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Alle - Nur Rollenspiel

Immer lauter tickt die Uhr.


Linette » 12.02.2014, 13:30 » Traumpartner #3
Ehm.. nicht unbedingt ein Traum, aber es könnte sehr interessant werden, sollten die beiden je aufeinander treffen. smilie
Linette » 11.02.2014, 15:43 » Die Wiesen #2

Akatosh



Immer stärker wurden die Krämpfe, welche gleich einer Urgewalt in ihrem gesamten Körper wüteten. Nichts konnte sie tun, nichts außer hoffen. Diese Situation musste einfach glimpflich für sie ausgehen, sie hatte nie etwas derart Schlechtes getan, dass eine Art Karma gegen sie stehen könnte. Stets hatte Lin sich bemüht, das Gute in sich selbst hervorzurufen und andere nicht mit ihrer Maske zu überrollen. Gut, hier war es anders. Sie hatte ihn gereizt, sie hatte seine nicht unbedingt höflichen Reaktionen ganz allein provoziert. Doch hatte es einen solchen Einfluss, dass es nun gar noch schlimmer wurde? Denn die Orangerote spürte, dass es zu dem kam, was jede Stute in gleichmäßigen Abständen ertragen musste. Ihre Rosse. Der süßliche Geruch, der ihr selbst beinahe zuwider war, stieg langsam in die Luft und wurde nur allzu schnell vom Wind aufgegriffen. Es würde nur einen äußerst geringen Zeitraum beanspruchen, diesen Duft bis an die Nüstern des Hengstes zu tragen und ihn noch irrsinniger handeln zu lassen. Dennoch würde sie nicht klein bei geben, nicht wie ein verängstigtes Tier den Schweif zwischen den Hinterbeinen einklemmen und hoffen, dass er sie in Frieden ließ. Denn das war es, was ihn wohl noch mehr anstacheln würde. Nein, dieser Blöße würde sie sich nicht geben, hatte sie doch auch viel zu viel Mühe, ihre Krämpfe zu verbergen.

