Stillreich » Das Tal » My mind shipwrecked
Ort: Irrenanstalt - Teilnehmer: Nevis, Izuna
» Izuna
Weißer Stern

Dieses Tier nutzt Bilder von:
» Mari Mi



» alle Posts von Izuna

Nevis



Pfeifend zog ein frischer Herbstwind durch das marode Gebäude in Izuna‘s Rücken. Es schien, als würde das Haus selbst singen, versuchen die Wesen in seiner Umgebung anzulocken um sie anschließend zu verschlingen. Sie stand noch immer in dem überwucherten Garten, der das Gebäude umgab, vor ihr erhob sich ein maroder Holzzaun, auf dessen anderer Seite ein schneeweißer Hengst stand. Izuna war immer noch geschwächt, von ihrem Versuch übereilt aus dem Gebäude zu entkommen und der anschließenden Hast durch das unliebsame Geländer in dem verwilderten Garten. Und der Gefühlsausbruch, in dem sie dem Hengst befohlen hatte, sie alleine zu lassen, hatte nicht gerade zu ihrem Wohlbefinden beigetragen. Die Tränen ließen ihren Kopf pochen, ihre Augen brennen und ihr Hals kratzte. Sie presste die Augen zusammen in der leisen Hoffnung, sie könne die Gefühle, Gedanken, das Unwohlsein das mit diesem emotionalen Ausbruch einherging, so vertreiben. Aber es halft nichts, es würde auch den Hengst anscheinend nicht vertreiben. Als er sie ansprach, zuckten ihre Ohren und sie blinzelte gegen die aufkommenden Tränen an, um ihn anzusehen. Seine Worte waren leise, als bekäme er sie selbst kaum über die Lippen. Sie schniefte leise und spitzte ihre feinen Ohren, fragte sich ob sie sich verhört hatte. Er würde nicht gehen, sagte er. Der Gedanke, dass jemand freiwillig in ihrer Nähe verharrte, nachdem sie seine Gefühlswelt so berührt hatte.. sie konnte es nicht fassen, verlagerte nun unsicher ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. Da spürte sie einen kalten Windhauch – er kam so plötzlich, dass sie vor Schreck scharf Luft einzog – doch als sie an die Stelle blickte, stellte sie fest, dass der Schimmel sich nach ihr ausgestreckt hatte und seine Nüstern sie fast berührt hätten. Hatte er etwa..? Nein, es musste ein Zufall sein, dass in diesem Moment ein besonders kalter Wind ihren Körper streifte.

„W..wirklich?“, konnte sie nur über ihre Lippen bringen, dann hob sie den Kopf wieder und blickte ihm in seine stechenden, eisblauen Augen. In dem Moment, als ihre Blicke sie trafen, spürte sie ihn wieder und erkannte eine Emotion in ihm, die eine gewisse Leidenschaft trug, aber sie konnte den genauen Ursprung nicht ergründen. Dafür müsste sie weiter in seine Gefühlswelt eindringen und dazu fehlte ihr der Mut, sie wollte ihn nicht wieder verschrecken. Also zog sie sich eilig wieder zurück, aber sie bemühte sich, seinem Blick stand zu halten. Sein Blick wirkte nun wieder so traurig, fast als habe er Mitleid mit Izuna. Sie wusste nicht, was sie von solch einem Blick halten sollte – Mitleid war keine Emotion, die ihr bekannt war. Niemanden hatte sie je nahe genug an sich heran gelassen, um eine solche Emotion am eigenen Leib zu fühlen. Vielleicht war es nicht nur das, vielleicht war es die Ablehnung, die damit einherging, die Schwäche.

Wieder erklang die Stimme des Hengstes und seine Worte ließen ein wohliges, warmes Gefühl in der hellen Stute aufsteigen. Noch nie hatte jemand außer ihrer Mutter ihr solche warmherzigen Worte gewidmet. Und das Lächeln des Hengstes wirkte so herzensgut, dass sie nicht an seinen guten Intentionen zweifeln konnte. Sie blickte sich etwas unsicher um. Jedoch konnte sie auch keinen Grund erkennen, weshalb sie ihm nicht erzählen sollte. Immerhin wusste sie nun etwas über ihn und er noch gar nichts über sie. Izuna seufzte schwer, suchte nach den richtigen Worten.

„Es ist wie ein Fluch. Durch das Erbe meines Vaters habe ich Fähigkeiten, durch die ich in die Gefühlswelt anderer Wesen eindringen kann. Ich kann nicht erklären, wie es funktioniert, ich..“, sie stockte, wusste nicht, wie sie diese Dinge, die in ihr geschahen, beschreiben sollte. „Ich fürchte mich davor.“, gab sie zu und ließ ihren Blick beschämt wandern. Es war schwer, darüber zu sprechen, doch gleichzeitig fühlte sie eine gewisse Leichtigkeit, sobald die Worte ihre Lippen verließen.

