» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



Wird zur Zwischenablage genutzt, damit ich die "originalversion" noch habe. 

Gefährten der Drachen - Damon und Irina

Prolog

Schon in den ersten Geschichten der Dunkelelfen wurde erzählt, dass es nicht viele Regeln gibt. Dazu lebten sie viel zu frei. Doch eine Regel gab es schon immer. Die Regel besagte, dass schwache und kranke Kinder, sowie auch Halbblüter getötet wurden. Die Linie der Dunkelelfen musste rein sein, frei von Schwäche und Zerfall. Nur die Besten der Besten wurden auserwählt Kinder zu zeugen. Mit jeder Generation von Dunkelelfen wurden sie Stärker. Sie merzten jegliche Schwäche sofort aus und behielten die Reinheit der Linien stets bei. Denn immer stand die Bedrohung im Vordergrund. Sie wurden gejagt und abgeschlachtet, wann immer es sich ergab. Die Dunkelelfen zogen sich immer tiefer in ihre Wälder zurück. Eroberten und hielten ihr Reich. Im Verborgenen arbeiteten sie an eigenen Kolonien. Es waren immer nur kleine Familienverbände, denn sie wurden durch die letzte große Jagd, welche von Menschen und Elfen gemeinsam geführt wurde, fast komplett vernichtet. Tief verborgen, hatte nur die Elite der Reinblüter überlebt. Diese schworen Rache. Rache für all jene, welche gefallen waren. Waren die Dunkelelfen bisher friedfertig gewesen, und hatten sich von anderen ferngehalten, begannen sie nun, anderen Rassen aufzulauern. Besonders Menschen und Elfen waren ihre bevorzugten Gegner. Niemals verloren sie einen Kampf, welchen sie selbst begonnen hatten, denn die Zahl der Dunkelelfen stieg, ebenso wie die Lebenserwartung. Irgendwann kehrten die längst vergessenen Drachen auf Kalia, so nannten alle diese Welt zurück. Diese wurden verehrt, hatten die Rassen den Dunkelelfen nichts mehr entgegen zu setzten. Ein Bündnis entstand, welches fragiler nicht sein konnte, denn die Schätze von Elfen, Menschen und anderen Kreaturen waren durch die gemeinsame Bedrohung fast ausgeschöpft und befanden sich nun in den Händen der Dunkelelfen. Diese sammelten die Schätze, die sie selbst nicht benötigten immer weiter an, versteckten sie tief in ihren Gebieten. Die Kämpfer der Dunkelelfen wurden immer mächtiger, behielten sie doch ihre Selektion immer weiter bei. Immer Perfekter waren die Körper und Instinkte der dunklen Vertreter der Elfen, welche selbst kaum darauf geachtet hatten. Waren bisher sowohl Frauen als auch Männer in den Kampf gezogen, etwas das bei allen anderen Rassen mehr als Verurteilt und schlecht geredet wurde, erwies es sich bald nicht mehr als nötig, die Frauen in die Kampf ziehen zu lassen. Diese wurden nun Ausbilder, Jäger und Beschützer der Siedlungen und Schätze, welche unberührt auf ihre Verwendung warteten. Durch die Allianz mit den Drachen beruhigte sich die Lage nun etwas. Nicht dumm, wussten die Dunkelelfen, dass sie ihre neuen Feinde nicht so einfach wie die anderen minderwertigen Rassen auf Kalia besiegen und beherrschen konnte. Sich selbst zur Geduld mahnend, begannen sie Schwachstellen zu suchen. Und diese fanden sie schließlich auch. Denn die Drachen konnten trotz der Allianz mit den Menschen nur schwerlich mit ihnen Interagieren. Die Kommunikation der vielen Jungdrachen mit den Rassen gestaltete sich schwierig, auch weil sich die Zusammen Kämpfenden kaum aufeinander einspielen konnten. Nur den paar einzelnen gelang es. Auch konnten die Rassen untereinander nicht zusammen leben. Dies machte es den Dunkelelfen möglich, immer wieder einzelne Siedlungen anzugreifen und fast komplett zu vernichten. Die Drachen konnten kaum etwas unternehmen, so verteilt wie sie waren, denn auch von ihnen gab es nicht sehr viele, und die meisten konnten durch die Jugend kaum etwas gegen die Berserker der Dunkelelfen ausrichten. Es vergingen viele Jahre, welche geprägt waren durch Entbehrungen und Blutvergießen, bis die Allianz stark genug war und ein Erbitterter Krieg ausbrach. Mit der Rückkehr der Drachen, war auch die Magie wieder auf Kalia zurückgekehrt. Nur langsam hatte sie sich entwickelt, und wurde versteckt erlernt, da ihre Nutzung verboten war. Immer mehr Magiern und Hexen war es mithilfe von Gottheiten, Dämonen und Talent, ihr Wissen zu mehren und ihre Kräfte zu verstärken. Als der Krieg losbrach, waren die auf Physischen Kampf trainiert und gezüchteten Dunkelelfen fast machtlos gegen die Übermacht der Magiekundigen, denn auch die Drachen hatten weiter gelernt. Die wenigen Magiekundigen der Dunkelelfen schafften es gerade so, gegen den Ansturm der Kräfte durchzuhalten und ermöglichten ein Abschlachten, dass Ihresgleichen suchte. Doch egal wie viel die Dunkelelfen vernichteten, es gab immer noch mehr und so wurden auch die Stärksten von ihnen langsam schwächer. Bis zu der schicksalhaften Nacht, in der sich alles entscheiden sollte. Gerade hatten sich die Truppen der Allianz zurückgezogen, als ihre Gegner einen Unterschied zu sonst bemerkten. Eigentlich hätte es ihnen gar nicht auffallen sollen, so hatte die Allianz der Rassen es gehofft. Wie jeden Abend mussten sie sich zurück ziehen, denn im Dunkeln gab es kaum eine Rasse von ihnen die Kämpfen konnte. Die Drachen erlernten erst langsam die Gunst der Nachtsicht. Einzig die Elfen sahen ausreichend, auch wenn ihre Nachtsicht erst mit den Jahren angefangen hatte zu reifen. Bei den Dunkelelfen war all das schneller gegangen, sie sahen bereits perfekt, egal wie wenig Licht sie zur Verfügung hatten. So nutzten sie auch heute diese Möglichkeit, ihren Standort geheim zu halten, während ihre Feinde an den vielen Feuern saß, welche sich am Rande des Waldes abzeichneten. Als sich bis auf einige Wächter alle zum Ruhen gelegt hatten, spürten sie ein Beben, welcher sich durch den Boden zog. Alarmiert hatten sie sich für einen erneuten Angriff bereit gemacht. Die Magiekundigen unter ihnen jedoch sahen die wahre Gefahr. Mit den letzten vereinten Kräften verschwand das Volk der Dunkelelfen, zog sich weiter zurück zu einem Ort, der von den anderen Rassen nicht gefunden werden konnte. Denn selbst die Dunkelelfen wussten, dass sie gegen ein Heer von riesigen Dämonen, Drachen und Kreaturen, welche einzeln Höher als mehrere Bäume waren, nicht gewachsen war.


 
Kapitel 1:

Aufgeregt lief ich ins Zentrum, wo ich meine Mutter mit den anderen Frauen auf uns wartete. Zusammen mit den anderen jungen Dunkelelfen in meinem Alter, waren wir mit Zenari, unserer Ausbilderin im Wald gewesen. Wir hatten immer wieder trainiert, um so gut wie unsere Eltern zu werden.
Zuerst hatten wir den Abend mit Spurensuche, Essenssuche und dem Wiederholen der Tiere und Pflanzen verbracht. Doch nichts was wir taten interessierte mich sonderlich. Denn ich wusste, dass ich niemals zu den Besten gehören würde? Wieso also sollte ich mich anstrengen? In dem Wissen, immer der Schwächste zu sein, egal was ich tat, sah ich nicht ein, mich mehr als nötig anzustrengen. Alles in mir widerstrebte diesem Verhalten, denn meine Instinkte rieten mir, immer mein bestes zu geben.
Auch das Kampftraining, welches erst bei der Dunkelheit ab Mitternacht stattfand, kam ich kaum mit. Meine Muskeln spielten nicht so mit, wie sie sollten. Anders als bei allen anderen in meiner Gruppe, welche bereits viel Stärker und besser bemuskelt waren.
Wieder fühlte ich mich einsam, hatte das untrügliche Gefühl, nicht ganz zu sein. Nagend fraß es sich immer tiefer in mich, zusammen mit der Gewissheit, die ich bereits seit ich denken konnte hatte: Ich würde sterben.
Inzwischen war ich 13 Jahre alt. Wie alle anderen näherte ich mich meiner Prüfung. Meinem Ritual, um ein Vollwertiges Mitglied der Gruppe zu werden. Doch jeder, auch ich selbst, wusste, dass ich diese nicht schaffen würde. Gar nicht schaffen konnte.
Nur noch 1 Jahr, dann war es soweit. In einem Jahr würde mein Leben zu Ende sein, während all meine Gleichaltrigen Kameraden ihre Aufgaben erhielten und die Ausbildung abgeschlossen hatten.
Einige würden, wie auch mein Vater, zu den Nightwings gehören. Es waren die Besten unter uns, jene, welche hinaus in die Welt gingen und den Gefahren strotzen, der Ablehnung entgegentraten und die Aufträge der anderen Rassen schnell und sauber erledigten. Alles, wo sie sich selbst nicht die Hände schmutzig machen wollten. Denn wofür hatte man die Dunkelelfen? Die offiziell so verhasste und verbannte Rasse, welche im geheimen lebte. Und doch kamen alle zu uns, wenn es um heikle und schwer, vielleicht sogar unmöglich, zu erfüllende Aufträge ging. Vor allem wenn Geheimhaltung gefragt war. Denn wir stellten keine Fragen und gaben an niemanden etwas Preis, solang wir bezahlt wurden. Und das wurden wir immer und das mehr als fürstlich.
Zurück in unserer Kolonie ließ ich Blick schweifen. Ich sah unsere Häuser, welche von außen vielleicht einfach und primitiv wirkten, doch sehr stabil waren. Tierhäute umspannte fein säuberlich die Wände um die Holzpflöcke, welche unserem Zuhause die Form gaben. Sie waren fest gespannt und ließen nirgendwo Lücken. Auch das Dach, welches aus einem sehr speziellen und seltenem Holz gefertigt wurde, ließ kaum auf die Sicherheit schließen, welche in diesen Behausungen lag. Fremde, so wusste ich, würden das ganze lächelnd abtun. Denn nur deren Lehm- oder Steinhäuser waren das einzig wahre, würden sie meinen.
Doch bei uns gab es keinen Winter, keinerlei gefahren, die nicht von den Wächtern eliminiert wurden. Nur der Wind und der Regen, welche für den Winter und Frühling sehr typisch hier waren, konnten uns gefährlich werden. Doch auch diese Jahreszeiten waren mild, und so reichte uns diese optisch ehr lockere Behausung. Die Felle und Hölzer hielten sowohl Wasser als auch den Sturm ab, ließen ihn von der äußeren Schicht abprallen und ermöglichten uns ein durchaus angenehmes Leben.
Nicht das irgendwer von dieser Siedlung wusste. Nur die Dunkelelfen wussten von deren Existenz und Lage. Und ein möglicher Deserteur würde nicht lang genug leben, wenn eine ganze Gruppe von Jägern hinter ihm her war.
Ruhig und entspannt ging es im Zentrum der Kolonie zu. Gewalt gab es hier nicht, denn die Kämpfe fanden immer außerhalb im Wald statt. Hier gab es eine große Feuerstelle, sowie auch drei kleinere. An einem davon nahm ich nun Platz. Hier saßen auch die anderen Kinder, welche noch nicht ihre Prüfung abgeschlossen hatten, und die jüngeren unter uns.
Meine Mutter hatte sich mir nur kurz zugewandt, ehe sie zu ihrem Platz gegangen war, welcher beim großen Feuer war. Sie war ebenso eine Nightwing wie mein Vater und genoss daher das spezielle Ansehen bei uns, die Ehre, bei unserem Anführer zu sitzen.
Wie viel hatten sie sich alle von mir erhofft, ehe ich geboren wurde. Stark und Schnell, Perfekt und Glänzend. So sollte ich sein, mit diesen Eltern. Doch bereits zu meiner Geburt war klar gewesen, dass ich all das nie sein würde. Beinahe schwach war ich gewesen, als ich kurz nach meiner Geburt fast gestorben wäre. Der glorreiche Sohn war, anders als gedacht, doch nicht so glorreich gewesen. Mir hatte immer die Kraft gefehlt.
Nur durch die Entscheidung meiner Eltern, die so viel für die Gemeinschaft taten, lebte ich heute noch. Denn sie sahen ein Potential in mir, das sonst keiner sah. Sie hofften darauf, dass ich mit der Zeit reifen würde, und sie alle Übertrumpfen konnte.
Doch bei jedem Kampftraining zeigte sich erneut, wie körperlich schwach ich im Vergleich war. Von der Reinheit meines Blutes und des Potentials meiner Eltern her, hätte ich der Beste von allen sein müssen. Der geborene Anführer, welcher bald alles übernehmen sollte. Doch die Muskeln stellten sich kaum ein. Meine Instinkte standen meinen Reflexen bei jeder Übung im Weg, sodass ich ungeschickt und ungelenk wirkte. Mein Körper veränderte sich kaum. Zwar wuchs ich und wurde größer. Doch egal wieviel ich aß, ich nahm einfach nicht zu. Blieb weiterhin ein Dürrling, nur knapp breiter als das Skelett unseres Urahnen.
Man hatte mir als kleiner Elf schon gesagt, dass ich sterben würde, sollte ich nicht stärker werden. Dass sie das, was sie versäumt hatten, nachholen würden, sollte ich mich nicht aus würdig erweisen. Etwas, dass noch nie in der Geschichte der Dunkelelfen vorgekommen war. Denn ich war die Ausnahme. Die einzige Abweichung der Regel der Stärksten. Und vielleicht war das auch besser so.
Denn je näher der Tag rückte, desto bedrückter wurde ich. Schon lange hatte ich aufgegeben noch etwas zu lernen, oder mich anzustrengen. Mein Tod stand fest. Warum also dagegen ankämpfen, wenn es sowieso kam?
Den abfälligen Blick der anderen an unserem Feuer sah ich schon lange nicht mehr. Niemand hatte Mitleid mit mir. Auch ich nicht. Denn das war das Gesetz, und das war unsere Bestimmung. Wir wurden damit geboren und wuchsen damit auf.
Leises Gemurmel hatte sich eingestellt. Entspannt warteten wir auf unseren Anführer, welche bald darauf eintraf. Das Essen wurde gebracht und wir warteten gespannt auf die Ansprache, welcher Karon, unser Anführer, einmal im Mondzyklus hielt. So auch heute, als wir alle versammelt beim letzen Mahl saßen, bevor wir uns zur Ruhe begaben.
Die Gespräche waren verstummt, als Karon zum großen Feuer getreten war. Die Rede, die er hielt, war für uns jungen nicht gerade interessant. Immerhin ging es nur um Zahlen, um Fehler, welche gemacht wurden, und was im nächsten Mondzyklus anstand.
Viele von uns jüngeren unterdrückten ein Gähnen, während wir auf das Ende warteten. Gehässig sah mich unser Anführer an, ehe er zum Ende der Rede kam. Normalerweise war es nun zu Ende, doch ich ahnte, dass ich diesmal nicht so einfach davonkommen würde.
„Zum Schluss, möchte ich noch unsere junge Generation bedenken, die sich bei dieser Versammlung in der Regel ziemlich langweilt, so wie auch wir damals.“ Immer noch war sein durchdringender Blick auf mich gerichtet, ehe ich noch genau wusste, was er genau von mir wollte, sah er auch schon weg, und sah stattdessen Kirian an. „Mein Sohn Kirian erweist sich bereits im Alter von 13 Jahren als durchaus fähig. So fähig, dass wir bereits jetzt beschlossen haben, bei seinem Talent, ihn nach seiner Ritus in die Reihen der Nightwings aufzunehmen. Deswegen wird er zukünftig auch ein bereits spezielles Training absolvieren, um ihn bestmöglich auf seine spätere Aufgabe vorzubereiten“, den Stolz konnte der wuchtige Dunkelelf nicht ganz aus seiner Stimmer heraushalten, ehe er sich wieder mir zuwandte.
Kirian war währenddessen aufgestanden, und trat mit starrer Haltung und eiskalter Miene dem Lob seines Vaters entgegen. Wie alle Dunkelelfen zeigte man keine Gefühle, wenn man in der Gemeinschaft unterwegs war. Alles andere galt als schwach und wurde abgelehnt.
Wobei, wenn ich mich genauer erinnerte, lag es fast schon in unseren Genen. Selbst die kleinsten unter uns weinten nie oder wurden laut, wie man es von Kindern anderer Rassen sagte.
Der Blick, mit dem mich unser Anführer bedachte, lies mich unwillkürlich erschaudern. Ich versuchte das Gefühl so gut es ging zu unterdrücken. Meine eigene Miene blieb starr, bevor ich mit der Überheblichkeit der Dunkelelfen überschüttet wurde. „Auch unser junger Damon wird an einem Spezialtraining teilnehmen, wie mich seine Eltern Delion und Arana gebeten haben. Dort wird er die Möglichkeit haben zu zeigen, wie wichtig er als Mitglied der Gemeinschaft werden wird.“
Die Drohung die dahinter steckte, sollte ich versagen oder nicht gut genug werden, hörte selbst der jüngste unter uns heraus. Nur mit Mühe gelang es mir, nicht den Kopf zu senken, sondern wie Kirian vorher aufzustehen und starr auf das entzündete Feuer zu sehen, welches ruhig und stark vor sich hinprasselte. So war es der Brauch, und so taten wir alle es. Jeder der direkt angesprochen oder Erwähnt wurde. Denn so zeigte man Respekt, und die Zugehörigkeit.
Ohne noch auf die anderen zu achten ließ ich mich wieder nieder, als es mir erlaubt war, und starrte blind in unser eigenes Feuer. Die Trauer in mir, der dumpfe Schmerz, kehrte immer einschneidender in meinen Körper zurück. Ich wusste nicht, wieviel davon ich noch ertragen konnte, den Spott, den Hohn über etwas, auf das ich keinen Einfluss hatte. Doch was sollte ich tun? Was konnte ich tun? Innerlich betäubt bemerkte ich kaum das Essen, was nun herumgereicht wurde, und begann mehr aus Routine heraus zu Essen. Niemand sprach mich an. Während des Essens war es sowieso verboten, doch auch danach, denn ich hatte keine Freunde, die sich um mich kümmern konnten. Wozu auch, wenn ich doch bald wieder tot war. Es erschien mir nie die Mühe wert.
Wieder einmal war mir vor Augen geführt worden, wieso andere Neugeborene starben. Es war mehr Qual, mehr Schmerz, zu leben und zu wissen, dass es bald vorbei sein würde, als nie etwas davon kennengelernt zu haben.
Schweigend erhob ich mich, als das letzte Mal vorbei war. Ich ging steif zum Haus, welches meine Eltern und ich bewohnten und legte mich in meine Ecke. Auch jetzt noch erlaubte ich es mir nicht zu weinen. Niemals würde ich weinen, wenn die Möglichkeit bestand, dass es jemand sah. Niemals würde jemand sehen, wie sehr mich all das mitnahm, was ich nach außen hin stoisch ertrug.
Unsere Ruhezeiten waren kurz, und so versuchte ich noch etwas zu schlafen, als langsam die Sonne am Horizont aufging. Ich konnte sie nicht sehen, und doch stellte ich sie mir jedes Mal vor dem Einschlafen vor.
Denn bald, schon nach der größten Mittagssonne, wenn die Welt wieder etwas abzukühlen begann, startete auch für mich ein neuer Tag. Ein neuer Tag, in dem ich dem Spott und der Verachtung der andren ausgesetzt war, unfähig, etwas daran zu ändern.
Das angeordnete Extratraining würde in unserer Freien Zeit bis Sonnenuntergang stattfinden, ehe wir zu den anderen stießen.
Doch in mir wusste ich, dass auch dieses Training mir nicht helfen würde, egal wie sehr ich es versuchte. Und so beschloss ich, meine Energie gar nicht sinnlos darauf zu verschwenden, denn ich war ein Nichts unter unserer schattenhafte Rasse. Ein niemand. Und in etwas über einem Jahr tot.

 
Kapitel 2:
Die Erinnerung traf mich vollkommen unvorbereitet, als ich in die Nachmittagssonne starrte, welche langsam am Ende des Tages ankündigte. Bald war es soweit. Dann würde mein Leben für immer beendet sein. Wieso ich gerade jetzt an diese Versammlung dachte, war mir nicht klar. Immerhin war das Ganze nur ein weiterer trauriger Beweis, dass mein Leben schlecht war. Wieder starrte ich meinen Trainer an, welcher bereits seit einem Jahr versuchte, einen richtigen Dunkelelfen aus mir zu machen. Immer wieder sah ich in die rubinroten Augen, die den meinen so ähnlich waren. Immer abwechselnd hatten meine eigenen Eltern mich trainiert, hatten versucht den Schmach zu verhindern, den ihr ältestes Kind auf ihre Ehre warf. Seine Schwester, Akari, war ganz anders als er. Sie war gerade 3 geworden und bewies durch ihre Flinkheit und Präzision bereits, dass sie genau das wurde, was ich werden sollte. Zu sehen, wie sehr ich alle enttäusche war einfach nur deprimierend. Doch inzwischen war ich weit genug abgehärtet, dass mich nichts mehr traf. Ich neidete meiner Schwester auch nichts, denn sie hatte ein genauso hartes Los in ihrem Leben wie ich. Sie würde immer mehr und schneller lernen müssen als alle anderen. Und sie würde niemals eigene Entscheidungen treffen, denn sie würde ein Killer sein, und kein Anführer.
Man erkannte die unterschwellige Wut in den Augen meines Vaters, der gerade vor mir stand. Je mehr wir trainiert hatten, desto schwächer war ich geworden. Nur mit Mühe konnte ich mich inzwischen auf den Beinen halten, als er mich mit der typischen Geschwindigkeit der Dunkelelfen angriff. Ich sah den Hieb kommen, schaffte es jedoch nur um Haaresbreite auszuweichen, bevor mich das Schwert in die Seite traf. Bereits beim nächsten Schlag gegen meinen Bauch musste ich mich zu Boden fallen lassen. Ungelenk rollte ich mich ab, stand mit genügend Schwung wieder auf und starrte auf die Beine und Hände meines Lehrers. Das Schwert in meiner Hand fühlte sich tonnenschwer an, und wäre mir fast entglitten, als ich wieder aufstand. Es behinderte auch mein Gleichgewicht, welches trotz allen Übens immer schlechter wurde.
Trotzdem rannte ich vorwärts und griff an. Zuerst täuschte ich einen Hieb von der rechten Seite an. Gerade als das andere Schwert zum Parieren erhoben wurde, spannte ich all meine Muskeln in meinem abgemagerten Körper an und zog mein Schwert zurück. Ich nutzte den Schwung und stach schräg auf die linke Seite meines Gegners. Dieser jedoch drehte sich einfach mit einer fließenden Bewegung weg. Bevor ich das Schwert wieder an mich ziehen konnte, hatte er es meiner Hand entwunden und sah mich wieder an.
Ich wusste, wie enttäuscht er war, und so ließ ich den Kopf hängen. Ich hatte alles geben. Und alles versucht. Doch nun war es zu spät. Die Prüfung, der Ritus war bei Einbruch der Nacht. Schon bald würde die Sonne untergehen.
Keine Verabschiedung folgte, als ich mich von meinem Vater trennte, und ihm das letzte Mal in meinem Leben nahe gekommen war. Von keinem meiner Erzeugern würde ich mich verabschieden können, wenn es so weit war. Denn eines war uns allen klar. Direkt nach meinem Test, der eigentlich mehr zur Einstufung in die diversen Bereiche unserer Gesellschaft diente, würde ich getötet werden. Immer wieder kreisten meine Gedanken in diese Richtung. So lang wusste ich es schon, und auch wenn ich mich damit abgefunden hatte, ich wollte nicht sterben.
Nur was war die Alternative? Gab es eine Chance für mich, irgendwie hier heil raus zu kommen?
Mein Körper bestand inzwischen nur mehr aus Knochen mit kaum Haut bedeckt. Egal wieviel ich aß, wieviel ich trainierte, es wurde einfach nicht besser. Mit der Zeit war ich immer dürrer geworden. Jetzt, 14,5 Jahre später, war kaum mehr was über von mir. Zu sehen, dass alle anderen mehr als doppelt so breit waren, durch die Muskeln, die sie hatten, beruhigte mich kein bisschen. Wie so oft in letzter Zeit, bemerkte ich, wie schwach ich geworden war. Ich hatte kaum mehr die Kraft mich aufrecht zu halten.
Das ziehen in meinem Inneren, welches mich schon seit meiner Geburt begleitete, war stärker geworden, mit jedem Jahr welches verging. Inzwischen schmerzte es in mir, zog die verbleibende Kraft immer mehr aus mir heraus. Andere nannten mich verflucht. Und nach all der Zeit glaubte ich selbst.
Doch je mehr ich mich dagegen wehrte, desto stärker wurde der Zwang. Lange hatte ich den Drang unterdrückt herauszufinden was mich so zwanghaft von meiner Heimat weglockte. Ich kämpfte mit mir, versuchte abzuschätzen, ob ich es wagen sollte. Ich war so und so tot. Vielleicht war es an der Zeit, etwas Neues zu versuchen. Mehr als sterben konnte ich sowieso nicht. Und ob hier, oder allein auf mich gestellt. Das war Doch auch schon egal.
Leise ging ich zurück in das Heim, welches seit meiner Geburt mein Zuhause war und packte die paar Sachen, welche mir gehörten. Wir alle besaßen kaum etwas, doch gerade ich brauchte noch weniger. Zumindest hatte ich das bisher gedacht.
Meine Sachen waren schnell gepackt und ich schulterte mein spärliches Gut, bevor ich mich auf die Suche nach einigen essbaren Sachen war. Jetzt, wo ich schon meine Flucht plante, und die Gemeinschaft für immer mir lassen wollte, hegte ich keine große Lust mehr zu verhungern. Auch wenn das vermutlich nicht ganz so einfach war, nachdem mein Körper nichts vertrug.
Ich packte nur Trockenfleisch ein, denn ich wusste genug über Pflanzen in unserer Umgebung, um auch davon zu Überleben. Zumindest zu etwas war die ganze Schufterei gut gewesen.
Ohne mich noch einmal umzublicken folgte ich dem Gefühl, welches mich führte, immer tiefer in den Wald, der unsere Siedlung umgab. Immer tiefer tauchte ich in die düstere Welt aus Schatten und Dunkelheit ein, welche diesem Wald anhaftete. Etwas das mich stets beruhigt hatte, und es auch heute tat. Während mein Puls raste, als ich begann zügig zu laufen. Ich behielt ein ruhiges Tempo bei, welches ich stundenlang halten konnte. Der Wald verdichtete sich, je weiter ich eindrang. Ich sah mich nicht um, verließ mich rein auf meine Instinkte, welche stark genug ausgeprägt waren, um auch in der Dunkelheit des Waldes gut zu sehen. Durch die hohen Bäume, welche riesig und bedrohlich über mich aufragten, drang kaum Licht durch die Baumkronen. Aber all das beunruhigte mich nicht, denn ich war hier aufgewachsen. Ich fühlte mich hier sicher und genoss die Ruhe die hier herrschte. Alles war ruhig, als hielte es den Atem an. Mit jedem Schritt den ich tat, rückte der Beginn unserer Prüfung näher. Je weiter ich wegkam, desto mehr hatte ich das Gefühl freier atmen zu können. Es befreite mich und schenkte mir einen Frieden, den ich kaum beschreiben konnte. Der Wald sah für mich plötzlich bunter aus. Als wären die Farben kräftiger geworden und wollten mir beweisen, dass meine Entscheidung richtig war. Ich hoffte so, dass ich all das hier überleben würde. Doch vor Tagesanbruch würden sie mich nicht suchen gehen. Ich war zu unbedeutend. Der Verfluchte. Für mich würden sie ihre Tradition nicht unterbrechen. Wenigstens etwas, dachte ich zynisch lachend.
Inzwischen war ich immer weiter gelaufen. Die Sonne versank immer tiefer und erreichte bald die Grenze, bevor sie versinken würde. Gerade begann ich mich zu fragen, wohin sie wohl jedes Mal ging. Und was sie dort tat. Wieso kehrte sie immer wieder zurück?
Meine Gedanken schweiften ab, als meine Füße wie selbstverständlich den allzu bekannten Weg gingen. Es würde noch einzige Zeit dauern, doch in diesem Tempo hätte ich vor Tagesanbruch das Gebiet der Dunkelelfen verlassen.
Was mich danach erwartete, wusste ich nicht. So viele Geschichten gab es über das fremde Land, welches nur von wenigen Dunkelelfen je gesehen wurde. Und die wenigsten davon waren je draußen gewesen. Und all jene die es waren, hatten den Wald nur bei Dunkelheit verlassen.
Wie das Leben dort wohl war?
Wenigstens sein Körper sah wenig wie ein Dunkelelf aus. Bleich und eingefallen spannte sich die Haut um seinen überbelasteten Körper. So wie er aussah, erinnerten nur die spitzen Ohren äußerlich an die Ähnlichkeit mit einem Elf. Doch wohl er an einen normalen Elf, denn während Elfen immer ehr bleich und elegant waren, hatten die Dunkelelfen durch die Generationen der Selektion und Abgeschiedenheit eine ziemlich dunkle Farbe und sehr ausgeprägte Muskeln vorzuweisen. Lediglich die Haarfarbe war verschieden. Alle dunkleren Farben waren vertreten.
Zumindest hatte ich all das gehört. Noch nie hatte ich eine der anderen Rassen gesehen, so wie niemand in meinem Alter. Wir waren nur bestmöglich auf alle Konflikte vorbereitet worden. Erst nach der heutigen Nacht würden einige von uns in die Welt hinaus ziehen, um als Killer oder Händler mit den anderen Rassen zu agieren. Und trotz all dem Wissen, was ich von anderen Rassen hatte, war ich gespannt sie zu sehen.
Ich hoffte nur, dass sie nicht aggressiv und böse waren, wie uns immer erzählt wurde. Zur Sicherheit würde ich mich etwas abseits der Wege halten.
Die wichtigste Umstellung die es wohl zu meistern gab, war das Tag-Nacht Problem. Während gerade Menschen und Elfen die Helle der Sonne und den Tag vorzogen, war ich immer nur Nachmittags und kurz vor Einbruch der Nacht aufgestanden und war bei Sonnenaufgang eingeschlafen.
Aber ich war zuversichtlich, dass ich all das schaffen konnte, wenn ich endlich aus dem Wald heraus kam.
Immer weiter war ich voran gekommen, und hatte nachdem die Sonne komplett verschwunden war durch mein zügiges Tempo den ersten Grenzposten bereits erreicht. Von da war es noch etwas mehr als ein Tagesmarsch bis zum Rande des Waldes. Doch das Gefühl in mir bestärkte mich immer weiter zu gehen. Drängte mich immer weiter vorwärts, sodass ich den ersten Kontrollpunkt hinter mir ließ, ohne zurückzusehen. Fast alle waren heute bei der Prüfung dabei, nur die wenigsten hatten heute Patrouille und mussten daher ein großes Gebiet abdecken. Gut für mich, denn so konnte ich jedem, der mir zu nahe kommen konnte geschickt ausweichen. Ich versteckte mich in einer Höhle aus Wurzeln, als ich die Geräusche näher kommender Schritte hörte. Erst als diese vorbei waren und ich sicher war, dass niemand stehen geblieben war, ging ich weiter.
Alles in mir fühlte, dass das was ich tat richtig war. Es war das tiefe Gefühl in mir, dass ich vielleicht die Leere in mir füllen konnte. Das Gefühl nicht ganz zu sein war all die Jahre immer deutlicher geworden und hatte mich immer mehr ausgehöhlt, bis nichts mehr von mir übrig war.
Die Hoffnung kehrte mit jedem Schritt den ich Richtung Ausgang setzte etwas mehr in mich zurück. Erfüllte meinen Körper und ermöglichten ihm immer weiter zu gehen. Unbeirrt einen Fuß vor den anderen zu setzen und verliehen ihm die Kraft nicht rasten zu müssen.
Mein einziges Ziel war es, aus dem Wald heraus zu kommen.
Bald würde ich die Welt sehen.
Und ich war bereit.




