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Aynur » 15.09.2016, 14:33 » Die Höhlen #1

Aurian



Aynur kaute unbeirrt weiter auf den kargen Gräsern, als er keine Antwort bekam. Langsam und genüsslich mahlte er sich das harte Zeug klein. Er tat gerade so als wäre es das beste Futter auf der Welt. Ein zufriedenes Glitzern in den blauen Augen, mit denen er er den Fuchs im Blick behielt, ohne ihn allzu sehr zu fixieren. Jedes Detail prägte sich für immer ein. Fasziniert betrachtete Aynur das Langhaar des Fremden, welches mit der Länge die Farbe änderte. Zu den Spitzen wurde es immer heller. Der Cremello hatte so etwas noch nie gesehen und gerne hätte er erfahren, ob das einfach schon immer so gewesen war oder es einen Grund dafür gab, doch wollte er nicht zu aufdringlich voran gehen. Alles hatte seine Zeit und für manche Dinge musste man sich eben mehr Zeit nehmen, als für Andere. Der Fremde starrte einfach nur hinaus in das Land. Er wirkte so traurig, fast schon deprimiert. Der Körper schien ausgemergelt, kraftlos. Um den Fremden herum war es Aynur beinahe, als könnte er einen Schleier aus Einsamkeit und Verlorenheit erahnen. Sie war fast in der Luft zu schmecken.

Irgendwo nicht weit entfernt erneut der Ruf einer Eule. Der volle Mond stand bereits hoch am Himmel. Wie lange sich die Beiden nun schon anschweigten? Aynur fasste sich erneut ein Herz, ließ das Gras nun Gras sein und schritt an die Seite des Fremden, jedoch ohne in dessen Individualraum einzudringen. Vielen war so ein Einbruch in den privaten Raum unangenehm. Manche reagierte ungehalten, andere flüchteten einfach. Beides wollte der Cremello nicht provozieren. "Viele sehen nur Verfall und Tod." begann der Helle schließlich, die Augen wie der Fuchs auf das Land gerichtet. Es war nicht ganz klar was er meinte. Die Jahreszeit oder die Situation auf der Welt? "Ich aber sehe mehr. Ich sehe bereits neues Leben. Aus jedem Verfall kann etwas Schönes entstehen, wenn man ihm die Chance gibt. Alles kann sich mit der Zeit regenerieren und erstrahlen." Die helle Stimme verklang leise in der Dunkelheit. Ob der Fuchs ihm überhaupt zuhören würde? Ein kurzer Blick, doch der Fremde stand weiter ungerührt da und starrte in die Nacht. Er würde ein schwerer Fall werden, das war Aynur mittlerweile klar. Ein tonloses Schnauben entkam den Nüstern des Hellen, der sich ebenfalls wieder dem Land zuwandte. "Weißt du, ich muss nicht reden." Eine kurze Pause, ein erneuter Blick auf den Fremden. Auf den Lippen des jungen Cremellos lag weiterhin ein Lächeln, das zeigte das er mit allem im Reinen war. Da war keine Spur von Mitleid gegenüber dem Fuchs. Oder gar etwas wie Hohn oder Spott. Warum auch? Aynur war nicht so, er war anders. "Du brauchst es mir nur sagen. Dann schweigen wir halt."