Schließlich lachte die Stute leise auf, ein warmer Laut, der nicht zu dem scharf heulenden Wind und ihren folgenden Worten zu passen schien. “Interessant. Und ich dachte, du wärst mehr derjenige von uns, der sexuell vernachlässigt ist. Immerhin zickst du zurück wie eine empfindliche Diva.“ Nahezu gepresst klangen diese Worte, wurde doch der Druck auf ihren Brustkorb immer stärker und schnürte ihr schier die Kehle ab. Bald schon würde die Atemluft nur noch pfeifend aus ihren Lungen dringen, noch weitaus schwerfälliger wieder hineinströmen. Beinahe jeder dieser Krämpfe brachte sie an den Rand ihrer Kräfte, ließ gar undurchdringbare Dunkelheit in ihrem Geiste erscheinen und verführte sie zu dem Glauben, es sei endlich vorbei. Doch niemals brachte diese Krankheit ihr den endgültigen Tod. Linette würde es als Erlösung bezeichnen, als Freude, endlich diesen Ort verlassen zu können. Jedoch hatte sie gesehen, wie lange ihre Mutter sich gequält hatte. Es könnte jeden Moment vorbei sein, aber auch in vielen Jahren. Im Endeffekt war es die durch die Krämpfe entstehende Schwäche, die sie hinderte, weiterzulaufen und Nahrung zu finden. Es würde vermutlich gar nicht die Krankheit selbst sein, welche sie umbrachte – nur die Nachwirkungen. Die Stute krümmte ihren Hals, sodass ihr schlanker Kopf beinahe ihre Beine berührte. Die rötlichen Strähnen ihrer Mähne fielen ihr wirr über die Augen, doch sie kümmerte sich nicht weiter darum. Auch die Tatsache ihrer Rosse beachtete sie für den Moment nicht weiter. Als sie den wütenden Aufschrei des Hengstes vernahm, zuckte eines ihrer Ohren und für einen Moment spiegelte sich Verwirrung in ihrem Gesicht wider. Das war gewiss nicht an sie gerichtet gewesen. “Was ist? Doch nicht so stark und selbstsicher, wie du vorgibst zu sein?“ Inzwischen beherrschte ein sachtes Zittern ihre Stimme, nicht hervorgerufen durch Angst, sondern durch den körperlichen Schmerz. Inzwischen war sie einfach nicht mehr in der Lage, ihr Befinden vor dem Fremden zu verbergen. Sollte er doch mit ihr tun, was er wollte – nichts konnte schlimmer sein als dieses Leid, welches sie bereits all die Jahre ertragen musste. Vielleicht würde er auch einfach gehen, sie hinter sich lassen und nicht einmal einen Blick zurückwerfen. Verübeln konnte sie es ihm nicht. Sie stand nicht unter seiner Obhut, sie waren nicht befreundet, ja, sie kannten einander nicht einmal. Zumindest kannte Lin ihn nicht. Er hatte keinerlei Pflichten ihr gegenüber, könnte sie zurücklassen wie ein Raubtier seine sterbende, kranke Beute, die kaum als Nahrung geeignet war. Es war ihr gleich. Ihre Augen waren zusammengekniffen, ihre Nüstern weit gebläht, während sich ihre Flanken in immer größeren Tempo hoben und senkten. Vereinzelt begannen bereits einige Muskeln damit, ohne Vorwarnung auf eine Art Stich zu reagieren und sich zusammenzuziehen. Außenstehende könnten dies daran erkennen, dass sie sich immer weiter krümmte, vereinzelt nur eines ihrer Beine zuckte und sie sonst starr dastand und wartete, dass es endete. Doch das war erst der Anfang, sie spürte es, sie wusste es inzwischen einfach. Manchmal kam es gar so weit, dass blutiger Schaum vor ihrem Maul stand und in Flocken zu Boden tropfte, sich mit dem Schmutz der Erde vermischte. Stets durchzog ein deutlicher Schweißfilm ihr sonst so leuchtendes Fell, durchnässte es bis in die Spitzen und sorgte gerade zu dieser kalten Jahreszeit dafür, dass es ihr bald noch miserabler ging. Denn wenn sie noch gegen eine der sonst alltäglichen Krankheiten ankämpfen musste, dann trieb sie das an den Rand der Verzweiflung. Auch jetzt begann es schon, dünne, etwas dunklere Streifen durchzogen ihr Fell und würden bald dafür sorgen, dass sie noch deutlich erbärmlicher zitterte. Die sonst so stolze Stute krümmte sich weiter, unterdrückte gar ein Wimmern, indem sie ihren Kopf fest gegen das eigene Bein presste. Wie sie nur auf ihn wirken musste, so hilflos, ihm gänzlich ausgeliefert. Nur allzu deutlich konnte sie sich ein süffisantes Lächeln auf seinen Zügen vorstellen, wie er langsam an sie herantrat und tief den widerlichen Geruch ihrer Rosse einsog. Und sie würde nichts tun können, sie würde nichts tun wollen. Vielleicht würde er sie mit dem, was danach kam, so sehr verletzen, dass sie vollends zusammenbrach und erst wieder erwachte, wenn es vorbei war. Oder sich gar niemals wieder erhob, für immer hier liegen blieb und verrottete als lebloser Kadaver. Aber wer wusste schon, was geschehen würde? Vielleicht trieb er auch nur ein boshaftes Spielchen mit ihr, würde weiter zusehen, wie sie litt. Niemand konnte es ihr sagen, sie war nur in der Lage, einfach abzuwarten und sich weiter vor ihm zu krümmen wie ein schwächlicher Wurm. Jedoch hatte er sich vorhin abgewandt, in eine gänzlich andere Richtung geblickt. Es könnte möglich sein, dass er von ihrem stummen leiden nichts mitbekam und einfach ging, ohne sie weiter zu beachten. Das Beste wäre es nicht, aber eine Lösung.
Linette » 11.02.2014, 14:59 » Wie sprecht ihr den Namen aus?
Hai-brid Thieo-rie
Linette » 11.02.2014, 14:52 » Namensbewertung #2
10P
Irgendwie mag ich den Namen und es passt für mich total zum Bild. smilie
Linette » 11.02.2014, 14:49 » Traumpartner #3
Hehe, das könnte noch sehr interessant werden. smilie
Linette » 11.02.2014, 13:58 » Traumpartner #3
Ohoh, ich glaube, bei den beiden würde das nicht allzu perfekt passen. smilie Aber an sich mag ich ihn. :3
Linette » 09.02.2014, 22:46 » Traumpartner #3
Selbes Problem. smilie Also nein.
Linette » 09.02.2014, 22:38 » Traumpartner #3
Dadurch, dass sie eine Stute ist.. nein.
Linette » 09.02.2014, 22:36 » Wie sprecht ihr den Namen aus?
Tinker-bell
Linette » 09.02.2014, 10:50 » Die Wiesen #2