Kapitel 3:

Ich konnte immer noch nicht fassen, wieviel Glück ich gerade hatte. Gerade war ich durch den Wald getreten, welcher die endgültige Grenze der Alben von der Restlichen Welt war. Die Sicherheit, die sich daraus ergab war trügerisch, denn mir war sofort klar, dass sie mich auch darüber hinaus suchen würden. Inzwischen war die Erschöpfung übermächtig und streckte mich endgültig nieder. Ich wusste nicht mehr, wie genau ich hierher gekommen war, als sich vor meinen Augen alles zu drehen begann. Schon seit Mittags nach der menschlichen Zeitrechnung, war ich nur mehr stur geradeaus gegangen, hatte auf nichts mehr um mich herum geachtet, sondern hatte nur das Ziel gesehen, was ich erreichen wollte. Mein Körper, der schon so lange schmerzte, verweigerte mir mit der Zeit immer wieder den Gehorsam. Oft konnte ich mich nur durch das Abstützen an irgendwas vor einem Sturz retten. Es war miserabel. Einfach nur mehr schrecklich. Kaum war ich der einen Gefahr entkommen, stand ich nun vor einem neuen Problem. Dieses beinhaltete natürlich gleich die nächste große Schwierigkeiten. Egal was ich gegessen hatte, und ich hatte einige essbare Kräuter und Beeren gefunden, ich konnte nichts bei mir behalten. Die Kraft, die mich bis gerade eben aufrecht gehalten hatte, verflüchtige sich, ließ mich gerade außerhalb des Gebietes zurück zum Sterben. Das Ziehen in mir wurde schwächer und blieb nur als schwaches Pochen zurück, welches mir immer noch den Weg weisen konnte. Erschöpft hatte ich es gerade noch bis zu einer Straße geschafft. Wir hatten davon gehört, hatten alles von der Außenwelt gelernt. Viel konnte ich mir nie merken, und doch war ich guter Dinge, dass es genug war um zu überleben. Mit den letzten Kraftreserven schleppte ich mich bis zu dieser Straße und ließ mich unweit davon im Schatten eines Baumes nieder. Ich konnte von diesem Versteck aus nicht sofort entdeckt werden, wenn Wanderer, Soldaten oder Händler die Straße nutzten. Und doch sah ich sie genau. Ich wusste das meine Augen eine trübe Färbung angenommen hatten und verbargen mich dadurch etwas besser in den Schatten. Nur die helle Farbe meiner Haut waren weiter hinderlich, doch für ungeübte und gelangweilte Augen würde es reichen müssen.
Ich schlief fast augenblicklich ein. Alles war ruhig und kündigte den neuen Tag an. Es war bereits wieder hell geworden, bevor ich den Wald der Dunkelelfen endlich verlassen hatte. Ich freute mich etwas darauf, bald die anderen Rassen kennenzulernen. Nur machte es mir immer noch Sorgen, dass diese mich sicher tot sehen wollten, sobald sie von meiner Herkunft erfuhren. Oder sie würden mich verwenden um die Siedlungen meiner Rasse zu finden. Doch ich würde sie sowieso nur enttäuschen können. Als Kinder hatten wir die anderen Kolonien niemals besucht. Zwar wussten wir deren ungefähren Standort, doch alles andere war auch für uns ein Geheimnis, Eines, dass wir erst mit Abschluss der Prüfung lüften würden. Alle in meiner Gruppe die Bestanden hatten waren sicher bereits aufgebrochen um die anderen Kolonien und deren Anführer kennenzulernen. Ich wusste nur von einer Gemeinschaft außer unseren etwas mehr. Sie sollten in Höhlen leben und sich dort ihr Leben tief im Gestein aufgebaut haben. Ob dies stimmte würde ich wohl nie erfahren.
Ich begann zu träumen. Ich fühlte mich frei, als ich mich in den Himmel erhob und frei wie ein Vogel durch die Luft stieß. Die Luftmassen, die mir entgegen drückten waren fast zu viel für mich. Die Luft wurde mir aus den Lungen gepresst, als ich mich leicht auf die Seite beugte um weiter mitt dem Wind zu segeln. Es war ein befreiendes Gefühl und etwas, das meine tiefsten Sehnsüchte weckte. Ich wollte dies irgendwann wirklich erleben. Wollte sehen wie es von oben aussah. Die Luft hier oben mit meiner eigenen Wahrnehmung erleben. Es war traumhaft, als ich immer weiter dem unsichtbaren Weg in mir folgte. Es führte mich immer weiter weg von dem Ort, an dem mein Körper lag. Und doch fühlte es sich gut an, frei und ungebunden durch die Welt zu streifen. Es war wie die Befreiung von den Ketten, die mich schon mein Leben lang fesselten. Die es mir verboten zu wachsen und meiner Bestimmung zu folgen.
Bald konnte ich den Traum nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden. Alles wurde bunter, während klare Luft meine Lungen fluteten. Alles in meinem Körper blähte sich auf und wurde beim Ausatmen leichter. Immer weiter führte es mich zu meinem unbekannten Ziel. Das ruhige Brennen, welches das Ziehen abgelöst hatte, nahm nur noch weiter zu. Ich bemerkte dass ich näher kam. Zu dem Ort, den mein Körper und mein innerstes mir sagten.
Inzwischen war ich eine große Strecke geflogen, doch noch immer wurde ich nicht müde. Es schien als würde ich meine Kräfte aus dem anhaltenden Brennen beziehen, dass mir die Richtung wies in die ich flog. Ich bemerkte wie ich näher kam. Ich wusste nicht, wie lang ich schon flog und diesem Weg folgte, doch es kehrte eine Gewissheit in mich ein. Diese Gewissheit, dass ich fast da war.
Die Umgebung hatte sich inzwischen verändert. War es mir zuerst kaum aufgefallen, war ich doch so fasziniert von dem Gefühl gewesen, welches mich fliegen lies, bemerkte ich es nun genau. Ich kehrte wieder auf den Boden zurück, spürte nun die Steine unter mir, welche sich tief in meine Füße gruben. Und doch starrte ich nur gebannt auf einen Stein. Ich spürte wie besonders er war. Dass er etwas zu bedeuten hatte. Vielleicht war es das fehlende Teil von mir. Mein innerstes wurde ruhig. Er sah nicht gerade besonders aus, verschmolz mit den anderen Steinen in seiner Umgebung. Er wirkte absolut unbedeutend und langweilig und doch hatte ich das Gefühl, es unbedingt besitzen zu müssen. Der Drang diesen Stein in meinen Händen zu halten war fast unnatürlich.
Erst jetzt nahm ich mir die Zeit mich umzusehen, Ich war umgeben von riesigen Wänden aus Stein. Egal wo ich hinsah, es wirkte einfach nur riesig. Ein anderes Wort fiel mir dafür nicht ein, denn es Mächtig aus. Alle grauen Wände liefen gen Himmel spitz zu, als wollten sie die Wolkendecke durchbrechen, die sie fast erreichten. Es führte ein kleiner Pfad zu der Stelle wo ich stand, welcher sich schlängelnd in einem der Zuläufe verschwand. Alles wirkte ruhig und unberührt. Ob hier wohl jemand lebte? Ich wünschte mir, dass es nicht so sein würde, und ich dort unbeschadet hinein und mit dem Stein vor mir wieder herauskommen würde. So war das Ziel, als ich mich weiter umsah. Nur wenige Bäume säumten diese Gegend, ergaben kaum Versteckmöglichkeiten. Einige großen Felsen und Steingruppen schienen dafür auch geeignet zu sein, doch größtenteils gab es hier nichts.
Ich fühlte mich an diesem Ort sofort wohl. Ich konnte nicht erklären, woher dieses Gefühl kam, und doch erschien es mir einfach richtig und gut hier zu sein. Es erwies sich als idyllisch hier und beruhigte mich aufgebrachtes und kaputtes Herz.

Ehe ich mich versehen konnte wurde alles schwarz und ich wachte auf. Dieses Hochgefühl von vorhin verschwand, doch nun hatte ich zumindest eine Richtung, ein Ziel. Ich wusste wo ich hin musste, wusste, dass es dort etwas wichtiges gab was ich noch nicht verstehen konnte. Ich war guter Dinge, dass sich dort alles aufklären würde und ich vielleicht endlich einmal Glück haben würde.
Als ich mich umsah konnte ich niemanden von meinen Leuten ausmachen. Es schien als hätte ich noch etwas Zeit. Vielleicht aber auch würden sie mich gar nicht suchen. Sie hatten gesehen das ich auch so kurz davor war zu sterben, so dünn wie ich war. Es war vermutlich meine Rettung, wenn sie es annahmen, denn ich würde nie schneller voran kommen als Dunkelelfen, die ein Ziel hatten und bei bester körperlichen Verfassung waren.
Immer noch ein Wettlauf gegen die Zeit. Wenn ich es nicht schaffen sollte, würden mich entweder meine eigenen Leute finden und töten oder ich würde vor Erschöpfung einfach umfallen und nicht mehr aufwachen. Beides keine allzu tolle Art zu Sterben, wenn man gerade erst wieder den Lebenswillen zurückgefunden hatte. Doch ich fühlte mich stärker als sonst, als ob die Kraft, die sonst immer aus mir heraus floss, endlich wieder beschlossen hatte zu mir zurückzukehren. Ich genoss das Gefühl nicht mehr vor lauter Schwäche zusammenzubrechen.
So erfüllt hatte ich mich noch nie gefühlt, obwohl das Gefühl, dass etwas fehlte noch immer nicht verschwunden war. Im Gegenteil, inzwischen nahm dieses Gefühl endlich Gestalt an, es lies sich zuordnen. Was ich allerdings mit einem Stein anfangen sollte, war mir nicht ganz klar. Es erschien geradezu bizarr, wenn ich daran dachte, zukünftig mit einem Stein der Größer war als mein Unterarm herumzulaufen. Das Schicksal trieb ein mieses Spiel mit mir, das war mir gerade wieder bewusst geworden. Das konnte doch nicht dessen ernst sein, mich zukünftig an einen Stein zu hängen.
Vielleicht sollte ich auch einfach dort bleiben und den Stein bewachen. Zwar hatte ich keine Gefahren erkennen können, doch früh hatten wir gelernt, nicht immer auf den ersten Eindruck zu vertrauen. Manchmal war alles ganz anders. Und gefährlicher, als wir gedacht hätten.
Ich verstaute meine wenigen Sachen, die durch die Rast etwas verstreut lagen und begab mich nun direkt auf den Weg. Er schien in die richtige Richtung zu führen und war daher meine erste Wahl. Die Dummheit dessen war mir bewusst, aber niemand würde annehmen, dass ich so dumm war und auf der Straße laufen würde. Es wurde dunkel. Alle anderen würden sich zur Ruhe legen, sodass ich problemlos vorankommen würde.
Meine Idee war genau richtig. Ich konnte ohne Probleme dem ebene Weg folgen, der mich meinem Ziel näher brachte. Ich sah niemanden, während ich in einem zügigen Tempo meinen Weg suchte. Die neu gewonnene Energie verflog nicht so schnell wie ich gedacht hatte, und ich brachte ein gutes Stück hinter mich, ehe ich mich zu einer kurzen Rast entschloss. Ich hatte großen Hunger und Durst, da ich schon lange nichts mehr zu mir genommen hatte.
Das Trockenfleisch hielt ich weiter zurück, wollte nichts verbrauchen, dass ich sicher noch dringend brauchen würde. Also beschloss ich jagen zu gehen. Auch das hatten wir bei unserer Ausbildung gelernt. Eines der wenigen Sachen, bei denen ich nicht vollkommen versagte. So lang ich genug Kraft gehabt hatte den Bogen zu spannen, schaffte ich es stets allein, meine Beute zu erlegen. Natürlich war kein Schuss so perfekt wie bei den anderen, aber es reichte um dem Tier hinterher jagen zu können und es dann auf herkömmliche Art töten zu können.
Nie hatten wir mehr gejagt als wir zum Überleben brauchten. Es gab nicht so oft Fleisch wie man vielleicht denken konnte. Nur alle paar Tage durften wir es zu uns nehmen, um unsere Nahrungsquellen nicht vollends auszurotten. Es hatte sich bewährt und wir hatten einen festen Bestand an Wildtieren in unseren Wäldern.
Wie es hier aussah, konnte ich noch nicht abschätzen, denn ich hatte wenig auf die Tiere hier geachtet. Ich konnte zwar nicht darauf hoffen, dass es dieselben Arten geben würde, aber irgendwelche Ähnlichkeiten wären schon durchaus ideal gewesen.
Ich spannte meinen Bogen und legte den Pfeil auf. Erst danach suchte ich einen sicheren Platz für meine anderen Sachen, die ich verstaut zurücklassen würde. Mit einem kleine Symbol in der Rinde blieb alles bis auf den Bogen, die Pfeile und ein Messer zurück. Ich machte mich auf die Suche nach einem kleinen Tier, welches ich erlegen konnte. Etwas großes wollte ich tunlichst vermeiden, musste dann doch einen großen Teil davon zurücklassen und damit ein unnötiges Leben nehmen.
Ich fand schnell ein Kanich, ein kleines Wesen mit großen Ohren, welches sich auf vier Beinen weiterbewegte. Sicher nicht meine bevorzugte Wahl, doch ich hatte so großen Hunger, dass mir alles egal war. Das hellbraune Fell wurde von der Dunkelheit verschluckt. Es wähnte sich in Sicherheit, wurde es doch von den wenigsten Feinden jetzt gesehen, doch ich sah es.
Ich legte leise einen Pfeil auf die Sehne und zielte.
Alles verlangsamte sich vor meinen Augen. Konzentriert blickte ich das Tier an, welches in Ruhe fraß. Noch hatte es mich nicht wahrgenommen, und so hatte ich ausreichend Zeit um mich vorzubereiten. Endlich ohne die blöden Kommentare der anderen zu jagen war ungewohnt, und doch ermöglichte es mir, rechtzeitig den Pfeil loszulassen, bevor das kleine davonlaufen konnte. Gerade hatte es zum ersten Schritt angesetzt, als sich mein Pfeil sich auch schon in die Flanke des Tieres bohrte. Leider erwischte ich es immer noch nicht richtig. Es fiel zur Seite und fiebte vor Schmerzen. Schnell rannte ich zu ihm um es zu erlösen. Ich ertrug das Leid anderer nicht, egal welcher Rasse und Art sie angehörten. Es war einfach falsch, sich an Schmerzen von anderen zu bereichern.
Das kleine Feuer, was ich für die Zubereitung des Tieres war schnell errichtet, als ich mit ihm zu meinen Sachen zurückkehrte. Ich setzte mich etwas abseits des großen Weges hin und entfachte ein Feuer, das nicht so einfach erkennbar war, weil es kaum erhellte oder in die Höhe stieg. So schaffte ich es das Kanich schnell zuzubereiten und schlang es halb verhungert herunter. Ich behielt die Umgebung weiter im Auge, versuchte so leise wie möglich zu sein, um niemanden anzulocken. Zwar hatte ich niemanden ausmachen können, der mir nahe genug war, aber man wusste nie. Das Feuer hatte ich schon direkt nachdem das Tier fertig war wieder ausgemacht.
Ich aß das Tier bis zum Schluss auf und richtete mich dann wieder auf. Mit vollem Magen wollte ich lieber gar nicht weitergehen. Auf einen Blick in den Himmel stellte ich aber fest, dass ich noch viel Zeit bis Sonnenaufgang hatte. Diese sollte ich nutzen, um noch mehr Distanz zwischen meinem alten Leben und mich zu bringen.
Den Weg zurück auf den Weg zu finden war einfach, und auch die richtige Richtung einzuschlagen gelang mir ohne Probleme. Während der Nacht blieb alles ruhig, nur zwei Vögel waren an mir vorbeigesegelt. Wie schön es wohl wäre auch Flügel zu haben und die Welt von oben zu sehen? So schnell an seinem Ziel ankommen zu können? Ich stellte mir das nur traumhaft vor. Schon in meinem Traum war ich dieser Freiheit verfallen, dabei konnte ich es in Wirklichkeit gar nicht. Würde es auch nie können, denn ich hatte keine Flügel. Es war mir nicht bekannt, dass man als Dunkelelf, oder generell als am Boden gebundene Rasse jemals seinem Erbe entkommen konnte und mit der Zeit Flüge entwickelte.



Kapitel 4:

Die nächsten Tage behielt ich meine Routine bei. Wie alle Dunkelelfen war ich stets darauf bedacht, diese unbedingt beizubehalten. Es hatte sich als richtig erwiesen, denn ich war nie jemandem begegnet. Ich hatte zunehmends auch die Pflanzen dieser Gegend kennengelernt, und fand so immer etwas zu Essen. Das Wasser hingegen war etwas heikel geworden. Zwar hatte ich einen Trinkschlauch mitgenommen, den ich bei jeden Gelegenheit auffüllte, doch den Bach, der durch diese Gegend floss fand ich nur selten. Egal wie sehr ich nach ihm suchte, es gelang mir immer nur durch Zufall, erneut auf ihn zu stoßen. So teilte ich mir das Wasser gut ein, um immer auf dem breiten Weg bleiben zu können. Es erschien mir immer noch sicherer, als im Wald abzutauchen. Ich wurde das ungute Gefühl dort einfach nicht los, das mich jedes Mal ergriff. Deswegen rastete ich auch immer am Rande des Weges, nicht sichtbar für arglose Menschen und Elfen, die vielleicht ihre Wege gehen würden.
Nur einmal kamen sie mir nahe, als ich gerade geschlafen hatte. Als ich sie näherkommen sah, war ich sofort aufgesprungen und weiter im Gebüsch verschwunden. Ich hörte von ihnen nur mehr ein leises Lachen, als sie sich über die schreckhaften Tiere hier im Wald lustig machte, und danach konnte ich nichts mehr vernehmen, denn ich war verschwunden. Seitdem passte ich noch besser auf.
Ich hielt mich von jedem Feuer und jeder Raststätte fern die ich fand. Allen ging ich aus dem Weg, vermied den Zusammenstoß immer dringender, denn die neue Energie war wieder verschwunden und hatte mich wieder schwach zurück gelassen. Ich spürte das ich noch immer auf dem richtigen Weg war. Ich kam nicht allzu schlecht voran, stellte ich zumindest fest.

Je näher ich dem Gebirge kam, das mein Ziel sein sollte, desto weniger Reisende waren unterwegs. Es gab immer wieder Abzweigungen, welche in andere Teile des Landes führten. Diese wurden von den anderen Wanderern genommen. Ich hatte schon lang niemand anderen mehr wahrgenommen und doch war ich mir sicher, richtig zu sein.
Es ging eine unsichtbare Bedrohung von diesem Ort aus, auf den ich mich zu bewegte. Was genau es war wusste ich nicht. Auch schien es nicht besonders stark zu sein. Fast nur wie eine sanfte Erinnerung, nicht hierher zu kommen. Genug um fern zu bleiben, aber zu wenig um Abenteurer anzulocken, um diesen Ort zu erkunden.
Inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt alleine zu sein. Ich war keinem Druck mehr ausgesetzt, immer der Beste zu sein, Erwartungen erfüllen zu müssen. Ich war meinem Schicksal, meinem Erbe entkommen.
Trotzdem war ich mir sicher, dass ich an dem Ort sicher war. Die Tatsache, dass ich allein auf diesem Weg war, ermöglichte mir ein noch schnelleres vorankommen. So konnte ich auch am Tag weitergehen und schaffte es so noch weiter, ehe ich mich hinlegte.

Der neue Tag begann für mich wieder am Morgen, was für die anderen Rassen wohl der späte Nachmittag war. Inzwischen begann ich mich langsam umzustellen, und innerlich die Begriffe der Tagwesen zu verwenden. Warum ich sie gerade jetzt begann so zu nennen kam einfach durch die viele Zeit die ich hatte und mit dem Nachdenken verbrachte.
Ich ging nach einem kurzen Mahl und einer kleinen darauf folgenden Rast wieder meinen Weg in die vorgegebene Richtung. Zuerst bemerkte ich keinen Unterschied, denn viel zu sehr war ich auf das Ziel fixiert, dass immer größer vor mir aufragte. Ich spürte, dass ich bald ankommen würde.
Die Bedrohung hinter mir, bemerkte ich zu spät.
Ehe ich auch nur mein Schwert ziehen konnte lag ich auf dem Boden und hatte einen schön geschwungenen Dolch an meiner Kehle. Leider verfluchte ich gerade meine Ausbildung, die es mir ermöglichte auch dieses Detail festzustellen. Es war in dieser Situation einfach nur hinderlich, sollte ich mich doch voll und ganz auf die gut plazierte Klinge an meinem Hals kümmern.
Ich schluckte leicht, als ich die Person über mir ansah. Es war die erste Begegnung überhaupt für mich, die außerhalb meiner Heimat stattfand. Bisher war es mir gelungen, genau dieser aus dem Weg zu gehen. Erstarrt und erschöpft blickte ich auf das Gesicht über mir. Es war wettergezeichnet und abgehärtet. Er war dunkler, als ich mir Menschen je vorgestellt hätte, und seine Augen wirkten ernst, jedoch nicht aggressiv.
Im ersten Moment war ich wie gelähmt von dem Schock angegriffen worden zu sein und es nicht einmal rechtzeitig bemerkt zu haben. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, dass all das noch nie gesehen hatte. Die Ausbildung der Alben fiel mir wieder ein. Mit meinen kraftlosen Armen versuchte ich die Klinge von mir wegzulenken, wie wir es gelernt hatten. Durch mein zuerst regloses daliegen, war er darauf nicht vorbereitet gewesen. Ich nahm den Handrücken und schlug damit auf sein Handgelenk. Nur kurz fluchend schaffte der Fremde es gerade noch, den Dolch nicht zu verlieren. Panisch versuchte ich nun mich mit meinem kompletten Körper zu wehren. Es war aussichtslos, war der andere doch deutlich schwerer und geübter als ich. Ich hatte keine Chance. Trotzdem wollte ich nicht aufgeben, wollte mein Leben nicht verlieren, nur weil ich unachtsam gewesen war.
Mir ging zusehends die Kraft aus und meine Gegenwehr wurde schwächer. Mein Körper begann den Dienst zu versagen und gab von selbst auf. Innerlich tobend über meine eigene Schwäche blieb ich am Boden liegen. Ich hatte den Fremden ein paar mal leicht erwischt. An einigen Kratzern rann sogar ein kleiner Blutstrom hinab. Doch ich sah nur die unmittelbare Gefahr vor mir. Er war ruhig auf mir sitzen geblieben, hatte mich toben lassen, während er mich festhielt. Geistesgegenwärtig hatte er auch darauf geachtet, dass ich mich nicht selbst mit seinem Messer erstach. Wieso er das getan hatte ging mir nicht auf. Er würde mich doch sowieso töten, also wieso machte er sich nur die Mühe mit mir?

Zuerst bemerkte ich gar nicht, dass er mit mir sprach. Mir kam alles so unwirklich vor, wie meine gesamte Reise, eigentlich mein gesamtes Leben schon. Seine Stimme war angenehm, ganz anders als die meiner Rasse. Genau konnte ich es aber nicht benennen, doch es war einfach schön sie zu hören. Erst als ich sein wütendes Gesicht sah, begann ich zuzuhören, was er mir sagen wollte. Zuerst sprach er eine mir vollkommen unverständliche Sprache. Verzweifelt schüttelte ich den Kopf, versuchte irgendwas zu sagen. Erst nach kurzem überlegen fielen mir die Worte ein, die ich gesucht hatte. Da er ein Mensch war, würde er die Allgemeine Sprache sicher sprechen. Ich betete dafür.
Erstaunlich fest für diesen Umstand bekam ich meine Worte hinaus: „Es tut mir Leid. Bitte töten Sie mich nicht. Ich habe nichts, was ich Ihnen geben könnte.“ Ich wusste das ich fließend sprach. Das war damals schon wichtig gewesen und waren eine der wenigen Sachen, die ich wirklich konnte, da ich diese Sprache schon als kleiner gelernt hatte, wo ich mir noch deutlich mehr merken konnte. Die Gesichtszüge des Mannes entspannten sich wieder. Ich hoffte, weil er wirklich nicht die Absicht hatte mich zu töten.
„Das kommt ganz darauf an, was du hier zu suchen hast, Junge!“ Wie er auf den Ausspruch Junge kam war mir schleierhaft. Ich war doch schon erwachsen. Bereits seit einigen Tagen hatte ich meinen 14. Jahrestag und wäre mit der Prüfung ein vollwertiges Mitglied der Dunkelelfen geworden. Sah ich wirklich wie ein Kind aus?
Ich versuchte den gekränkten Ton aus meiner Stimme zu halten, der mich bei seinen Worten befallen hatte. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“ Ich versuchte mit möglichst ruhiger Stimme zu sprechen um ihn nicht wieder gegen mich aufzubringen. Sofort auf meine Worte hatte sich der Druck auf mich wieder erhöht. „Nun, es geht mich genug an. Immerhin ist dies ein verbotenes Gebiet und darf nicht betreten werden, außer von wenigen Auserwählten. Und du bist offensichtlich keiner, sonst würdest du das auch wissen.“ Aus seinen Worten sprach der Hochmut und es machte mich fast rasend nicht richtig gegen ihn kämpfen zu können. Nicht das ich in meiner Verfassung, müde und ausgehungert, viel gegen ihn unternehmen hätte können, aber zumindest hätte ich es versucht. Ich schüttelte nur kurz den Kopf.
„Außerdem scheinst du nicht von hier zu sein. Trotzdem, egal wo du herkommst, jeder weiß das.“ Er warf mir einen abschätzigen Blick zu. „Anscheinend jeder außer dir.“
Wütend begann ich wieder auf ihn einzuschlagen. Diesmal war es besonders unkoordiniert, meine Muskeln protestierten noch immer.
Verärgert schlug er das erste Mal nach mir. Mein Kopf flog zur Seite und begann augenblicklich zu brummen. Ich sah von dem festen Schlag ganz kurz Sterne, ehe ich mich daran gewöhnt hatte und wieder klar sah. Ich vermutete, dass mir das jahrelange erbarmungslose Training nun zugute kam.
Mit festem Blick sah ich den Fremden an. Meine Augen, dass wusste ich selber, leuchteten inzwischen in einem klaren Rot auf. Keine Farbe für normale Elfen, dass war uns gesagt worden.
Hatte ich noch gehofft, dass es den Fremden aus dem Konzept brachte, so stellte ich schnell fest, dass er absolut gnadenlos war und sich auch von soetwas nicht abbringen lies. Ganz großartig.
Ich schwieg. Es gab nichts was ich ihm sagen konnte. Nichts was mich retten könnte. Was hätte ich auch sagen sollen? ´Sorry, nicht gewusst, ich verschwinde wieder´? Das Hätte er mir niemals geglaubt, auch wenn es die Wahrheit war.
Ich zwang mich ruhiger zu werden und atmete ein paar Mal tief durch. Erst jetzt konnte ich entspannter sprechen, so entspannt wie es mit dieser Masse an Mensch nur möglich war. Er war bei weitem nicht so stark und breit wie die Dunkelelfen, doch wirkte er eher sehniger und wirkte somit nicht unbedingt weniger einschüchternd.
„Würden Sie bitte von mir herunter gehen, das ganze ist nicht unbedingt angenehm“, warf ich ihm nun leicht vorwurfsvoll vor. Jede Provokation war aus meiner Stimme verschwunden und ich war stolz auf mich, wie sachlich in Anbetracht der Situation war. „Ich werde nicht angreifen oder einfach flüchten, ich verspreche es. Aber ich würde mich wirklich gern bequem Hinsetzen“, diesmal versuchte ich es mit einer eher sanften und verführerischen Stimme.
Warum es dann wirklich funktionierte, sollte mir schneller klar werden als ich hoffte. Er war gerade von mir heruntergegangen und deutete mir nur ihm zu folgen, als er mir noch einen festen Blick zugeworfen hatte. Er hatte ganz klar etwas von meiner Rasse, so unnachgiebig wie er einen ansehen konnte.
Nur langsam konnte ich meinen Körper dazu bringen sich zu erheben. Es war ein angenehmes Gefühl wieder zu stehen. Ich schnappte meine Sachen, die alle am Boden verstreut waren von meiner lebhaften und nicht gerade effizienten Verteidigung.
Schneller als gedacht war ich fertig und lief ihm hinterher. Er hatte am Rande zu einer kleinen Baumreihe gewartet. Wohin er mich wohl führte?
Ich versuchte aufzuschließen, während er mich aufmerksam musterte. Er schätzte wohl gerade meine Stärke ein, und überlegte sich die Chancen für meine Flucht. Sie sahen nicht sehr gut aus.
Er wirkte fit und ausgeruht, gut trainiert und bei Kräften. Ich war müde, ausgelaugt und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Auch das ich noch immer kein bisschen zugenommen hatte und es mich weiterhin zum wandelnden Skelett machte, verbesserte meine Chancen nicht unbedingt.
Ich schloss zu ihm auf, während er kurz hinter mich sah und dann einfach weiter voran ging. Es irritierte mich, dass er mich kein einziges Mal ansah, während er weiter vorausging. Wie wollte er so sicherstellen, dass ich nicht einfach doch verschwand?
Erst jetzt kam ich selbst auf die Idee hinter mich zu sehen. Es war inzwischen dunkel geworden. Eigentlich sollte der Mensch nun kaum noch was sehen, während meine Chancen auf eine Flucht stiegen, doch er bewegte sich unbeirrt selbstsicher weiter voran und wies mir den Weg. Ich hatte also keine Chance als mit zugehen.
Der Blick nach hinten erwies sich als sehr sehr schlechte Idee. Zuerst erkannte ich gar nichts. Ich sah nur einen undefinierbaren Schatten. Fast war ich über eine Wurzel gestolpert, so sehr hatte ich mich auf das Hinter mir konzentriert. Ich schaffte es das Gleichgewicht zu halten, als ich einen Schritt nach vorne tat und mit den Armen den Rest ausbalancierte. Erst jetzt begann ich den Schatten genauer zu sehen. Ich erkannte immer mehr die Umrisse und riss erstaunt über die anscheinende Größe unseres Verfolgers die Augen auf. Immer noch konnte ich nichts genauer erkennen, ehe ich zufällig in den Himmel schaute. Ich blieb entsetzt stehen und sah nur mehr über mich.
Aus Geschichten von solchen Wesen zu hören war schon beeindruckend gewesen, wenn erzählt wurde, was sie so alles konnten. Aber mit dem Wissen dann auch leibhaftig eines zu sehen war etwas vollkommen anderes. Ich rührte mich nicht mehr, blieb wie erstarrt auf der Stelle stehen. Ich hoffte, dass es einfach über uns hinweg fliegen würde und uns ignorierte. Doch dieses Glück war uns nicht gegeben. Zeitgleich mit mir hielt das Geschöpf direkt über meinem Kopf an. Als warte es auf etwas. Ich nahm meinen Führer nur aus dem Augenwinkel war. Auch er war stehen geblieben. Zuerst schien er wütend zu werden, ehe er meinem Blick folgte. Jetzt lachte er leise. Wieso er das tat verstand ich einfach nicht, immerhin waren diese Biester wahnsinnig gefährlich. Selbst er würde nicht gegen ihn gewinnen können.
„Komm schon kleiner. Er tut dir nichts, solang du keinen Blödsinn machst“, drang die belustigte Stimme durch meine Erstarrung. Ich wandte nun den Blick ab und er fiel auf einen vollkommen entspannten Menschen. War er verrückt?
Ich nahm mich wieder zusammen, erinnerte mich an mein Erbe und ging mit hoch erhobenem Kopf weiter. Auch meine beiden Begleiter folgten mir wieder durch die beginnende Nacht. Wir gingen einige Zeit ruhig weiter, ehe ich ein leises Rauschen hörte. Wasser, schoss es mir durch den Kopf. Nur mit Mühe gelang es mir, die Geschwindigkeit beizubehalten. Ich hatte seit über 2 Tagen nichts mehr getrunken und war absolut ausgetrocknet. Es schien zu meinem Glück so, dass er genau darauf zu hielt.
Als der Bach in Sicht kam, hielt mich dann doch nichts mehr. Ich stürmte an ihm vorbei auf das Wasser zu, das verführerisch vor mir in einem kleinen steingesäumten Bach seinem eigenen Weg folgte. Ich ließ mich noch im Lauf fallen und hielt meine Hände hinein um gierig aus ihnen zu trinken. Ich war geistesgegenwärtig genug, um nicht den Kopf ins Wasser zu stecken. Zwar hatte er genug Gelegenheiten gehabt mich zu töten, trotzdem wollte ich mein Glück nicht über strapazieren.
Der Fremde hatte sich nur in der Nähe zu mir an einen der Bäume angelehnt und schwieg, während ich das dringend benötigte Nass in mich aufnahm. Er schien geduldig auf mich zu warten. Als ich fast platze von dem vielen Wasser füllte ich noch meinen Trinkschlauch darin auf.
Erst danach wandte ich mich langsam wieder um. Ich wollte das Gespräch gern noch etwas herauszögern, denn mir viel immer noch keine gute Ausrede ein. Ich sah wieder nach oben, doch das Wesen war weg. Ich atmete auf. Vielleicht war es doch nicht hinter uns her gewesen.
Als ich auf den Menschen zugehen wollte, stockte ich erneut. Die Kreatur lag seelenruhig neben ihm und musterte mich aus seinen hellgrünen Augen aufmerksam. Es entging ihm keine Bewegung von mir, während ich meinen Blick ebenfalls nicht von dem Wesen abwenden konnte. Es ging einfach nicht. Aus nächster Entfernung sah es noch beängstigender aus. Ich ging nicht direkt auf sie zu, wollte ich doch nicht in die Nähe der Klauen und Zähne kommen, die jeder einzelner sicher mehr wogen als ich.
„Komm schon her Junge, er tut dir wirklich nichts, solang du dich angemessen verhältst. Das kann ich dir versprechen, er hat schon gegessen.“ Sanft klopfte er dem Riesen auf den Kopf, den er nun gesenkt hatte um auf der richtigen Höhe zu sein. Intelligenz spiegelte ich in den Augen des Wesens.
Ich trat näher zu den beiden und ließ mich mit einem kleinen Abstand vor ihnen ins Gras fallen und sah sie nun neugierig geworden an.
Das waren sie. Die Sagenumwobenen Drachenreiter. Die Legende.
Die Vernichter unseres Volkes.