„Deshalb kenne ich sie, die Einsamkeit.“, fügte sie noch an, erinnerte sich an die Kälte, die sie im Innersten des Schimmels gespürt hatte und schauderte. Wie musst es sein, diese Kälte in sich zu tragen, sein ganzes Leben lang? Wie hielt er aus, so viel Traurigkeit und Einsamkeit? Izuna versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie viel Überwindung sie dies alles kostete, sie richtete sich auf und ermahnte sich, wieder aufrechter zu stehen, sich nicht zu verletzlich zu zeigen.

 


Wörter: 837

__________________


×××××××××××××××××××××××××××××
Behind my eyelids are islands of violence




this the only land my mind could find
My mind ship-wrecked
××××××××××××××××××××××××
14.06.2020, 18:32
»Nevis
Dieser Charakter wurde eingefroren.


Nevis Gedanken rasten und froren zugleich ein. Der Spätsommer hatte sich über das Tal wie eine erdrückende Decke gelegt und umhüllte seinen die Kälte kennenden Körper mit einer leicht dampfenden Schicht. Er hatte nicht vor, zu fliehen. Doch er verstand seine eigenen Gefühle ebenso wenig wie die der Stute, die Existenz der Stute, seine eigene Existenz. Das Leben sprach in Rätseln zu ihm und die Welt, in der zuvor wohlige Kälte und eisige Einsamkeit geherrscht hatten, war ins Wanken geraten. Konnte, ja sollte er Izuna trauen? Sich öffnen? Die Möglichkeit in Betracht ziehen, aus dem Käfig seines Alleinseins auszubrechen? Oder war all das hier ein Fehler?  Doch ihn nicht zu begehen, war es schon zu spät. 

Er konnte sich lediglich konzentrieren, auf das, was Izuna sagte. Und auf seine Atmung, um nicht seine Verblüffung darüber zuzugeben, was sie sprach. Gefühle? Sie konnte die Gefühlswelten anderer ertasten, erkennen? Seine Ohren zuckten nervös nach vorn und zurück, während er daran dachte, was sie wohl bei ihm entdeckt hatte. Welche Abgründe sich ihr aufgetan haben mussten, als sie ihre Fühler nach der seinen Gefühlswelt ausgestreckt hatte. Hatte sie die eisige Kälte gespürt? Das brennende Verlangen, nach einer Veränderung? Oder hatte der Winter seine Gefühle gut genug vor der Gefühlslesenden verbergen können? Doch er konnte sich in dieser Angst und Unsicherheit nicht ergehen, denn ein Satz, den sie sprach, blockte alle weiteren Gedanken und zog all seine Aufmerksamkeit auf sich. Angst? Das kannte er. 

"Furcht... ja..." Er musste an das schreckliche Gefühl denken, das ihn jedes Mal überkam, wenn er aus Versehen mit der Kälte ein Lebewesen so sehr streifte, dass es in Gefahr geriet. Er war der Winter und er konnte seine Augen und Sinne nicht überall haben. Deswegen geschah es ab und an, dass er andere mit dem Eis verletzte. Und er hasste es. Die ersten Kältetode anderer Wesen hatten ihn in eine so tiefe Verzweiflung getrieben, dass er nie wieder ganz daraus hatte hervorkriechen können. "Ich kenne diese Angst. Sie ist mein täglicher Begleiter. Unsere Kräfte... Sie sind Fluch und Segen zugleich." Er nickte bedächtig und sah Izuna dabei sanft in die Augen - so sanft es ihm gelang mit den eisigen Iriden, die seine Pupillen umschlossen und zurückdrängten. "Dein Vater, hat er dir beigebracht, damit umzugehen?" Mutter Gaia hatte stets um die Bürden ihrer Söhne gewusst, doch während seine Brüder angenehmeren Fähigkeiten ausgeliefert waren - Blümchen sprießen lassen, Laub verwelken lassen, derlei Dinge - war es Nevis gewesen, der der Grausamkeit der Natur oblag. Stets hatte er sich gefühlt wie der Außenseiter der Familie, jener, der mit sich selbst andere zu sehr belastete. Er hoffte inständig, dass Izunas Kindheit anders aussah. 


25.09.2020, 14:42
1

 

Post-Benachrichtigung


Gruppe:


Smilies

Stillreich » Das Tal » Irrenanstalt » My mind shipwrecked
Gerade im Thread aktiv:
Anwesende Tiere: