gewesen. Vielmehr war er einfach.. seltsam. “Ich finde es durchaus unhöflich, einfach so heranzukommen und dann ohne jegliches Vorstellen wieder verschwinden zu wollen.“ Leicht hob sie ihren Kopf bei diesen Worten an, hielt ihre Augen selbstsicher auf den Fuchs gerichtet. In gewisser Weise kam er ihr bekannt vor. Es schien so, als würde sich in ihrem Innersten, dem tiefsten Winkel ihres Unterbewussten etwas regen. Etwas, das sie wissentlich dort verborgen hielt und niemals hervorholen wollte. Lin war sich sicher, dass es aus einer Zeit stammte, in der alles begonnen hatte. Vor ihrem inneren Auge schien ein vertrautes Bild über einen imaginären Bildschirm zu flimmern; es zeigte sich die Landschaft, in der sie aufgewachsen war. Saftig grüne Wiesen, schier unendlich hohe Bäume, klare Flüsse und Winter, die niemals diesem hier geglichen hatten. Alles war wie eine Welt des unumstößlichen Friedens gewesen, in der es keine Schicksalsschläge gab, die das Leben von Vielen verändern konnten. Dennoch hatte es einen gegeben, der zumindest ihr Leben verändert hatte. Es schien der Stute so, als würde sich in ihrem zierlichen Körper bereits ein schmerzvoller Krampf anbahnen, wenn sie auch nur an ihre Krankheit dachte. Das Blut ihrer Mutter, es hatte diese in sich getragen. Und dieses Blut pochte nun durch ihren Körper, war gleichzeitig ihr Lebenssaft und ihr finsterer Tod. Nur allzu gut konnte sie sich an das entsetzte Gesicht der Stute erinnern, als sie ihr von den immer häufigeren Krämpfen erzählt hatte. Gar eine Träne hatte ihre Augen verlassen und war stumm glitzernd in ihrem Fell versickert. Es gab keine Heilung. Vieles hatten sie versucht, viele Kräuter, welche diverse Wirkungen erzielt hatten. Manchmal war es für eine gewisse Zeit besser geworden, ob nun für Tage oder gar Wochen. Aber diese Kräuter waren beinahe noch schlimmer gewesen als jene, die ihren Zustand verschlechtert hatten. Denn sie hatten Hoffnung geschürt, Hoffnung, dass man doch durch Zufall ein geeignetes Kraut entdeckt haben könnte. Aber nie war es der Fall gewesen. Bis heute plagte Lin sich mit dieser Krankheit und auch wenn sie die Krämpfe besser kontrollieren konnte, so bestimmten sie weiterhin ihr Leben. Gar fürchtete sie, dass schon bald wieder einer kommen würde, es war bereits lange her. Zu lange, was bedeutete, dass es heftig werden würde. Irgendwann würde das Ganze ihren Tod bedeuten und sie war nahezu verwundert, dass dies noch nicht der Fall gewesen war.

Die Orangerote bemühte sich darum, ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Ja, sie kannte diesen Hengst, ja, sie wusste nun, aus welcher Zeit, woher. Doch es war, als wäre er nur ein Schatten für sie, würde in ihrem Geist kaum mehr richtig existieren. Nicht einmal an seinen Namen konnte sie sich erinnern – und gewiss wusste sie nicht mehr, welch eine Rolle er einmal in ihrem eigenen Leben gespielt hatte. Lin erhielt auch nicht das Gefühl, dass sie sich irgendwann daran erinnern könnte. Aber vielleicht täuschte sie sich und der Klang seiner Stimme würde Erinnerungen in ihr wachrufen, die ihr weiterhalfen. Natürlich war es auch möglich, dass er nicht mit ihr sprechen würde. Er könnte einfach weitergehen, sie hier zurücklassen, als hätte er sie mit keinem seiner Sinne je wahrgenommen. Denn offensichtlich lag ihm nicht daran, eine direkte Konversation mit ihr zu führen. Sie würde jedoch nicht von ihm ablassen, warten, ob er sich nicht doch zu einer Antwort hinreißen ließe. Die Stute würde ihn schon dazu bringen, etwas preiszugeben. Ob er dies nun freiwillig tat oder ob sie ein wenig mit ihren nicht zu leugnenden Reizen spielen musste. Ein wenig Plauderei würde ihn schon nicht umbringen.
Linette » 01.02.2014, 11:04 » Die Wiesen #2

Allein - bzw. bald Akatosh



Man konnte nicht sagen, dass das Wetter angenehm wäre. Sobald es regnete, schien die Welt in einem grauen Schleier zu versinken und die sonst so grüne Wiese wandelte sich in eine undefinierbar braun-schlammige Masse. Stets gab der Boden unter ihren Hufen nach, gab gar bei jedem Schritt widerwärtig schmatzende Laute von sich. Und das Gras war momentan auch nicht mehr als schmackhaft zu bezeichnen. Eigentlich war Linette hierher gekommen, um zumindest für eine gewisse Zeit ausreichend Nahrung zu haben. Der Winter war hart gewesen; aus diesem Grund ebenso groß die Schwierigkeit, etwas Essbares zu finden. Nun war sie hier und wurde von dem Gefühl ergriffen, dass es selbst in den kahlen Bergen mehr gäbe. Doch gut. Die Füchsin hatte nicht geplant, sich übermäßig lange hier aufzuhalten. Erst vor Kurzem war sie in dieses Tal gelangt und bereits jetzt waren ihr Erzählungen von Orten zu Ohren gekommen, die sie nur allzu gern einmal besichtigen würde. Alte Ruinen, in denen angeblich Geister herumspukten. Düstere Wälder, in die sich kein vernünftiges Wesen traute. Lin schnaubte und schüttelte den Kopf, sodass ihr die feuchte Mähne schwer gegen den Hals klatschte. Sie scheute das Risiko nicht und würde sich von solchen Schaudergeschichten gewiss nicht abschrecken lassen. Das waren doch lediglich Dinge, die man kleinen Fohlen erzählte, um sie von eventuellen Gefahren fernzuhalten. Selbst ihr hatte man Derartiges früher erzählt und damals hatte es sie wohl auch abgeschreckt – doch nun nicht mehr.