Akatosh


Wäre sie ein Mensch, so hätte sie wohl an der Stelle, an welcher er ihren Namen nannte, eine Augenbraue emporgezogen. Er kannte sie, er kannte sie zumindest so weit, dass er ihren Namen wusste. Und dies war nicht gerade unbedeutend. Denn für gewöhnlich unterließ die zierliche Stute es, ihren Namen in die Welt hinauszuposaunen. So konnten also gewiss nicht viele davon wissen. Die einzigen Individuen, die ihr bei diesem Thema sogleich in den Kopf kamen, zählten zu ihrer alten Herde. Die Herde, in der sie aufgewachsen war. Die Herde, der sie bis zu dem Punkt vertraut hatte, ab dem sie sich völlig abgeschottet hatte. Konnte es also im Rahmen des Möglichen liegen, dass er dazugehört hatte? Für einen Moment kniff Lin die Augen zusammen und musterte ihr Gegenüber überaus scharf, nahezu so scharf wie ein Raubtier seine Beute. Der Schleier um ihre Erinnerung mochte einfach nicht zerreißen, so sehr sie sich auch um die Lösung des Rätsels bemühte. Vielleicht war es auch besser so. Doch schon immer war die Orangerote ein Dickkopf gewesen, der so lange etwas versucht hatte, bis es auch geglückt war. Und auch in diesem Falle sah sie keinerlei Sinn darin, augenblicklich aufzugeben. Eigentlich war er von einprägsamer Gestalt, kaum zu übersehen in dieser grauen Welt und gleichsam eins mit ihr. Er hatte etwas an sich, das sich kaum erklären ließ. Auf einer Seite schien er wie eine reine Urgewalt, gleich der Kraft der Natur, die alles niederzureißen vermochte, was ihr in den Weg kam. Und doch schien er wiederum nur wie ein Schatten seiner Selbst, ein Geist, der sich nur nach seiner Erlösung sehnte. Bei ihrem letzten Gedanken unterdrückte Linette es, den Kopf zu schütteln. Es war irrsinnig, diese Art, ihn zu beschreiben. Sie kannte ihn nicht, sie wusste nicht, was ihn umhertrieb.

“Oh, wie liebenswürdig von dir, mir etwas zu sagen, das ich bereits weiß, aber nicht wissen wollte.“ Noch immer schien ihr Blick nahezu durchdringend, während sie langsam damit begann, nachdenklich um ihn herumzulaufen. Abermals wäre dieses Verhalten mit dem eines Raubtieres gleichzusetzen, doch sie selbst verfolgte damit ein anderes Ziel. Dieser Hengst war überaus stark und sie wusste, dass sie in seiner Nähe keine Schwäche zeigen durfte. Würde sie zulassen, dass er sie dominierte, würde er alles mit ihr tun, was er wollte. Und das wiederum wollte sie nicht. “Also, ich fragte dich danach, wer ich bin. Einen Namen zu nennen ist dabei äußerst töricht, nicht wahr? Namen machen uns nicht aus, Namen definieren uns nicht. Und es kam mir auch nicht darauf an, zu erfahren, was ich bin. In der Tat kann ich dir dies nur allzu leicht allein beantworten.“ Für einen Moment verharrte sie, machte keinen Schritt mehr vor oder zurück. Viel eher stand sie nun an seiner Seite, blickte mit forschendem Blick zu ihm auf und musterte sein Gesicht. Gewiss lag etwas Vertrautes darin, etwas, das sie früher einmal nur allzu gut gekannt hatte. Doch jetzt schien es ihr so, als hätte sie einen Fremden vor sich, der sie einfach an einen alten Freund erinnerte. Auch sein Verhalten, sein Gebaren kam ihr in keinerlei Weise bekannt vor. Die hübsche Stute mochte nicht glauben, dass sie sich je in der Gesellschaft eines solchen Pferdes befunden hatte. Er war einfach zu.. falsch. Lediglich Sekundenbruchteile waren vergangen, während diese Gedanken durch ihren wohlgeformten Kopf geschossen waren. Im nächsten Augenblick ging sie bereits weiter, verharrte letztendlich wieder vor ihm. “Ich bin jemand, von dem kein lebendes Wesen mehr weiß, wie er wirklich ist. Eine Illusion, eine perfekte Rolle, ja, nein, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht? Du magst entscheiden, ob ich die bin, die vor dir steht. Nur ich allein weiß um mein Innerstes und könnte dir eine klare Antwort darauf geben. Niemand sonst vermag das.“

