» Lisa
my name is sue, how do you do?


VornameLisa Sue
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Prag läßt nicht los.
Dieses Mütterchen hat Krallen.
Franz Kafka




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Hallo ihr Lieben,

hier stelle ich euch mein Geschreibsel vor smilie



Schwalbengezwitscher


Mit mir hatte man es wirklich nicht einfach. Noch nie. Ich war keine sechs Jahre alt, als ich den Tag mit tiefer Abneigung Gleichaltrigen gegenüber begann. Während sich andere Kinder vor der Dunkelheit, Clowns, Gewitter fürchteten, fürchtete ich mich vor dem Kindergarten und den darin befindlichen Knirpsen. Der Zufall wollte es jedoch, dass ich in eine Familie hinein geboren wurde, die den Kindergarten nicht zur zwingend notwendigen Institution werden ließ. Das Familiengeschäft erlaubte es meiner Oma, von zuhause zu arbeiten. Während mein Opa und meine Mama am Morgen mit voller Eis beladenen Autos zu den hungrigen Leckermäulern der Stadt ausströmten, blieb sie daheim. Unter ihren wachsamen Blicken gefror die von ihr künstlerisch angefertigte Eismasse zu dem, was später von den Waffeltütchen tropft. Und weil man beim Eismachen die Kübel, Behälter, Maschinen einsaut, muss man sie auch säubern. Und so stand meine Oma vom frühen Morgen an in dem kleinen Raum mit den ohrenbetäubend lauten Eismaschinen und wuselte mal hier hin, mal dahin. Und ich wuselte mit.
Denn meiner Mama tat es leid, dass das Kind immer weinte wenn es in den Kindergarten musste. Und wenn das Kind weinte, meinte Tante Rosi – die Kindergärtnerin – das Kind gehöre in die Ecke und bestraft. Und so erlebte ich die erste Zeit im Kindergarten wie einen Horrortrip der Extraklasse. Nachdem Tage des Indereckestehens nicht fruchteten, wurde ich dazu abgestellt die jüngeren Kinder aufs Klo zu begleiten. Pah. Wie eklig! Erbarmen, dachte ich mir, als Mama und Oma entschieden: eine Stunde. Bis die Mama in ihren Eiswagen hüpft. Länger muss das Kind nicht zu den Kindern.
Punkt acht wurde ich im Kindergarten abgeliefert – der Sozialkontakte halber – um dann keine Stunde später auf dem Moped meiner Mutti – eine rosarote Schwalbe , feinstes DDR-Fabrikat – gen Schwalbennest zu schwirren. Denn abgesehen vom Familiennamen meiner Oma und dem Roller, hatten sich auch echte Schwalben im kleinen Dorf wo sie wohnte angesiedelt. Die warme Sommermorgenluft – im Winter blieben wir daheim, da kauft doch keiner Eis! – vermischte sich mit dem Zwitschern von zig kleinen Vögeln, die ihren menschlichen Namensvettern auf dem hübschen kleinen Hof Gesellschaft leisten.
Und so wurde der Duft von Sommermorgen gemischt mit dem typischen „Mopedduft“ und dem Gezwitscher der Schwalben zu einer meiner schönsten Erinnerungen, denn sie bedeuteten einen weiteren Tag gemeinsam mit meiner Oma, mit der ich die Welt entdeckte und eroberte.




Wörter: 420

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05.03.2015, 23:26
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