Die weiße Stute fühlte sich komplett unbeholfen. Wusste nicht genau wie sie reagieren sollte. Ob sie bleiben sollte oder doch lieber den Schlussstrich ziehen sollte? Ihre Hufen scharrten über den grünen, weichen Rasen. Riss dabei einige Gräser raus, doch das war ihr in diesem Moment egal. Irgendwo musste sie mit ihrer Anspannung hin. Ich sagte doch das du dir das nicht antun sollst, dass du lieber alleine mit mir bleiben sollst. Sie versuchte die Stimme von Aiden zu ignorieren, sie konnte doch nicht ihr ganzes Leben alleine mit ihrem Zwilling verbringen. Man musste doch auch mal richtige Bekanntschaften treffen, welche die wirklich da waren und real vor einem standen. Natürlich war sie auch gerne mit Aiden alleine, doch es reichte nicht ihr ganzes Leben. Doch sie musste immer darauf achten das ihr Bruder nicht eifersüchtig wurde, das wäre nicht das erste mal. Und dann konnte es auch mal vorkommen das er die anderen versuchte zu ärgern oder von ihr fern zu halten.
Rinn´s Ohren richteten sich in die Richtung des Hengstes als seine Stimme erneut erklang. Sie atmete wieder tief ein und aus um sich noch weiter zu beruhigen. Doch seine Worte verwirrten sie, wieso sollte sie nicht real sein? "Natürlich, wieso sollte ich denn nicht Real sein?" Sie konnte das ganze wirklich nicht nachvollziehen, nahm es aber erst mal so hin. Komisch, komisch...geb dich doch wenigstens mit wem gescheites ab und nicht mit so einem verrückten.... Wieder schüttelte sie ihren Kopf, nein das würde sie nicht machen, er sah nicht gefährlich aus also warum sich wieder in Gefahr begeben? Sie würde es ihrem Bruder wahrscheinlich eh nie recht machen können....
Die weiße Stute war nach dem knacken einige Schritte wieder rückwärts gegangen, konnte allerdings direkt erkennen das sich das dunkle Pferd bewegte. Sie hielt die Luft an, fürs fliehen wäre es allerdings jetzt zu spät. Neugierig beobachtete sie wie der Hengst versuchte aufzustehen, es allerdings erst nach einem zweiten Versuch gelang. Es wirkte als sei der Hengst nervös, jedoch ließ sie sich davon nicht aus der Fassung bringen. Warum hörst du auch nie auf mich Rinn? Du weißt wie gefährlich die anderen sind....sie nutzen uns doch eh nur aus... Sie schüttelte nur ihren Kopf. Nein es konnten nicht alle so sein, sie wollte nicht an soetwas glauben. Doch Aiden wollte sie auch nur beschützen.....es hatte vor und Nachteile und trotzdem wollte sie ihn nie verlieren. Nicht nachdem sie erfahren hatte das er eigentlich ihr Zwillingsbruder gewesen wäre.
Die Stimme des Hengstes riss sie aus ihren Gedanken. Er stellte sich freundlich als Xyper vor, interessanter Name. "Hallo Xyper, man nennt mich Rinn." Mehr wusste sie auch nicht zu sagen. Viel zu unbeholfen war sie im Gespräch mit anderen...Wie fing man soetwas überhaupt richtig an? Schließlich war sie fast immer eine Waffe für andere gewesen...bis sie sich davon endlich losreißen konnte. Wollte für sich selbst einstehen und nicht immer für andere funktionieren oder gar ausgenutzt werden wegen ihrer Fähigkeiten....
Es war erneut eine sehr lange Zeit vergangen, in der Rinn "alleine" durchs Tal irrte. Doch auch Aiden hatte sich nicht oft gemeldet. Sie vermisste es ja schon fast. Schließlich war sie es ja auch nie anders gewohnt gewesen, es fehlte einfach etwas wenn er ruhiger war, schließlich hatte sie die letzten Monate auch sonst kein Artgenosse angetroffen. Was natürlich auch nicht schlimm war, wer weiß was Aiden sonst mit den anderen Pferden anstellen würde wenn ihm etwas wieder nicht in den Kram passte. Und genau in diesem Moment hörte sie ihn, wie er sie ermahnte. "Jaja, ich pass wie immer auf." Dabei verdrehte sie leicht die Augen ehe sie ihre Reise fortsetzte.
Die weiße Stute vernahm ein rauschen. Ihre Schritte wurden schneller, der Waldboden knirschte unter ihren Hufen. Das rauschen wurde immer lauter...ihre Schritte schneller. Und ehe sie sich versah erstreckte sich vor ihr ein riesiger Wasserfall. Ihr Körper kam zum stehen, sie schloss die Augen und atmete tief den Geruch ein. Eine Sommerliche Brise machte sich in ihren Nüstern breit. Wenn nur alles so friedlich sein könnte wie dieser Moment gerade. Es war still, abgesehen von dem Rauschen des Wasserfalls sowie hier und da ein paar Vögel die zwitscherten und umherflogen. Ihre Augen öffneten sich wieder und ihre Blicke folgten den kleinen Vögeln. Ein leichtes grinsen legte sich auf ihren spröden Lippen. Trinken...ja das wäre wohl auch mal wieder wichtig. Ihr Körper setzte sich in Richtung Wasser in Bewegung. Unten am kleinen Becken angekommen blieb sie stehen und senkte ihr Kopf ins kühle Nass. Das kalte Wasser ran ihrer Kehle runter und sie brummte zufrieden. Als sie genug getrunkten hatte und wieder gestärkt war hob sie wieder ihren Kopf und erblickte ein Pferd was ganz in der nähe zu schlafen schien. Ein wenig neugierig war sie ja doch...DU BLEIBST HIER.... Sie schüttelte ihren Kopf. Als wenn sie nicht auf sich selbst aufpassen könnte. Jedoch wollte sie das andere Pferd ja auch nicht stören. Einen Schritt trat sie auf das Pferd zu, erwischte dabei einen Ast der unter ihren Hufen laut zerknackte....Na super das hatte sie ja wieder gut hinbekommen....