Für einen Moment noch blickte sie ihn an, während der harsche Wind ihr einige verirrte Strähnen in das Gesicht pustete. Er mochte mit diesen Worten anfangen, was er wollte. Sie selbst hatte damit gewiss nicht zu viel über sich preisgegeben, vielmehr war es ein Rätsel, lag in einem Maß, das ihr gefiel. Vielleicht würde er sich einfach umwenden und gehen, sie als seltsam abtun und diese Begegnung irgendwann vergessen. Und Lin würde sich dann fragen, ob der Glaube, ihn in gewisser Weise zu kennen, lediglich auf einer Wahnvorstellung beruhte. Herausfinden würde sie es dann wohl nie, aber das war ihr egal. Schließlich drehte sie selbst sich um und es schien, als würde sie diesen Ort nun endlich verlassen. Doch dem war nicht so, vielmehr bemühte sie sich, ihre Miene vor ihm zu verbergen. Eine Miene, in der die Erwartung eines unvorstellbaren Schmerzes lag. Es begann stets mit einem Kribbeln in ihrem Nacken, ein Kribbeln, das sich blitzschnell in ein Ziehen verwandelte. Dies wanderte in Bruchteilen durch ihren gesamten Körper, beherrschte letztendlich gar ihre Beine. Schon seit einer ganzen Weile prickelte dieses Gefühl in ihrem Körper, alles in Lin schien sich in nahezu angstvoller Erwartung zusammenzuziehen. Und nun begann es langsam, der stechende Schmerz, der ihr bereits so viel Leid zugefügt hatte. Er breitete sich nicht derart rasch aus, vielmehr kam er schleichend und würde mit jedem Atemzug schlimmer. Irgendwann glaubte sie dann, ihre Lunge würde sich zusammenpressen und keine Luft mehr aufnehmen können. Es war der Stand, bei dem sie jedes Mal glaubte, er wäre die Spitze des Ganzen. Doch stets wurde es schlimmer, einmal mehr, einmal weniger. Die Orangerote konnte es nicht kontrollieren, nur abwarten und hoffen, dass es endlich vorbei war. Und sie hoffte, dass es sie in der Gesellschaft dieses Hengstes nicht allzu sehr treffen würde. Doch in ihrem Innersten zweifelte sie daran, erhob sich diese Krankheit schließlich stets in ihr, wenn es gerade äußerst schlecht war. Aber einmal, nur ein einziges Mal sollte sie doch Glück haben. Bislang hatte sie die Schmerzen immer stumm ertragen, kein Wort des Klage, kein Laut des Jammers war dabei über ihre Lippen gekommen. Die zierliche Stute bemühte sich darum, ihre Haltung weiter aufrecht wirken zu lassen, sich zu kontrollieren, ihre Miene nicht Spiegel des Schmerzes werden zu lassen. Es musste ihr einfach gelingen.
Linette » 06.02.2014, 14:20 » Die Wiesen #2