Aynur » 13.09.2016, 23:21 » Die Höhlen #1

Aurian



Der Helle wusste nicht, wie lange er da stand, in Gedanken versunken. Seine Lippen wurden von einem zufriedenen, glücklichen Lächeln geziert und in den strahlend blauen Augen lag eben so ein Funkeln. Es war egal an was genau er von seiner Vergangenheit dachte, jeder Augenblick machte ihn glücklich. Und wer glücklich war, war reich. Aynur war mit sich und der Welt im Reinen. Schon immer gewesen. Auf das sehr helle, cremefarbene, seidig weiche Fell des jungen Hengstes setzte sich Feuchtigkeit aus der Luft ab. Es verlieh ihm zu seinem Strahlen, wie alle es immer nannten, nun auch noch einen faszinierenden Glanz. Beim genaueren Hinsehen konnte man fast meinen das tausend winzig kleine Diamanten in seinem Pelz versteckt lagen, die, bestrahlt vom Mondlicht, in tausend Facetten blitzten. Aynur selber sah dieses Naturschauspiel auf seinem Körper nicht. Aber das brauchte er auch nicht. Er war noch nie selbstverliebt oder arrogant gewesen. Und er würde es auch niemals sein. In einer solchen Welt, wie er sie vor sich sah, gab es so etwas nicht. Niemand war besser als Andere. Solch eine Einstellung legte nur den Grundstein für Neid. Neid war der Grundstein für Hass. Und Hass die Voraussetzung für Morde und Krieg. Ein ewiger Kreislauf, der nur zu stoppen war, wenn man es anders anging. So wie der Cremello eben. Mit positiver Sicht und farbenfroher Energie.

Ein Geräusch im Rücken ließ Aynur aufhorchen. Seine feinen Ohren schnellten automatisch nach hinten. Hufe kratzten auf Stein, dann das Geräusch von einem sich bewegenden Körper. Der Fremde war scheinbar erwacht, doch der junge Hengst wandte sich nicht um. Von dem Fuchs ging keine Gefahr aus und vergraulen wollte er ihn auch nicht. Immerhin musste er noch seine selbst gestellte Aufgabe erfüllen. Verlorenen Seelen neuen Lebensmut schenken. Und, auch wenn Aynur noch nicht wusste, was dem Fremden widerfahren war, es würde definitiv nicht leicht werden ihm zu helfen. Der Helle wartete ab, kaute weiterhin auf den spärlichen Gräsern die das Land hier bei den Höhlen bot. Seine Zeit würde kommen. Der Fuchs musste zwangsläufig an Aynur vorbei, wenn er die Höhle verlassen wollte.

Es dauerte nur einige wenige Minuten, da sah der Cremello im Augenwinkel wie sich der Fremde von der lichten Dunkelheit der Höhle hinaus in das Mondlicht begab. Wie auch heute morgen schritt er ohne ein Wort an dem Hellen vorbei. Aynur tat es ihm gleich und schwieg ebenfalls. Harrend der Dinge, die da kommen würden. Der junge Hengst ließ es sich jedoch nicht nehmen, den Fuchs mit seinen blauen Augen im Blick zu behalten. Der Andere sah, trotz des Schlafes, den er gehabt hatte, noch immer zermürbt und unendlich einsam aus. Trotz allem, die Züge des Fuchses waren wie in Stein gemeißelt. Felsenfest. Er wirkte so ruhig und ausgeglichen, doch Aynur ahnte was dort unter der Oberfläche schlummerte. Erneut huschte ein lauer Wind herüber und wehte dem Cremello den Geruch des Fremden direkt zu. "Oh, du bist wach." begann Aynur dann letztlich doch die nächtliche Stille mit seiner hellen Stimme zu durchbrechen. Wie das klang. Als ob er nicht vorher schon mitbekommen hatte, das der Fuchs wach war. Immerhin war er vorbei geschritten ohne sich die Mühe gemacht zu haben unbemerkt zu bleiben. Er hätte es auch sicher nicht geschafft, außer er wäre in der Höhle geblieben. Auf Aynurs Lippen ruhte, wie eigentlich immer, ein ehrliches, aufmunterndes, freundliches Lächeln. Erwartete er wirklich eine Antwort? Nun, er würde sich überraschen lassen.

