Voller Freude rannte Ukaya umher. Ein Tag wie dieser, ohne von Stimmen heimgesucht zu werden, konnte nur grandios sein. Umso mehr sehnte sie sich nach mehr als nur wenigen Stunden ohne ihre Erinnerung. Die Erinnerung an ihre Naivität und ihre eigene Dummheit. Doch nun war es nicht mehr zu ändern, der Pakt war unveränderbar geschlossen. Also nutzte sie ihre Fähigkeiten so gut es ging, um dem Teufel eines auszwischen. Für gute Dinge, nicht für Böse, wie er geplant hatte.
Niemand begegnete der Stute bei ihrem Toben. Erst als sie sich beruhigte und tief durchatmete, erkannte sie wo ihre Beine sie hin geführt hatten. Das Mondtal. Ein schöner Ort, wie sie fand. Zufrieden schnaubte sie. Hier ließ es sich eine Zeit lang aushalten. Entspannt knabberte sie am Gras und überlegte, ob sie an eine ihrer Fähigkeiten arbeiten sollte. Zumindest soweit sie es konnte, so ganz allein. Aber das störte sie nicht. Allein mit sich selbst zu sein war eine Seltenheit. Also genoss sie diese Momente besonders ausgiebig.
Ukaya schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie wollte das Wetter, das verhangen aber trocken war, ändern. Ein wenig Sonne wäre schön, wie sie fand. Also konzentrierte sie sich auf das Wetter, das sie ändern wollte, doch egal wie sehr sie sich bemühte, es gelang nicht. Frustriert stampfte sie mit den Beinen auf und wollte sich abwenden, doch etwas ließ sie innehalten und warten. Eine Eingebung vielleicht? Was auch immer es war, die Stute wartete einfach ab und ließ sich Zeit, durch diesen ort zu wandern.
Es fühlte sich kalt an, alles. Es war als wäre er innerlich eingefroren. Sam war geflohen. Hatte die Adoyan Enay fürs erste den Rücken gekehrt. Es wurde ihm alles zu viel...zu viele fremde Pferde. An Illium konnte er sich auch nicht wirklich orientieren. Also hatte er sich in einer dunklen Höhle zurückgezogen gehabt, es hatte ihn an den engen Raum erinnert...doch irgendwie hatte es sich trotzdem gut angefühlt...es waren vertraute Gefühle der Angst. Mit diesen Gefühlen fühlte er sich direkt sicherer. Aber er kannte ja auch nicht wirklich andere Gefühle....zu sehr hatte man ihn damals gebrochen. Vor seinen Augen spielten immer wieder die Bilder wie er in den Raum kauerte, in sich zusammengesunken und sich kaum bewegen konnte. Wie er immer wieder zwischendurch getreten und gebissen wurde. Seine Flügel sahen in diesen Bildern krüppeliger aus als jetzt, mittlerweile waren sie etwas mehr gewachsen. Doch er wusste nach wie vor nicht ob er diese jemals nutzen könnte. Er wollte bei Illium ins Training gehen, doch er hatte genug um die Ohren mit der Herde und den tot von Raphael. Er wollte sich da auch nicht aufdrängen und hatte erstmal den Abstand gesucht.
Sein Körper erhob sich vom kalten und harten Höhlenboden. Er streckte sich, breitete kurz seine Flügel aus ehe er sie wieder anlegte. Sameon suchte sich den Weg zum Ausgang und blinzelte ein paar mal. Es war doch heller als er erwartet hatte. Seine Augen schlossen sich und er zog die sommerliche Luft tief in seine Lunge ein. So verweilte er einige Minuten ehe er überlegte wo es ihn als nächstes hinführen würde. Er kam zu den Entschluss das er einfach laufen würde und auf seine Beine vertrauen würde das diese ihn an einen sicheren Ort führen würden. Er war noch nicht darauf bedacht wieder zurück zur Herde zu gehen, dafür tat ihm die Zeit alleine ohne den ganzen Trouble ganz gut. Er setzte sich in Bewegung, seine Schritte wurden immer schneller bis er komplett in den Galopp verfiel. Der Wind fegte durch sein Gesicht, wirbelte seine Mähne auf und streifte an seinen Flügeln vorbei. Der Boden war immer noch sehr hart und steinig weshalb sein Hufgetrappel laut in seinen Ohren wiederhallte. Er merkte schnell wie sein Herz anfing zu pumpen, sein Fell sich vor schweiß aufstellte...doch er wollte immer weiter laufen. Er biss die Zähne zusammen und lief immer weiter. Bis seine Hufen plötzlich weicheren Boden berrührte. Jetzt erst kam er wieder in die Realität zurück und blieb stehen um zu schauen wo er gelandet war. Das Mondtal. Er hatte von diesem Ort gehört, hatte ihn aber selbst nie gesehen, dabei sah er so prachvoll aus. Inmitte vom Gebirge war hier ein Tal was aussehen sollte wie ein Sichelmond. Gras wuchs auf diesen Steinigen Boden und hatte sich irgendwie seinen Weg gesucht. Er konnte ebenfalls eine Buckskinstute entdecken. Hielt die Luft an und wirkte wie erstarrt. Sam wusste noch nicht so ganz wie er reagieren sollte. War quasi wie festgewurzelt aus Angst.