Akatosh


Nicht ein einziger Schauder durchfuhr ihren Körper, als er in derartiger Weise um sie herumstrich. Wenn er glaubte, sie so dominieren und einschüchtern zu können, so täuschte er sich doch gehörig. Lin hatte sich noch nie untergeordnet und gewiss keinem Hengst. Er könnte seine Spielchen treiben und würde doch keinen Funken Interesse in ihr erkennen. Solche Dinge waren für sie nicht von Belang, eine Nichtigkeit, der keine Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Vielleicht würde er dennoch seinen Spaß nicht daran verlieren, aber das war ihr überaus egal. Sollte dies der Fall sein, so würde sie eben mitmachen. Und sie war nicht schlecht darin, Spielchen zu spielen. “Wenn du das über mich weißt, so ist es doch äußerst sinnfrei, eine Antwort auf deine Frage zu geben. Dann kannst du dir selbst erzählen, wer ich bin.“ Noch immer war sie sich bewusst, dass sie diesen Hengst in irgendeiner Weise kannte. So verwunderte es sie nicht, dass er um ihr Alter wusste. Ja, es schüchterte sie auch nicht im Geringsten ein, sollte dies sein Vorhaben gewesen sein. Vielmehr machte es diese Situation interessanter, wollte sie doch wissen, wer er nun war. Noch immer schien ein Schleier über diesem Teil ihrer Erinnerung zu liegen, als hätte jemand nicht gewollt, dass sie sich jemals erinnerte. Vielleicht war gar sie selbst diejenige gewesen, die so gedacht hatte. Nur ungern ging sie geistig in die Zeit zurück, in der sie noch anders gewesen war. Somit konnte es ein Selbstschutz sein, eine Barriere, die sie lieber nicht durchbrechen sollte. Aber würde sie je seinen Namen erfahren, etwas, das er über seine eigene Vergangenheit erzählte.. Es könnte ein Disaster auslösen. Die Stute könnte zurückgerissen werden in den Schmerz, den sie bereits durchlebt hatte, den sie bis heute zu kontrollieren versuchte. Innerlich hoffte sie zutiefst, dass sie in seiner zweifelhaften Gesellschaft von keinem dieser Krämpfe übermannt werden würde. Gewiss würde sie sich nicht vor ihm im Dreck winden, unbeschreiblichen Schmerz in den Augen und ein Wimmern, dass nur allzu gern ihre Kehle verlassen wollte. Nein, sie würde dagegen ankämpfen, so viel Kraft es sie auch kosten würde. Es ergriff sie das ungute Gefühl, dass er nämlich genau das wollte. Sie am Boden sehen, sich krümmend, hilflos wie ein Neugeborenes. Warum auch immer, denn getan hatte sie ihm wohl kaum etwas – so weit sie wusste. Aber diesen Sieg würde sie ihm niemals gönnen, weshalb sie sich bereits wappnete. Noch mochte es nicht so weit sein, aber es konnte äußerst schnell dazu kommen.