 
Kapitel 5:

Es herrschte eine unangenehme Stille, während jeder darauf wartete, dass der andere den Anfang machte. Niemand von uns wollte genau das tun. Als Dunkelelf hatte ich gelernt, niemals Angst zu empfinden, oder mir allzu viel Gedanken um etwas zu machen, dass ich nicht beeinflussen konnte. Man hatte uns Gleichgültigkeit gegenüber neuen Situationen gelehrt. So blieb ich auch jetzt ruhig, und behielt einen kühlen Kopf. Ich wollte nicht zuerst sprechen. Nachdem es mir schon nicht gelungen war ihn zu besiegen, wollte ich mir zumindest diese Schande nicht geben. Ich würde zur Not auch tagelang schweigen. Der Mensch hatte mich hierher gebracht, hatte mich gezwungen mit zugehen, obwohl ich anderes zu tun hatte. Für mich hatte mein Ziel eindeutig mehr Wichtigkeit, als ein Streitgespräch mit einem Mensch und Feind meiner Rasse.
Wir sahen uns lang in die Augen, weigerten uns beide beharrlich uns zu bewegen oder etwas zu sagen. Irgendwas schien er in meinen Augen zu sehen was ihn dazu veranlasste den ersten Schritt zu tun.
„Ich frage dich nur noch einmal. Was hast du hier zu suchen?“, seine Stimme klang unnachgiebig und kam mir für einen schwachen Menschen unnatürlich kraftvoll vor. Vielleicht war er einer ihrer Ausbilder, oder einfach nur überheblich und arrogant aufgrund der Tatsache, dass er einen riesen Drachen bei sich hatte.




Wörter: 11216

__________________

07.07.2015, 17:56
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



Ich weigerte mich immer noch eisern etwas zu sagen. Ich überlegte fieberhaft, was diesem Menschen sagen konnte, dass er mich endlich weiterziehen ließ. Ich schätzte ihn nicht so dumm ein, dass er sich mit den üblichen Floskeln abspeisen ließ.
„Ich werde mich vor Ihnen nicht rechtfertigen. Das ist allein meine Sache und geht Sie nichts an.“ Auch ich klang überzeugend. Ich würde nicht nachgeben, dazu war ich meinem Ziel schon viel zu nah. Jetzt noch zu versagen würde ich nicht hinnehmen. Ich würde zu diesem Stein gehen und dann wieder hier verschwinden. Wenn es wirklich verboten war hier zu sein, würde ich mich nicht länger als nötig hier aufhalten.
„Ich werde nur kurz etwas holen, was mir gehört und dann werde ich dieses Gebiet wieder verlassen. Es gibt also kein Problem und ich werde auch nichts an mich nehmen was nicht mein Eigentum ist.“ Immerhin sah ich den einen Stein als mein Eigentum. Es war einfach so, das spürte ich immer noch stetig in mir.
„Ich glaube, mein Jungem du unterliegst einem großen Irrtum. Du wirst nach der Unterhaltung sofort von hier verschwinden. Mein Freund hier,“ hier klopfte erneut sanft auf die Flanke des Wesens, welches sich neben ihm zusammengerollt hatte und mich nun argwöhnisch ansah, „hat gute Möglichkeiten, das auch zu garnierten.“ Er schien zu wissen, dass ich genug verstand um die unausgesprochene Drohung dahinter zu verstehen.
„Alles was ist hinter dieser Grenze liegt, die du gerade dabei warst zu überschreiten, ist Eigentum der Drachenreiter. Jeder Strauch, jeder Stein, jedes Blatt gehört uns. Und damit hast du hier nichts zu suchen und auch keinen Anspruch auf irgendetwas hier,“ Er sah mich immer noch fest an. Ob er inzwischen wusste, was ich war? Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Denn wenn dem so war, dann wäre ich sicher schon tot. Wir wurden immer noch von allen als Feind angesehen, gerade die Drachenreiter waren nicht gut auf uns zu sprechen, und wir wurden von Anfang an gewarnt, jemanden von ihnen zu nahe zu kommen, oder mit jemandem außer unseren Mittelsmännern zu sprechen.
„Trotzdem werde ich mein Eigentum holen. Es gehört rechtmäßig mir.“ Störrisch sah ich ihn an, Ich war mir vollkommen sicher. „Und was glaubst du dort zu finden, das angeblich dir gehört?“ Wieso versuchte er mich nun zu verunsichern, indem er auf freundlich und hilfsbereit tat? Ich war auf der Hut. „Einen Stein“, antwortete ich vollkommen selbstverständlich. Ich hatte gelernt, selbst an die Lüge zu glauben, und damit verriet ich mich nicht.
„Einen Stein? Was ist so wichtig an einem Stein, dass du dein Leben dafür riskierst?“ Aufmerksam geworden sah er mich mit zusammengekniffenen Augen an. Wusste er vielleicht mehr zu meinem Stein? War es vielleicht irgendein spezielles Gestein oder so, dass es wertvoller machte als ich angenommen hatte?
Egal was es war. Er gehörte mir. Und ich würde ihn bekommen, egal wie. Es gab nichts in meinem Leben was wichtiger war als dieser Stein, den ich gesehen hatte.
„Das ist meine Sache. Ich werde diesen Stein holen und dann nicht mehr hierher kommen.“ Ich fixierte beide mit verengten Augen. Beide sahen mich an. Ob sie irgendwie Gedanken lesen konnten, um damit mehr herauszufinden? Zur Sicherheit schirmte ich meine Gedanken ab, wie ich es gelernt hatte. Ich dachte nur an den Weg, an die Wiesen, den Wald, den Fluss, denen ich gefolgt war. Ich dachte nicht an mein Zuhause, um ihnen keine Chance zu geben, alle zu töten. Ich dachte auch nicht an meinen Stein, denn vielleicht würde er ihn dann wegbringen, bevor ich ihn erreichen konnte.
„Und wo genau soll dieser Stein liegen? Du weißt den Weg doch gar nicht. Dort ist es sehr verwinkelt und überall sind Schluchten.“ Neugierig sah er mich an, wartete offensichtlich auf eine Antwort, die mich als Lügner entlarven würde.
„Ich weiß genau in welches Tal ich muss, Ich werde dorthin finden und auch meinen Stein finden. Das Tal, in das ich muss, ist mit einem Pfad erreichbar. Also brauche ich auch keinen Aufpasser mit.“ Ich bewahrte gekonnt die Ruhe, während ich versuchte ihn so bald wie möglich wieder loszuwerden. Ich wollte ihn nicht dabei haben, auch wenn ich nicht vorhatte mehr als diesen Stein mitzunehmen.
Es war inzwischen Abend geworden und die Sonne verschwand am Horizont, kündete von einem vergangenen Tag. Sicher saßen wir im Schatten der Bäume und bekamen die sanfte Brise ab, die uns kurz unterbrach.
„Nun Junge, das ist eine Sache die du nicht zu entscheiden hast. Aber weißt du was? Ich mag dich. Du kannst deinen Stein holen gehen. In zwei Tagen können wir hier aufbrechen. Dann kannst du deinen Stein holen, der dir anscheinend wichtig genug ist, dein Leben zu verschwenden. Mein Freund hier und ich werden dich begleiten.“
Irritiert kniff ich die Augen zusammen. Was sollte dieser Meinungsumschwung? Zuerst war es strikt verboten, und nun konnte ich einfach so gehen? Und warum erst in zwei Tagen?
Ich fühlte mich stärker, je näher ich diesem Stein kam. Dadurch wusste ich, dass ich diese zwei Tage auch überstehen würde, wenn ich danach endlich weiter konnte. Aber warum?
„Ich komme auch alleine klar. Sie haben sicher wichtigeres zu tun, als auf mich aufzupassen. Ich werde nichts entwenden außer diesem Stein, der mir gehört. Das schwöre ich.“ Dieses Versprechen nahm ich vollkommen ernst. Ich wollte sicher nichts entwenden, dass nicht mir gehörte, vor allem gab es dort auch nichts, was sich zu stehlen lohnte, sofern ich es gesehen hatte.
„Wir werden dich begleiten, wir wollen doch nicht, dass dir etwas passiert. Außerdem werde ich entscheiden, ob du deinen Stein mitnehmen kannst oder nicht. Denn laut Gesetz der Allianz nach dem Dunklen Krieg wurde verfügt, dass alles, was an diesem Ort ist, auch den Drachen und deren Gefährten gehört. Somit auch mir. Wenn ich möchte, überlasse ich dir deinen Stein. Wenn nicht, bringen wir dich einfach so von hier raus.“ Ich versuchte zu einem Gegenargument anzusetzen, doch er brachte mich mit einer Geste zum Schweigen. „Entweder so, oder du gehst gleich“, erwiderte er kalt. Dabei sah er mich direkt an.
Ich wusste, dass ich verloren hatte. Und somit keine andere Wahl. „Gut in Ordnung“, gab ich zähneknirschend auf. „Wieso erst in 2 Tagen, wieso können wir nicht gleich losgehen, dann sind Sie mich auch schneller wieder los.“ Ich wollte unbedingt so schnell wie möglich dort hin.
Seit beginn des Gesprächs hat die Dringlichkeit meines Gefühls zugenommen. Ich wollte den Stein, und das so schnell wie möglich. Es kam mir so vor, als wären zwei Tage zu lang. Nur wozu war es zu spät? Das sagte mir mein Gefühl natürlich nicht. Ganz toll.
„Das wiederum mein Kleiner, geht Dich nichts an.“ Ich liebte diese Antwort. Meine eigenen Worte zu gebrauchen. Ganz kreativ. An das ´Kleiner´ und ´Junge´ konnte ich mich einfach nicht gewöhnen. Doch ich sagte nichts.

Der Abend und die kommende Nacht vergingen ruhig. Als ich mich aufmachen wollte, um etwas Essbares für mich zu suchen, wurde ich aufgehalten. Der Drache kam kurz darauf mit einem ausgewachsenen Hirsch zurück. Es wurden von dem Menschen einige Teile abgeschnitten und über einem Feuer gebraten, welches auch aus der Entfernung gut zu erkennen war. Den Rest verdrückte der Drache selbst. Samt Knochen und Geweih.
In starrer Position war ich bald darauf eingeschlafen, denn für mich gab es nichts mehr zu tun außer zu warten. Die Gefahr, in der ich immer noch schwebte, die in Form eines Menschen und eines Drachen vor mir auftat, konnte ich gut ignorieren und schlief so auch erholsam.
Ich wachte auf, kurz bevor die Sonne aufging. Ich brauchte als Dunkelelf nicht sehr viel Schlaf, und so sah ich mir den Sonnenaufgang an. Es war ruhig um mich herum, während die Tierwelt langsam erwachte und ihre morgendlichen Rituale begann.
Meine Bewacher schienen noch zu schlafen und so stand ich auf und ging zum Fluss. Ich wusch mich schnell und trank gerade, als ich die Bewegung im Augenwinkel sah. Der Mensch war inzwischen ebenfalls aufgewacht und hatte mich genau beobachtet. Glaubte er wirklich, ich sei so dumm, gerade bei Morgendämmerung abzuhauen, wenn alle ausgeschlafen waren? Kam ich ihm echt so dämlich vor?
Nach einem erfolglosen Gesprächsstart schwiegen wir nach dem Frühstück wieder. Erneut hatte der Drache etwas zu Essen besorgt, diesmal einen Büffel. Woher er diesen hatte konnte ich wirklich nicht sagen. Eigentlich sollte es hier keine geben. Doch ich fragte nicht weiter nach, war selbst zu tief in meiner Unruhe gefangen.
Ich spürte eine Veränderung. Das dringende Gefühl, dass es fast zu spät war dort anzukommen, doch jeder Versuch ihn zu überzeugen schlug fehl. Egal wie sehr ich es versuchte, er blieb hart.
So gut es ging lenkte ich mich damit ab, Spitzen für meine Pfeile zu fertigen und so die stark dezimierte Anzahl wieder aufzustocken. Es nahm meine ganze Konzentration in Anspruch und so konnte ich das drängende Gefühl kurzzeitig ausblenden.
Es war fast Mittag, als die Veränderung fast plötzlich kam. Zuerst begann das Pulsieren, welches sich durch meine Reise zu einem stetigen Hintergrundgefühl verblasst war plötzlich stärker zu werden, bis ich nichts anderes mehr außer dieses Dröhnen in meinen feinen Ohren hörte. Ich unterdrückte nur knapp ein Stöhnen, als mein Herz zu rasen anfing. Immer heftiger schlug es in meiner Brust, verband sich dort mit dem Pulsieren, sodass es in einem Gleichklang in mir schlug. Inzwischen konnte ich außer dem Rauschen in meinen Ohren nichts mehr hören, während mein ganzer Körper vibrierte. Ich hörte die Stimme kaum, die mir etwas zurief, ehe ich zur Seite kippte und zitternd liegen blieb. Ich versuchte vergebens mein rasendes Herz zu beruhigen, ehe ich einfach ergeben die Augen schloss und dem Gefühl folgte, dass mich immer noch zu meinem Stein zog. Ohne es genau erklären zu können, spürte ich eine Veränderung in diesem Band. Es pulsierte nun kräftig in mir, zog meinen Geist fort in diese Richtung, in die ich hatte gehen sollen.
Diesmal hatte ich nicht das Gefühl zu fliegen, sondern glitt immer entlang des Bodens tiefer in das Gebirge. Nur kurz erhaschte ich einen unscharfen Blick auf umherstehende Jungen und Mädchen. Die meisten schienen wohl in meinem Alter zu sein, doch bevor ich genaueres erkennen konnte, oder sich mein Blick von diesem Grauschleier befreien konnte, wurde ich auch schon wieder zurück gezogen. Ich spürte Hände die mich hart schüttelten, ehe ich es schaffte meine Augen zu öffnen. Ich brauchte einen Augenblick, ehe ich wieder zuordnen konnte wo ich war. Besorgten Augen sahen mich an, warteten darauf, dass ich etwas sagte. Doch ich schüttelte nur den Kopf und richtete mich auf.
Ich spürte die Verwirrung durch diese Verbindung, die mir entgegen schlug. Das allein verwirrte mich ebenfalls und ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Ich war nicht in der Lage, auch nur weit genug zu denken, um dem Menschen eine Antwort zu geben. Ich starrte einfach nur Blicklos in die Ferne, versuchte erneut den Weg zu gehen, dem ich gerade gefolgt war. Wieder zu dieser Kraft zu kommen, die mich geradezu anzog. Aber es gelang mir nicht.
Inzwischen kam ich wieder zur Ruhe. Meine eigenen Gefühle hatten sich wieder gelegt und ich konnte nun erkennen, dass als das von meinem Stein ausging. Nur was konnte so ein Stein schon tun? Es war also doch kein einfacher Stein. Nur was sonst?
Ich sagte kein Wort mehr, während der Tag voran schritt. Zu viel hing ich meinen Gedanken nach, während ich meine Gefühle zu ergründen versuchte. Es gelang mir nicht. Je mehr Zeit verging, desto mehr Verwirrung, gar Angst schlug mir entgegen. Ich verstand es nicht, konnte es jedoch auch nicht ausblenden. Zu präsent in mir war dieses Gefühl, um es einfach abzustellen. Ich wollte so gern dorthin und helfen, wollte diesen Schmerz und diese Angst von dem Stein, oder was immer es war nehmen, doch ich saß hier fest. Meine Bewacher ließen mich seitdem nicht mehr aus den Augen, registrierten jede Bewegung von mir. Das mir angebotene Essen ließ ich unbeachtet stehen. Zwar hatte ich Hunger, doch ich bekam nichts herunter. Mein Magen rebellierte sogar gegen das Wasser, sodass ich mich bald auch davon fernhielt. Zuerst war das Gefühl ziemlich nah, doch gegen Abend bemerkte ich, dass es sich von uns weg bewegte. Ich sah Schatten im Himmel aufsteigen, welche bald darauf noch weiter entfernt waren. Nach einigen Bewegungen mit den Flügeln konnte ich die Drachen erkennen. Mit ihnen entfernte sich auch mein Ding, das mich so dringend rief. Sie entfernten sich immer weiter von uns, und gaben mir so die Chance aufzuspringen. Es schien als müsste ich nicht mehr ins Gebirge, sondern etwas weiter Nordöstlich davon. Perfekt um sofort aufzubrechen.
„Ich entschuldige mich für die vergeudete Zeit, aber Sie hatten Recht, es war eine dumme Idee unbedingt einem Stein nachzulaufen. Ich werde nun gehen und dieses Gebirge nicht betreten.“ Ohne ein weiteres Wort packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf in Richtung des Gefühls. Ich war niemals schnell genug, um mit den Drachen mitzuhalten, doch wusste ich immer wo ich hin musste. Dieses Gefühl leitete mich. Anstatt dem großen Pfad zurück zu folgen und diesen dann in die richtige Richtung zu nehmen, ging ich quer durch den Wald. Dies erschien mir deutlich schneller, als den Tagesmarsch zurück zu der Gabelung.
Ich spürte den stummen Blick der beiden Fremden in meinem Rücken. Sie folgten mir, bis ich außer Sicht war. Ich spürte deren Skepsis, aufgrund meines Verhaltens, zuerst brach ich grundlos zusammen, dann schwieg ich eisern, und als die Drachen davonflogen rannte ich ihnen nach. Noch dazu wo ich doch so fest darauf fixiert war, meinen angeblichen Stein von diesem Gebirge zu holen.
Ich war schon einige Stunden unterwegs, als ich meine Verfolger merkte. Ich sah gen Himmel und erkannte die dunkle Gestalt eines Drachen etwas hinter mir. So lang konnte er mir noch nicht folgen, dass hätte ich mitbekommen. Doch noch bevor ich ihn ansprechen konnte flogen sie davon, verschwanden in dieselbe Richtung, in die ich aufgebrochen war.

Die Tage vergingen wie in einer Schleife. Ich war mir sicher, dass gar nicht so viel Zeit vergangen war, denn ich ging wie im Fieber immer einen Schritt weiter. Ich sah kaum etwas vor mir, wich jedoch instinktiv den Bäumen aus. Vielleicht reagierten meine Beine auch ohne mein Zutun, so sicher war ich mir inzwischen nicht mehr. Ich konnte immer noch nichts Essen, und trank auch nur sehr wenig, denn sofort wurde mir schlecht, wenn ich mehr als nur einen Schluck zu mir nahm.
Ich merkte wie meine Kraft immer weiter schwand. Je mehr Zeit vergangen war, desto müder wurde ich, doch egal wie sehr ich es versuchte, ich konnte einfach keine Ruhe finden. Der Schlaf war verschwunden, hatte mir, wie auch mein Magen den Rücken gekehrt und verweigerten nun ihre Aufgabe. Ich spürte auch das Flackern der Energie, die mich leitete. Sie wurde Zeitgleich mit mir schwächer. Die Lebenskraft floss nur so aus mir heraus, schneller noch als damals, als ich noch bei den Alben gelebt hatte. Wieso geschah das gerade jetzt?
Ich begann zum ersten Mal in meinem Leben wirklich zu verzweifeln. Wenn ich es nicht rechtzeitig dorthin schaffte? Und wenn das Ding und ich trotzdem starben? Ich bekam kaum noch einen Fuß vor den anderen, schaffte es nur mit Mühe meine Augen offen zu halten. Wenn ich jetzt zusammenbrach wäre es sicher zu spät und ich würde nie mehr aufwachen. Und mein Stein ebenso wenig.
Also kämpfte ich weiter. So wie es mir immer in den Genen liegen würde, wie ich erzogen war. Und ich bemerkte bereits am Beginn des dritten Tages ein riesiges Schloss vor mir. Es ragte so hoch wie das Gebirge vor mir auf. Die einfachen Steinzinnen, die fast in die Wolken ragten, erkannte ich nur mit etwas Mühe. Der Stein wirkte Massiv, als ich davor stand. Man hatte uns von Burgen und Schlössern erzählt, doch keines davon konnte sich mit diesem Messen. Es war viel Größer, fast so als sei es nicht für Menschen oder Elfen geschaffen worden. Als sei es für Drachen geschaffen worden, schoss es mir durch den Kopf. Zwar erkannte ich deutlich den massiven Stein, aus dem dieses Wunderwerk erschaffen worden war, doch wirkte er glänzender als üblicher Stein. Als ich näher kam, stellte ich erstaunt fest, dass es keine Nahtstellen gab. Durch die glänzende Oberfläche sah es so aus, als es aus einem großen Stein gehauen. Nur die verschiedenen Muster im Stein ließen eine andere Vermutung zu. Ich ging auf eine Brücke zu, die mich über einen riesigen Fluss führen würde. Ich hörte das Wasserrauschen fast ohrenbetäubend, als ich das Holz unter meinen Füßen spürte und nur mehr mein Ziel fixierte. Hier drin war es. Das Gefühl, mein Ding. Ich musste es unbedingt erreichen. Nichts anderes war mehr wichtig.
Die letzten Schritte über die vollkommen aus Holz bestehende Brücke legte ich wie im Traum zurück. Immer näher kam ich dem riesigen Schmiedeeisenem Tor. Bedrohlich ragte es groß vor mir auf. Der Drache, den ich kennengelernt hatte, würde sogar durchfliegen können. Eine kleine Tür war in das Tor eingebaut, breit genug für die kleineren Rassen, sodass ich annahm, dass man hier durch konnte.Mit letzter Kraft klopfte ich so laut ich konnte an der Tür. Ich hörte eine Stimme, konnte allerdings nicht mehr ausnehmen, was er sagte. Immer weiter hämmerte ich mit der verbleibenden Energie, die mich noch aufrecht hielt weiter auf die Tür ein. Irgendwann würde diese wütend aufgerissen und ich stand zwei Frauen und einem Mann gegenüber. Alle sahen mich verärgert an, ehe ich ohne etwas zu sagen auf dem Boden zusammensackte. Meine Beine hielten mich nicht mehr. Während sie irgendetwas sagten, dass ich einfach nicht verstehen konnte, erkannte ich Mitleid im Blick zwei der Gestalten. Mehr konnte ich nicht mehr erkennen.
Eine mir bekannte Stimme rief etwas, das sich in etwa nach „Bringt ihn rein“, anhörte, danach wurde alles für mich schwarz und ich versank in der Dunkelheit, welche mich schützend umschloss.