Die Stute senkte den Kopf, ihr samtenes Maul näherte sich dem durchweichten Boden. Gleichsam vorsichtig und bestimmt begann sie, einige Halme abzuzupfen und sie langsam zu zerkauen. Kein nennenswert angenehmer Geschmack breitete sich in ihrem Mundraum aus, statt der normalen Süße war das Gras nun geradezu sauer und hart. Der viele Schnee, der darauf gelastete hatte, hatte offensichtlich seinen Tribut gefordert. Dennoch musste die Füchsin zugeben, dass ihr das nasse Weiß im Moment bedeutend lieber wäre. Es war durchaus ein angenehmerer Anblick, durch eine Landschaft zu wandeln, die von einer strahlend hellen Decke verhüllt war. Nicht so wie jetzt. Mit kritischem Blick starrte sie auf ihre Beine hinab, an denen die Schlammspritzer teils gar bis zu den Knien reichten. Das leuchtende rot-orange wurde dadurch etwas getrübt, dennoch würde sie selbst aus der Ferne noch wie ein herausstechender Punkt erscheinen. Hier in der Nähe sollte sich ein Fluss befinden, den sie in nächster Zeit vielleicht einmal aufsuchen sollte. Seit wann du dich so um dein Aussehen scherst, beinahe wie eine überkandidelte Dame.. dachte sie bei sich, was einer inneren Schelte gleichkam. Es war nicht so, dass sie nicht im geringsten auf ihr Aussehen achten würde. Doch ein paar Spritzer störten sie normalerweise kaum. Jedoch war es viel mehr das widerliche Gefühl, das entstand, wenn der Regen aufhörte und der Dreck antrocknete. Es war so.. sie fand keine Worte dafür. Wie auch immer, der Fluss. Sie könnte ihm gut bis zu einem neuen Ort folgen, hätte somit eine grobe Orientierung und würde nicht völlig allein in diesen Landen umherirren. Denn hier begegnete man niemandem, der helfen könnte. Tatsächlich hatte Lin bislang nur von weitem einige andere Wesen gesehen, jedoch nicht einmal die Farbe ihrer Felle bestimmen können. Entweder war diese Gegend derart groß, oder überaus dünn besiedelt. Oder beides. Sie musste zugeben, dass es ihr nicht sonderlich behagte, beständig allein zu sein. Irgendwann begann man damit, sich verfolgt zu fühlen, als würden hungrige Augen stets auf einem ruhen. Sicherlich war das Unsinn, aber ihr innerer Fluchtinstinkt rief wohl manchmal diese Paranoia in ihr hervor.

Nach einer Weile beendete die Füchsin ihre Tätigkeit und hob wieder den Kopf, die Ohren waren gespitzt. Sie hatte lange Zeit in einer Herde gelebt und musste sich nun daran gewöhnen, auf sich selbst aufpassen zu müssen. Beziehungsweise hatte sie sich bereits daran gewöhnt, doch es war ein langer Weg gewesen. So achtete Lin nun stets darauf, dass sich ihr niemand genährt hatte, ohne dass sie es bemerkt hatte. Wobei sie eher bezweifelte, tatsächlich in der Lage zu sein, ein Raubtier zu entdecken. Immerhin hatten Wächter für gewöhnlich eine spezielle Ausbildung und waren darauf geeicht, auch nur die geringsten Bewegungen zu erfassen und begründet Alarm zu schlagen. Sie selbst würde wohl einfach gleich einer Wahnsinnigen davonstürmen, ohne dass es wirklich zu einem Zwischenfall kam. Doch lieber lief sie zu häufig davon, als aufgrund von Ignoranz zerfleischt zu werden. Linette wandte den Kopf gen Himmel und kniff ein wenig die Augen zusammen, um keine Regentropfen hineinzubekommen. Hoffentlich gab es einen zeitigen Frühling, wie es schon in einigen Jahren der Fall gewesen war. Sie mochte dieses Nass-Kalte nicht, kannte keinen wirklichen Ort, an dem sie sich davor schützen könnte. Vielleicht wäre es in einigen Ruinen oder Höhlen besser, jedoch würde auch dort die Feuchtigkeit ihre klammen Finger ausstrecken und tief in ihre Knochen eindringen. Wäre sie bereits bedeutend älter, so würde ihr das Ganze bereits zu schaffen machen. Gewiss zählte die Stute auch nicht mehr zu den aktiven Jährlingen, die freudig durch die Welt sprangen und keine Erschöpfung kannten. Allerdings gäbe es wohl kaum jemanden, der sie als alt bezeichnen würde. Gerade, was ihr Verhalten betraf. Ihre Dickköpfigkeit glich durchaus der eines jungen Fohlens, ihr freier Geist war ebenso damit zu vergleichen. Doch nach einer Weile war zu bemerken, welche Intelligenz und auch Erfahrung durchaus in ihr ruhten – auch wenn es kaum jemand so lange in ihrer Gesellschaft aushielt.
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