“Also, worauf wartest du noch, ist dir die Zunge im Hals stecken geblieben? Erzähle, wer ich bin, für wen du mich hältst. Ich bin gespannt, deine Interpretation meiner selbst zu hören.“ Dies gab Linette schließlich von sich, während ein zugleich genervter und arroganter Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht lag, ihre Stimme belegt war von einem fordernden Klang. Sie wäre nicht überrascht, wenn er nichts sagen würde. Sicher glaubte er, ihr damit einen Sieg zu schenken, zumindest in gewisser Weise. Oder er dachte, dass sie wirklich daran interessiert war, dass sie seine Antwort in gewisser Weise brauchte – um zu sich selbst zu finden. Die Stute unterdrückte es, ihre Augen zu verdrehen. Sie benötigte gewiss niemanden, der ihr bei einer Art Selbstfindung half. So, wie sie es mit sich selbst hielt, war es in Ordnung. Einen dahergelaufenen Fremden, der anscheinend alles dafür tun wollte, sie zu dominieren, brauchte sie dafür gewiss nicht.
Was tust du nur Linette, was tust du nur? Du warst immer so ein liebes Fohlen, niemals hättest du so gedacht. Was ist nur aus dir geworden? Und weshalb erkennst du gerade ihn nicht?
Es kam ihr vor, als würde der Geist ihrer Mutter direkt neben ihr schweben und ihr diese traurigen Worte direkt ins Ohr flüstern. Natürlich war dort niemand, aber manchmal.. vielleicht war es auch die lange Einsamkeit, die ihren Geist verklärt hatte. Doch vielmehr dachte sie eigentlich, höher und weitblickender denken zu können als je zuvor. Da war nichts, was ihre Sicht trübte, eine gewisse Dummheit in ihr hervorrief. So war es wohl nur eine Vorstellung, was ihre Mutter sicher zu dieser Situation gesagt hätte. Du weißt, dass es alles deine Schuld ist. Auch wenn sie ihre Vergangenheit in den tiefsten Winkel ihres Bewusstseins geschoben hatte, so wusste sie doch, dass alles anders geworden war wegen ihrer Krankheit. Nur deshalb hatte sie sich derart verändert, eine völlige Charakterwandlung durchgemacht, wenn man es so nennen mochte. Aus diesem Grund war es alles die Schuld ihrer Mutter. Hätte sie nicht diese Gene, hätte sie einfach keinen Nachwuchs bekommen, so hätte sich nichts davon weiterverbreitet. Sicher, dann würde auch die Rotorangene selbst nicht existieren, aber das hätte auch seine Vorteile. So müsste sie sich nicht mit dieser Ausgeburt der Eigenartigkeit abgeben. Nur allzu gut konnte sie sich vorstellen, welch seltsames Bild sie beide abgeben mussten. Zwei Fuchsfarbene, ein Hengst, eine Stute. Er, der deutlich größer war als sie, schlich um sie herum wie ein hungriges Raubtier, welches jeden Moment zuschlagen könnte. Sie dagegen trug eine ungerührte und eiskalte Arroganz zur Schau, die in dieser Situation nicht vorteilhaft sein musste. Es war befremdlich, so darüber nachzudenken. Aber wahr. In gewisser Weise war Linette gespannt, was dieses Gespräch noch mit sich bringen würde. Vielleicht Klärung und Überraschung, vielleicht Gewalt und Schmerz. Eigentlich war es ihr egal. Welcher dieser Wege auch geschehen mochte, es lag nicht in ihrem Vermögen, dies zu beeinflussen. Vielmehr hing es hauptsächlich von den Reaktionen des Hengstes ab und ihn hielt sie für unberechenbar.
Linette » 06.02.2014, 11:04 » Die Wiesen #2

Akatosh



In diesem Falle hätte sie wohl lieber den Mund halten sollen. Dieser Hengst vor ihr schien eine reine, bizarre Gewalt auszustrahlen, die nicht einmal ihr geheuer war. Es schien nahezu so, als würde nur ein winziger Ruck reichen, eine geringfügige Reizung, um ihn aus dem restlichen Gleichgewicht zu bringen, das er noch zu besitzen schien. Und dann würde er gewiss keine Schwierigkeiten damit haben, ihr etwas anzutun. Schwer war es nicht, die Kraft unter diesem Fell zu erkennen, die Arbeit der Muskeln, die nicht einmal wirklich versteckt waren. Zudem würde seine schiere Größe eine Hürde darstellen, die sie nicht bewältigen könnte. Es war, als würde man einen Hasen mit einem Wolf vergleichen. Sie war mehr ein kaum sichtbares Individuum bei einem flüchtigen Blick, würde nicht in Erinnerung bleiben und würde auch nicht ernst genommen werden. Zumindest, wenn man lediglich ihre Größe betrachtete. Doch da war auch ihr Fell, leuchtend wie ein strahlender Sonnenaufgang. Ihr gesamtes Auftreten, gleich eines unnahbaren Engels, der sich zu verteidigen wusste. Auch ihre pure Schönheit hatte bislang nicht nur einem Hengst den Kopf verdreht, wenngleich sie jeden nur allzu schnell wieder fallen gelassen hatte. Wie bereits erwähnt, ihr lag nicht daran, sich zu binden. Aber zurück zu ihrem Gegenüber. Wenn sie ihn schon durch ihr Auftreten nicht fesseln, beeindrucken konnte, dann würde sie das eben durch ihren Charakter tun. Ihre Charakterstärke. Er mochte noch so groß und gefährlich wirken, die Stute würde dennoch kein Blatt vor den Mund nehmen. Aus diesem Grund blieb sie gelassen, während ihre Haltung von keinerlei Angst oder Einschüchterung zeugte. Sie hatte schon Schwereres gemeistert als dies.