Kapitel 6:
Langsam wachte ich wieder auf. Ich konnte mich weder erinnern was passiert war, noch wo ich gerade war. Ich bemerkte nur den Geruch von Steinen um mich herum. Anstatt der Erde und des Grases unter mir, das mir in all den Jahren so natürlich vorgekommen war, konnte ich nun nichts mehr davon feststellen. Stattdessen fühlte es sich anders an, weicher. Es knisterte leicht unter mir, als ich mich zur Seite drehte. Verwirrt streckte ich meine Finger aus und fuhr neben meinem Körper meiner Lagerstätte entlang. Ich fühlte sich fast an wie Gras, nur nicht ganz, und stattdessen viel größer. Nur langsam öffnete ich meine Augen und stellte fest, dass es mir besser ging. Das matte Gefühl in mir, das Gefühl ausgesaugt zu werden, war verschwunden. Nun lag dort das Gefühl, dass ich sogut wie angekommen war. Dass nur noch ein paar Schritte fehlten, bis ich endlich zu mir selbst gefunden hatte. Und diese wollte ich nun unbedingt auch gehen, bevor all das wieder verschwand. Ich sah mich langsam um. Ich hatte darauf gewartet von meinem üblichen Schwindel begrüßt zu werden, während mir langsam dämmerte was passiert war. Statt allerdings genau zu wissen wo ich war, erinnerte ich mich nur mehr an ein riesiges Tor mit einem noch gigantischerem Schloss darum. Wo also war ich also? Inzwischen hatte ich es geschafft mich aufzurichten. Ich konnte nun auch zuordnen worauf ich gelegen hatte. Eine Holzschabracke mit Stroh. Nur warum? Ich spürte immer mehr Energie in mir. Weit mehr als ich die letzten Jahre hatte. Trotzdem hatte sich das Gefühl, dass mein Ding hier war nicht verflüchtigt. Stattdessen zeigte es mir wie nah ich inzwischen gekommen war. Durch das Band, dass mich anscheinend an dieses Etwas band, fühlte ich trotz allem noch immer die Verwirrtheit und Frustration. Doch jetzt war auch Hoffnung darunter. Doch die Hoffnung worauf? All das ergab keinen Sinn. Ich war umgeben von lauter Stein, der dem des Schlosses glich, auf das ich zugelaufen war. Es war kühl hier, obwohl ich aus einem Loch in den Steinen die Sonne hoch am Himmel erkennen konnte. Vorsichtig stand ich auf und ging auf dieses Loch zu. Es war nicht groß genug, um bequem hindurch zu klettern, doch für meinen schmächtigen Körper würde es reichen. Als ich nach draußen sah, erkannte ich wie absurd meine Idee war. Ich war hoch über der Erde, sah einen riesigen Wald vor mir aufragen. Ich erkannte von oben die Baumkronen, die unter mir lagen und keinen Blick auf die Welt darunter zuließ. Ich konnte durch meine scharfen Augen sogar das Gebirge erahnen, welches ich vor kurzem noch so verzweifelt erreichen wollte. Stattdessen stand ich nun hier, immer noch abgemagert und vergleichsweise schwach. Erst jetzt sah ich mich in dem Raum um. Außer meiner Pritsche gab es nur einen kleinen Nachtschrank aus Holz, sowie einen Tisch und zwei Stühle. An der Wand hingen mehrere Holzbretter, welche in den Stein gehauen wurden. Wozu dienten sie? Denn diese hier waren leer. In meiner alten Heimat gab es sowas nicht, denn unsere Wände hätten dem auf Dauer sicher niemals standgehalten. Während eine raue Leinendecke auf dem Stroh lag, gab es sonst nur eine Kerze, die zur Hälfte heruntergebrannt war und deren Wachs um die Kerze herum eine Pfütze gebildet hatte, die getrocknet war. Gerade hatte ich die Türe entdeckt und überlegte nun, ob sie sich wohl öffnen ließ, oder ob ich hier gefangen war, als diese auch schon geöffnet wurde. Herein kam der Mensch, den ich bereits kannte, dessen Namen ich jedoch immer noch nicht wusste. In seinen Händen trug er einen Teller und einen großen Krug. Ich hoffte, dass darin nur Wasser war, denn mein Magen schien immer noch nicht begeistert von der Idee sonderlich viel zu essen. Er deutete in die Richtung des Tisches, sodass ich mich auf einen der Stühle niederließ. Unsicher was nun weiter geschehen würde, denn wenn meine Erinnerung mich nicht im Stich ließ, die sich gerade wieder bei mir gemeldet hatte, war ich hier mehr oder weniger eingedrungen und nun hatten sie mich auch noch nicht einfach liegen lassen oder die Brücke heruntergeworfen. Während ich jetzt den Tisch anstarrte, statt dem Mann mir gegenüber in die Augen sehen zu müssen, tauchte in meinem Blickfeld der Teller, der mit einer trüben Flüssigkeit gefüllt war, sowie der Krug auf. Ich starrte nur weiter darauf, fragte mich, ob es wohl vergiftet war. Innerlich schnaubte ich über meine eigene Dummheit. Nun hob ich doch den Kopf und sah dem Menschen selbstsicher in die Augen. Ich fühlte mich besser, je näher ich diesem Ding dran war, und inzwischen konnte ich meine eigene Neugier kaum zügeln. Doch das Band hatte sich wieder etwas verändert. Nun spürte ich noch etwas Neues. Ein wesentlich stärkeres Gefühl. Wut. Das Etwas war wirklich sauer. Doch worauf? Und warum? Und wieso spürte ich all das? Dieses Gefühl ging in mich über und erfüllte alles in mir. Es fühlte sich richtig an, diese Wut ebenfalls zu fühlen, wenn mein Stein doch ebenfalls wütend war. Es würde schon seinen Grund haben. Und doch fragte ich mich, wieso mich all das so leicht beeinflussen konnte. Eigentlich dürfte das nicht passieren. Ich hatte mich doch weitaus besser im Griff. Ich rang die Wut in mir nieder, vergrub sie tief in mir, sodass man mir nichts mehr ansah. Ich wusste, dass es nicht ewig funktionieren würde, doch vielleicht bekam ich die Chance herauszufinden was hier los war. „Du musst mir einige Fragen beantworten Junge. Spätestens seit du hier aufgetaucht bist, gibt es keine einfachen Ausflüchte mehr für dich, ich hoffe das ist dir klar.“ Der ernste Blick mit dem er mich bedachte lies mich nichts Gutes erahnen. Als ob sie mir glauben würden, wenn ich es doch selbst nicht verstehen konnte. „Mein Name ist Zarian. Und meinen Gefährten hast du ebenfalls kennengelernt, Turik.“ Der auffordernde Blick des Mannes ließ mich trotzig werden. Trotzdem schaffte ich es erneut die langsam in mir ansteigende Wut zu unterdrücken und antwortete daher nur mit ruhiger Stimme: „Ich wurde Damon genannt.“ Ob ich das allerdings hier auch noch werden würde, oder ob ich überhaupt einen Namen brauchen würde, war ich mir noch nicht sicher. Eine angezogene Augenbraue begegnete mir, als ich ihn direkt ansah. „Wurde?“ Die Verwirrung hinter der Frage war nicht zu überhören. Doch wie viel konnte ich erzählen. Wie viel preisgeben? Da ich vermutete, dass er meine Lügen sowieso durchschauen würde, egal wie sehr ich es auch versuchte, blieb ich so nah wie möglich an der Wahrheit, ohne wichtige Details zu erzählen. „Ja ´wurde´. Ich bin davongelaufen, wollte dort nicht mehr leben. Ist noch nicht lang her.“ Wie konnte mir erst jetzt auffallen, dass mein Gepäck und all meine Waffen weg waren? Ganz schlau Damon, schimpfte ich mich selbst ob meiner Unachtsamkeit. Selbst mein Jagdmesser war verschwunden, sodass ich nun schutzlos vor Zarian saß. „Seit wann verschwinden Elfen einfach so von ihren Stämmen?“ Lachte er mich etwa aus? „Andererseits hätte ich mir sowas ja denken können, sonst wärst du kaum so schwach und abgemagert gewesen. Keine gute Idee, glaubst du nicht auch?“ Die Wut in mir brach vollkommen plötzlich aus mir heraus. Hatte ich sie bisher noch gut unter Kontrolle gehabt, explodierte sie nun einfach. Ich wusste nicht woher, doch ich spürte die immer weiter wachsende Wut meines etwas, die mich nun vollkommen einzuhüllen schien. Nur zähneknirschend schaffte ich es, nicht auf ihn loszugehen. Ich wusste wie es enden würde und wollte mir derzeit den Spott nicht erneut geben, denn dann würde es sicher ganz anders enden. „Ich kann gut allein auf mich aufpassen. Die letzten Tage waren etwas anderes. Davor konnte ich mich auch ohne deine Hilfe gut versorgen“, okay ganz ohne ging es trotzdem nicht. Man sah es meinem Körper absolut nicht an, aber was konnte ich dafür, dass ich einfach nicht zunahm, obwohl ich genug aß? Meistens sogar mehr als ich sollte. Als Dunkelelf nun zu hören, dass man zu schwach war, um sich selbst zu versorgen, war eine noch größere Beleidigung als gegen einen stärkeren Gegner zu verlieren. Trotzdem versuchte dich die Wut in mir zu behalten. Bevor wirklich etwas geschah, das nicht gut für jemanden von uns war. Nicht so kurz vorm Ziel. „Bin ich hier eingesperrt, oder darf ich auch wieder hier raus? Ich hab immer noch was zu erledigen. Keine Angst, danach verschwinde ich.“ Wieso klang ich jetzt trotzig wie ein kleines Kind? Mit verschränkten Armen saß ich auf meinem Stuhl und starrte den Mensch an. Ich wollte einfach nicht nachgeben. Und dann so schnell wie möglich von diesem Ort verschwinden. Ich gehörte hier nicht her, und ich wollte auch nicht hier sein. Außerdem fühlte ich mich von dem vielen Stein regelrecht erdrückt und hatte das Gefühl, kaum Luft zu kommen, wenn ich daran dachte, wieviel Stein eigentlich um mich herum war. „Wie kommst du darauf, dass dein gesuchter Stein genau hier ist?“ Ich konnte nicht feststellen, ob er sich nur über mich lustig machte, oder wirklich eine Antwort auf diese Frage wollte. War es wirklich Neugier, oder einfach nur typischer Spott? Ich hatte einfach zu wenig Erfahrung dafür. Verdammt. „Iss erst mal, dass du wieder zu Kräften kommst, davor kannst du sowieso nirgendwo hingehen, ohne gleich wieder umzukippen,“ die ruhige und belehrende Stimme brachte mich immer weiter gegen ihn auf, während ich ihn inzwischen nur mehr mit unverhohlener Wut anstarrte. Ich hasste ihn jetzt schon. Dieser Typ ging mir dermaßen auf die Nerven. Doch das Essen rührte ich nicht an. Ich war viel zu aufgebracht, um auch nur einen Bissen zu essen. Schon gar nicht, da ich nicht wusste, was in dem Essen alles drin war, selbst wenn mein Magen nicht vor Säure überkochen würde. Fast wünschte ich mir nun Magie zu beherrschen, oder zumindest ein Messer, damit dieser Mensch einfach ruhe gab. Ich spürte den Rausch, der meine Rasse leicht überfiel. Meine Augen begannen gerade wieder zu leuchten, verloren ihren ehr trüben Schleier, ließen das kräftige Rubinrot aufblitzen. Inzwischen hatte ich meine Hände sinken lassen und krallte mich nun krampfhaft an dem Stuhl fest auf dem ich saß. Bloß nicht ausrasten. Die Worte wiederholte ich innerlich immer wieder, während sich meine Finger in das stabile Holz gruben. Ich spürte die einzelnen Rillen des Holzes, während ich immer fester zudrückte. Einzelne kleine Splitter lösten sich von der Fläche und vergruben sich tief in meine Haut. Doch davon bekam ich kaum noch was mit, zu sehr versuchte ich den Mann nicht an die Kehle zu gehen. Das Gefühl, dass es nicht meine Wut war, mit der ich gerade kämpfte, nahm ich immer noch konstant in mir war. Wie ein stetes pulsieren. Als gehöre es sich so, dass dieses Band da war, und ich alles mitbekam. Zarian hatte mich derweil nur schweigend betrachtet. Er schien mit sich zu hadern. Doch spürte ich auch die enorme Ruhe von ihm ausgehen, die mein Temperament zuvor noch besänftigt hatte, beruhigte mich all das inzwischen gar nicht. Die Wut stieg nur weiter an. Er schien es mir genau anzusehen, denn er wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als mich eine besonders heftige Welle durch die Verbindung erreichte. Immer tiefer gruben sich die Splitter in meine Hände, während ich versuchte sitzen zu bleiben. „Was ist los Junge? Warum bist du so aufgebracht?“ Wieso konnte ich meine Gefühle nicht mehr kontrollieren? Wieso sah sogar ein Mensch mir all das an, obwohl ich es doch bisher immer erfolgreich vor allen verstecken konnte? Ich wusste keine Antwort auf seine Frage. Wie sollte ich auch erklären, dass es nicht ich war, der wütend war, sondern mein Stein? „Mich würde viel mehr Interessieren, was damals passiert ist, während wir gewartet haben. Es gab nichts zu sehen, und doch durfte ich erst nach zwei Tagen hinauf. Und nach fast eineinhalb Tagen verschwinden plötzlich Drachen von genau diesem Gebiet.“ Nur mit Mühe konnte ich meine Stimme gesenkt halten, auch wenn sie zitterte, so sehr musste ich mich kontrollieren. „Wenn ich dich daran erinnern darf, du wolltest gar nicht mehr dorthin sondern bist vielmehr abgehauen. Was mich dazu bringt dich zu fragen, wie du uns gefunden hast. Niemand kennt diesen Ort, und es ist unmöglich hier versehentlich zu landen, denn die Zauber schirmen diesen Ort vor jedem nicht erlaubten Zutritt ab.“ Ernst sah er mir nun direkt in die Augen. „Du dürftest nicht hierher kommen können, ohne jemanden, der dich mitnimmt.“ Ich sah ihm an, dass er all das nicht verstand. Aber wie sollte ich ihm solche Fragen beantworten, wenn ich es doch selbst nicht wusste. Ich verstand gar nichts mehr, während mein Kopf vor lauter Konzentration und der vielen Gedanken, die mich beschäftigten, zu platzen drohte. Hilflos zuckte ich daraufhin die Schultern. Mir fiel einfach nichts ein, was ich darauf erwidern konnte. Der Blick des Menschen wurde hart. Bisher erschien er mir noch einigermaßen freundlich, doch dieser Eindruck war gerade verschwunden. Er konnte es nun problemlos mit dem Oberhaupt der Dunkelelfenkolonie aufnehmen, die ich bewohnt hatte. Ja, ganz einfach, denn ich sah langsam die Gefäße an seinem Hals und seinen Armen hervortreten, als er sich anspannte. Mir kam seine Gestalt, obwohl sie saß, nun imposant vor. Ich wollte ihn nicht zu meinem Feind haben. „Wenn du diese Fragen schon nicht beantwortest, dann sag mir doch etwas anderes. Denn offensichtlich beherrscht du die Sprache doch nicht so gut wie ich dachte, denn du sprichst kaum etwas außer deine festen Sätze.“ Wieder ein strenger Blick. Was genau wollte er bitte von mir? Ich wollte jedenfalls nichts von ihm! „Was macht ein Dunkelelf allein und so abgemagert fern jeglichen Schutzes. Es widerspricht jeglichen Informationen die wir über euch haben. Abgesehen davon das du außer den Augen und deinem zeitweisen auftreten nichts mit ihnen gemein hast.“ Als die nächste Welle der Wut über mir zusammenbrach, war ich endlich einmal mit ihr einer Meinung. Ich sprang von meinem Stuhl auf und warf mich auf den Menschen, der immer noch seelenruhig auf seinem gesessen hatte. Während er noch versuchte das Holz aus dem Weg zu bekommen, da es seiner ehr massigeren Gestalt mehr im Weg war als meinem ausgezerrten Körper, hatte ich bereits mit einer mir untypischen Kraft, meine Hände um seinen Hals geschlossen und drückte nun zu. Wenn ich ein Messer oder ähnliches gehabt hätte, wäre es noch wesentlich einfacher gewesen. Ich spürte die Wut in mir nun regelrecht explodieren und gab mich diesem Gefühl hin. Immer fester drückte ich zu, während ich mit meinen Beinen die seinen fixierte und weiter so fest es ging auf ihm saß. Die Hände hatte er noch nicht unter seinem Körper frei bekommen. Ich bemerkte das aufbäumen seines Körpers, sodass ich meine Füße nun um seine Fußgelenke legte und sie so stark wie es ging verdrehte Meine Knie waren fest auf dem Boden verankert, während ich meine Gelenke immer weiter drehte. Ich spürte die stärker werdende Gegenwehr, doch ich nahm sie nicht bewusst war. Alles in mir war nur mehr gesteuert von Instinkten und dem jahrelangen Training, das mir in Fleisch und Blut übergegangen war. Erst jetzt konnte ich das gelernte auch anwenden, denn ich fühlte mich noch immer kräftiger als sonst. ich spürte die Sehnen und Gelenke in den Beinen von Zarian immer stärker überdehnen, und sie gaben immer mehr nach. Ich bekam all das gar nicht genau mit, denn ich sah immer nur weiter in seine Augen, vollkommen außerstande anders zu reagieren. Immer fester drückte ich auch um seinen Hals zu, während ich versuchte ihn weiter am Boden zu halten. Im Augenwinkel registrierte ich eine Bewegung, doch sie hatte nichts mit meinem aktuellen Ziel zu tun, daher wurde es einfach ignoriert. Ich sah langsam das Leben aus den Augen des Menschen verschwinden. Mein Ziel rückte immer näher, wollte ich gerade nichts anderes, als ihn zu töten. Zu meiner Wut hatte sich Mordlust gesellt, die ganz und gar von mir kam. Ich spürte die Arme nicht, die mich von Zarian herunterzogen. Immer noch war ich fixiert ihn zu töten, dass ich nicht bemerkte, wie ich von vier Armen festgehalten wurde und schließlich an die Wand gelehnt endete. In meiner Rage begann ich ziellos um mich zu schlagen, bis sich schließlich ein riesiger Körper gegen mich presste und somit an der Wand festhielt. Ich hatte keine Chance, nachdem er meine Hände an meinen Rücken gedrückt hatte, der mit vollem Gewicht gegen den Stein gedrückt wurde. Auch meine Beine hatte er mit seinen fixiert. Zu der Aggression gesellte sich nun Panik. Ich bekam kaum noch Luft, so fest war ich an die Wand gepresst. Die übriggeblieben Luft verließ immer schneller meinen Körper, je fester ich gegen den Stein stieß. Ein leises Röcheln sollte meine Rettung sein, denn sie bemerkte, dass ich keine Luft mehr bekam. „Dann weiß der Kleine wenigstens wie das ist. Der hat es nicht anders verdient, dieser Abschaum.“ Hilflose Wut stieg in mir auf. Ich konnte nichts tun, konnte nur zuhören wie ich beleidigt wurde, bis ich erstickt war. Wie grausam die Natur doch war, ließ sie mich schwach und kränklich zur Welt kommen und nun stand ich erneut kurz davor zu sterben. Es war wirklich nichts, was ich bewusst erleben wollte. Jetzt, im Angesicht des Todes, der immer näher rückte, während ich vergeblich versuchte Luft in meinen Körper zu bekommen, stellte ich fest, wie grausam es wirklich war zu leben, nur um in vollem Bewusstsein zu sterben. Direkt nach der Geburt getötet zu war mir immer barbarisch vorgekommen. Jetzt sah ich einen Segen darin nichts kennengelernt zu haben. Mein Körper hatte inzwischen die Gegenwehr von selbst eingestellt, denn es fehlte ihm an der so wichtigen Luft. Ich sah inzwischen fast nur mehr schwarz, konnte kaum den Stein direkt vor meinem Gesicht noch genau erkennen. Alles verschwamm vor meinen Augen, während immer mehr Kraft aus meinem Körper verschwand. „Urkari, lass ihn los. Er wird es verstanden haben. Und wir wissen immer noch nichts.“ Die Stimme verstand ich kaum mehr, je mehr versank alles von mir in einem dichten Nebel. Doch ich spürte wie der Druck nachließ. Automatisch holte ich tief Luft und musste deswegen husten. Nur die Arme hinter mir hielten mich noch aufrecht, sonst wäre ich vermutlich mit dem Kopf gegen die Wand geprallt. Langsam klärte sich mein Blick wieder, und nach dem ausführlichen Hustenanfall zwang ich mich nur langsam und vorsichtig Luft zu holen. Dies gelang mir wesentlich besser und so blieb der Husten auch aus. Endlich durfte ich wieder atmen, wurde nun eher vorsichtig festgehalten. Ich hob meinen Kopf und sah zu Zarian, der auf demselben Stuhl saß wie vorher, neben ihm eine Frau, die jünger als er wirkte, jedoch deutlich älter als ich zu sein schien. Der Mann war es, der die nun herrschende Stille unterbrach: „Warum wir eigentlich hier sind. Es gibt es Problem mit unserem neusten Zugang. Sie ist plötzlich immer wütender geworden, und ist schließlich auch auf uns losgegangen.“ Ich sah den skeptischen und verwirrten Blick des Menschen, als er mich ansah, wobei es eher den Eindruck hatte, als ob er durch mich hindurch sah. „Das ist wirklich ungewöhnlich. Das hatten wir noch nie. Es war doch so sicher, dass sie kein Wilder ist. Aber warum bindet sie sich nicht?“ Die Frage war an niemanden gerichtet. Während ich nichts verstand und weiter meinen Körper mit Luft versorgte wirkten die anderen ehr betreten. Ihnen war anzusehen, dass sie sich genauso unwohl fühlten wie Zarian auch. Worum ging es hier eigentlich? Der Griff, der mich fest umschlossen gehalten, war lockerer geworden. Geschickt schaffte ich es, mich aus seinem Griff zu winden und ging zum Tisch. Angespannt waren mir alle Blicke gefolgt. Ich sah die Vorsicht in allen Augen. Doch ich hatte mich wieder im Griff. Meine eigenen Gefühle waren verraucht und hatten Gleichgültigkeit Platz gemacht. Die Gefühle durch das Band spürte ich inzwischen ehr dumpf, wenn auch immer noch sehr stark, erreichten sie mich nicht mehr. Erst jetzt erkannte ich die Angst, welche die Wut gedämpft hatte. Es war dieselbe Panik, die auch ich gefühlt hatte, und doch gehörte sie nicht mir. Ich nahm den Krug zur Hand und trag zügig einige Schlucke. Wenn es vergiftet war, war es mir nun auch egal, doch meine Kehle war so unangenehm ausgetrocknet, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, hatte ich schon seit Tagen nicht mehr richtig getrunken, während ich immer weiter gewandert war. Immer noch folgten mir alle Blicke, während ich den Krug erst absetzte, als dieser leer war. Danach ließ ich mich fast schüchtern auf den zweiten Stuhl fallen, nachdem ich diesen wieder aufgerichtet hatte. „Ich möchte wirklich keine weiteren Umstände machen. Ich würde gern gehen.“ Mein Blick lag auf der Maserung der Tischplatte. Ich wollte nicht aufsehen, oder mir ansehen, was ich dem Menschen angetan hatte, der niemals wirklich böse und ungerecht zu mir war und den ich trotzdem angegriffen hatte. Dass ich ihn besiegt hatte, beruhigte mich kein bisschen. „Und dein Stein, oder was auch immer du dir erhoffst hier zu finden?“ Dachte er wirklich, ich würde nun so einfach aufgeben? Die fragenden Blicke konnte ich fast schon körperlich auf mir spüren, doch ich erklärte mich nicht. Sie erklärten mir doch auch nichts. „Den nehme ich natürlich mit. Sonst hätte ich mir doch gar nicht die Mühe gemacht hierher zu kommen.“ Endlich hatte ich zu meiner alten Stärke zurück gefunden. Ich sprach wieder selbstsicher und hatte einen unnachgiebigen Unterton in meiner Stimme. Mit festem Blick sah ich ihn wieder an, während die Angst langsam aus dem Band herausfloss. Die sah eine gerunzelte Stirn, die anscheinend mit einer Idee endete. Ob ich diese Idee wirklich hören wollte bezweifelte ich wirklich, doch ich schwieg, als ich ihn weiter fest ansah. „Okay, bring uns zu deinem Stein, und dann lass uns weitersehen.“ Er schien es wirklich für eine gute Idee zu halten. Ich fand das Ganze nur lächerlich. Was sollte ich damit beweisen? Auch die anderen beiden schienen skeptisch zu sein, während sie mich unverhohlen musterten. Musste das wirklich sein? Andererseits, wenn ich dann endlich mit meinem Stein verschwinden konnte? Das war es allemal wert. Ich erhob mich langsam, zwang meine Füße einen vor den anderen zu setzen, während mein Gefühl mich weiterhin leitete. Ich spürte die drei Gestalten hinter mir. Sie folgte mir dicht, wollten wohl nicht, dass ich versuchen könnte zu flüchten. Aber das hatte ich gar nicht vor. Nicht so kurz vor meinem Ziel. Denn es kam immer näher, mit jedem Schritt den ich machte. Und ich war schon sehr nah, dass spürte ich. Ich ging durch einen engen Tunnel, folgte einigen Abzweigungen, die mich total verwirrten und endete schließlich bei einer Treppe. Diese stieg ich immer tiefer hinab, während mir die anderen wie stumme Schatten folgten. Noch immer spürte ich die Skepsis in meinem Rücken, doch das war mir nicht wichtig. Es zählte nur immer näher zu kommen. Ich folgte den Treppen bis ich schließlich in einem riesigen Innenhof stand. Zu allen Seiten ragte die riesige Mauer aus Stein empor, ging fast bis in die Wolken hinein. Es war nur vereinzelt jemand unterwegs, während es zu dämmern begonnen hatte und begann dunkel zu werden. Ich folge zielsicher meinem Weg und gelangte zu einer Tür. Ich spürte es nun so deutlich wie noch nie zuvor. Ein klares Pulsieren erfüllte mich und ließ mich mit der Gewissheit zurück, dass es genau hinter dieser Türe war. Wenn ich die Tür öffnen würde, wäre ich endlich da. Bei meinem Stein. Bei meiner Bestimmung. Davor stand niemand, aber ich konnte Stimmen von drinnen wahrnehmen. Sie versuchten auf irgendetwas einzureden, doch ich nahm nicht genau war, was sie sagten, denn sie sprachen sehr leise. Ich drehte mich nicht um, als ich zu meinen Begleitern sprach: „Da ist er drin.“ Ohne auf eine Antwort zu warten streckte ich die Hand aus und öffnete die Tür. Erstarrt blieb ich in der Tür stehen. Ich konnte die Stimmen um mich herum nicht verstehen. Auch als mir kurzzeitig jemand den Blick versperrte, sah ich das nicht. Mein ganzer Körper und Geist waren nur auf eines konzentriert. Das recht kleine, saphirblaue Wesen, das in der Mitte des Raums stand und meinen faszinierten Blick ebenso enthusiastisch erwiderte. Ich fühlte etwas in mir einrasten. Das Gefühl endlich ganz, komplett zu sein, erfüllte mich so plötzlich, dass ich davon kurz schwankte. Immer noch lag meine Aufmerksamkeit auf dem jungen Wesen. Mein Stein war doch kein Stein mehr. Und egal wie viel Widerwillen ich in mir spürte. Es fühlte sich richtig an. So richtig, dass ich gar nicht daran zweifelte. Mein Gefährte. Mein Drache. Irina



Kapitel 7:

Geschockt schaffte ich es nicht meinen Blick von dem kleinen Drachen abzuwenden. Alles was ich mein Leben lang gelernt hatte, beinhaltete nur die großen bösen Feinde, die skrupellos und aggressiv alles vernichteten, was ihnen in die Quere kam. Worauf ich nicht vorbereitete war, war der fröhliche und überglückliche Ausdruck, der im Blick des jungen Drachen war. Drachin, um genau zu sein.
Alles bisherige löste sich auf vor meinen Augen auf, als ich in die eisfarbenen Augen der kleinen Drachin blickte. Diese Augen hatten einen glücklichen Glanz angenommen, seit ich durch diese Tür hinter mir getreten war. Als schienen sie ebenso erleichtert zu sein wie ich, endlich dem Inneren Gefühl gefolgt und endlich angekommen zu sein Eine starke Welle der Zuneigung und Freude flutete meinen Körper und ließ das unerklärliche Band in mir aufleuchten. Die unbändige Wut, die sich bis vor kurzem noch meiner bemächtigt hatte, war komplett verschwunden. Zurück blieb nur eine Dankbarkeit und Glück, welches von Irina ausging. Auch ich spürte immer mehr diese Gefühle in mir aufsteigen, diesmal jedoch nicht durch diese Verbindung übertragen sondern vollkommen rein und klar. Sie war so klein, ging sie mir kaum bis zur Hüfte. Die Augen glänzten fröhlich, während ich den bohrenden Blick der jungen auf mir spürte. Die Skepsis verschwand immer mehr aus ihren Zügen, war sie am Anfang fast allumfassend, nur im Bann einer leisen Hoffnung, verschwand sie immer tiefer in der Drachin, machte endlich des grenzenlosen Erleichterung rückhaltlos Platz. Keine Unsicherheit war mehr in ihren Zügen zu sehen, und sie wirkte nun wie ein naives Kind.
Bei einer genaueren Musterung erkannte ich die Saphirblauen Schuppen genauer, welche matt und glanzlos an ihr herunter hingen. Sie wirkte mager und abgekämpft. Ich erkannte die Rippen deutlich durch die Schuppen hindurch aufblitzen. Seit wann sah man bei einem Drachen die Knochen durchscheinen? Davon hatte ich noch nie gehört. Im Gegenteil, es wurde immer von der Beeindruckenden Muskelmasse berichtet, die von einer undurchdringlichen Schuppenpanzerung bedeckt war. Bei ihr schienen die Schuppen jedoch dermaßen brüchig, dass wohl sogar in einfacher Dolch ausreichen würde um sie zu durchdringen.
Erst jetzt fiel mir die allgemein schlechte Körperliche Verfassung auf, in der die Blaue war. Wie ich selbst war sie viel zu dünn, es fehlten ihr jegliche Muskeln, die sich durch fehlende Ernährung zurück gebildet hatten. Sie begann zu wanken und konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten.
Ich wusste, dass ich nicht lang bewusstlos gewesen war. Wie viele Tagen waren vergangen seit sie geschlüpft war? Das mein Stein ein Ei, ihr Ei, gewesen war, konnte ich mir inzwischen selbst zusammen reimen.
Es waren wohl etwa 10 Tage vergangen, seit sie alleine zurechtkommen musste. Zehn Tage, von denen ich die fixe Gewissheit hatte, dass sie bisher noch nichts gegessen hatte.
Wut erfasste mich. Wut auf die Wesen, die dieses arme und hilflos Geschöpf so leiden ließen. Erzog man sich so die Kampfmaschinen, welche später einfach so im Kampf ihr leben ließen und sich für ihre Menschen opfern würden, wenn man den Legenden glauben durfte? War es nur ein Akt der Verzweiflung der sie in den Tod trieb? Wenn selbst so junge Drachen so herablassend und verachtend betreut wurden, wo sie doch Hilfe brauchte, dann wollte ich gar nicht wissen, wie sie mit den Älteren umgingen.
Wir Alben wurden immer als barbarisch und rückständig, brutal und gnadenlos bezeichnet. Und doch beschützten wir unsere Kinder und sorgten für deren körperliche Gesundheit, zumindest abgesehen von Kämpfen, Übungen und Lehreinheiten. Und doch hatte sogar ich als absoluter Außenseiter und Hassobjekt der Gemeinschaft, täglich mein Essen bekommen und hatte einen normalen Schlafplatz.
Hier sah ich nur Ketten umgeben von Stein. Kein Fenster zierte diesen Raum, ließen ihn düster und kalt erscheinen. Trotz Sonne am Himmel war es hier eiskalt und ich begann zu frieren. Da mein Körper selbst vor schwäche zitterte, bemerkte ic h die Kälte sehr schnell. Es gab keinen Schlafplatz, keinen Bereich mit Stroh oder ähnlichem ausgelegt. Nur der blanke Boden war unter ihr, ermöglichte es ihr nicht bequem zu liegen. Es gab hier weder Wasser noch Essen, von dem ich annahm, dass Irina es zu sich nehmen konnte. Stattdessen ließen sie eine so junge und sicher wunderschöne Drachin einfach vor sich hin vegetieren, ließen es Hungern und ketteten es an massiven Stein fest. Ich sah erst jetzt die Wunden, die am ganzen Körper verteilt waren und blutige Striemen hinterlassen hatten. Sie waren nicht sonderlich tief, und doch sicher sehr schmerzhaft. Je mehr ich diese Details entdeckte, desto wütender wurde ich. Wie konnten sie einem so lieblichen Geschöpf wie Irina nur so etwas antun. Das war unverzeihlich.
Vor Wut schäumend drehte ich mich mit einem Ruck um. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich tiefer in den Raum gegangen war und nun in der Mitte des kleinen Raumes stand. Wieder spürte ich die unbändige Wut in mir aufsteigen, wissend, dass sie diesmal alleine mir gehörte. Ich spürte die Verwirrung durch das Band, ging jedoch nicht darauf ein. Für so ein Verhalten mussten sie büßen, und wenn es das letzte war, das ich in meinem kümmerlichem Leben tat. Niemand hatte es verdient so auszusehen wie ich, mehr tot als lebendig, schon gar nicht etwas so reines und schönes wie Irina.
Die leisen Worte von den beiden Männern im Eingang hörte ich gar nicht, so sehr fixierte ich sie. Mein Blick verschleierte sich, wurde von einer klaren roten Schicht getrübt, die mich alles noch genauer wahrnehmen ließ. Die Vernunft hat verschwunden, hinterließ nur einen scharfen Drang nach Rache in mir. Das würden sie büßen.
Ich spürte wieder eine Kraft in mir, die sich langsam aufzubauen schien in einem Teil von mir, der mir völlig unbekannt war.. Ich stürmte auf die beiden Männer zu, die immer noch in der Tür standen und den Zugang blockierten. Sicher wollten sie, dass Irina mich als erstes Aufnahmeritual tötete. Vielleicht war sie deshalb so schwach und verletzt, weil sie nicht einfach so wen töten wollte, oder sogar konnte? Nur würde sie mich nie verletzen, das spürte ich genau.
Immer schneller rannte ich auf meine Feinde zu und riss den ersten um. Schwerfällig ging er zu Boden, ehe ich begann auf ihn einzuschlagen. Zuerst konnte er sich noch verteidigen und schaffte es, mich von ihm zu wuchten. Durch meine neu gewonnene Kraft schaffte ich es mit einer fließenden Bewegung aufzustehen, etwas das wir bereits als kleine Kinder lernten um niemals im Nachteil zu sein. Noch während ich erneut auf ihn los ging, wurde ich von hinten gepackt und auf den Boden geworfen. Die Luft wurde durch den Aufprall aus meinen Lungen gedrückt. Schwer atmend schaffte ich es gerade noch meinen Kopf zu heben, so fest wurde ich von Zarian auf den harten Stein gepresst. Wütend versuchte ich mich erneut aus seinem Griff zu winden. Das durfte nicht passieren, dass diese Mistkerle mich Irina verfüttern würden. Ich würde uns beide hier heraus befreien, koste es was es wolle. Das schwor ich mir, während ich es schaffte mich aus der Umklanmmerung zu winden. Als er umgreifen musste, um mich nicht zu verlieren, riss ich mich gewaltsam los und lief wieder auf Irina zu. Ich würde sie beschützten, und das ging einfacher, wenn ich sie im Blick hatte.
Sie setzten mir nicht nach. Diese Kleinigkeit fiel mir sofort auf als ich neben Irina schlitternd zum Stehen kam. In geduckter Kampfhaltung stand ich da, bereit das wichtigste in meinem Leben zu verteidigen. Gerade hatte ich es gefunden und ich würde eher sterben, als es erneut zu verlieren.
Noch während ich dastand und auf einen Angriff oder einen Befehl in die Richtung der Drachin wartete, entspannten sich die beiden Männer wieder. Mit einer Platzwunde an der Schläfe erhob sich der stämmigere der beiden, welchen ich niedergerungen hatte, wieder und sah mich total entgeistert an . Was hatte er denn erwartet? Das ich sofort klein Beigab, sobald sie versuchten mich umzubringen? Aber wozu hatten sie mir dann etwas zu Essen gegeben? So schnell konnte doch keiner zunehmen. Vielleicht wollten sie einfach nicht, dass ihr kostbarer Drache verletzt wurde, wenn er so ein Skelett zu sich nahm, wie ich es derzeit war.
Doch ich spürte die Veränderung, die in mir vorging. Plötzlich bekam ich wahnsinnigen Hunger und berührte fast unwillkürlich meinen Bauch. Auch den Hunger von Irina konnte ich nun spüren, etwas das mir bisher vollkommen entgangen war.
Durch sie beruhigte ich mich erst wieder, denn sie schickte mir beruhigende Gefühle durch ein band, das ich immer noch nicht verstand. Diese konnten mich davon überzeugen, dass es nicht so schlimm war, wie ich angenommen hatte. Erst jetzt begann ich mich zu fragen, ob das ganze nicht vollkommen anders war als ich gerade angenommen hatte. Was, wenn sie ebensowenig essen konnte wie ich?
Ein leises Räuspern ertönte und riss mich von der Flut an Gefühlen weg, die ich von Irina erhalten hatte. „Können wir jetzt endlich ohne Unterbrechungen deinerseits reden, ohne das du jedes Mal ausrastest Damon?“, die Stimme kam von Zarian, der inzwischen eher belustigt als beleidigt klang. Den irritierten Blick seines Kameraden ignorierten wir beide.
Langsam nickte ich, ehe ich mich wieder normal aufrichtete. Trotzdem wich ich keinen Schritt von Irina weg.
„Dann lasst uns in einen bequemeren Raum gehen, wo ihr euch in Ruhe stärken könnt, während wir reden,“ er wirkte nun ruhig, fast freundlich. Etwas das ich noch nie bei ihm gesehen hatte und das Beunruhigte mich mehr als seine Worte. Die Zustimmung von Irina gab schließlich jedoch den Ausschlag und ich ging, meinen kleinen Drachen neben mir, Zarian nach,
„Sag Sacharin Bescheid, dass wir in den kleinen Speisesaal gehen und er uns dort treffen soll.“


