Faithless

Valentine rümpfte die Nase, als sie sich auf das sagenumwobene Herdengebiet der Gaistjan Skairae zubewegte. Nebel, Kälte, die ihr bis auf die Knochen drang und natürlich, Blicke die ihr förmlich die Seele aus dem Leib saugten. Wenn sie denn überhaupt noch eine besaß. Valentine versteckte das leicht herablassende Lächeln, was sie den gaffenden Gestalten entgegenbringen wollte und setzte ihren Weg fort. Bereits jetzt einen Streit anzufangen wäre sinnlos und definitiv nicht in ihrem Interesse. Sie war sich sicher, dass sie all diese Gestalten mit einem Wisch ihres Schweifes beseitigen konnte, aber dieses Selbstbewusstsein sollte man ihr zumindest jetzt noch nicht ansehen. Es war nie gut, anderen seine Stärken gleich zu Beginn zu zeigen, auch wenn sie dies bei dem nahezu überall bekannten Herdenleiter wohl nicht umgehen konnte. Zumindest diesem der Hirnwäsche unterzogenem Gesindel wollte sie ihre wahres Wesen nicht zeigen.
Valentine hatte nicht vorgehabt, sich einer Herde anzuschließen und sie hatte nach wie vor Bedenken. Sie gehörte einfach nicht hier her und sich für Jemanden einzusetzen, den sie kaum kannte, nun, das ging eigentlich schlicht und ergreifend gegen ihre Prinzipien. Aber sie lebte bereits lang genug, um auch mal neue Wege einzuschlagen und diese Unterstützung die sie hier geben würde, wäre eine vollkommen neue Erfahrung für sie. Man starrte sie immer noch an und Valentine fragte sich langsam, ob man überhaupt sie ansah, oder durch sie hindurchblickte. Die schwarze Stute brachte ein genervtes Seufzen, gepaart mit einem Augenrollen zu Stande, ehe sie sich einfach mitten auf den Platz stellte und wartete. Nach einer halben Ewigkeit setzte sie sich erneut in Bewegung und wartete am Herdenrand. Im Zentrum der Herde hatte sie sich innerhalb weniger Sekunden einfach nur dreckig gefühlt. Würde sie sich hier einnisten, würde das hier wohl ihr Stammplatz werden. Bis Jemand vernünftiges daher kam, um ihr Gesellschaft zu leisten. Oder Jemand, dessen Blut nicht schon aus dreißig Metern Entfernung stank, wie ein verfaulter Kadaver.

Valentine drehte sich mit einer anmutigen Bewegung um und blickte direkt in die zwei wässrig blauen Augen eines - man konnte es nicht besser beschreiben - fahlen Hengstes. Das vor ihr war kein geringerer als Faithless, aber Valentines Glieder erzitterten nicht vor Furcht und ihr Innerstes zog sich auch nicht vor Panik zusammen. Sie kam zu dem Schluss, dass die meisten Sterblichen einfach übertrieben und sich nicht darüber im klaren waren, dass das Wesen vor ihnen auch Schwachstellen hatte. Die hübsche Stute musterte Faithless einen Augenblick, versuchte zu erkennen, ob sie diese eventuell jetzt schon ausmachen konnte, ließ es dann aber bleiben. Sie war nicht hier, um Faithless zu stürzen und sie musste anfangen zu lernen, nicht sofort zu versuchen an Informationen zu gelangen, die für einen späteren Kampf nützlich sein konnten.
"Nichts dergleichen, vielen Dank. Ich komme tatsächlich auch ohne zurecht." gab sie mit einem leicht ironischen Unterton bekannt, schenkte jedoch ein feixendes Lächeln, was ihrer Stimme die Schärfe nehmen sollte. Tatsächlich, sie befand sich im Land der 'Geister', der Untoten. Genau hier gehörte Valentine hin, nicht wahr? Für einen kurzen Augenblick fühlte sich die Stute, als würde sie fallen, verdrängte das Gefühl der Haltlosigkeit jedoch innerhalb von Sekunden. "Bevor wir ein Pläuschchen halten, würde ich gerne dieser Herde beitreten. Danach gerne und ich bin sicher, du hast viel zu erzählen." Insgeheim war sich Valentine sicher, dass der Fahle besseres zu tun hatte. Und ganz nebenbei, sie auch. Sicherlich war es interessant Faithless ein wenig zuzuhören, vielleicht sogar belustigend und erheiternd, aber andererseits war es auch nicht ihre Art mit Jemandem am Rand zu stehen und über belanglose Dinge zu quatschen.

Valentine schüttelte ihren edlen Kopf, sah den Fahlen fast schon empört an. "Ich bin dazu fähig mich selbst zu beschützen." Für Schutz brauchte sie Niemanden, außer sich selbst, da war sie sich sehr sicher. Zusätzlich erschien es der Schwarzen rätselhaft, wie eine Herde wie die Gaistjan Skairae Schutz spenden sollte, mit ihren fragwürdigen Gestalten und dem Krieg, welcher einen so bedrohlichen Schatten über das Tal warf. 
"Die Langweile treibt mich her. Ich lebe schon zu lange, um mich aus einem Krieg heraus zu halten, von welchem die ganze Welt erzählt." Die Schwarze musterte den Fahlen einen Augenblick. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihre Talente und ihr ganzes Sein vor dem anderen ausbreiten sollte. Es könnte fatale Folgen haben, wenn er über sie Bescheid wusste, sie aber im Gegenzug nichts über ihn in Erfahrung gebracht hatte. "Ich bin ein Vampir.", offenbarte sie dem anderen schließlich. "Ich bin kräftig und ausdauernd und habe mir über die langen Jahre meines Lebens einiges an Wissen angeeignet." 

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