“Gewiss auf keiner verzweifelten Suche. Lieber bin ich allein, als mich mit denen abzugeben, die meiner nicht würdig sind.“ Sie legte eine bewusste Arroganz in ihre Worte und sah nicht vor, diese fallen zu lassen. “Und beschwert habe ich mich nicht darüber, dass du wohl offensichtlich nicht bleiben wolltest – vielmehr hat mich deine anmaßende Unhöflichkeit schier empört. Ein derartiges Verhalten sollte man ab einem gewissen Alter nicht mehr erwarten. Aber anscheinend habe ich mich getäuscht bei einer Fähigkeit, die gewöhnlich selbstverständlich ist. Denn du scheinst sie nicht zu besitzen.“ Die zierliche Stute schnaubte und ignorierte ohne jegliche Probleme die Tatsache, dass seine Gelenke derart laut knackten. Vielmehr hätte sie ihm beinahe noch den Spruch entgegengebracht, dass er offensichtlich nicht mehr der Jüngste war, wenn derartige Abnutzungen auftraten. Und dass sie sich mit einem alten Hengst gewiss nicht abgeben würde. Doch für den Moment ließ sie es bleiben. Natürlich war Linette bewusst, dass er noch nicht allzu alt sein würde, kaum ein paar Jahre mehr als sie in den Knochen hatte. Dennoch schlug sie oftmals den Weg des Reizens ein und würde sich auch hier nicht lange zurückhalten können. Eigentlich hatte sie dies auch bisher nicht getan.

Für einen Moment schüttelte sie ihre Mähne, um die darin gefangenen Schneeflocken zu befreien. Bei derartigen Temperaturen wäre es nicht ratsam, das eigene Haarkleid übermäßig feucht werden zu lassen. So würde sie nur umso mehr frieren und sich am Ende gar noch den Tod holen. Es behagte der Stute nicht sonderlich, dass der Schneefall kein Ende zu nehmen schien. Vielmehr hatte er sich wieder verstärkt, die vereinzelten Regentropfen waren inzwischen auch wieder zu Eis geworden und gar der aufgeweichte Boden begann damit, wieder zuzufrieren. Eine Schande. Bereits jetzt war das kaum schmackhafte Gras wieder unter einer weißen Decke verschwunden und würde dort wohl auch nicht mehr lange durchhalten. Immer mehr erschien es Lin so, als würde die Zeit des Hungers noch längst kein Ende nehmen. Vielleicht sollte sie diese Gegend tatsächlich wieder verlassen und sich auf die Suche nach einem besseren Ort machen. Gar wäre es sogar ratsam, dieses Tal zu verlassen. Der Konflikt, welcher hier ausgetragen wurde, gefiel ihr sowieso nicht sonderlich. Jeden Tag bestand die Gefahr, dass sie hineingeriet, in welcher Weise auch immer. Und dann müsste sie sich wohl entscheiden. Die Rotorangene wusste nicht, für welche Seite sie sich entscheiden würde – vermutlich die, welche ihr den größten Vorteil bot. Am Ende ging es ihr nur darum, möglichst unverletzt zu überleben, nicht ihre eigene Meinung an dieser Stelle zu vertreten. Ein seltener Gedanke, den man bei dieser Stute nicht allzu oft bemerken würde. Für gewöhnlich richtete sie sich nicht danach, was das Beste für sie selbst war – sie würde sagen, was sie dachte. Doch an dieser Stelle könnte es sie das Leben kosten und das wäre nun einmal äußerst unpraktisch. Warum sie sich im Moment überhaupt mit derlei Dingen beschäftigte? Lin wusste es nicht, sollte sie sich doch mehr auf die momentane Situation konzentrieren und versuchen, ihr Gegenüber einzuschätzen. Obwohl, diesen Erfolg würde sie ihm nicht gönnen. Es wäre wohl nur allzu verräterisch, wenn sie ihn beäugte und versuchte, seine Reaktionen einzuschätzen. Denn das könnte ihm mitteilen, dass sie durchaus einen Funken Angst vor ihm hatte. Doch diesen versteckte sie tief in ihrem Inneren, sodass sie kaum selbst daran glaubte, dass er dort war. Was sollte er ihr schon groß tun? Selbst ein gewisses Maß an körperlicher Gewalt würde sie überleben. Und wenn er ihr etwas Derartiges angetan hatte, dann würde er sie wohl in Frieden lassen. Sie hatte bereits viele Hengste erlebt, die ihren Trieben unumwunden hatten nachkommen wollen und danach befriedigt verschwunden waren. Eigentlich war es normal. Auch in der Herde, in der sie aufgewachsen war, hatte etwas derartiges stattgefunden. Natürlich nicht mit roher Gewalt, doch der Instinkt, die eigenen Gene zu verbreiten, konnte nur von wenigen Hengsten unterdrückt werden. Und somit zählte dies zu natürlichen Dingen, die sie noch am ehesten akzeptieren könnte.
Linette » 03.02.2014, 12:06 » Die Wiesen #2