Kapitel 8 :
Irina

Ich spürte, dass es an der Zeit war. Jeder Drache spürte es, das wusste ich einfach. Ich bemerkte das Gefühl in mir, dass mein Gefährte bald hier eintreffen würde. Die Verwirrung und die Ahnungslosigkeit belustigten mich. So beschloss ich, ihm den Weg zu weisen. Er sollte bald kommen, sollte sich beeilen und mich sofort finden können, denn ich wusste, dass wir noch die Chance hatten großes zu tun. Doch dazu musste es erst einmal beginnen. Wir mussten die Chance haben, uns kennenzulernen, dann würden wir voneinander lernen können.
So wartete ich geduldig. Ich hatte Zeit, denn ich wartete schon so lang. Was waren ein paar Tage, vor den Jahrhunderten, die noch vor uns lagen? Von den Wegen, die wir noch bestreiten würden. Zeit war belanglos. So dachte ich zumindest.
Ich spürte ihn näher kommen. Immer näher kam er meinem Platz, wo ich auf ihn wartete. Ich spürte, dass er immer stärker wurde und doch konnte ich ihm jetzt noch nicht helfen. Bald, wenn er endlich bei mir war, würden wir beide endlich stärker werden, würden uns weiterentwickeln. Wir konnten noch viel erleben. Ich überwachte seinen Weg, schickte ihm das Gefühl richtig zu sein.
Erst erkannte spürte ich an dem Tag nichts anderes als an allen anderen, denn er ging gut los. Die Veränderung kam jedoch bald. Zuerst bemerkte ich seinen Weg, welcher ein anderer war. Und dann spürte ich eine ganz andere Sache. Es war Zeit zu schlüpfen. Nur warum? Er war doch noch nicht da? War es meine Aufgabe zu ihm zu gelangen, obwohl es seit jeher anders war?
Hoffnung machte sich in mir breit. Er war sicher schon da, er würde mich begrüßen. Ich glaubte fest daran, denn ich hatte mich sicher geirrt, dass er nicht kam.
Mit großer Vorfreude durchbrach ich die Schale meines alten Zuhauses um mit ihm endlich mein Leben zu beginnen. So lange hatte ich auf ihn gewartet und war nun gespannt, wie er wirklich war. Ich hoffte sehr, dass er stark war. Freundlich zu mir und gut mit anderen auskam.Er würde sich sicher gut mit mir verstehen, und wir wären das perfekte Team, ich sah es schon vor mir. Immer mehr Freude und Glück baute sich in mir auf. Es war soweit.
Als ich den Kopf hob und in die Gesichter vieler junger Zweibeiner sah, war ich verwirrt. Es war nicht das, was ich erwartet hatte. Und das Gefühl angekommen zu sein, trat auch nicht ein, Strengte ich mich nur nicht genug an?
Dem dringenden Wunsch nach, endlich zu verstehen, schickte ich meine Gedanken gezielt zu ihm. Nun, nachdem ich vollständig erwacht war, giug das deutlich einfacher. Was ich sah beruhigende mich jedoch gar nicht. Statt mich freudig oder neugierig zu erwarten war er nicht da. Einfach wo anders, während ich hier sehnsüchtig auf ihn wartete. Stattdessen sahen mich erwartungsvolle, nervöse und freundliche Augen an. Erwarteten sie etwas von mir? Ich kannte sie alle nicht. Und ich wollte sie auch gar nicht kennenlernen. Lieber wollte ich los und zu ihm. Doch noch war ich nicht stark genug, meine Flügel noch nicht ausgehärtet genug. Es würde Tage dauern, bis ich endlich aufbrechen konnte. Oder sollte ich den Weg der Zweibeiner wählen und laufen? Vielleicht die einzige Chance für mich.
Als ich mich desinteressiert von den ganzen jungen Gesichtern abwandte, erblickte ich stechend Grüne Augen, die mich neutral musterten. Er schien deutlich älter zu sein, und ich hatte das untrügliche Gefühl, dass er bereits einen Drachen als Gefährten hatte. Aber wenn ich richtig lag, wieso war er dann hier? Es ergab einfach keinen Sinn, egal wie ich es auch drehte und wendete.
„Hallo Saphirdrache. Wir heißen dich in unserer Welt willkommen. Ich hoffe sehr, das du unter unseren besten Rekruten, die wir voller Stolz ausgebildet haben, einen würdigen Gefährten gefunden hast. Die Schule der Drachen und Gefährten heißt dich herzlich Willkommen und freuen uns über eine wohlwollende Zusammenarbeit mit dir.“ Sollte seine Stimme etwa freudig und beruhigend wirken? Oder spielte er nur falsch. Erst jetzt nahm ich hinter ihm einen Drachen wahr, welcher wohl zu ihm gehörte. Er strahlte Kraft und Stärke aus. Als gut ausgebildete Kampfmaschine, die es auch noch gern tat. Seine Augen jedoch sahen mich freundlich an. Er allein hieß mich wirklich willkommen, unabhängig der Worte des Menschen, welcher gesprochen hatte.
Missmutig sah ich die Jünglinge an, Ich war verstimmt, etwas das der große Drache durchaus spürte. Belustigt schnaubte er. Wütend sah ich ihn kurz an, ehe ich mich umdrehte und einfach losrannte. Der Weg würde mich aus dem Gebirge hinaus führen und endlich zu meiner Bestimmung.
Weit kam ich allerdings nicht. Der Wind vor mir wurde aufgewirbelt, sodass ich von einigen losen Körnern erwischt wurde. Als der große Grüne Drache vor mir landete sah ich ihn immer noch stechend an. Ich wollte da durch, koste es was es wolle. Und ich würde auch hindurch kommen. Meine Muskeln spannten sich an, als ich versuchte an ihm vorbei zu kommen. Ich machte meinen eh schon kleinen Körper noch kleiner und versuchte unter ihm durchzuschlittern. So der Plan, und in der Theorie ging das auch ganz einfach. Leider machte ich allerdings in der Praxis einen Überschlag und landete kullernd in einer kleinen blauen Kugel vor seinen Pranken. Ein belustigtes Schnauben ließ mir die Ausweglosigkeit dieser Situation erst bewusst werden.
Frustriert ließ ich den Kopf hängen. Vielleicht brachten sie mich ja doch zu ihm? Ok das war nicht gerade realistisch, aber was sollte ich sonst anders denken.
„Ist die Auswahl nicht zu deiner Zufriedenheit? Wir haben nur die besten mitgebracht, aber sollten sie nicht deinen Erwartungen entsprechen, dann haben wir auch noch andere geeignete Kandidaten.“
Ich mochte die Stimme des Menschen nicht. Schon gar nicht, wenn er mich daran hinderte zu meinem Ziel zu kommen. Frust und Hoffnungslosigkeit machten sich in mir breit, als ich den Tatsachen ins Auge sah. Solange ich nicht stark genug war zu fliegen, und von dieser Sekte hier wegzukommen, war ich bei ihnen gefangen. Das ich jetzt noch gehen konnte war utopisch. Ich wollte einfach nur mehr weg.
Traurig ließ ich den Kopf hängen, ergab mich dem Schicksal, welchem ich eh nicht entfliehen konnte. Die Müdigkeit, die mich nun packte, war allumfassend. Während ich einerseits außer mir war vor Wut war, dass ich nicht zu ihm konnte, war ich doch auch ängstlich, ihn nie kennenlernen zu können. Er war sehr schwach, etwas, dass ich so nicht erwartet hatte. Wieso war er so? Wurde er gefangen gehalten? Etwas anderes für die Schwäche wollte mir gerade nicht einfallen. Wieso, wenn es vorherbestimmt war, dass wir zusammenfinden sollten, wieso schafften wir es dann nicht? Wieso stand es so schlecht, dass wir uns finden konnten. Er kam immer noch nicht näher. Folgte nicht mehr dem Weg, den ich ihm gezeigt hatte. Immer noch verharrte er. Ließ mich allein mit der Angst, ihn nicht zu sehen.
Bei diesen Gedanken, die mir immer wieder durch den Kopf schossen wurde ich regelrecht verrückt. Wenn es wirklich so kommen sollte und er sterben würde, hätte ich keine Lust mehr mich den Zweibeinern anzuschließen. Ich würde sie jagen, dafür das sie ihn mir vorenthalten hatten. Sie dafür bestrafen, dass sie es mir verwehrt hatten zu gehen, meinen Weg zu finden. Vielleicht würde es Jahre dauern, aber sie würden es bereuen. Wütend schnaubend ging ich auf den älteren Drachen los. Außer mir attackierte ich seine schutzlosere Flanke. Das Ergebnis war leider kaum vorhanden. Außer einiger Kratzer hatte ich keinen Schaden hinterlassen, dafür waren meine Krallen noch zu weich. Auch sie würden erst vollständig aushärten müssen, bis ich etwas erreichen würde.
Mit einer ruppigen Bewegung schloss sich einer der Pranken um meinen Körper. Meine Flügel wurden unangenehm, aber nicht schmerzhaft an meinen Körper gedrückt.
Während sich der Drache etwas senkte, dass der Mensch aufsteigen konnte, wurde ich in den Boden gedrückt. Immer noch sauer pustete ich die Erdkrümel wieder aus meiner Nase.
„Wir wollen dir nichts tun, doch wir werden dich nicht schutzlos zurücklassen, damit du, auf dich selbst gestellt, qualvoll verenden würdest. Es gibt hier zu viele Gefahren, denen du noch nicht gewachsen bist. Bei unserer Schule wirst du die Sicherheit und Ausbildung erh


Wörter: 11453

__________________

25.07.2015, 02:54
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



„Wir wollen dir nichts tun, doch wir werden dich nicht schutzlos zurücklassen, damit du, auf dich selbst gestellt, qualvoll verenden würdest. Es gibt hier zu viele Gefahren, denen du noch nicht gewachsen bist. Bei unserer Schule wirst du die Sicherheit und Ausbildung erhalten, um deinem Schicksal gerecht werden zu können. Deine Art ist sehr selten.“
Ernsthaft? Das war alles? Und dafür wurde ich nun einfach gegen meinen Willen mitgenommen.
Erst jetzt machte ich mir die Mühe die jungen Zweibeiner anzusehen. Menschen und Elfen waren hier anscheinend keine Seltenheit. Dieses Wissen war schon immer tief in mir verankert gewesen, seit ich mich erinnern konnte.
Ich wuchs mit der Evolution, dem Wissen der Drachen die ihr Leben ließen. So war es schon immer, und so würde es immer sein. Nur leider wurde nicht alles wissen weitergegeben. Viele Kampffähigkeiten entwickelten sich ausschließlich mit Training.
Der Hunger, den ich seit dem Schlüpfen verspürt hatte und welchen ich einfach vernachlässigt hatte, war mir inzwischen vergangen. Zurück blieb nur die Resignation. Wie es wohl weiter ging?
Der Drache erhob sich in die Luft, indem er sich mit den verblieben drei Beinen abstieß und schnell aufstieg. Widerwillig war ich fasziniert von der Aussicht, von den vielen Eindrücken der Welt, in der ich nun Leben sollte. So lang hatte ich mir Zeit gelassen um auf diesen Augenblick hinzuarbeiten. Und nun war er nicht bei mir. Sofort trübte sich meine Stimmung wieder, als wir uns immer weiter von ihm entfernten. Immer schneller bauten wir den Abstand auf. Ich blickte zurück. Zu der Stelle, wo ich ihn vermutete, aber ich konnte nichts erkennen. Dazu waren wir schon zu weit weg.

Schlaff hing ich in den Pranken des Älteren, als ich ein gigantisches Gebäude entdeckte. Es war sogar nach Drachenmaßstäben riesig. Hoch in die Luft erhob sich der Stein, aus dem das ganze Gebäude zu bestehen schien. Bis in die Wolken reichten einige Teile der Burg. Nannte man soetwas noch Burg? Der Mensch nannte es Schule, was auch immer die genauere Bedeutung dieses Wortes war. Von außen schien alles ruhig zu sein. Umgeben von einer riesigen Schlucht, welche um den Koloss verlief, ermöglichte kein Hineinkommen ohne Flügel. Immer weiter sank mein Mut, die Hoffnung, ihn doch noch zu finden. Wie sollte ich es hier schaffen heraus zu kommen?
Ich sah immer wieder rot vor Wut, als wir endlich gelandet waren. Der Flug war ruhig gewesen und schnell vergangen, doch die Distanz, die jetzt zwischen uns herrschte, war nervenaufreibend. Ob er mich suchen würde? Ob er so lange überleben würde?
Andere junge Menschen und Elfen kamen zusammen und bestaunten mich neugierig. Wieder einmal hatte ich vergessen, dass es auch bei meinem Ei andere gegeben hatte. Diese konnte ich nun nicht mehr sehen. Vielleicht liefen sie, oder sie wurden von wem anderen hergebracht, es war mir egal. Die Teilweise sehr traurigen aber auch erleichterten Blicke wollte ich mir gar nicht mehr vorstellen. Auch jetzt wurde ich erwartungsvoll und neugierig bestaunt. Unwohl blieb ich erst einmal stehen und ließ die Situation ruhig auf mich wirken.
Bald schaffte ich es, die bohrenden Blicke zu ignorieren. Nun wollte ich einfach nur weg.
Auf der Suche nach einer Schwachstelle fand ich diese bald. An einer Stelle standen nur wenige junge Zweibeiner. Keiner davon schien alt genug zu sein, wie ein kleines Kind für mich, obwohl sie mich größentechnisch noch alle überragten.
In einer plötzlichen Bewegung folgend rannte ich auf diese Stelle zu. Obwohl ich meine Beine immer noch nicht gut koordinieren konnte, schaffte ich es, die beiden Mädchen die mir im Weg standen umzulaufen und an ihnen vorbei zu kommen. Als sich mir andere, teilweise etwas ältere und jüngere in den Weg stellten, sprang ich den ersten an, der in meine Nähe kam. Mit meinen Gewicht vielen wir beide zu Boden, wobei ich es schaffte oben zu bleiben. Mit meinen Klauen riss ich die dünne Haut der Elfin auf, sah das Blut auf den Boden unter uns fließen. Und doch war es mir egal.
Ohne weiter abzuwarten rannte ich weiter, fegte mit der Seite einen weiteren Jungen zu Boden, ehe ich vor jemand deutlich älteren landete. Dieser verfolgte meine Bewegungen, glich jeglichen Versuch an ihm vorbei zu laufen, ohne von ihm erwischt zu werden, sofort aus. Wieder versuche ich aus Mangel an Alternativen mit den Krallen voraus auf ihm zu landen. Wieder fielen wir gemeinsam um. Meine Krallen bohrten sich tief in die Schultern des älteren Elfen. Noch während ich erneut ansetzen wollte und die Beine anhob um erneut auf ihn loszugehen, erwischte er meinen Hals am Ansatz. Mit viel Muskelkraft drückte er sich hoch, schlang seine Beine um meinen Flügelansatz und warf mich mit dem Schwung um. Wütend rudernd begann ich ihn zu beißen. Meine Pranken waren nutzlos, so eng den Körper des anderen gedrückt. Noch während ich mich erneut in seine Schulter verbiss und so den Knochen spüren konnte, Wurde ich von mehreren Händen von ihm herunter gerissen. Immer noch rot vor Wut schlug ich mit Flügel, Pranken und Kopf um mich. Einige Bewegungen stießen auf Widerstand. Die meisten jedoch gingen ins Leere und ich bemerkte die Bewegungen der andere. Wo brachten sie mich hin? Immer energischer schlug ich um mich, versuchte mich durch winden und um mich schlagen zu befreien. Es war vergebens.
Ich wurde in einem Raum gebracht. Umgeben von Stein wurde ich wieder allein gelassen. Ob sie mit mir gesprochen hatten wusste ich nicht mehr.
Als ich allein war seufzte ich. Kurz sah ich mich um, ehe ich mich in eine Ecke verzog und klein zusammen rollte. Erst jetzt nahm ich mir die Zeit zu trauern. Es war einfach hoffnungslos. Die Tür war massiv. Zu stark für einen so jungen Drachen wie mich. Umgeben war ich von reinem Stein, welcher nicht nur massiv und unverwüstlich aussah, sondern auch Spuren der Zeit zeigte, die ihn eher noch unüberwindbarer wirken ließ, als ihn zu schwächen.

Ich wusste nicht wieviel Zeit vergangen war. Ich hatte mich nicht mehr bewegt, seit ich mich in die Ecke verzogen hatte.
Der Mensch von vorhin trat wieder ein, zusammen mit dem, den ich gebissen hatte. Beide stellten starre Mienen zur Schau. Sie wirkten enttäuscht. Gerade sie? Obwohl sie mich doch weggebracht hatten, ohne Chance meinen Gefährten zu finden. Und dabei waren sie enttäuscht?
Ich machte mir gar nicht die Mühe meine noch nicht vorhandene Stimme zu suchen. Sie würde mit der Zeit selbst kommen, doch auch dann wollte ich nicht mit ihnen sprechen. Nie wieder.
Ich hob nicht den Kopf als sie näher kamen, sondern starrte wieder stur auf die Wand vor mir. Sie waren mir egal geworden. Die Hoffnungslosigkeit hatte gesiegt.
Als ich angesprochen wurde, hörte ich nicht einmal richtig zu. Die Worte konnte ich nicht verstehen, konnte deren Bedeutung nicht zuordnen. Es interessierte mich auch nicht. Sollten sie doch tun und sagen was sie wollten.
Ich nahm plötzlich den Geruch von frischem Fleisch war. Noch vor einiger Zeit hätte ich liebend gern gegessen. Doch nun war es mir egal. Der Hunger war nicht mehr zurückgekehrt und ich wollte auch nichts essen. Ich konnte einfach nicht.
Nicht, solange ich ihn noch spürte. Tief vergraben lag das Gefühl, kämpfte sich erst jetzt an die Oberfläche. Noch lebte er. Aber wie lange wohl noch? Sehr lang würde er sich sicher nicht mehr halten.
Irgendwann hörte ich die Tür erneut aufgehen. Ich spürte, dass sie mich wieder verlassen hatten. Das Essen rührte ich nicht an.

Die Tage vergingen immer auf die selbe Art. Ich schlief, grübelte und starrte an die Wand. Immer noch rührte ich mich nicht. Sie kamen jeden Tag, sofern meine Zeitrechnung stimmte. Zweimal am Tag wurde mir neues Fleisch gebracht, welches ich nicht einmal ansah. Noch nie hatte ich dem Drängen nachgegeben, der mein Instinkt war. Ich hatte keinen Hunger.
Mein Körper verspannte sich immer mehr, je länger ich in der Reglosigkeit verharrte.
Doch es kümmerte mich nicht.
Erst nach einigen Tagen, als ich ein schwaches Gefühl hatte, welches ich nicht beschreiben konnte, versuchte ich zum ersten Mal mein Essen. Die Menschen waren schon lange weg, hatten wieder versucht mit mir zu reden. Wieder hatte ich sie ignoriert.
Naserümpfend roch ich an dem frischen Fleisch. Ich wollte nichts essen, aber ich sollte es zumindest versuchen. Wenn ich Rache nehmen wollte, war es unerlässlich das ich überlebte. Die Schwäche, die mit jedem Tag mehr Besitz von mir ergriff, war unnachgiebig.
Irgendwie versuchte ich das Futter zu mir zu nehmen. Es war schwieriger als gedacht.
Als sich das Fleisch langsam herunter würgte hatte, bemerkte ich, dass ich es nicht halten konnte.
Sofort erbrach ich mich wieder und starrte den Klumpen angewidert an. Wieder verzog ich in meine Ecke, die mir Trost versprach und mich als einziges beschützte. Der Raum war zu groß um mich darin wohl zu fühlen.
Als das nächste Mal das Essen gebracht wurde, wurde das Alte erneut weggeräumt. Danach verließen sie den Raum wieder ohne was neues hier zu lassen. Kurze Zeit später kamen sie erneut. Ich nahm einen neuen Geruch wahr, den ich noch nicht zuordnen konnte. Dennoch roch es nach Essen. Einem neuen Essen. Ob es diesmal besser schmeckte? Ich glaubte nicht daran.
Als sie wieder einige Zeit weg waren versuchte ich erneut zu Essen. Das Ergebnis war wieder das selbe. Und wieder bekam ich bei der nächsten Gelegenheit was neues zu Essen.

Es ging nicht lange so, ehe ich eine Veränderung bemerkte. Mein Gefühl wurde stärker, dass ER kam. Doch es war immer noch sehr schwach. So als wäre er ebenfalls so schwach wie ich. Inzwischen schaffte ich es kaum mehr, mich auf den Beinen zu halten. Und doch schien er ganz nah zu sein.
Die Kraft kehrte in meine Glieder zurück. Er war nun ganz nahe.
Als die Menschen das nächste Mal kamen, war ich wieder aufgesprungen. „Es scheint dir langsam Besser zu gehen. Das freut uns sehr. Vielleicht bist du jetzt endlich bereit, mit uns zusammenzuarbeiten. Es wird dir hier gut gehen. Wir kümmern uns um die unsrigen.“
Ach wirklich? Außer dem Futter wurde ich nicht beachtet, eingesperrt in einem Raum, der mich überforderte.
„Tatus verzeiht dir, dass du ihn verletzt hast. Es war eine schwere Situation für uns alle. Ich würde dir gerne weitere Junge Anwärter vorstellen. Sie sind schon sehr erfreut, dich kennenzulernen. Ich bin mir sicher, wir werden die passende Verbindung finden.“
Echt, sie haben keine Angst vor mir?, dachte ich ironisch. Wie auch immer.
Direkt als er erneut zum Sprechen ansetzen wollte, stürmte ich auf die Tür zu. Ich wollte unbedingt zu ihm. Und er war ganz nah. Es war ein ganz schwaches, aber sicheres Gefühl. Er war wirklich hier. Aber er kam nicht zu mir, also ging ich zu ihm.
Obwohl er überrascht war kam ich nicht an ihm vorbei. Bedrohlich verstellte er die Tür. Egal wie sehr ich es auch versuchte, ich erwischte ihn einfach nicht.
„Es tut mir im Herzen weh, dass du uns immer noch so hasst. Aber du bist sehr wertvoll. Ich möchte dich nicht verletzen.“ Damit schloss er die Tür, ehe ich dagegen sprang. Sie gab überhaupt nicht nach. Wütend sprang ich immer wieder dagegen, aber es war sinnlos. Wütend brüllte ich laut, aber auch hier war es vergebens.
Langsam spürte ich ein deutlicheres Pulsieren. Er war wirklich hier, und er war wach. Die Wut die ich empfand war grenzenlos. Sie hielten mich absichtlich von ihm fern. Sie wollten uns quälen. Nur warum? Was hatten wir getan?
Erst nach einiger Zeit, als ich die versuchte Ruhe von ihm bemerkte, die durch den Nebel der Aggression drang, beruhigte ich mich wieder etwas.
Wieder ging ich in meine Ecke, setzte mich lauernd hin und wartete darauf, dass die Tür erneut aufgehen würde. Diesmal würde ich es schaffen. Ich war fest entschlossen.
Es dauerte etwas, aber ich spürte ein näherkommen. Aufregung machte sich in mir breit. Kam er zu mir? War es endlich die Möglichkeit? Musste ich mich herauskämpfen oder wollten sie uns wirklich nichts böses und wir hatten eine Chance?
Als die Tür aufgerissen wurde, starrte ich den Jungen vor mir an, der auf mich zustürmen wollte. Er war jünger als ich erwartet hatte und doch fühlte es sich einfach richtig an. Als wir uns anstarrten, war es klar, das Band rastete ein, was uns aneinander band und das uns zukünftig stärken und begleiten würde. Ein Energieschub erfüllte mich. Sofort sprang ich auf, wollte auf ihn zulaufen. Erst die fremden Männer hinter ihm hielten mich auf. Wollten sie ihm wehtun? Sofort war ich alamiert, bereit ihn zu verteidigen. Damon.

Die beiden Männer blieben am Eingang stehen, als ich Damon wie erstarrt auf mich starren sah. Er wirkte ungläubig, was hier gerade geschah. Das war nicht gerade verwunderlich, wenn man bedachte, dass ich genug Zeit hatte und auch das Wissen, was geschehen war. Doch waren die anderen auch darauf vorbereitet, wieso also er nicht?
So sehr ich mir auch wünschte, ihn sofort näher zu betrachten, es standen immer noch vollkommen Fremde in der Tür. Sie machten jedoch keinerlei Anstalten uns anzugreifen. Einer wirkte neugierig, aber auch so, als würde er wissen was hier geschehen war. Der andere schien nur verwirrt zu sein. Ob er auch nicht wusste, was passiert war?
Durch unser Band spürte ich die erste Verunsicherung, danach spürte ich Wut. Wut die sich jedoch nicht gegen mich, sondern gegen die beiden Männer richtete Unbeholfen ging er auf den größeren, muskelbepackteren zu. Wieso gerade er? Wieso nicht der kleinere, ältere sogar zierlichere? Ob ich auch so unbeholfen aussah, wenn ich angriff? Vermutlich.
Ich empfand nur Besorgnis, dass sie ihn töten würden, obwohl ich ihn gerade erst gefunden hatte. Die Blicke der Beiden zufolge, wollten sie das nicht. Auch als sie angegriffen wurden, wehrten sie sich nur und verletzten den jungen Elfen nicht.
Nun versuchte ich ihn zu beruhigen, schickte diese Beruhigung durch unsere Verbindung. Schnell merkte ich den Unterschied, als seine Muskeln plötzlich erschlafften. Wieder bekam ich den entsetzen und verwirrten Blick von ihm zu spüren. Das machte mich traurig, ein Gefühl, dass ich tief versteckte, um es ihm nicht versehentlich mitzuteilen. Wieso sah er mich so an? So abwertend?
„Können wir jetzt endlich ohne Unterbrechungen deinerseits reden, ohne das du jedes Mal ausrastest Damon?“, die belustigte Stimme kam von dem kleineren Mann und füllte nun die Stille in dem Raum. Den irritierten Blick seines Kameraden wurde ignoriert.Nur langsam nickte Damon.
„Dann lasst uns in einen bequemeren Raum gehen, wo ihr euch in Ruhe stärken könnt, während wir reden.“ War er vielleicht auf unserer Seite? Ich begann wieder zu hoffen, freute mich schon auf das Essen, denn der Hunger war wieder da und ich voller Freude, da ich es diesmal sicher schaffen würde es bei mir zu behalten. Beide folgten wir dem Älteren hinaus. Endlich sah ich mehr von meinem Gefängnis, das mich schon eine gefühlte Ewigkeit gefangen hielt.
„Sag Sacharin Bescheid, dass wir in den kleinen Speisesaal gehen und er uns dort treffen soll.“
Die Anweisung ging an eine Frau, die sofort loseilte und verschwand.
 