Aynur » 13.09.2016, 22:22 » Die Höhlen #1

Aurian



Aynur blinzelte in die Dunkelheit der Höhle, die gar nicht mehr so finster war. Er war tatsächlich eingenickt. Wie lange er wohl geschlafen hatte? Ein paar Minuten? Oder vielleicht sogar Stunden? Im Grunde war es eigentlich auch nicht wirklich von Bedeutung. Der Cremello konnte sich ein Gähnen nicht verkneifen, bevor er sich kurz streckte und mit einer fließenden, leichten Bewegung vom unbequemen Steinboden erhob. Vor der Höhle waren auch die letzten Nebelschwaden verschwunden. Doch nicht wegen dem Sonnenlicht, wie Aynur vermutet hätte, sondern wegen dem runden Mond, der klar auf die Welt hinab schien. Er hatte fast einen ganzen Tag hier verbracht? Nach einem Augenblick der Orientierung wusste der Helle wieder wo er war, was er hier gewollt hatte und vor allen Dingen das er nicht alleine gewesen war. Zielsicher huschten die blauen Augen tastend an den felsigen Wänden entlang in die Ecke, in die sich der Fuchs heute morgen zurück gezogen hatte. Er lag noch immer dort, aber die Stellung, in der er sich nun befand, ließ Aynur einen Moment das Schlimmste befürchten, doch dann sah er die Bewegung des Brustkorbes. Der Fremde lebte zum Glück noch, er hatte sich nur völlig ausgestreckt. Der Cremello streckte sich nochmals, bevor er sich einmal kräftig schüttelte und sich nach Draußen begab. Er wollte nicht gehen, jedoch verlangte sein Magen nach etwas Nahrung und der Fremde wollte scheinbar immer noch seine Ruhe.

Vor der Höhle war kaum etwas Fressbares zu finden. Ein paar harte Gräser und Kräuter, die es in den Ritzen zwischen den Steinen ans Licht geschafft hatten. Das würde und müsste reichen. Aynur kaute genüsslich, als wäre es das saftigste Grün auf der Welt, während sein Blick durch die von Mondlicht erfüllte Nacht glitt. Genau in solch einer Nacht war er vor fünf Jahren geboren worden. Nicht umsonst hieß er Aynur. Hier und da durchschnitt der Ruf einer Eule die nächtliche Stille. Irgendwo neben ihm zirpte eine Grille, die sich scheinbar hierher verirrt hatte. Der Cremello lauschte den Klängen mit spielenden Ohren und genoss die nächtliche Atmosphäre. Viele Seelen empfanden Furcht während der Nacht. Manche wegen Erlebnissen, andere einfach weil es ihnen eingetrichtert wurde. Aynur jedoch nicht. Er mochte die Nacht genauso wie den Tag, den Regen genauso wie die Sonne, den Somme genauso wie den Winter. Es war egal was war, der Helle fand immer das Positive und saugte sich dies heraus. Vermutlich war auch das der Grund, das er stets seine farbenfrohe und freundliche Art erhalten hatte. Selbst wo verdorbene, von Hass zerfressene Seelen ihn versucht hatten zu töten. Er war immer noch der, der er als Fohlen gewesen war.

Aynur ließ zwischendrin den Blick zurück in die Höhle gleiten, von deren Eingang er sich nicht weit entfernte. Bei Gefahr würde er den Fremden beschützen. Einfach weil das seiner Natur entsprach. Scheinbar hatte der Fuchs viel mit gemacht und Ruhe wohl mehr als verdient. Aber so konzentriert der Hengst auch lauschte, kein Geräusch verriet nahende Gefahr. Aynurs helles Langhaar pendelte leicht im lauen Lüftchen. Wie lang es wohl dauern würde, bis der Fremde erwachte. Oder war er gar wach? Ein prüfender Blick, doch noch immer regte sich nichts bei dem Liegenden. Aynur ließ seine Gedanken kurz wandern, ging in Gedanken seine ähnlichen Begegnungen durch. Alle hatten nach einiger Zeit neuen Mut gefasst und immer wenn er weiter gezogen war, ging es ihnen gut. Oder zumindest besser. Der Helle zweifelte nicht daran, das Alle neuen Fuß gefasst hätten und endlich das Leben führten, das Jedem gebührte. Ein erfülltes, glückliches und positives Leben.