Ukaya blieb weiter stehen und genoss die Ruhe. Zu selten, es war einfach zu selten geworden, die Zeit wo sie mit sich allein war. Wie lang würde es diesmal dauern, bis dem Teufel einfiel, dass sie noch da war und nichts böses tat, um ihm zu dienen? Nur damit er ihr weiterhin auf die Nerven gehen konnte. Aber sie sah einfach nicht ein, waurm sie das tun sollte. Sie war von grund auf nicht böse. Vielleicht manchmal etwas übermütig und zu wenig auf ihre eigene Gesundheit bedacht, das gab sie gern selbst zu, aber das bedeutete nicht, dass sie sich selbst oder anderen was böses wünschte. Im Gegenteil. Nur der Teufel verstand es nicht und wollte sie bekehren, wogegen sie sich vehement wehrte.
Ein weiteres Mal arbeitete sie an ihrer Magie, die ihr geschenkt worden war. Oder eher aufgedrängt. Doch egal wie sehr sie sich konzentrierte, es passierte einfach nichts. Langsam kam sie sich verarscht vor. Die Wolken zogen weiter, entspannt und ohne von ihr beeinflusst zu sein, als würden sie die Stute verspotten. Weil du mir nie zuhörst. Die Macht ist kein Fohlenspielzeug, dass sich sofort meistern lässt. Du warst einfach zu nachlässig die ganze Zeit, Und jetzt, wo dir plötzlich einfällt, dass du mich hast, soll es funktionieren? So läuft das nicht, Ukaya. Ich weiß ich weiß, lass mich doch einfach in Ruhe und tu wichtige Teufeldinge, versuchte sie ihn wieder loszuwerden. Ein leises Lachen erklang in ihr. Seufzend musste sie zumindest eingestehen, dass sie sich wirklich nicht mit der Magie an sich befasst hatte und nun ungeduldig mit sich selbst war.
Sie erschreckte regelrecht, als ein Pferd auf sie zukam. Erstarrt wartete sie ab, ob das Tier böse oder nicht war. Doch die Erstarrung schien sich ebenfalls auf den Schimmelhengst ausgebreitet zu haben. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er etwas besaß, das sie noch nie an einem Pferd gesehen hatte: Flügel. Hallo, ich bin Ukaya und du?, fragte sie vorsichtig. Sie wollte dem Geheimnis unbedingt auf den GRund gehen, und böse sah der Hengst ihr gegenüber auch nicht aus. Eher verschreckt und auch ein wenig abgekämpft.
Der Schimmel stand immer noch wie festgewurzelt da, traute sich kaum zu Atmen. Sein Kopf schrie das er rennen sollte, weit weit weg von hier. Zurück zu den Adoyan Enay um Schutz zu suchen. Doch er konnte jetzt auch nicht sein ganzes Leben auf der Flucht verbringen, nur im Schutze der Herde. Nein er musste sich auch mal mehr trauen, er war nicht mehr das kleine Kind was gefangen genommen wurde. Ein Stich rammte bei diesem Gedanken durch sein Herz. Es würde wahrscheinlich noch Jahrhunderte dauern bis er über die Geschehnisse hinweg war...wenn es überhaupt jemals heilen würde. Vielleicht hätte er für seinen ersten Ausflug nicht alleine gehen sollen sondern jemanden mitnehmen sollen, wie zum Beispiel diese Paula´s Harmony. Sie schien ja doch ganz nett gewesen zu sein.
Die Blicke des Hengstes senkten sich, es war so schade. Schließlich war Sameon zu so einem stattlichen Hengst heran gewachsen und innerlich war er einfach gebrochen. Dementsprechend konnte er seine Schönheit auch nicht wirklich nach außen tragen. Aber wie denn auch wenn er sogar krüppelige Flügel hatte und vielleicht nie wirklich so große prächtige Flügel bekommen würde wie die anderen. Er seufzte traurig. Durch die ganze Grübelei merkte er nicht einmal das auch die Stute erst einmal erstarrt wirkte, doch sie hatte sich definitiv schneller gefasst als Sam, denn ihre Stimme riss ihn aus der Erstarrung und ließ ihn nach Luft schnappen. Sie stellte sich als Ukaya vor, Sam befeuchtete seine rauen Lippen bevor er ein Ton rausbrachte. "Hallo Ukaya, mich nennt man Sameon" Er verstummte kurz. Riss sich noch etwas mehr zusammen und atmete noch einmal tief ein und wieder aus. "Oder Sam" Seine Blicke hatten sich zwischenzeitlich wieder auf die Stute gerichtet. Er beobachtete sie genau ob sie irgendwie Anstalten machte ihn anzugreifen. Er wollte darauf gefasst sein und dementsprechend handeln. Er durfte nur nie vergessen das er nicht mehr der kleine Junge von damals war, nein mittlerweile konnte er was. Das musste ihn dann auch nur bewusst werden in der Situation. Er könnte natürlich auch versuchen zu Flüchten, doch davon würde sein Selbstbewusstsein nicht besser werden, sich Situationen komplett zu stellen wäre sicherlich ein richtiger Schritt um gegen die Vergangenheit anzukämpfen...
Wörter: 423
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18.07.2024, 17:32
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Stillreich
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