Kapitel 9:
Damon

Immer noch konnte ich nicht begreifen was geschehen war. Es verwirrte mich derart, dass ich meine Instinkte vergaß und einfach Zarian folgte, ohne mich umzusehen. Ein törichter Fehler, den ich bereits kurz nachdem ich laufen konnte nicht mehr gemacht hatte. Wissen war Macht. Und das Wissen um eine fremde, vielleicht sogar feindliche Festung war nichts, was man vernachlässigen sollte. So wusste ich nicht, wohin wir gegangen waren, oder wie wir dorthin gelangt waren. Ich sah nur Irina, wenn sie denn wirklich so hieß. Wieso bildete ich mir überhaupt ein, dass ich sie kannte? Es fühlte sich so richtig an, und doch verspürte ich den Drang davon zulaufen, nun da ich wusste, was sie war. Gab es überhaupt ein Geschlecht bei Drachen? Das war nicht ganz eindeutig gewesen in den Aufzeichnungen meiner Rasse. Andererseits machten wir bei unseren Gegnern generell keine Unterschiede, ob es sich um ein männliches oder weibliches, junges oder altes Wesen handelte. Jeder der gegen uns kämpfte oder rebellierte hatte mit den Konsequenzen seines Handelns zu leben.
Das meine Konsequenz war, dass ich mich hier gerade hoffnungslos verlief, oder auch, dass ich einen kleinen schuppigen Begleiter hatte, beides war allein schon schlimm genug. Aber zusammen toppte es vermutlich so ziemlich alles andere.
Wir wurden in einen wesentlich größeren Raum gebracht. Er hatte es Speisesaal genannt. Er bestand aus vielen Bänken, Tischen und Leuchtern. Es war wesentlich besser eingerichtet als das Zimmer, in dem ich aufgewacht war. Es sah alles sehr teuer aus, spiegelte die Schätze wieder, die uns genommen wurden, auch wenn wir sie nie genutzt hatten. Waren wir hier in einem Königshaus? Es würde die Aufmachung, die Wachen und die Größe erklären, aber nicht, warum es hier so viele Drachen gab. Auf unserem ganzen Weg begegneten wir immer wieder verschiedenen Größen und Farben der Drachen, sowie Menschen und Elfen in jedem Alter und Geschlecht. Es war eigenartig sie zu sehen, denn obwohl sie an den Anblick von Drachen gewöhnt zu sein schienen, mieden sie Irina. Was wohl passiert war, dass es soweit gekommen war? Hatten sie sie doch geschlagen und sie hatte sich gewehrt?
Jetzt bei mehr Licht betrachtet bemerkte ich keine Anzeichen von Wunden. Auch wenn ihr ganz steif war, schien sie keine Schmerzen zu haben. Sie ging eher so, als wäre sie nicht gewöhnt sich zu bewegen. Ich verspürte das irrwitzige Gefühl, dass alles so gut war, wie es nun war. Dennoch konnte ich es nicht so einfach hinnehmen, konnte nicht akzeptieren, dass einer kleiner blauer Drache direkt neben mir herlief, als sei es das normalste der Welt. Es war wirklich falsch, egal was mein Gefühl mir sagte, denn mein Gewissen wusste es besser.
Der Speisesaal war leer als wir ihn betraten. Es brannten keine Kerzen, doch wurde der Raum von einigen gewollten Löchern in den Wänden beleuchtet. Es war hell genug um alles genau zu erkennen, auch die Bilder von Drachen, Menschen und Elfen, die in irgendwelchen eigenartigen Posen auf Leinwänden verewigt wurden.
Zarian nahm an einem der Tische Platz und deutete mir, mich ihm gegenüber zu setzen. Dabei wirkte er so fröhlich, dass ich ihn am liebsten dafür schlagen wollte. Wie konnte er in so einer angespannten Lage so optimistisch sein? Das widersprach sich doch. Andererseits war ich immer noch hier gefangen, hatte auf einmal wirklichen Hunger wie noch nie zuvor, und saß auf einer Bank, die alles andere als bequem war. Wieso überhaupt musste man Bäume dafür töten, nur um daraus Sitzgelegenheiten zu machen? Soviele Bäume konnten gar nicht auf natürliche weise sterben. Vor allem sah das Holz dann nicht so aus. Innerlich schüttelte ich nur den Kopf, während ich mit starren Blick den alten Mann ansah, darauf wartete das er irgendwas sagte, mir die Situation erklärte oder zumindest etwas unternahm.
Doch er sah nur abwechselnd mich und den kleinen Drachen an, welcher sich neben mir niedergelassen hatte und ihrerseits nur den Mensch musterte. Kannte sie ihn schon?
Kurze Zeit später, als das Schweigen immer noch anhielt, wurde die Tür erneut geöffnet. Der herrliche Duft von gebratenem Fleisch und Kräutern stieg mir in die Nase und ließ mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Noch nie hatte ich so viel Hunger gehabt wie heute. Dennoch sah ich das Essen zuerst skeptisch an, ehe Zarian zu meinem Teller griff und sich wahllos etwas nahm und abbiss. Ich wartete gespannt darauf das etwas geschah, doch es passierte nichts. Weder fiel er um noch wurde er bewusstlos.
Ich focht in mir einen Kampf, den ich nur verlieren konnte. Mein Hunger siegte und ich begann hastig nach etwas zu greifen und konnte mich nur mühsam beherrschen, es nicht einfach in mich hineinzustopfen, so sehr wollte ich essen. Ich schaffte es gerade so und blieb äußerlich weiter kalt, als ich das Essen zu mir nahm. Ich schwieg, verfiel sofort wieder in die Rituale meiner Rasse, während ich meinen Blick schweifen ließ um niemanden anzustarren. Irina hatte ebenfalls etwas bekommen. Es sah nach rohem Fleisch aus. Auch sie hatte gezögert, schlang das Essen jedoch so schnell herunter, dass ich gar nicht genau mitbekam, wie sie das gemacht hatte. Sie wirkte noch viel zu jung um Fleisch zu Fressen. Oder war Essen richtig? Ich wusste so wenig über Babydrachen. Wir bekämpften fast ausschließlich die Erwachsenen Wesen. Noch viel seltener waren die Gelegenheiten, bei denen wir auf einen Jungdrachen trafen, doch alle waren schon viel größer als wir und nicht einmal ansatzweise so dürr wie sie.
Ich war gerade mitten im Essen, während Irina sich wie ein Tier in Ruhe zu putzen begann, als die Tür erneut geöffnet wurde. Diesmal trat ein weiterer Mensch ein, deutlich jünger als Zarian, doch schon um einiges älter als ich. Zuerst sah er Irina an, während sein Blick von einem gehetzten und übernächtigten Ausdruck zu wahrer Freude und Erleichterung umschlug. Was hatte das nun zu bedeuten?
Der Appetit war mir erneut vergangen, als sein Blick abschätzig auf mir lag. Zuerst war sein Blick noch offen und freundlich gewesen, bis er meinen knochigen Körper und mein Gesicht genauer betrachtet hatte. Jetzt wirkte er einfach nur unglücklich, ehe er sich durch die braunen Haare fuhr, die er kurz trug, sodass sie nun noch mehr abstanden als davor schon. Es schien als hätte er diese Geste des letzteren sehr oft gemacht, obwohl es ihm nicht aufzufallen schien.
Sofort hatte ich mein Essen fallen gelassen und ihn meinerseits kalt angesehen. Ich mochte keine Menschen, schon gar nicht wenn sie sich für etwas besseres hielten als ich, und mich so hasserfüllt ansahen. Er kannte mich nicht und trotzdem verhielt er sich fast abweisend, als er sich ebenfalls gegenüber von uns niederließ. Die Haltung der beiden strahlte eine große Akzeptanz gegenüber dem anderen aus, etwas das mir wohl nicht gegönnt war.
Diese änderte sich erst, als sie mich betrachteten. Beide studierten mich eingehend, während ich mir vorkam wie auf einem Präsentierteller. Was hatten sie vor, und was bedeutete dieser Blick, den ich einfach nicht zuordnen konnte?
Keiner der beiden wollte anfangen zu sprechen, während ich meinen Teller angewidert von mir weg schob. Essen konnte ich sowieso nicht mehr, während ich eingehend geprüft wurde, und der hasserfüllte und abwertende Blick. Was hatte ich ihnen getan?
Wieder einmal bewiesen die Geschichten und Lehren meines Volkes das sie recht hatten. Menschen waren ein niederes Volk, geleitet und beeinflusst von sinnlosem Hass, Vorurteilen und einer Arroganz, die jeglicher Logik entbehrte. Sie waren nicht so stark, so wendig, so instinktiv wie wir, sie hatten keine Chance gegen uns. Und trotzdem versuchten sie genau das zu übermitteln, als sie mir gegenüber saß.
Den Drachen an meiner Seite hatte ich völlig vergessen, bis sie sich schließlich aus ihrer liegenden Position erhob und sich neben mich stellte. Ich spürte die Verbindung zwischen uns, bemerkte auch, dass das Essen, auch wenn es nicht viel war, schwer in meinem Magen lag. Normalweise vertrug ich Essen jeglicher Art sehr schlecht. Im besten Fall passierte gar nichts, auch wenn ich davon nicht stärker wurde, im schlimmsten Fall erbrach ich all das wieder. Jetzt war ich zum ersten Mal wirklich satt, zumindest nahm ich an, das dieses Gefühl in meinem Magen satt sein bedeutet.
Kalt sah ich die beiden Männer an, die immer noch schwiegen, jedoch missbilligend auf Irina starrten. Was auch immer ihr Problem war, mich regte es auf. Niemand durfte sie so geringschätzig ansehen. Nicht sie. Niemand außer mir.
„Nun, ich denke mal, es ist eindeutig Zarian, meinst du nicht auch?“, die Stimme des jüngeren war beinahe sanft, auch wenn seine Muskeln und sein harter Blick diese Lügen strafte. Ich blieb dabei kalt, starrte weiter die beiden an und ließ mich von ihrem Gehabe nicht einschüchtern.

„Nun, es erklärt auf jeden Fall das Verhalten und das Problem der Beiden, als sie noch alleine waren. Es ist ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass dies nicht der Norm entspricht, wie es bereits seit Jahrhunderten abläuft. Hatten wir ein Szenario dieser Art bereits?“
Eiskalt wurde ich ignoriert, als die Stille, die eingekehrt war, endlich durch Zarian gebrochen wurde. Ich wurde keines Blickes gewürdigt, während Irina an meiner Seite mit ruhigen und entspannten Blicken bedacht wurde. Wieso mochten sie den jungen Drachen so sehr, dass sie sie so liebevoll, gar voller Hoffnung ansahen. Noch dazu, weil sie mich mit ihren Blicken durchbohrt hatten und die Verachtung nicht verborgen hatten. Auch wenn es auf Gegenseitigkeit beruhte.
Inzwischen hatte sich meine Geduld zusammen mit meinen Nerven verabschiedet. Das Ergebnis dieses Problems äußerte sich in einem kleinen Wutanfall, zu mehr fehlte mir einfach die Kraft. Wieso war ich so verdammt müde?
„Wenn es ein Problem mit mir gibt kein Problem, ich will nur mehr von hier verschwinden. Danke für Ihre Gastfreundschaft und das Essen und so weiter, ich gehe einfach. Ich werde auch nichts weitersagen oder sonstiges, was sich hier abspielt.“ Das rote in meinen Augen wurde wieder etwas stärker, blitzte gefährlicher als ich durch die fehlende Kraft und Muskelmasse war, doch wieder erntete ich nur einen abfälligen Blick von den beiden.
„So einfach wird das nicht sein. Wenn die Lage anders wäre und du keinen Drachen hättest, bestünde die Möglichkeit, dein Gedächtnis zu löschen, was den Standort angeht und dich danach auszusetzen. So bleibt uns vermutlich leider keine Wahl, als dich hierzubehalten.“ Die Stimme des Jüngeren blieb ruhig und ausgeglichen. Ich hingegen war aufgesprungen und starrte ihn nun meinerseits voller Hass an.
Dieser war berechtigt, wollten sie mich doch einsperren. Nur was kam danach? Wollten sie mich verhungern lassen? Lang würde es ja nicht dauern, bis es passiert.
„Ich...werde...gehen. Was Sie wollen interessiert mich nicht. Und wenn Sie Irina genauso mies behandeln wie mich, werde ich sie mitnehmen“, auch wenn ich gerade nicht wusste, was ich mit so einem Vieh anstellen sollte. Ich mochte nicht einmal Drachen. Doch sie hier zu lassen, wo man sie anscheinend so schlecht behandelte wie ich in meinem Dorf behandelt wurde, das wollte ich ihr nicht antun. Schnell würde ich sie draußen loswerden, damit ich wieder meine Ruhe vor dem Ding hatte. Die Euphorie, meinen Stein endlich kennenzulernen war Abscheu vor dem gewichen, was sie war. Ein Feind meiner Rasse.
„Erstmal der Reihe nach. Zarian kennst du ja schon, wie mir berichtet wurde. Ich bin Sacharin Relanos, Leiter dieser Schule und auch einer der Ausbilder hier. ´Hier´ sind wir in der Schule für Gefährten und ihre Drachen. Wir bilden sowohl Rekruten aus, die später einmal die Rolle aus Gefährten übernehmen sollen, aber auch die Anfänge der jungen Drachen und deren Gefährten zu unterstützen ist unsere Aufgabe. Wir bereiten sie für das Ziel aus, den Frieden in diesem Land zu erhalten und Unruhestifter zu beseitigen. Natürlich ist uns auch ein langes und gesundes Leben für unsere Schützlinge wichtig.“
Hart lachte ich auf, als ich seinen Worten lauschte. „So genau nehmt ihr es ja anscheinend nicht. Ich bin nichts davon und will einfach nur hier verschwinden. Ich brauch den Drachen auch gar nicht, wenn das ein Problem ist.“ Und wenn es wirklich eins sein sollte und ich nur deshalb hier eingesperrt sein, konnten sie das Vieh haben. Ich hatte sowieso keine Verwendung dafür.
Durch meine genaue Beobachtungsgabe, welche mir anerzogen wurde, sah ich auch die kleinsten Signale in den Gesichtern der beiden Männer. Sie wirkten geschockt, auch wenn ich mich bewusst höflich ausgedrückt hatte. Wenn ich all das gewusst hätte, was am Ende des Drucks in mir auf mich wartete... ich glaube, ich wäre gleich gestorben, als mir die Mühe zu machen hierher zu kommen. Ja es ging mir besser. Ja ich fühlte mich stärker und besser, seit ich Irina getroffen hatte, doch ich verabscheute Drachen und wollte nichts mit ihnen zu tun haben. Auch mit der Blauen nicht.
Je eher ich hier wegkam, desto glücklicher würde ich sein, denn eines stand für mich absolut fest: Ich würde mit diesem Vieh keine Minute mehr verbringen wollen als unbedingt notwendig.
Den entsetzen Blick durch meine Ablehnung, die sehr abgeschwächt aber doch zu der Drachin durchkam, spürte ich deutlich. Sie wurde wieder traurig und rollte sich zu einem kleinen Ball zusammen. Danach spürte ich von ihr gar nichts mehr und war auch sehr dankbar dafür, denn es war mir einfach zu unheimlich, meine Gefühle mit einem anderen zu teilen, noch dazu mit etwas wie ihr.
Kurz herrschte im Raum schweigen, während ich wachsam meine Gegner studierte, dabei versuchte schnell zu reagieren, um nicht überrumpelt werden zu können. Das kleine Geschöpf neben mir beäugte ich nun misstrauisch. Nachdem die erste Gefahr gebannt war und ich die Situation besser analysieren konnte, wie ich es gelernt hatte, gefiel es mir gar nicht mehr, dass ich so an diesem Ding hing. Wer wusste schon, was nun von ihm erwartet wurde. Er würde sich niemals mit seinem Todfeind verbünden.
„Ich weiß nicht, ob du dir deiner Situation bewusst bist Damon. Du hast keine Wahl, so wie wir alle nicht. Du wurdest auserwählt, das ist eine große Ehre und eine noch größere Verantwortung, der auch du als Elf dich beugen musst. Natürlich werden wir auf deinen Wunsch hin deinen Stamm verständigen, dass wir uns nun deiner Annehmen. Natürlich werden wir auch für euch sorgen, bis ihr das selbst könnt und euch auf eure gemeinsame Aufgabe vorbereiten, die ihr nach eurer Ausbildung antreten werdet.“
Ich konnte gerade nicht genau abschätzen, ob der sogenannte Leiter gerade beruhigend oder streng sein wollte, vermutlich beides.
Kalt sah ich die beiden an, ehe ich abfällig schnaubte und dann zu lachen anfing. „Ja klar, ganz klar. Tut mir Leid, dass ich hier unterbrechen muss, aber ich werde sicher weder hier bleiben, noch werde ich mit diesem Tier neben mir auch nur irgendwas machen. Was auch immer ihr glaubt, aber ich glaube auch, dass ich mal klarstellen sollte, dass ich sicher keinem Stamm von Elfen angehöre oder angehört habe.“ Konnte man es mir übel nehmen, dass die letzten Worte nur so vor Sarkasmus troffen, wenn sie mich mit einem Elf verwechselten?
Es war eine absolute Beleidigung. Nur sollte ich das aufklären? Ich hatte wenig Lust darauf verletzt und ausgequetscht zu werden was die Lage unserer Kolonien anging, denn das wäre nur unnötig Schmerzhaft, und wenn es ging würde ich es vermeiden, es war einfach anstrengend.
Nun konnten sie ihre Verwunderung beide nicht verbergen, während Irina immer noch nicht den Kopf hoch und anscheinend so tat, als wäre sie tot, zumindest bewegte sie sich nicht mehr.
Angewidert von dem kindischen Verhalten sah ich sie kurz an, ehe ich mich wieder den beiden Männern zu wandte.
Diese sahen sich nur selbstbewusst an und schienen irgendwie unsichtbar zu kommunizieren. Wirkliche Zeichen dafür konnte ich zwar nicht erkennen, doch was anderes schien mir abwegig.
Möglichst entspannt lehnte ich mich zurück, in der Hoffnung, dadurch die anderen nicht mehr zu verärgern. Noch war ich ein wenig von deren Akzeptanz abhängig, um endlich hier verschwinden zu können; auch wenn mein Gefühl mir sagte, dass das sicher schwer werden würde.
„Es tut mir Leid, dass ich mich anscheinend falsch ausgedrückt habe. Es ist unumgänglich, dass ihr beide euch anschließt. Jetzt wo eure Verbindung aktiv ist, habt ihr beide keine Möglichkeit allein zu überleben, und wir können euch nicht allein reisen lassen, bis ihr stark genug seid und ausreichend Training hattet. Irina ist was besonderes, sie ist sehr selten und damit ist uns ihr Überleben sehr wichtig.“ Kurz schwieg Sacharin, ehe Zarian weitersprach.
„Solltest du nicht bereit sein zu kooperieren, müssen wir dich gegen deinen Willen hier behalten, damit Irina überleben kann. Es wäre uns deutlich lieber, wenn du mitarbeiten würdest, dass wir dies alles nicht tun müssen.“
Drohten sie mir etwa? Sie würden mich einsperren, damit ich nicht verschwinden konnte und sie ihren ach so wertvollen Drachen verloren, sollte ich nicht kooperieren? Je länger ich hier war, desto schneller wollte ich verschwinden.
Und dennoch wurde ich nachdenklich. Schon jetzt stellte ich fest, wie viel besser es mir ging, seit sie bei mir war. Diese Müdigkeit und Ausgelaugtheit, welche mich seit ich denken konnte bereits begleitete, war während der Unterhaltung immer weniger geworden, sogar fast verschwunden. Wie sehr sich mein Leben durch die Anwesenheit eines einzigen Lebewesens verändern. Wieso hatte ich das untrügliche Gefühl, dass es mir wieder schlecht gehen würde, wenn ich verschwinden würde?
Verlasse dich auf deinen Instinkt. Er wird dich leiten und dir den Weg zeigen, wenn du nicht mehr weiter weiß. Die Worte meines Vaters hallten noch immer in mir wieder. Mein Instinkt riet mir, bei Irina zu bleiben. Mein Kopf sagte etwas ganz anderes. All die schrecklichen Dinge, die wir gehört hatten und selbst gesehen hatten, waren immer noch präsent in mir, als ich wieder die fremden mir gegenüber betrachtete. Immer noch schienen sie auf eine Antwort zu warten. Eine Antwort, die ich nicht geben konnte. Meine Gedanken rasten weiterhin vor sich her, spielten die Situationen durch. Und doch wollte ich nicht wieder eingesperrt sein. Zwar hatten wir in der Kolonie keinen Stein um uns herum, anders als hier, aber es war auch nicht viel besser gewesen.
Doch hier, eingesperrt unter diesem ganzen Stein mit massiven Türen, ohne Chance auf ein entkommen, konnte ich mir einfach nicht vorstellen.
Selbst wenn ich gelegentlich hinaus durfte um „zu trainieren“, etwas das sich als absolut sinnfrei herausgestellt hatte, wie ich die letzten Jahre und die Kommentare meiner Eltern, sowie auch meine eigene Erfahrung entnehmen konnte, würde ich den Turm hier kaum wieder verlassen. Oder die Schule, wie sie es nannten.
Traurig über die Ausweglosigkeit ließ ich den Kopf hängen. Ich konnte hier nicht leben, konnte nicht eingesperrt sein, und doch war ein entkommen unmöglich. Egal ob mit oder ohne die junge Drachin. Mir gingen immer mehr die Möglichkeiten aus.
Kurz darauf schüttelte ich nur den Kopf und hatte aufgegeben. Doch ich konnte einfach so nicht weitermachen. „Tut mir Leid, ich kann nicht. Ihr müsst mich schon einsperren, ich kann hier nicht bleiben. Ihr versteht es vermutlich nicht, aber ich kann in keinem Steingebäude leben, wo ich sowieso das Gefühl habe erdrückt zu werden.“
Resignation schwang in meiner Stimmte mit, als sich eine neue, wohl die einzige Alternative, vor mir auftat. Kurz blickte ich wieder zu Irina, trauerte um die Freiheit, die ich mit ihr verloren hatte, obwohl es mir eigentlich immer noch körperlich besser ging. Wie konnte sich so schnell in meinem Leben so viel verändern, dass ich nun erneut, trotz all der Wendungen in einer Sackgasse stand?
Die einzige Chance zu verschwinden war wohl, sie zu töten. Und doch kam es mir falsch vor. Nicht nur mein Instinkt sprach sich dagegen aus, es war auch das Gewissen, das sich genau jetzt meldete, dass ich ein so junges Geschöpf, das mir vertraute, nicht einfach umbringen konnte.
Auch Irina wirkte nicht sehr glücklich. Sie hatte sich aufgerichtet und lehnte nun mit ihrem Körper an meinem Bein, was genau sie damit bezweckte wusste ich allerdings nicht. Sie schien Schutz und Wärme zu suchen. Beides konnte ich ihr einfach nicht geben, wo ich doch gerade selbst mein Urteil gesprochen hatte.
„Das ist natürlich sehr schade. Wir sind keine Monster, wie du sicher weißt und es tut uns selbst weh, wenn wir jemanden gegen seinen Willen einsperren müssen. Normalerweise könnten wir dich auch gehen lassen, doch sie ist zu wichtig und euer Band anscheinend viel zu stark, um mit ihr allein arbeiten zu können“, Sacharians Stimme war fest und zeigte nicht das angesprochene Mitgefühl. Wie Heuchlerisch.
Zarian blieb still und schien nachdenklich, ehe sich beide aufrichteten und die Tür öffneten. Vor der Tür konnte ich weitere Männer erkennen, die scheinbar gerade Wache hatten. Mit einem letzten Blick auf mich wandte sich der Leiter der Schule ab und ging hinaus. Sein Gang war selbstsicher und deutete auf die Körperbeherrschung hin, die er besitzen musste.
„Nehmt ihn fest und bringt ihn in eine der Zellen,“ waren die letzten Anweisungen, ehe er endgültig verschwand. Auch Zarian ging, allerdings nicht ohne mir einen weiteren nachdenklichen Blick zu zuwerfen. Was genau das bedeuten sollte, darüber wollte ich gar nicht mehr nachdenken. Sie hatten mir alles genommen. Noch schlimmer als der Tod, der absolut keinen Schrecken für uns Dunkelelfen hatte, war das Eingesperrt sein für uns auf Dauer keine Lösung.
Erneut fiel ich in die Zeit zurück, in der ich noch mit den anderen gelernt hatte und auf das spätere Leben als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft vorbereitet wurde. Es schien sich wohl niemand von den anderen Rassen bewusst zu sein, wie viel wir zu lernen hatten.
So auch jetzt, denn mir war bereits klar, dass ich nicht lange würde hier sein müssen. Die Wehmut und Aussichtslosigkeit meiner Lage betäubten mich regelrecht und sorgten dafür, dass mein Entschluss schnell gefasst wurde.
Irina sah mich mit weit aufgerissenen Augen an und ich sah ihre grenzenlose Verzweiflung ebenso wie ich sie spürte als ich grob hoch gerissen wurde und unsanft richtig Tür geschleift wurde.


Kapitel 10:

Irgendwann begann die Welt um mich herum zu verlaufen. Man hatte mich den langen Weg und Kampf gelehrt, der unweigerlich folgen würde, sobald wir uns zu diesem Schritt entschlossen. Alles würde hart sein, unsere ganze Kraft erfordern, sodass wir nicht der Schwäche der anderen Rassen erlagen. Wann war es soweit gekommen?
Ich spürte nur die Ruhe, während ich auf dem Boden neben der Pritsche lag und auf die Steine ober mir starrte. Alles in mir war abgestumpft seit ich hier war. Alles kam mir so fern vor, als ich die Hand nach oben streckte und versuchte die Decke zu erreichen, während ich feststellen musste, dass ich genau diese nicht zu fassen bekam. Wieder lies ich kraftlos meinen Arm fallen, nicht in der Lage ihn weiter oben zu halten. Mein Körper war inzwischen immer weiter eingefallen, zeigte sehr deutlich, was er von der erneuten Nahrungsverweigerung hielt. Es war nicht leicht zu sterben, hatte ich festgestellt. Kurz wandte ich meinen Blick in Richtung der Zellentür. Die dichten Stäbe waren selbst für meinen knochigen Körper zu nah beieinander. Woher sie solche Zellen hatten war mir schleierhaft, hatten wir doch auch gelernt, dass man aus ihnen leicht entkommen konnte. Alle anderen sollten so breite Stäbe haben, dass eine Flucht möglich sein sollte, sobald man schmal genug war.
Das war bei mir sowieso kein Problem, hatte ich doch nie Muskeln aufgebaut oder auch nur ein bisschen an Fett an meinem Körper gehabt. Vielleicht hatten sie deswegen daran gedacht, denn ich sah auch Zellen, die denen aus unserem Unterricht sehr nah kamen.
So blieb mir kaum was anderes über als hier zu liegen und zu warten, dass es endlich aufhörte.
Das Essen stand immer noch unberührt neben der Tür und schien mich zu verhöhnen.
Immer noch sah ich den entsetzten und panischen Blick von Irina, des Drachen, der zu mir gehören sollte, sah die Verzweiflung darin, die meiner eigenen so ähnlich war. Seit dieser Szenerie hatte ich sie nicht mehr gesehen, hatte nicht in die eisblauen Augen gesehen, die so mit ihren Schuppen harmonierten. Ich hatte das Unverständnis gespürt, dass sie für meine Lage empfand. Diese Angst, dass unsere gemeinsame Zukunft nichts weiter war als eine Geschichte die erzählt wurde von jemandem, der uns niemals Kennenlernen würde.
Wie öfters in den letzten Tagen dachte ich über sie nach. Über uns und daran, was wir hätten haben können. Und doch bereute ich meine Entscheidung nicht. Ich war mir bewusst, dass ich, selbst wenn ich hinaus ins Freie konnte, niemals würde frei sein können. Wenn ich noch Jahre damit zubrachte hier zu leben, wäre das weitaus qualvoller für mich als die Variante. Ich hatte die Chance bekommen die Welt draußen zu sehen. Die Möglichkeit zu sehen, was außerhalb unserer Kolonie war und ich war Menschen, Elfen und sogar den Drachen begegnet. Das war mehr als viele andere meiner Rasse von sich behaupten konnten.
Lächelnd schloss ich die Augen, denn meine Kraft schwand schneller als mir lieb war. Oder ich hatte einfach nur das Gefühl für die Zeit verloren, seit ich mich komplett von Irina verschlossen hatte. Ihre Panik und Verzweiflung, auch die Hilflosigkeit, hatten mich immer mehr in den Wahnsinn getrieben, sodass ich es schließlich geschafft hatte es abzustellen.
Seitdem konnte ich mich noch weniger bewegen, sondern lag nur mehr herum, ohne die Kraft mich noch einem aufzurichten.
Die Schritte, welche immer näher kamen, hallten laut an den Steinen wieder, trugen das aberwitzige Gefühl mit sich, dass ich immer nur verhöhnt wurde. Ich sah bereits die abfälligen Blicke vor mir, die mir zeigten, wie wenig sie von mir hielten und wie sehr ich nur zu belächeln war. Ein Dunkelelf, der schwach vor ihnen auf dem Boden lag, wie sie es immer wollten. Ein Insekt, das sie leicht zertreten konnte. Und eine Schande für die Rasse der Alben. Wenn diese mich zu sehen bekamen, würden sie mich wohl bei lebendigem Leib verbrennen, denn mehr hatte ich nicht verdient, das wusste ich selbst.
Die Schritte kamen immer näher, hielten erst vor meiner Zelle. War es schon wieder Zeit für eine neue Ration Essen, die unberührt liegen bleiben würde? Ich machte mir nicht einmal mehr die Mühe aufzusehen, wer diesmal kam.
Irina:

Ich konnte Damon wirklich nicht verstehen, als er vor meinen Augen abgeführt wurde. Das ganze Gespräch bereits, welches ich durch das viele Essen mehr oder weniger verschlafen hatte, hatte seine Anspannung und Resignation immer weiter getrieben. Erst gegen Ende war ich wieder wach genug um bei ihm zu sein. Er schien einsam zu sein und gab schnell auf. Die Worte, die so hart über seine Lippen kamen, hatten mich sehr verletzt. Auch wenn ich versucht hatte, diese Trauer tief in mir zu vergraben, so war sie doch immer da. Wieso hatte er einfach so aufgegeben. Wieso verabscheute er mich so sehr, dass er lieber starb als bei mir zu sein?
Fassungslos hatte ich ihnen nachgesehen, hatte gespürt, dass er diese Zelle wohl schneller verlassen würde als mir lieb war. Doch ob das lebend geschehen würde, wagte ich bei seiner derzeitigen Verfassung sehr zu bezweifeln.
Und doch schien ihm all das vollkommen egal zu sein, ging er doch mit ohne sich zu wehren. Nachdem ich aber auch genau wusste, was es bedeuten würde, wenn ich ihnen nun folgte, entschloss ich mich dazu, stattdessen Zarian zu folgen. Dieser schien mir zumindest offen genug zu sein, dass ich eine Chance haben würde Damon wieder dort heraus zu bekommen, bevor er sterben würde.
Durch die ganzen Gänge hätte ich mich jedoch fast verlaufen, ehe ich von einer der Wachen eingeholt wurde. „Irina, ich bitte dich mir zu folgen. Ich zeige dir nun deine neue Unterkunft. Dort wirst du auch alles finden was du brauchst. Der Direktor wird dich dort später noch aufsuchen um mit dir zu sprechen.“ Er wirkte freundlich und noch sehr jung. Derzeit wäre er mir als Gefährte deutlich lieber als Damon. Und doch hatte ich keinen Einfluss darauf, ebenso wie er keine Wahl hatte.
Traurig ließ ich den Kopf hängen und folgte dem jungen Mann. Er wirkte zwar nicht viel älter als Damon, doch unterschied er sich deutlich von ihm. Obwohl er ebenfalls spitzere Ohren hatte als die beiden älteren Männer vorhin, war er doch ganz anders. Seine Augen hatten ein beruhigendes Braun, ebenso wie seine Haare. Er war muskulöser, breiter und schien trainierter zu sein. Damons Anblick dagegen hatte sie beunruhigt, so abgemagert wie er war. Lange würde er nicht durchhalten. Umso mehr Druck für mich, etwas zu unternehmen. Zuerst jedoch musste ich beginnen, die Sprache dieser Wesen zu sprechen, musste ihnen somit klar machen, dass sie ihn freilassen sollten.
Meine Unterkunft war wirklich viel gemütlicher als der Raum, in dem ich zuerst gelebt hatte. Immer wieder kreisten meine Gedanken auf der Suche nach einer Lösung für das Problem, dass derzeit noch unüberwindbar schien.
Ich hatte es mir auf dem kleinen Strohlager gemütlich gemacht und mich zusammengerollt, während ich wartete und ließ meine Gedanken schweifen.
Derzeit fiel mir absolut nichts ein, um mit diesem Problem fertig zu werden. Alles lief wohl darauf hinaus, dass ich mit Zarian sprechen musste. Er musste mir einfach helfen. Wenn ich wirklich so wertvoll war wie sie sagten, dann musste es ihnen doch auch wichtig sein, dass es mir gut ging. Und die Gefühle und geringe Kraft meines Gefährten sorgten zusammen mit meiner Sorgen um ihn sicher nicht dafür, dass es mir gut ging.
Im Eingang stand bald darauf Sacharin. Er wirkte nicht glücklich, doch warum wusste ich nicht.
„Irina, es tut mir wirklich sehr Leid, was mit deinem Gefährten passiert ist. All das lag nicht in unserer Absicht. Ich hatte bis jetzt gehofft, dass dieser Junge einlenkt und wir ihn nicht einsperren müssen.“ Inzwischen war er näher gekommen und setzte sich nun auf den Boden, einige Meter von mir entfernt, doch nah genug, dass wir reden konnten.
„Ich hoffe du verstehst uns. Du bist, wie du sicher weißt, sehr selten, wir konnten nicht riskieren, dass er dir durch seine Unbedachtheit und seinem Hass schadet. Ich hoffe immer noch darauf, dass er zur Besinnung kommt, wenn er erst einmal ein oder zwei Tage dort sitzt und wir somit die Möglichkeit haben, aus euch ein gutes Team zu machen. Elfen lassen sich generell nicht gern einsperren, er wird sicher die Vorteile erkennen, wenn sein Temperament abgekühlt ist, dass es besser und einfacher ist mit uns zu kooperieren.“
Er wirkte dabei deutlich zuversichtlicher als ich, denn ich zweifelte stark an seinen Worten.
Die Frage, war geschehen würde wenn er nicht nachgab, stellte ich gar nicht erst, denn ich zweifelte sehr daran, dass sie einfach aufgaben.
Ich reagierte nicht mehr darauf. Mit ihm zu sprechen war sowieso aussichtslos also ließ ich es einfach. Stattdessen versuchte ich einen Plan zu erarbeiten, der mich dem Ziel näher brachte ihn dort herauszuholen.