Aynur » 13.09.2016, 19:36 » Die Höhlen #1

Aurian



Gut. Der Fremde war also einer der Schweigsamen. Das war Aynur nicht fremd. Oft war er auf seiner Reise solchen Seelen begegnet. Vom Leben und Erlebten zur Stille traumatisiert. Die Ohren des Cremellos spielten, doch davon würde der Fremde wahrscheinlich auch nichts mitbekommen. Wie lange es wohl dauern würde, bis der Fuchs aus seiner Deckung kommen würde? Erst vorsichtig, tastend wer das so scheinend vor ihm stand. Aynur hat das Spiel schon so viele Male gespielt, aber es wurde jedes Mal anders. Niemals konnte und durfte man gleich reagieren, denn Jeder war in sich unterschiedlich. Der Cremello schwieg, wie es der Fremde tat, und musterte ihn. Wie er so da lag, den Kopf unter dem Langhaar verborgen, welches in die Spitze hin immer heller wurde, strahlte er zwar eine beachtliche Ruhe aus, die fast schon in der Luft zu schmecken war, dennoch war sich der Helle beinahe sicher, das dort mehr war. Verborgen unter der Oberfläche. Aynur konnte Trauer, Schmerz und Einsamkeit erahnen, ließ sich aber nicht davon anstecken. Eher schien es, je mehr Negatives von seinem Gegenüber strömte, desto heller schien er zu strahlen. Als wenn er all die Dunkelheit vertreiben wollte. Ein stummer, unsichtbarer Kampf von Licht gegen Finsterniss.

Als auch nach mehreren Minuten keine Regung von dem Fremden kam, wand sich Aynur wortlos ab und schritt leichtfüßig in die andere Ecke, direkt gegenüber des Fuchses. Ein bisschen Ruhe würde dem Hellen sicherlich nicht schaden. Mit einem wolligen Seufzen ließ er sich auf den kalten Steinboden fallen. Bequem war etwas anderes, aber immerhin war es kühl, während es draußen immer wärmer wurde. Und geschützt vor zum Beispiel Regen. Typisch für den Cremello, sah er nur das Positive an den Dingen. "Keine Sorge." durchbrach Aynur erneut die Stille in der Höhle mit seiner farbenfrohen, freundlichen Stimme. "Nicht das ich denke du müsstest dir welche machen. Ich tu dir schon nix." Ein letztes Mal glitten die blauen Augen des Hellen prüfend über den noch immer liegenden, beinahe schon eingerollten Fuchs, eher er es ihm gleich tat. Mit einer fließenden Bewegung zog Aynur die zierlichen Beine näher an seinen Körper, bevor er seinen Kopf auf eben diesen ablegte und die Augen schloss. Er hatte Zeit, alle Zeit der Welt. Irgendwann waren sie alle aus ihrem Versteck gekommen, man durfte sie nur nicht zwingen.

Draußen vor der Höhle gewann die Sonnen den Kampf gegen den Nebel und tauche immer mehr Land in ein wärmendes, kraft schenkendes Licht. Der Frost verwandelte sich zurück in Tau, während die Luft schwer wurde von der zusätzlichen Feuchtigkeit. Man könnte schon fast meine es wäre schwül. Wie an einem Sommertag, kurz vor oder nach einem heftigen Gewitter. Die Luft roch nach Frische, Reinheit, und wehte mit einer leichten Brise in die Dunkelheit der Höhle. Aynur atmete tief ein. Er mochte diesen Geruch, der Unbeschwertheit und Schönheit mit sich brachte. Automatisch zog der Cremello auch den Geruch des Fremden tief in sich hinein, speicherte ihn automatisch ab. So würde er den Fuchs immer und überall wieder erkennen. Und seinen Spuren folgen können, sollte er plötzlich verschwunden sein. Nicht das Aynur glaubte er würde sich einfach so davon schleichen, aber für den Fall des Falles war es sicherer.