Die Tage vergingen ruhig. Ich hatte immer noch keine Ahnung was ich genau sagen sollte. Inzwischen hatte ich den dreh mit der lauten Sprache heraus und unterhielt mich kurz mit den Jungen, die mir regelmäßig mein Essen vorbei brachten. So lernte ich auch mehr über den Ort an dem ich mich nun befand.
Je mehr die Kraft von Damon schwand, desto mehr Sorgen machte ich mir um ihn. Zwar versuchte ich so gut es ging diese Gefühle zu unterdrücken um sie nicht an ihn zu schicken, aber es gelang mir mit jedem Tag der verging weniger.
Ich aß so gut es ging und schickte ihm durch unser Band so viel Energie wie möglich, damit er immer noch am Leben blieb. Ob er das mitbekam oder nicht war mir dabei vollkommen egal, er sollte nur leben. Ich konnte mir aufgrund seiner aufwallenden Gefühle gut vorstellen, dass er gar nichts mehr aß und einfach nur mehr sterben wollte.
Immer schwächer wurde die Energie des Jungen, der mein Schicksal bedeutete. Irgendwann verschwand die Verbindung fast gänzlich. Er hatte mich aus sich hinaus geschmissen. Nur noch schwach spürte ich ihn, konnte doch abgesehen davon nichts mehr tun.
Wieso tat er das? Ich wollte ihm doch nur helfen.
Das gab schließlich den Ausschlag dafür endlich zu Zarian zu gehen.
Ich verließ meine Kammer und ging auf die Suche nach ihm. Im Innenhof sah ich andere junge Elfen zusammen mit Menschenkindern trainieren. Auch ältere waren dabei, diese schienen die jüngeren zu lehren.
Ein Schmerz durchzuckte mich als ich daran dachte, dass auch Damon hier stehen könnte. Wenn er endlich einsehen würde, dass es hier nicht so schrecklich war wie er dachte, könnte er hier stehen. Könnte mit mir und den anderen Trainieren, würde stärker werden und wir könnten zu einem Team werden. Er wollte es nicht. Er hatte sich geweigert mit mir zusammenzuarbeiten. Wieder war diese Trauer und Hilflosigkeit ein Teil von mir, der jeden Tag größer wurde.
Energisch schüttelte ich den Kopf und ging weiter. Diese Gedanken durften gerade keinen Platz in meinem Kopf haben. Es war wichtig, mich auf das Ziel zu konzentrieren um Erfolg zu haben.
Es dauerte sehr lang bis ich jemanden fand der mich zu dem Mann bringen konnte, von dem ich so dringend Hilfe erhoffte. Ohne die junge Elfe hätte ich mich hier durch das Labyrinth wohl sofort verirrt und hätte nie zu ihm gefunden. Kalban sei dank hatte ich genug Glück sie zu finden und stand nun vor seiner Tür.
Vorsichtig schabte ich mit den Krallen an der Holztüre, wollte diese nicht zerstören sondern nur die Aufmerksamkeit.
Die Tür wurde tatsächlich geöffnet und ein verschlossen aussehender Zarian stand vor mir. Nur kurz sah er mich an, schien besorgt, ehe er kurz seufzte und zur Seite trat.
Ich erhoffte mir auch so sehr eine Information von ihm über Damon, da mir all das verweigert wurde. Auch wenn ich mich sonst frei bewegen konnte war es mir verboten nach Damon zu fragen oder ihn zu besuchen.
Ich trat schnell ein, ehe er es sich anders überlegen konnte. Meine letzte Hoffnung lag auf ihm.
Als ich mich kurz in seinem Raum umsah stellte ich fest, dass dieser sehr spärlich gestaltet war. Es gab außer einem Bett, einem Tisch und zwei Stühlen nur einen kleinen Holzkasten, dessen Sinn sich mir noch nicht erschloss. Das Fenster beleuchtete einige Stücke die wohl zusammengepackt worden waren. Wollte er abreisen? Alles schien fertig zu sein.
Aber er konnte doch nicht gehen, konnte mich doch nicht allein lassen mit dieser Situation. Schnell verbot ich mir die erneut aufkeimende Panik. Ich musste mich zusammenreißen und mit ihm sprechen. Er würde mir schon helfen!..... Hoffte ich jedenfalls.
Abwartend lag sein ruhiger Blick auf mir. Inzwischen konnte ich kaum mehr eine Regung bei ihm erkennen. Er wirkte fast kühl auf mich, so ganz anders als bei unserem letzten Treffen.
„Wie kann ich dir helfen Irina?“, seine ruhige Stimmte gab den Ausschlag es doch zu versuchen.
„Ich brauche deine Hilfe, bitte. Du musst mit dem Direktor sprechen, dass sie Damon freilassen. Ich bitte dich ihm zu helfen.“ Flehend sah ich zu ihm auf und hoffte auf seine Hilfe. Sofort bei meinen Worten wurde sein Blick erneut hart. Abweisend.
„Ich kann ihm nicht helfen. Wenn er nicht will das ihm geholfen wird, dann kann selbst ich nichts daran ändern. Er kann nicht frei herumlaufen und dein Leben in Gefahr bringen, oder sogar unser aller Leben.“
„Es muss doch eine Möglichkeit geben, dass er noch eine Chance bekommt. Ich bitte dich, hilf mir. Ich spüre doch das es ihm sehr schlecht geht. Ihr könnt doch nicht wollen das er stirbt! Und er wird sterben, dass weiß ich auch ohne ihn gesehen zu haben. Auch wenn ihr mir alle Informationen über ihn vorenthaltet! Lasst ihn frei und ich werde ihn überzeugen mit euch zusammen zu arbeiten. Bitte!“
Ich sah den Zweifel und auch eine unterschwellige Trauer ihn seiner Miene aufkommen.
„Er wird nicht nachgeben, das wissen wir beide. Er hatte die ganze Zeit die Wahl, auch jetzt noch und nutzt sie bis jetzt nicht. Es tut mir sehr Leid für dich. Es ist hart für eure Bindung, ich verstehe das, aber ich kann nichts für ihn tun. Er muss sich selbst dazu entschließen.“
„Aber...du kannst ihm helfen. Er wird sterben wenn ihr nichts tut. Wollt ihr das er stirbt? Es kann nicht in eurem Interesse liegen das er in wenigen Tagen tot ist. Ihr sagtet doch ihr bewahrt unsere Art. Das ich wichtig sei. So wichtig kann ich nicht sein, wenn ihr ihn einfach so sterben lasst.“
Tränen sammelten sich in meinen Augen, während ich Zarian wütend anstarrte. Wie konnte er es einfach so hinnehmen das Damon starb. Wenn er sterben würde, wäre auch ich dem Ende nahe. Ich konnte ohne ihn nicht leben. Wenn er umkam würde ich nicht viel Zeit haben, bis ich ebenfalls starb. Die Verzweiflung breitete sich erneut aus, zerfraß mich innerlich.
„Es kann nicht in deinem Interesse liegen, dass er stirbt, dass ich sterbe.“ Ich wagte es nicht mehr ihn anzusehen sondern starrte lieber auf sein Gepäck, das er gepackt hatte. Er wollte nicht dabei sein wenn es soweit war. Feige verzog er sich um der Verantwortung zu entkommen. Das war typisch Mensch. Sie hatten kein Rückgrat und gaben auf, sobald es schwer wurde. Sie gaben Damon auf, weil sie ihn eingesperrt hatten und er sich selbst aufgegeben hatte.
„Irina. Ich selbst leide unter der Situation weil ich nicht helfen kann. Sacharin ebenfalls. Doch es ist allein Damons Entscheidung. Nur er kann etwas daran ändern. Wir haben öfter mit ihm gesprochen, doch er weigerte sich immer mit uns zu reden. Er wollte nicht heraus, sah das Leben hier als ebensolches Gefängnis an, in welchem er gerade saß. Es ist seine eigene Entscheidung dort zu bleiben. Es tut mir Leid Irina. Für dich, für eure Beziehung. Doch ich kann nicht helfen. Er hat sich geweigert zu essen seit er dort unten ist. Du hast ihn gesehen. Er wird nicht mehr lange leben, egal was wir tun. Ich bin schon viel zu lange hier, habe versucht zu helfen, nun muss ich mich wieder um meine eigenen Aufgaben kümmern, die ich so vernachlässigt habe seit ihr hier seit.“
Immer noch konnte ich nicht glauben was er da sprach, wollte nicht glauben das es Damon wirklich so schlecht ging. Doch ich glaubte ihm, seine so ruhigen und beschwichtigenden Worte, die mich nur umso mehr beunruhigten. Wieso ging er? Er hatte Aufgaben außerhalb?
Ich hatte schon öfters von den Schülern hier davon gehört, aber er war immer hier gewesen, ich hatte es nicht geglaubt.
Eine neue Idee keimte in meinen Gedanken heran. Die einzige Möglichkeit für ihn, für uns. Wieso hatte ich ihn das nicht schon früher gefragt? Es war doch eine gute Chance. Er selbst sagte doch, Damon konnte hier nicht Leben, nicht einmal für mich. Was, wenn wir nicht hier bleiben mussten? Wenn Damon unter Aufsicht und wir in Sicherheit waren, während wir dieses Gebäude verlassen könnten?
Zarian sah mich stirnrunzelnd an. Er schien zu bemerken, dass sich etwas verändert hatte und ich nun nicht mehr so fertig war. Sah er die Hoffnung? Bemerkte er die Verzweiflung und Angst schwinden? Ruhe machte sich in mir breit. Die Idee war genial. Er musste ihr einfach helfen, konnte sie nicht im Stich lassen.
„Nimm uns mit dir!“, forderte ich energisch von ihm. Direkt sah ich ihm in Augen, gab nicht nach. Für uns musste ich das durchstehen. Ich konnte das und ich würde alles für ihn tun.
„Du sagst er kann hier nicht leben. Ich weiß das du eigentlich unterwegs bist. Nimm uns mit, lehrt uns alles was wir wissen müssen. Er wird mitkommen. Wenn es um sein Leben geht wird er mitkommen. Er müsste nicht mehr hier leben, umgeben von Stein, könnte draußen sein.“
„Ich halte das für keine gute Idee Irina. Er ist sehr schwach. Wenn wir ihn jetzt hinaus mitnehmen wird er sowieso sterben. Er würde krank werden, wenn er nicht einfach an dem fehlenden Essen und Trinken verenden würde. Er käme nicht weit und wir können jemanden, der nicht einmal laufen, nicht beschützen. Schon gar nicht wo du selbst noch so klein bist. Es tut mir Leid.“
Er schüttelte nur den Kopf. So schnell gab ich jedoch nicht auf, denn daran hatte ich gedacht.
„Dann wird er eben einige Tage hier bleiben und Essen, er wird wieder gehen können und dann holst du uns ab, dann gehen wir, sobald er selbst auf den Beinen bleiben kann!“
Immer noch sah ich die Skepsis in seinem Blick. „Darauf wird er sicher nicht eingehen. Wir haben gesehen wie stur er ist, wenn er sich gegen etwas wehrt. Er will dich nicht Irina. Er hat es klargestellt. So Leid es mir tut, aber er wird auch nicht auf dich hören, wenn du mit ihm sprichst. Er wird sich weiter wehren. Ich habe es selbst gesehen als er unbedingt zu dir wollte. Er hat sich geweigert aufzugeben, hat sich trotz seiner Schwäche jedes Mal erneut auf mich gestürzt, wenn ich ihm im Weg stand. So ist er.
Aber Irina. Du hast ihn länger nicht gesehen. Der Entzug den er sich gerade selbst erleiden lässt, indem er weder isst noch trinkt hat ihn bereits auf einen Weg geführt, auf dem wir ihn wohl kaum mehr erreichen können. Selbst wenn er wollte könnte er jetzt wohl kaum noch was zu sich nehmen und es bei sich behalten.
Es tut mir wirklich Leid das ich nicht helfen kann. Es wird dir schaden und genau das wollten wir immer vermeiden. Es genau das passiert was wir alle ablehnten und verhindern wollten. Damon hat sich dagegen aufgelehnt und nun...“
Die Trauer die mich jetzt erfasste schlug wie in Wellen über mir zusammen. Ich spürte die Risse der Barriere, ehe sie zerbrach und mich nach so langer Zeit wieder mit Damon verband. Wieso sie genau jetzt brach wusste ich nicht, und doch war ich nicht in der Lage mich darüber zu freuen. Zu sehr spürte ich die fehlende Energie des Jungen, der mein Schicksal war und immer bleiben würde. Sofort sendete ich ihm meine Kraft, gab alles was ich entbehren konnte. Er musste einfach am Leben bleiben. Er durfte nicht sterben, durfte mich nicht allein lassen. Das war einfach keine Option, keine Möglichkeit die ich hinnehmen würde.
Ich spürte die Trauer des Jungen, die Aufgabe und auch den versuch, das Schild das uns getrennt hatte. Er wollte die Trümmer erneut zu einer Wand aufrichten, wollte mich erneut aussperren.
HÖR AUF!! Diesen Gedanken schrie ich ihm so laut entgegen, dass er inne hielt. Ich spürte die Verwirrung des Jungen, seine Unentschlossenheit.
Er durfte nicht aufgeben. Nicht jetzt. Ich hatte Zarian fast soweit, ich spürte das er nachgab und mir helfen wollte. Und mir helfen würde. Er glaubte nicht an Damon, nicht daran, dass er nachgab. Aber ich wusste er würde es tun, ich war mir so sicher. Er würde nicht einfach sterben und mich zurück lassen.
Mit neuer Kraft, die ich aus der Hoffnung schöpfte,dass ich ihn endlich wieder spüren konnte, versuchte ich es erneut. Der Ältere konnte uns nicht aufgeben. Er würde uns nicht aufgeben. Dafür würde ich alles tun, und zwar immer wieder wenn es nötig war.
Ich spürte die Veränderung in der Energie des Jungen, die nun ausschließlich durch meine Kraft vorhanden war. Er würde durchhalten und kräftiger werden.
Ich wusste das ich den Elf, der eigentlich keiner war, mit meiner eigenen Energie und Motivation, sogar meinem Optimismus, geradezu erschlug, nachdem er jetzt für längere Zeit in seiner schlechten Laune und seiner Todesakzeptanz gelebt hatte.Er würde sich erst daran gewöhnen müssen, dass nun alles anders war.
Dennoch spürte ich, dass es zu viel war, dass ich seinem aufgezehrten Körper gab. Nur mühsam konnte ich mich drosseln, schaffte es ihm weniger zu geben, sodass er nicht von meiner Kraft überschwemmt wurde. Nun schien es ihm besser zu gehen als zuerst. Er wehrte sich auch weniger gegen mich. Endlich.
Mit neuer Kraft sah ich Zarian an, ehe ich ihm tief in die Augen blickte. Alles hatte sich geändert.
„Er wird mitmachen. Ich hab ihn endlich!“ Näher ging ich nicht darauf ein, doch ich bemerkte das kurze Aufblitzen seiner Augen während er mich erneut musterte. Er bemerkte sicher die veränderte Haltung, nun konnte ich endlich aufrecht stehen, konnte an die Zukunft glauben. Wir hatten endlich die Chance, die vor uns lag. Damon musste sie nur mehr annehmen und das würde er.
„Bitte, gib ihm noch die eine Chance, er wird sie nutzen. Gib uns die Chance zu beweisen was wir alles erreichen können,“ mit fester Stimme sprach ich, während mein Blick Entschlossenheit ausdrückte.
Das leichte Nicken des Mannes ließ mich strahlen. Jetzt durften wir keine Zeit verlieren.



Wörter: 11143

__________________

14.10.2015, 15:38
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



..


Wörter: 0

__________________

14.10.2015, 15:38
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



..


Wörter: 0

__________________

14.10.2015, 15:39
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



..


Wörter: 0

__________________

14.10.2015, 15:40
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



..


Wörter: 0

__________________

19.11.2015, 15:02
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



..


Wörter: 0

__________________

19.11.2015, 15:02
» Salira
Salira


VornameJasmin
Beiträge6208
RPG-BeiträgeØ 424 Wörter
Anmeldung28.02.2015
Punkte13931.2
Aktivität100%


Wir sind frei,
Frei wie der Wind,
Wir sind frei,
Wir sind wer wir sind
(Santiano)


» alle Posts von Salira



NEUE GESCHICHTE
Genre: Fantasy/Jetztzeit/Jugend/Psychologie

 
Langsam stieg der Rauch in den Himmel auf. Nur sanft und ohne ihn aus den Augen zu lassen, verfolgten klare Augen diesen Aufstieg. Es war kalt hier, das Gebiet überzogen von einer dicken Eisschicht. Nichts davon konnte sie jedoch so fesseln wie ihr eigener Atem. Schwer stieg er doch in den Himmel, der von einem strahlenden Blau war. So malerisch die Landschaft. So sanft und doch stark. Immer wieder kehrte sie an den Ort zurück. Ihren Ort, ganz allein für sie. Ein Ort, der so viel Ruhe versprach und ihr Frieden schenkte.
Als sie sich umsah, erkannte sie die Details. Kleine Eiszapfen hingen an schwer an den Nadelbäumen, die sie nicht benennen konnte. Der Schnee lag hoch, egal wohin das aufmerksame Auge auch blicken würde. Rein, vollkommen weiß und unschuldig. Nichts hatte an der weißen Decke gekratzt, alles war vollkommen. Wie in einem Buch, oder einer Postkarte.
Es war vollkommen still, denn hier gab es keine Tiere. Niemals gab es hier Tiere oder andere Menschen, die diesen Ort verunstalten konnten. Nur dieser war ihr geblieben, etwas, das ganz allein ihr gehörte. Ihr Rückzugsort, nannten es die Therapeuten. All das sei vollkommen normal, immer dieses Wort, ´vollkommen´ ein so großes Wort für so viele Beschreibungen. Es ist etwas ganz anderes, ob etwas vollkommen ist, oder nur vollkommen normal. Bei ihr war es immer nur normal.
Nur kurz ließ sie sich von den Gedanken ablenken. Die Wirklichkeit kam noch früh genug, wie immer, wenn man es genau betrachtete. Hier war ihr Ort an dem sie all dem entfliehen konnte, all dem schrecklichen der Welt. Die Erinnerungen konnten diesen Ort nicht betreten, denn das konnte niemand außer ihr selbst. Hier war sie sicher.
Leise begann es zu schneien, kleidete diese Landschaft erneut in tiefes, beruhigendes Weiß. Sanft landeten die Flocken auf der weichen Decke, die bereits das Land überzogen hatte. Es war kalt, sehr kalt, doch der Schnee gefror nicht, hinterließ weiter die samtene Decke, die weich und flauschig den Boden berührte. Auch die Bäumen, kraftvoll, so unerschütterlich, schienen den neuen Schnee willkommen zu heißen. Stark richteten sie sich auf, gezeugt von der Last, die sie bereits auf sich trugen. Und doch schienen sie sich über ihre neuen Gäste zu freuen. So wie sie selbst es tat.
Nur langsam tat sie einen Schritt, verließ den schützenden Wald, der so stark hinter ihr lag. Vor ihr tat sich die Beständigkeit auf. Das Gebirge erhob sich hoch, nur schmale Pfade schienen in das innerste zu führen. Man erkannte nicht, ob es sich um einen einfachen Berg handelte oder eine ganze Gebirgskette dahinter lag. Hoch und bedrohlich lag der kalte Stein, nur leicht angezuckert mit den Schneemassen des Waldes, vor ihr. Egal wohin sie sah, das beständige Grau setzte sich fort. Gab all ihre Kontrastvielfalt bekannt.
Sie streckte ihre Hand aus. Rau und kalt fühlte es sich an, als sie danach griff. Doch sie zog daraus auch die Kraft die sie brauchte. Den Mut standzuhalten und weiter zu gehen. Immer weiter. Sie wandte sich leicht nach rechts, starrte lang auf den Eingang, der sich zwischen den hoch aufragenden Wänden erhob. Sie folgte den kleinen Unebenheiten, die sich durch den Wind und die Natur eingegraben hatten. Nur sanft strich sie ihnen entlang, ehe sie es endlich wagte einzutreten. Langsam, bedächtig folgte sie dem Weg tiefer hinein. Neugierig darauf, was dahinter liegen würde. Was sie wohl vorfinden würde. Stetig und ruhig waren ihr Schritte, immer darauf bedacht, die Stille hier so wenig wie möglich zu stören. Die Magie, die diesen Ort gefangen hielt, erlaubte es ihr nicht anders. Sie würde nichts dafür tun, diese Energie zu stören, die sich nicht nur in den Bäumen, der Erde und dem Fels wiederfand, sondern auch tief in sie eindrang, sie ausfüllte.
Die Felswände leiteten sie weiter, führten sie näher an ihr Ziel. Sie wollte entdecken.
Es folgte bald eine Gabelung. Noch immer rieselten die kleinen Flocken auf die Erde, auch hier, wo man kaum etwas davon erkennen konnte. Es schien, als wollten Schnee und Fels zusammen existieren. Als sei es ein Miteinander anstatt eines Gegeneinanders. Es sah so einfach aus in dieser Symbiose zu leben. Wieso nur schafften das die Menschen nicht auch? Wieso kämpften sie immer wieder dagegen.
Sie schüttelte nur den Kopf, erfreute sich stattdessen des harmonischen Anblicks ohne sich weiter über die Realität Gedanken zu machen. Sie folgte dem einladenden Weg. Sträucher und Gräser wuchsen am Rande des Weges, welcher von den Steilwänden abgelöst worden war. Es ging sanfter hinauf und sie fühlte sich nicht mehr eingezwängt. Nicht mehr so in der Falle. Erstaunte musste sie feststellen, dass sie dieses Gefühl bisher kein einziges Mal übermächtig erschienen war, so als wolle es erneut kontrollieren, wie so oft. Doch hier hatte es nur ein leicht beklemmendes Gefühl hinterlassen, zwar da, doch in keinster Weise bedrohlich. Sie fühlte sich sogar beschützt. Ein komischer Gedanke, denn sie war nie sicher. Niemals außer hier. In ihrer Landschaft.
Der Weg stieg inzwischen nur mehr sanft an. Begleitet von allerhand Sträuchern und Farnen, setze sie ihren Weg fort. Es war nur mehr eine leichte Steigung, gut für die Schenkel und Lungen. Inzwischen spürte sie eine langsame Müdigkeit. Als es mehr wurde, wollte sie eine Pause machen, und sich erholen. Wollte diesen Ort noch nicht verlassen. Der kleine Fels unter ihr, den sie auserkoren hatte, fühlte sich gar nicht so kalt an, wie sie gedacht hatte. Es war angenehm.
Die Hände wurden ausgestreckt, während der Blick wieder auf den Schneeflocken lag, die von oben kamen. Einige verfingen sich an Händen und Armen, wurden von den dünnen Härchen auf der Haut festgehalten. Mit fasziniertem Blick beobachtete sie, wie diese langsam schmolzen. Das Wasser perlte langsam von ihrer Haut auf den Boden, wo sie in der dünnen Schicht verschwanden. Das Spiel beobachtete sie eine ganze Zeit lang. Irgendwann wurden ihre Arme schwer, sodass sie sie kaum noch oben halten konnte. Mit einem traurigen Seufzer ließ sie sie fallen, stützte sich neben ihren Schenkeln auf und sah den Weg zurück, den sie gekommen war. Nur durch ihre Fußspuren, die bis zum Grau des Steins durchdrangen, war ein Unterschied zu erkennen. Der Weg vor ihr sah genau gleich aus, stellte sie verwundert fest. Ein so weiter weg, den sie noch zu gehen hatte.
Es war an der Zeit weiter zu gehen. So erhob sie sich von ihrem Rastplatz und folgte dem Weg weiter, hinterließ weitere Fußspuren, die die Unberührtheit dieses Ortes störten.



Eine Berührung ließ mich zusammen zucken.
„Miss Takov, wo sind Sie gerade mit ihren Gedanken?“, der tadelnde Blick meines Therapeuten verfolgte mich, ehe sie sich wieder setzte. Frau Doktor Maria Sommerbach, eigentlich ein sehr lustiger Name, wenn man darüber nachdachte. Doch nicht jeder hatte einen dermaßen unpraktischen Namen wie ich. Ich musste sofort an einen Film denken, doch ich hatte keine Ahnung mehr, wie dieser hieß. ´Kann doch nicht jeder Schmidt oder Müller heißen.´ Oder zumindest so ähnlich ging es.
„Wenn Sie weiter so störrisch sind, dann wird die Therapie keinen Erfolg haben. Und dafür sind Sie doch hier nicht wahr? Sie sagen doch immer wieder, dass Sie etwas ändern wollen. Und das Jugendamt steht auch hinter Ihnen.“
Hatte ich schon einmal gesagt, wie wenig ich von diesen sogenannten Therapiestunden hielt? Genau, nichts. Es war jedes Mal das selbe, alle Therapeuten, die ich bisher aufsuchen musste, waren gleich. Zuerst kam unendliche Geduld, dann Pseudo-Ratschläge, bis es irgendwann in frustrierter Wut endete. Warum? Weil ich absolut keine Lust hatte, mich weiter wie ein kleines Kind behandeln zu lassen. Vor allem dieses Miss. Wer sagte denn schon Miss zu jemanden, außer in irgendwelchen Englischen Filmen, oder vielleicht auch Staaten. Aber doch nicht hier.
Ich sah es als eine persönliche Beleidigung, hatte ich schon immer getan, doch niemand fragte mich nach meiner Meinung. Dr. Sommerbach hatte immerhin einen Universitätstitel, die wusste es besser als ich. Genau wie alle anderen davor.
Ruhig saß ich in meinem Stuhl, der sogar ziemlich bequem war. Alles war Minimalistisch eingerichtet. Hier kam man sich vor wie in einem Gefängnis. Nein, es war kein Gefängnis, nicht offiziell. Es war nur eine Einrichtung für Jugendliche und junge Erwachsene mit Problemen. Nur das ich hier leben musste. Jugendamt und Gericht hatten mir aufgetragen hier zu sein. Erst wenn die Therapien hier Früchte tragen und ich mich selbst nicht mehr gefährde, würde ich endlich hier weg kommen. Nur das ich inzwischen 20 Jahre alt war, somit deutlich zu alt für das Jugendamt. Eigentlich. Denn das Gericht fand, dass ich noch nicht reif genug sei für das Leben ohne Erziehungsberechtigen. Lächerlich meiner Meinung nach.
Alles wirkte hier steril, so sehr darauf bedacht, das Patienten sich hier auf keinen Fall selbst verletzten konnten. Es gab kaum eine Einrichtung in diesem braun gehaltenen Raum. Mich erinnerte es immer an einen dieser alten Filme. Überall standen Bücher, doch keine Bunten oder gar Taschenbücher, alles nur in gedeckten Farben über tausende Arten von Krankheiten und Heilungsmethoden. Als ob psychische Krankheiten verschwanden, nur weil ein Buch das vorgab. Aber man sollte den Ärzten ihren Glauben lassen, nicht?
Inzwischen war ich jedoch sehr gut darin etwas vorzugeben, was nicht richtig war. Es ging mir immer noch nicht besser, es hatte sich nichts geändert. Aber das musste ja niemand wissen.
„Tut mir Leid Frau Doktor. Ich habe nur kurz daran gedacht, als ich das erste Mal einen Hund gesehen habe. Er war so süß und lieb. Ich durfte ihn sogar streicheln, der Besitzer hatte es mir erlaubt“, sanft lächelte ich bei dem Gedanken. Es war wirklich passiert. Nun ja, beinahe. Der erste Hund, den ich gesehen hatte, wollte mich töten, doch das verschwieg ich geflissentlich. Die erste richtige Begegnung war jedoch umso schöner. Die einzige Berührung die mir wirklich gefallen hatte. Er war so weich gewesen, so flauschig, und sehr nass. Als er mich dann abschlecken wollte, war ich doch zurück gewichen. Ich hatte ich mich dennoch gefreut, denn erstmals war man mir ohne Mitleid begegnet, ohne Vorurteile.
Ich war von zuhause weggelaufen und hatte mich versteckt. Hatte damals die halbe Kleinstadt in Angst und Schrecken versetzt, weil ich einfach weg war. Doch dieser Moment ist bis heute einer meiner schönsten. Meiner Glücklichsten.
„Nun, na gut. Was haben Sie dabei gefühlt? Sie sagten gerade, Sie hätten ihn sogar berührt?“, sie schien nun glücklich, endlich einen Ansatz gefunden zu haben. Ich gönnte ihr diesen Moment, denn er brachte mich letztendlich aus den Fängen des Staates. Inzwischen warf ich ihr immer häufiger solch kleine Brocken zu. Sie saugte sie auf wie ein Schwamm. Ich erlaubte ihr diesen Erfolg, den sie allein auf ihr Können schrieb, das sie sich jahrelang angeeignet hatte.
„Ja, ich fand es nicht so schlimm, ihn anzufassen. Er war sogar weich. So extrem weich bekomme ich meine Haare nie.“ Nachdenklich sah ich aus dem Fenster. Wie weit sollte ich es heute treiben? Sie schien so guter Dinge, dass ich sie einerseits bremsen sollte. Andererseits bekam ich nur durch sie den Ausgang und später die Freiheit.
„Es war in Ordnung. Da ich nicht angefasst wurde und es kein Mensch war, den ich berührt hatte, fand ich es nicht so schlimm, dazu war ich viel zu fasziniert von ihm“, ich wusste, wie ruhig und mechanisch ich sprach. Dr. Sommerbach nahm es immer als ein Zeichen des Fortschritts, denn ich dachte darüber nach und begann mich, ernsthaft damit auseinander zu setzen. Mich meinen Ängsten zu stellen.
„Und wie ist es jetzt?“, fragte sie in ihrer typischen Arztstimme. Ruhig, aufmerksam und wie mit einem kleinen verwundetem Kleinkind sprechend. Zumindest empfand ich es so.
„Ich mag es nicht, jemanden oder etwas anzufassen. Aber ich habe auch keinen Hund, daher erübrigt sich diese Frage.“ Vor allem, da ich davon jedes Mal krank wurde. Aber das wusste noch keiner, denn ich war recht häufig krank. Woran das wohl liegt.
„Und was wäre, wenn du wieder die Chance hättest einen weichen Hund zu streicheln? Würdest du es wieder tun?“ Sie ließ mich wohl auch nie in Ruhe oder?
Ein kurzer Blick auf die Uhr rettete meine Nerven. Es war vorbei. Nur mehr ein paar wenige Minuten, dann hätte diese ganze Farce ein Ende, für heute zumindest. Doch heute war Freitag, also hatte ich zwei Tage Zeit mein Konzept für nächste Woche auszuarbeiten.
Ich dachte ernsthaft über diese Frage nach. Würde ich wieder einen Hund anfassen, wenn ich könnte, selbst wenn ich davon nicht krank wurde? Neben den ganzen Krankheiten und dem Dreck, war es immer noch ein lebendes Wesen. Es blutete, es atmete, es lebte.
Daher schüttelte ich langsam den Kopf. Ich war nun älter. Ich war mir damals nicht bewusst gewesen, dass Hunde ebenso Lebewesen waren wie ich selbst, das sie das selbe taten wie ich, nur das sie mehr Haare hatten und auf vier Pfoten liefen.
Doch sie hatten ebenso wie ich eine Persönlichkeit, eine Charakter und trafen selbstständig Entscheidungen. Sie lebten in der Welt wie wir. Sie fühlten, rochen, verstanden die Welt. Damals war mir das nicht klar gewesen, denn ich sah in dem Hund nur einen lebensgroßen Teddy. Inzwischen wusste ich es besser und mein Verstand wollte nicht erneut von jemandem berührt werden, egal ob Tier oder Mensch.
Inzwischen warf mein Therapeut ebenfalls einen Blick auf die Uhr und seufzte schwer. Wie immer wenn wir erst kurz vor Ende zu etwas wichtigem oder wertvollem kamen. Sie sah von ihrem Tablet auf, dass den guten alten Notizblock abgelöst hatte, und musterte mich erneut.
„Haben Sie schon eine Idee, was sie mit ihrer freien Zeit am Wochenende anfangen werden? Besuchen Sie wieder ihre Pflegefamilie?“ Inzwischen fuhr sie den kleinen Rechner herunter um ihn in die Lade zu legen, die sich abschließen ließ.
Erneut starrte ich aus dem Fenster. Es war gerade dabei Frühling zu werden. Der Winter war fast vorüber und die ersten Sprossen kamen hervor. Die Natur erwachte aus ihrer Starre, begann das Graue und Braune abzulösen um Grün den Vorrang zu geben. Hier, in diesem Areal war es nie einfach so schön weiß gewesen wie an meinem geheimen Ort. Hier war der Schnee dreckig und schmutzig, durch die Menschen verunreinigt. All die Autos und andere Dinge machten es zu keinem schönen Anblick. Der meiste Schnee schmolz sowieso schneller als er fallen konnte, denn der Winter war sehr warm gewesen.
„Ja, ich werde wieder zu ihnen gehen. Ich werde vielleicht ins Kino gehen, ich habe mich noch nicht entschieden.“ Immer noch lag mein Blick auf dem Baum, der etwas entfernt des Fensters stand. Das vorsichtige Blatt, das sich als erstes dem neuen Jahr entgegen reckt und der Kälte strotzt. Es war noch allein, stand so einsam da. Doch bald würden viele Blätter um es herum sein und der Baum würde vollständig erblühen. Ich würde es wieder sehen, würde die Wandlung mit verfolgen. Vom Skelett zum blühenden und starkem Kirschbaum.
Ich stand nun ebenfalls auf und verabschiedete mich von der Frau. Sie verließ zusammen mit mir diesen Raum, Mantel und Tasche in der Hand. Es war inzwischen zum Ritual geworden, dass sie mich noch bis zur Glastür brachte, die den Stationären Bereich von den Therapieräumen trennte. Warum ihr das so wichtig war, wusste ich nicht, aber ich hatte auch nie nachgefragt. Wie immer achtete ich nicht darauf, ob sie mich berührte. Inzwischen wusste ich, warum sie es tat, denn sie versuchte mich dadurch gegen Berührungen unempfindlich zu machen. Die Berührung fühlte sich an, als würde sie mich absichtlich beschmutzen wollen. Ich fühlte mich dreckig und jedes Mal musste ich ein zusammenzucken unterdrücken. Mit der Zeit gelang mir das immer besser, auch wenn ich mich dadurch noch schlechter fühlte. Doch solange ich hier war, würde es nie ein Ende nehmen. Erst wenn ich es schaffte hier entlassen zu werden, würde ich all das beenden können. Nie wieder würde mich wer anfassen und ich brauchte mich mit keinem Seelenklempner herumschlagen. Nur kurz kehrte ich in meinen Raum zurück. Mit offen gelassener Tür wollte ich mir nur meine Tasche schnappen, danach war ich sofort weg, bis ich Montags um Sieben wieder hier zu sein hatte. Ich nutzte jede Minute die ich hatte, um hier weg zu kommen. Die meisten gingen erst morgen früh.
„Na, freust du dich schon auf dein Wochenende?,“ ein männliches Gesicht grinste mir entgegen. Der einzige Grund, warum ich hier nicht verrückt geworden war, seit ich fix hierher verlegt worden war. Er war der einzige Mensch, bei dem ich mich auch nur annähernd normal fühlte, auch wenn er mich noch nie angefasst hatte, behandelte er mich trotzdem nicht so, als hätte ich eine ansteckende Krankheit oder sei geistesgestört. Er behandelte mich normal, ohne Mitleid oder Vorurteile.
Ebenso grinsend erwiderte ich seinen lieb gemeinten Spott. „Ja, du wirst mich diese Woche nie wieder sehen.“ Für uns endete eine Woche immer mit Sonntag, diesen Spaß erlaubten wir uns daher öfters.
Schwer ergriffen fasste er sich spielerisch an sein Herz. Sein Blick deutete Unglauben an. „Das du mir das antun kannst, ich bin geschockt. Du brichst mir mein Herz“, er wirkte wirklich entsetzt, total ergriffen und ernst. Wenn ich ihn nicht besser kennen würde, wäre ich wohl selbst geschockt gewesen. So jedoch wusste um den Scherz, den wir gern miteinander trieben.
Kurz darauf wurde er wieder ernst, als ich mir meine Tasche um die Schultern schlang und meinen kleinen Rucksack über die andere hängte. „Fährst du wieder bei mir mit?“, fragte er nun ruhiger. Es gab so viel Rituale für uns, wie ich inzwischen feststellen musste, dass es für mich fast normal war, dass wir das alles taten, auch wenn es das nicht war. Nicht für jemanden wie mich.
Er kannte nur wenig von meiner Vergangenheit, auch wenn er ein Pfleger war. Hier galt es nur um den aktuellen Zustand der Patienten Bescheid zu wissen und nicht um das warum. Das war ein Grund warum ich mir diese Einrichtung gewünscht hatte, wenn ich schon in so etwas leben musste. Ich nickte und folgte ihm hinaus. Sofern er am Wochenende frei hatte, nahm er mich immer bis in die nächste große Stadt mit. Von dort fuhr direkt ein Bus zu meiner Pflegefamilie, die mich während meiner Zeit außerhalb betreuen musste. So ersparte ich mir zwei mal umsteigen, denn die Öffentlichen Verkehrsmittel waren beileibe nicht so praktisch wie die Medien und die Politik es gern anpriesen. Ich hasste sie, doch ich bekam in meinem jetzigen Zustand einfach keinen Führerschein, von was sollte ich auch ein Auto bezahlen, oder auch nur dessen Sprit oder Versicherung? Eben, gar nicht.
Gemeinsam verließen wir das Zentrum, während uns noch einige Pfleger einen guten Abend wünschten. Sie kannten das Bild von uns bereits, wenn wir gemeinsam diesen Ort verließen. Ob es für sie schon normal war? Dieses nichtssagende und zugleich alles bedeutende Wort.
Es war inzwischen dunkel geworden. Überall brannten Lampen, erhellten den Gehweg und den Parkplatz. Diese Stromverschwendung war nicht einfach nur Bequemlichkeit. Es schlichen sich viel öfters Leute weg, die eigentlich hier bleiben mussten, wenn alles dunkel war und die Kameras kein klares Bild mehr bekamen. So konnte man dem Entgegenwirken, dafür war es hier nie richtig dunkel.
Langsam erschien der Mond am Horizont. Nicht mehr lange und es wäre komplett finster. Ihre liebste Zeit.



Die Zeit verging rasend schnell, während ich aus dem Fenster sah und die Landschaft an mir vorbei zog. Ich bekam kaum etwas mit, war tief in Gedanken, die durch die stetig vorbeirasende Landschaft mich weiter beruhigte. Hier fühlte ich mich so wohl wie sonst nie. Viele würden sagen, dass ich mir dies bloß einbildete, denn nichts änderte sich äußerlich. Immer noch verweigerte ich freiwillig jegliche Berührung. Doch hier konnte ich entspannen, konnte mir sicher sein, dass niemand das ausnutze.
Mein Blick fiel auf meinen Fahrer. Er hatte rotbraune Haare, die unordentlich von dem harten Arbeitstag abstanden. Sie gingen ihm bis zum Kinn und umrahmten sein Gesicht auf eine sehr schmeichelnde Art und weise. Er war nicht so stark muskelbepackt, dass es aussah als würde er täglich mehrere Stunden im Fitnessstudio verbringen, was meiner Meinung nach einfach nur ungesund wirkte, sondern war normal gebaut. Er war deutlich größer als ich, was mich bei ihm nicht weiter störte, denn er schüchterte niemanden mit seiner Größe ein. Lächelnd dachte ich darüber nach, ob er das wohl jemals können würde? Es kam mir fast unmöglich vor aber ich kannte auch nur die ruhige Seite von ihm. Ob er bei anderen Patienten der Klinik anders war? Ob er sich bei denen streng durchsetzte, so wie alle anderen Pfleger bei mir auch?
Er schien meinen musternden Blick zu spüren. Klare Blaue Augen sahen mich direkt an. Irritiert sah er mich an. „Was ist los Kleine?“, direkt danach sah er wieder auf die Straße, um keinen Unfall zu bauen. Zwar ging es noch ein ganzes Stück gerade aus, doch er war sehr verantwortungsbewusst, wurde mir klar.
Ich schüttelte nur den Kopf, bis mir klar wurde, dass er das sicher nicht sehen konnte. „Gar nichts, ich habe nur daran gedacht, wie normal das alles ist. Oder zumindest scheint.“ Wieder folgte ein kurzer Blick in meine Richtung.
„Hast du noch Lust was zu Essen ehe ich dich absetze?“, fragte er mich plötzlich. Ich musste wohl so verschreckt aussehen, wie ich mich fühlte, denn er kicherte kurz darauf. Eigentlich sollte es sich doof anhören für einen jungen Mann, aber ich fand es sehr lustig, denn das bewies, dass er auch mal locker sein konnte und nicht immer nur als Macho herum rannte.
„Du weißt genau wie das meine. Was du mir wieder unterstellst.“ Er wirkte ernsthaft gekränkt, während wir fast am Ziel angekommen waren. Sollte ich zusagen? So gab es immerhin noch mehr Zeit, um mich vor meiner Familie zu drücken, die mich sowieso nicht sehen wollte.
Daher nickte ich zustimmend. „Ja gern. Sorry.“ Er kannte mich gut genug um es mir nicht übel zu nehmen. Ein weiterer Grund ihn zu mögen. Wir fuhren zu einer kleinen Pizzeria, wo wir anhielten.
„Endlich mal richtiges Essen, das Klinikessen ist zwar nicht übel, aber nichts im Vergleich zu einer richtigen Pizza, was meinst du?“
Nur mit Mühe hielt ich das Schmunzeln zurück, während ich bestätigend nickte. „Für mich bitte eine Pizza Hawaii.“ Er nickte und machte sich aus dem Staub um unsere Bestellungen aufzugeben und mit Getränken zurück zum Tisch zu kommen, an dem ich währenddessen Platz genommen hatte. Er lag in der Ecke, sodass es möglichst wenig Möglichkeiten gab um mich, versehentlich oder absichtlich zu berühren. Er schüttelte nur belustigt den Kopf und kam auf mich zu. Er begann zu grinsen und seine Augen leuchteten, als er sich zu mir setzte.
„Was grinst du so? Lachst du mich etwa wegen irgendwas aus?“, gespielt wütend sprach ich ihn darauf an, achtete trotzdem auf den Abstand, als er mir mein Sprite reichte. „Würde ich doch nie tun, aber ich habe nur gerade daran gedacht, dass es mit dir einfacher ist in einem Restaurant zu essen als mit anderen Patienten, viele davon würden sich niemals ohne Zwang auf einen Sessel hier setzten, oder aufgrund der Keime etwas von hier Essen.“ Er lehnte sich entspannt zurück, während sein grünes T-Shirt zu spannen begann. Nicht das er dick wäre, doch man sah, dass er nur unregelmäßig Sport machte, was in einer Klinik wie diesen auch nicht anders möglich war, wenn man Tag und Nacht hier sein musste und nur 2 Tage pro Woche wirklich frei hatte. Die anderen musste er, wie die anderen Pfleger auch, immer in Bereitschaft sein, sollte wieder einer durchdrehen oder was anderes passieren, was auch oft genug geschah, musste ich selbst gestehen.
„Ja, das schon, aber ein paar Keime bringen mich sicher nicht um“, gab ich scherzend zur Antwort.
Ich bemerkte, dass ihm noch etwas auf der Zunge lag doch er schwieg sich dazu aus. Erst als die Pizzen kamen schien er aus seinen Gedanken zurückzukehren. Schweigend machten wir uns ans Essen, es war echt lecker, wenn auch sehr fettig, aber man gönnte sich ja sonst nie was.
„Wie zum Teufel kannst du diese Grausamkeit der menschlichen Erfindungen nur essen?“
Irritiert sah ich ihn an. Was meinte er? Erst als ich seinem Blick folgte, der direkt auf meine Hand gerichtet war, die immer noch ein Stück Pizza hielt, die ich gerade essen wollte, dämmerte es mir. „Ich mag es halt ab und an Mal. Schmeckt doch total lecker. Hast du sie überhaupt schon mal probiert?“ Herausforderung lag in meinem Blick. Nun sah ich ihn direkt an, etwas das ich sonst tunlichst vermied, denn es war ebenso eine Berührung, wie wenn ich jemanden direkt anfasste.
Er schüttelte mit gespieltem Entsetzen den Kopf, ehe man den zufrieden kauenden Gesichtsausdruck sah, den er hatte, als er von seiner Pizza ein Stück aß.
„So viel appetitlicher sieht deine auch wieder nicht aus.“ Was der Pfleger konnte, konnte die Patientin schon lange, denn mein Blick zeigte den selben Abscheu, den er auch er vorher zur Schau gestellt hatte.
Zeitgleich schüttelten wir grinsend den Kopf, dachten nicht an die düsteren Zeiten der Vergangenheit und der Klinik, sondern genossen die entspannte Zeit zusammen.
„Wann kommst du Montags immer hier an?“ fragte er mich, als ich fast fertig war. Er hatte inzwischen seine zur Gänze verdrückt und sah mich nun fragend an. „Um 5:49. Wieso?“ Ohne ihn anzusehen aß ich weiter, nachdem ich zuerst brav heruntergeschluckt hatte, ehe ich zu sprechen begonnen hatte, war doch immerhin eine Frage der Erziehung.
„Wenn du willst, können wir uns um kurz nach 6 in der Bäckerei neben der Station treffen, dann nehme ich dich wieder mit. Ich hab das ganze Wochenende frei.“ Begeistert nickte ich. Es ersparte mir viel Mühe und auch einige Rennerei, damit ich noch halbwegs pünktlich zurück war.
Gerade war ich fertig geworden mit meinem Essen und trank noch die kleine Flasche aus. Danach waren wir beide soweit und gingen wieder zu seinem Wagen. „Es ist immer wieder komisch, dich mit Jeans und T-Shirt zu sehen, wo ich dich sonst nur in deinem braunen Anstaltsanzug sehe. Außerdem ist es doch eigentlich schon viel zu kalt für ein kurzärmliges Stoffshirt.“ Ich musste schon sagen, er sah nach meinem Geschmack wirklich gut aus, nur schade, dass nicht einmal seine Berührung ertragen konnte, obwohl ich ihn wirklich sehr gerne mochte. Aber er war für mich nicht mehr als mein großer Bruder, der mich beschützte und half, wo es nur ging.
„Ich hasse die Klamotten der Klinik. Sieht aus wie Scheiße. Aber sag das bloß nicht meinem Chef, der wird zum Thema Uniform immer total eigen.“ Eigentlich hatte er recht, wenn ich genauer darüber nachdachte. Grinsend folgte ein musternde Blick über seine Gestalt. „Wo du recht hast. Ich sage sicher nichts. Wenigstens habt ihr nicht dieses Standard-Weiß oder Blau. Das ist doch noch schlimmer.“ Widerstrebend nickte er. „Ja, da hast du wohl recht.“
Inzwischen waren wir bei der Bushaltestelle angekommen. Ich stieg aus, schnappte mir meine Taschen und hängte sie mir wieder um. Ein kurzer Blick auf die Uhr im Auto beruhigte mich. Gerade noch rechtzeitig. In nicht einmal 10 Minuten kam der letzte Bus für heute.
„Danke Niklas wie immer fürs mitnehmen. Und danke für dein Angebot wegen Montag. Wir sehen uns dann beim Frühstück.“
„Immer gern, wir sehen uns.“ Ich schlug die Tür zu und er fuhr davon. Er hatte es nicht mehr allzu weit bis zu sich nach Hause, das wusste ich.
Es war inzwischen nach 20 Uhr und nicht nur stockdunkel, sondern auch die letzte Möglichkeit nach Hause zu kommen. Auch wenn wir nicht viel gesprochen hatten beim Essen, war es doch schön gewesen, und es hatte sich so normal angefühlt. Wieder ein Grund mehr, warum ich endlich dort raus wollte und allein mein Leben bestimmen.
Ich starrte in die Ferne und verfolgte mit meinen Blicken die Autos, ohne sie wirklich wahrzunehmen.
Erst spät registrierte ich ein Summen und einen leisen Klingelton. Scheiße, mein Handy. Sofort kramte ich in meinem Rucksack danach. Es dauerte etwas, bis ich es endlich hatte und es war dem erleuchteten Display zu verdanken, dass ich es überhaupt fand. Ich rief den verpassten Anruf auf. Anna. Verdammter Mist. Sie machte sich sicher Sorgen. Sofort drückte ich auf Rückruf. Es klingelte nicht einmal, ehe sofort die hektische Stimme meiner Pflegemutter zu hören war.
„Oh Gott Ronja, wir haben uns schon total Sorgen gemacht. Du solltest doch schon längst zuhause sein. Wo bist du? Ist was passiert? Sollen wir dich abholen? Bitte stell nichts an, sonst kannst du gar nicht mehr raus.“
Ich seufzte leise. Sie bemühten sich wirklich und waren stets besorgt um mich, wollten sich wirklich um mich kümmern, aber es nervte inzwischen einfach nur mehr. All dieses in Watte packen oder falsche Mitleid, diese ewigen Blicke und die Bevormundung. Ich hielt es nur mit größter Mühe aus, aber es war meine einige Chance zumindest kurzfristig aus der Klinik raus zu kommen. Ihre ständige Hilfe, die sie unbedingt geben wollten, die Floskeln, die jeder den ich kannte immer brachte, zerstörten immer einen Teil von mir, ohne das ich es verhindern konnte.
„Ich war noch mit Niklas was Essen. Der Bus kommt gleich, ich bin also in etwa einer halben Stunde bei euch.“ Ich wagte es nicht Zuhause zu nennen, denn das war es nicht. In einem Zuhause fühlte man sich wohl, verspürte Sicherheit und Geborgenheit. Nichts davon traf auf das Heim der Maisners zu, auch wenn sie sich alle Mühe damit gaben, mir das Gefühl zu geben immer willkommen zu sein.
Wie immer in solchen Situationen war das Timing des Busses perfekt. Ich sah schon die Scheinwerfer des Verkehrsmittels näher kommen. „Er kommt auch schon, also bin ich bald da,“ ich wagte jedoch nicht aufzulegen. Alles was ich tat, konnte negativ aufgefasst werden und brachte mir somit nur eine schlechte Beurteilung ein. Das konnte nicht nur meinen Aufenthalt in der Klinik wesentlich verlängern, sondern auch meine Ausgangserlaubnis kosten.
„Na gut, wir sprechen wenn du Zuhause bist, pass auf dich auf, ja?“ Sie legte auch schon auf, ohne das ich noch etwas erwidern konnte. Ich steckte das Handy zurück in den Rucksack und stieg in den Bus. Auf in ein überaus langweiliges Wochenende.


Das Wochenende verging schneller als Ronja sich es gewünscht hatte. Auch wenn das hier nicht ihr Zuhause war, war es immer noch allemal besser als die Klinik, in die zurück musste. Sie spürte, wie sehr man sich um sie bemühte. Es waren immer kleine Gesten, die an sich nichts besonderes sein sollten, aber für sie eine große Bedeutung hatte, wo sie doch sonst viel alleine war, um niemandem zu nahe kommen zu müssen. Man bezog sie bei den Essenswünschen ein, sie durfte aussuchen, wo sie hin gingen und das alles, obwohl sie sich weiterhin abweisend zeigte. Je länger sie in der Familie Maisner lebte, desto anstrengender war es für sie. Es wurde immer versucht, sie zu integrieren und sie dazu zu animieren, mehr mit der Familie zu tun. Etwas, das gar nicht im Interesse von Ronja lag. Sie wollte einfach ihre Ruhe und an die Orte gehen, die ihre Zuflucht, ihr wahres Zuhause waren. In ihren Gedanken war sie frei, sie konnte ohne Angst vor der Realität leben. Die Berührungen anderer waren unangenehm, verursachten einen Schmerz, den man nicht erklären konnte. Er zog durch ihren ganzen Körper, ließ ein sehr unangenehmes und falsches Gefühl zurück, dass sie niemandem erklären konnte. Je länger sie lebte und mit diesem Problem, wie es die Gesellschaft nannte, klar kommen musste, desto mehr verstand sie, dass es niemanden gab, der sie verstehen konnte. Um nicht verrückt zu gelten musste man eine Maske verwenden. Etwas, das das wahre Ich verbarg um in die gesellschaftlichen Normen zu passen. Wieviele Menschen trugen wohl solch eine Maske.
Ihre Gedanken schweiften zu diesem Thema ab, als sie in ihrem Zimmer stand und in die Dunkelheit starrte. Nicht mehr lang, dann durfte sie wieder in die Klinik, sie war es so leid. All die Kraft und das Wissen, das Menschen über Jahrtausende angehäuft hatten reichte nicht aus, um wahrlich die Psyche der Menschen zu verstehen. Es galt immer nur der eine Weg den man gehen sollte, mit einigen Kurven eingebaut, doch es war immer das selbe. Niemand, der nicht selbst in diesem dünnen Konstrukt von Andersheit lebte, würde jemals verstehen, wie es jemandem wie ihr damit ging in einer Klinik zu sitzen und als psychisch krank beschrieben zu werden. Noch dazu, wenn sie sich selbst nicht krank fühlte. Es gab einfach nur etwas, das sich noch immer dem Wissen der jungen Frau entzog. Etwas, das zu erforschen sie sich fest vorgenommen hatte und trotzdem stand sie wie jede Woche nun an ihrem Fenster, starrte in die Dunkelheit und grübelte über etwas, dass sich ihrem Einfluss entzog. Ihre Maske. Sie war noch nicht perfekt. Es kostete viel Kraft die Maske für sich selbst zu finden, die man im Leben ab einem gewissen Zeitpunkt tragen würde. Sie würde einen lange begleiten, bis eine andere kam.
Dieses ewige Verstellen, um normal zu sein. Mit einer tiefen Traurigkeit über den immer wiederkehrenden Freiheitsverlust wandte sie sich ab und verließ mit ihren Sachen leise das Haus. Um die anderen Hausbewohner nicht zu wecken und den ewigen emotionalen Abschied über sich ergehen lassen zu müssen, schlich sie auf leisen Sohlen hinaus. Leise zog sie die Haustür zu, die sie jedes Mal in ein vollkommen anders Leben katapultierte, sobald sie das Haus betreten hatte. Mit einem wehmütigen Blick auf den Weg, den sie jedes Mal ging und der sie auf eine kleine Lichtung brachte, in der sie so gerne las und der ganzen Welt entfloh, wenn sie nicht ihre geheimen Orte aufsuchen wollte. Dem Schotterweg folgend erreichte sie bald die Straße. Auf der war es noch ein ganzes Stück zu Fuß, doch es lag ihr fern zu fragen, ob jemand sie zur Haltestelle brachte. Nicht, weil die Maisners es nicht getan hätten, sondern einfach weil es ihr unangenehm war und sie keine falschen Hoffnungen wecken wollte wo keine waren.
Je näher sie der Landstraße kam, desto mehr befiel sie ein ungutes Gefühl. Es war beklemmend, wie immer, wenn sie der Freiheit den Rücken kehrte und freiwillig in die Gefangenschaft zurückkehrte. Fast kam sich Ronja wie ein Hund vor. Nach einem ausgiebigen Gassigang am Wochenende saß sie wieder in einem Zwinger. Ja er war recht geräumig, da sie ja nicht ständig im Zimmer sitzen musste, doch im Prinzip war es das selbe. Weggesperrt, um die Gesellschaft nicht zu erzürnen. Wie lächerlich, wenn man bedachte, dass niemand war wie er sich benahm. Man gab vor zu sein, doch das eigentliche Selbst war meist komplett anders, tief vergraben um zur Gesellschaft zu gehören.
Ironischerweise waren es gerade die, die sich nicht versteckten diejenigen die als krank betitelt wurden. Aber so war die Menschheit eben.
Fuck! Ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr, dass sie viel zu spät war. Wenn sie weiter so schlich und ihren Gedanken nachhing, würde sie zu spät kommen. Das war nichts, was sich lohnte, denn der Busfahrer würde nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt warten, da war sie sicher. Wenn sie zu spät kam, musste sie einen der Maisners aufwecken, dass sie sie noch rechtzeitig in die Klinik brachten, denn sie würde unweigerlich die beiden Anschlussbusse verpassen. Damit wäre ihr Tag ruiniert und im schlimmsten Fall würde sie diese Unachtsamkeit in der Therapie um einiges zurück werfen.
Ihre Beine sprichwörtlich in die Hand nehmend, rannte sie los. Die Tasche schaukelte auf ihrem Rücken und immer stießen ihre Bücher und andere spitze Sachen in ihre Rippen. Ganz toll. Nun würde sie auch noch erklären dürfen, woher die blauen Flecken kamen, auch wenn diese nie lang sichtbar waren.
Sie raste eine Abkürzung nehmen direkt durch die Felder, die immer noch vollgesogen vom Winter waren und sie tief einsinken ließen. Einmal war sie fast gestrauchelt, besann sich dann aber, dass sie die Felder in dem Zustand eher behindern würden als ihr zu helfen und verließ sie wieder. Die Landstraße hatte sie inzwischen erreicht und ihre Turnschuhe waren voller Schlamm. Trotzdem bog sie mit einer eleganten Wende ab und rannte weiter. Ihre Lungen begannen durch die ungewohnte Anstrengung zu stechen, ihre Beinmuskeln brannte. Trotzdem rannte sie weiter, denn sie war immer noch zu spät. Anstatt langsamer zu werden wurde sie noch schneller. Sie musste unbedingt den Bus erreichen.
Auf der Landstraße war es stockdunkel. Der Mond erleuchtete nur wenig und ließ es zu, dass man nicht sofort bei der ersten Gelegenheit in eines der Stäbe am Rand der Straße rannte. Trotzdem war es unangenehm nicht viel sehen zu können, denn immer konnte etwas auf der Straße sein oder sie schief laufen und im Graben landen. Noch eine große Kurve, die hinter einem Waldstück versteckt war und auf unwissende meist gefährlich wirkte, dann hatte sie es geschafft.
Ronja bekam kaum noch Luft als sie rannte. Nichts war so wichtig wie den Bus rechtzeitig zu erreichen um nicht auf den nächsten warten zu müssen. Mist, sie war trotzdem zu spät. Das wurde ihr bewusst, als sie Scheinwerfer entdeckte, die bald um die Kurve kommen würden. Sie konnte nur hoffen, dass der Busfahrer so nett war und nochmals anhielt um sie mitzunehmen. Doch an dieses Glück traute sie sich nicht zu hoffen. Vielleicht sollte sie sich einfach vor dem Bus stellen und warten, dass er anhielt? War zwar riskant, aber ihr gingen schnell andere Ideen aus, ihr Gehirn war damit beschäftigt, ohne Luft auszukommen, da sie immer noch nicht richtig atmete.
Als das Gefährt um die Kurve bog erkannte sie, dass es nicht ihr Bus war. Sie atmete kurz auf, wollte auf die andere Straßenseite ausweichen, um nicht umgefahren zu werden. Das konnte sie gerade am wenigsten brauchen, dass sie auch noch verletzte, weil sie jemand anfuhr, weil er sie nicht rechtzeitig sah. Allein sich vorzustellen, was das bedeutete, verursachte bei Ronja eine wahre Panik. All die Hände und Berührungen, die sie dann über sich würde ergehen lassen müssen. Darauf legte sie, höflich gesagt, keinen Wert.
Gerade war sie auf der rechten Seite angekommen, als das Auto auch schon immer näher kam. Sie lief einfach weiter, wollte den Bus nicht verpassen und machte sich nichts daraus. Sie rannte einfach mit einem starr fixierten Punkt im Auge weiter, um nicht noch vor Erschöpfung zu früh umzukippen, dass sie erst zu spät merkte, dass das Auto nun auf ihre Seite gefahren war. Direkt hielt der Fahrer auf sie zu. Sie wollte noch ausweichen, schmiss sich nach rechts in den Graben, um zu entkommen.
Danach war alles schwarz.


Mit dröhnendem Kopf kam sie wieder zu sich. Ein ganz toller Geburtstag, stellte Ronja ironischerweise fest. Gerade rechtzeitig um ihn im Krankenhaus verbringen zu müssen. Allein bei dem Gedanken an all die Ärzte, die Untersuchungen und die Verbände und Operationen wurde ihr schlecht. Das ihr Magen das nicht verkraften konnte, war auch nicht gerade besser. War der Trottel etwa extra noch aufs Gas gestiegen? Eigentlich sollte man einem Montag Morgen nicht voll besoffen über Landstraßen rasen. Selbst zum Stöhnen tat ihr der Körper zu weh. Nur langsam begann sie beinahe belustigt festzustellen, dass ihr alles wehtat. Etwas, das leicht gesagt war, aber bei ihr war es wirklich so. Jeder Knochen fühlte sich an, als sei er zerschmettert oder zumindest gebrochen worden. Ihre Muskeln hatten sich sicher ebenfalls gelöst und ihre Innereien lagen auch nicht mehr dort, wo sie sein sollten.
Selbst ihre Finger zu bewegen oder mit den Zehen zu wackeln war ihr unmöglich. Unbeweglich lag sie da, nicht sicher, ob sie noch am Leben war, oder ob es das berühmte ´Leben nach dem Tod´ war. Wenn ja, konnte sie getrost darauf verzichten, denn wenn einem alles wehtat, lohnte es sich absolut nicht. Wenn man unbeweglich herumlag, ohne die kleinste Bewegungsmöglichkeit, brauchte sie das echt nicht. Wer wollte schon auf ewig dumm in der Gegend herum liegen? Auch der angebliche Friede, den doch jeder versprach fühlte sie nicht. Nur die Angst, dass man sie berühren würde und sie dadurch noch mehr Schmerzen hatte. Nicht, dass sie sich vorstellen konnte, dass die Schmerzen noch stärker werden konnte, aber man wusste ja nie. Auch das Anspannen der Muskeln funktionierte grandioser weise überhaupt nicht.
Wie ein geräucherter Fisch kam sich Ronja nun vor, da sie immer noch nicht zuordnen konnte wo oben und unten war. War das in ihrer Lage wirklich wichtig? Sie hatte keine Ahnung. Trotzdem versuchte sie ihre Augen zu öffnen. Nur schwer gelang es ihr, denn sie spürte nicht wo ihre Augenlider waren.
Als Ronja glaubte die Augen geöffnet zu haben, änderte sich rein gar nichts an der Dunkelheit, die sie innerlich und äußerlich umgab. Ihr malträtierter Körper lag weiterhin still da, während ihre Atmung nur schleppend ging. Jeder Atemzug versetzte ihre einen Stich, als würde sich eine Rippe in ihr Herz bohren und am Rücken wieder heraus kommen. Nicht das sie soetwas schon einmal mitgemacht hatte, aber sie stellte es sich etwa so vor. Wieso war sie anhand der Schmerzen und ihres zerstörten kaputten Körpers nicht längst tot? Es kam ihr wie ein sehr schlechter Scherz vor, den das Leben gerade mit ihr spielte. Nicht nur die Panik vor Berührungen, nun war sie auch noch wie eine lebende Tote. Entstanden so die Schauergeschichten? Wenigstens ihr stark pochendes Gehirn arbeitete noch mehr oder weniger normal, auch wenn sie starke Schmerzen hatte.
Nur langsam begann sie Geräusche wahrzunehmen. Noch kam ihr alles verschwommen vor, die Geräusche wie in Watte gepackt und sehr gedämpft. Nur sehr langsam gewöhnte sich ihr schmerzender Kopf an die ungewohnte Behandlung und wurde etwas klarer. Nicht das dadurch die Schmerzen geringer wurden, das war ihr nicht vergönnt, aber es war zumindest ein sehr langsamer Anfang.
Wie lang sie schon hier lag, konnte sie nicht mehr sagen. Auch die Zeit spielte keine Rolle mehr, denn es gab nichts außer den Schmerzen.
Irgendwann wurde es hell in ihrem Blickfeld, gerade als sie zu blinzeln anfangen wollte, war es wieder dunkel, doch sie nahm nun eine Bewegung in ihrer Nähe wahr. Ihr Orientierungssinn war immer noch nicht wieder am arbeiten, genauso ihr restlicher Körper, der außer die Augen rein gar nichts bewegte.
„Na endlich aufgewacht? Ich weiß dir geht’s scheiße. Aber das wird wieder, auch wenn du es derzeit nicht glaubst.“ Die Stimme kam ihr bekannt vor, aber sie konnte beim besten Willen nicht zuordnen. Wer war das? Spielte ihr brummender Schädel ihr nur einen Streich oder kannte sie den Sprecher wirklich? Zumindest war sie sich halbwegs sicher, dass es ein Mann war.
Nur langsam klärte sich ihr Blickfeld, als eine Lampe angemacht wurde. Dämmrig glomm es auf und blendete sie. Bald hatten sich ihre Augen an das schwache Licht gewöhnt, sodass sie mehr als nur ein paar Umrisse erkennen konnte. Kurz war sie irritiert, während ihr Gehirn die Informationen ihrer Augen nicht zuordnen konnte.
Vor ihr stand Niklas.


Wörter: 8051

__________________

19.11.2015, 17:44
1

 

Post-Benachrichtigung


Gruppe:


Smilies