Aynur » 13.09.2016, 13:46 » Die Höhlen #1

Aurian



Die Schritte kamen langsam aber sicher näher und schließlich konnte der Cremello ausmachen, das, wer auch immer da kam, er direkt auf ihn zukam. Erwartungsfreude machte sich in dem Hellen breit, dessen feine Ohren locker spielten. Er mochte Gesellschaft und die Vorschau darauf, hier nicht allein verweilen zu müssen, ließ ihn noch heller strahlen, als er es eh schon tat. Viele sagten von ihm, das dieses Strahlen nicht nur von seiner Fellfarbe kam, sondern direkt aus seinem Inneren schien. Der Cremello konnte dazu nichts sagen. Vielleicht war es so. Vielleicht lag es aber auch einfach an seiner Art und Weise. So farbenfroh und positiv sehend wie er war, wäre das durchaus möglich.

Es dauerte nicht lange, da schob sich der Körper zu den Schritten aus dem Nebel heraus. Der Cremello schnaubte freundlich, als der Fremde kurz innehielt. Ein Ding von Sekunden, dann lief der fremde Fuchs einfach weiter, direkt an dem Hellen vorbei hinein in die Höhle. Etwas überrascht von dieser Begrüßung, wenn man das so nennen konnte, wand der Cremello sich nach einem Augenblick dem Inneren der Höhle zu, wohin der Fremde verschwunden war. Ohne lang darüber nach zu denken setzte der Cremello dem Fuchs nach. Die Dunkelheit umfing den Hellen, versuchte nach ihm zu greifen, doch es schien fast, als wenn ein Schimmer aus Licht um dem Hengst lag. Nach einem Moment der Gewöhnung ließ der Hengst seinen Blick suchend durch die Höhle wandern ließ. Ganz hinten in der letzten Ecke fand er schließlich den Fremden, der ihn weder ansah noch wirklich wahr zu nehmen schien. Er hatte sich einfach nieder gelassen. Die Ohren des Hellen spielten. Der Fremde wirkte unendlich müde und ausgelaugt. Warum auch sonst hätte er sich einfach hinlegen sollen?

"Ist alles in Ordnung?" fragte der Cremello den Fremden schließlich und näherte sich, bedacht darauf nicht in den Individualbereich des Fuchses zu kommen. Von Nahem konnte man deutlich sehen wie eingefallen und einsam der Fremde wirklich aussah. Vermutlich wäre also nichts in Ordnung. Noch eine verlorene Seele. Die erste Bekanntschaft und schon eine weitere Herausforderung. Entweder gab der Fremde es sofort zu oder würde versuchen es zu vertuschen. Oder er würde einfach gar nichts sagen und schweigen. All solche Begegnungen hatte der Hengst schon durchlebt. "Verzeih, ich bin Aynur." Respekt und Höflichkeit hatte bei der Erziehung des Cremellos einen Großteil ausgemacht und so lebte er das auch weiterhin vor. Die zwei Dinge waren für eine positive Welt unabdingbar. "Brauchst Du vielleicht Hilfe?" Aynur schnaubte hell, freundlich, fast schon autmunternd und das Echo hallte von den Wänden wieder. Kurz zischte der Schweif des Cremellos durch die Dunkelheit, dann wurde es wieder still. Lediglich das Geräusch der Atmung der Beiden war leise zu hören. Aynur ließ dem Fuchs Zeit. Niemals würde er Jemanden hetzten. Wenn es etwas gab, was der Fremde los werden wollte, dann würde er irgendwann von sich aus kommen. Oder doch nicht?

Aynur » 13.09.2016, 12:30 » Die Höhlen #1

Aurian



Der Winter stand schon seit Tagen vor der Tür und klopfte bereits mit frostigem Glanz daran, der sich an diesem frühen Morgen auf jegliche Gräser und Gewächse niederließ. Das bisschen Sonne, was es schaffte sich durch die feuchten, wabbeligen Nebenschwaden zu kämpfen, verlieh dem zartem Frost ein ganz besonderes, faszinierendes Funkeln. Von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet schien es fast, als würden alle erdenklichen Farben in diesem gefrorenen Tau versteckt liegen. Selbst auf den Felsen lag ein hauchdünner, zarter, zerbrechlicher Hauch des Winterboten. Die vorsichtige Wärme, welche mit der Sonne zusammen gegen den Nebel ankämpfte, versprach jedoch, das es nicht lange dauern würde, bis Frost und Nebel davon ziehen würden. Vorerst zumindest. Auf lange Sicht betrachtet würde der Winter Oberhand gewinnen. Wie jedes Jahr.

Das Geräusch von Schritten hallte von den Wänden aus Stein wieder, zerschnitt die morgendliche Stille. Es klang trotz des Echos leichtfüßig, frei, und vertrieb langsam die drückende Stimmung, die solch ein Tagesanfang automatisch mit sich trug. Der Winter war die Zeit der Kälte. Manchmal kam es einem so vor, als wenn nicht nur die Welt sich in Schnee und Eis tauchte, sondern auch die verschiedensten Lebewesen ihr Herz darin ertränkten. Nicht so der Cremello, der sicheren Hufes am Fuß des Gebirges Richtung Höhlen auf dem Weg war. Auf seinen weichen Gesichtszügen lag Freude und Faszination. Die strahlend blauen Augen glänzten, fast so wie der Frost überall um ihn herum. In dem hellen Langhaar verwandelte sich der Frost zu Wassertropfen, die seinem Aussehen dem letzten Schliff gaben. Unter dem seidigen Fell spielten die Muskeln, während er weiter lief, nein eher schwebte. Es schien, als wenn es dem Hengst kaum Kraft kostetet Halt auf dem rutschigen Gestein zu finden. Zielsicher und zielstrebig näherte er sich den dunklen Löchern im Fels, den Eingang der Höhlen. Neugierde lag in seinem Ausdruck.

Als den Cremello nur noch wenige Meter zum Eintritt in die Höhlen trennte, hielt er inne. Die feinen Ohren spielten, während die Nüstern sich prüfend weiteten. Ob es hier Raubtiere gab? Nicht das der Hengst Furcht verspürte, sie schien ihm fast völlig fremd, noch dazu hatte er auf seinen Reisen schon Bekanntschaft mit so einigen Räubern gemacht, welche meist friedlich von statten gingen. Was nicht zuletzt wahrscheinlich an seiner Art lag. Stets freundlich, voller Frohsinn und immer auf das Positive bedacht. Mit solch einer Einstellung schaffte man sich sogar Fleischfresser als Freunde. Es lag eher daran, das es einfach nicht seine Art war ungebeten in das Zuhause von Fremden einzudringen. "Hallo?" Die sanfte, dunkle Stimme des Cremellos wurde von einem hellen, freundlichen Ton begleitet und hallte leise von den Wänden wieder. Auch als das Echo verklungen war, erklang keine Antwort. Das bedeutete, das hier scheinbar niemand wohnte. Das kam dem Hengst sehr gelegen. Der beschwerliche Weg über das Gebirge, an dessen Fuß er sich befand, hatte ihn doch etwas ermüdet. Ein wenig Schlaf würde ihm sicher nicht schaden. Gerade als der Cremello im Begriff war, sich in die Dunkelheit zu begeben, ließ ihn das Geräusch von Hufen auf Stein aufhorchen. War er doch nicht allein hier. Ein freudiges Lächeln legte sich auf seine weichen Lippen und sein Blick huschte suchend durch den Nebel.

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