Akatosh


Langsam wurde es wirklich kalt. Auf dieser weiten Ebene gab es kaum etwas, das ihr ausreichend Schutz bieten könnte. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, hierher zu kommen – oder zumindest nicht in Gesellschaft zu sein. So würde niemand bemerken, wenn der eisige Wind auch ihr tiefstes Mark erreichte, ihren schlanken Körper erstarren ließ und ihm gleich einem Gift die Lebenskraft entzog. Irgendwann würde sie einfach hier liegen, tot, eine starre Mattigkeit in den Augen. Mit der Zeit würde Gras über sie hinwegwachsen, ihr Körper würde zusammenfallen und jeden Teil seiner Schönheit verlieren, den er einmal gehabt hatte. Und keiner würde sich an sie erinnern; keiner würde wissen, dass sie, Linette, einmal existiert hatte. Die Stute schüttelte sich abermals bei diesem nicht unbedingt herzerwärmenden Gedanken. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Tatsache ihrer Unbekanntheit in dieser Welt schätzen oder verachten sollte. Wie alles im Leben hatte wohl auch dies seine positiven und negativen Seiten, über die sie für den Moment lieber nicht allzu intensiv nachdenken wollte. Noch fühlte sie sich äußerst lebendig, wenngleich die Kälte sie durchaus zeitweilig zittern ließ. Jederzeit könnte sie diesen Ort verlassen und Schutz suchen, es war also nicht so, als hätte sie keine Wahl.


Ein irritierter Ausdruck zeigte sich auf ihrem hübschen Gesicht, als sie glaubte, etwas wahrzunehmen. Schritte, die sich erst näherten und kaum wenige Augenblicke später wieder zu entfernen schienen. Sie wandte den Kopf, ihre dunklen Augen erfassten einen großen Hengst, der sich soeben wieder von ihr abgewandt hatte. Warum? Verwirrung umspielte ihren Geist und sorgte dafür, dass sie keine logische Erklärung dafür fand. Wer würde es vorziehen, in dieser Einsamkeit die Gesellschaft einer Stute zu meiden, der man beinahe gegenüberstand? Lin glaubte kaum, dass sie eine derart abschreckende Aura besaß. Natürlich mochte in ihrem anmutigen Gebaren durchaus jemand einen leuchtenden Funken von Arroganz erkennen, doch dem war nur bedingt so. Viel mehr besaß sie lediglich ausreichend Selbstbewusstsein, um ihr Aussehen als ausreichend gut einschätzen zu können. Dennoch, dieser Hengst wirkte nicht so, als wäre er diesem Tatbestand abgeneigt gewesen. Vielmehr war er einfach.. seltsam. “Ich finde es durchaus unhöflich, einfach so heranzukommen und dann ohne jegliches Vorstellen wieder verschwinden zu wollen.“ Leicht hob sie ihren Kopf bei diesen Worten an, hielt ihre Augen selbstsicher auf den Fuchs gerichtet. In gewisser Weise kam er ihr bekannt vor. Es schien so, als würde sich in ihrem Innersten, dem tiefsten Winkel ihres Unterbewussten etwas regen. Etwas, das sie wissentlich dort verborgen hielt und niemals hervorholen wollte. Lin war sich sicher, dass es aus einer Zeit stammte, in der alles begonnen hatte. Vor ihrem inneren Auge schien ein vertrautes Bild über einen imaginären Bildschirm zu flimmern; es zeigte sich die Landschaft, in der sie aufgewachsen war. Saftig grüne Wiesen, schier unendlich hohe Bäume, klare Flüsse und Winter, die niemals diesem hier geglichen hatten. Alles war wie eine Welt des unumstößlichen Friedens gewesen, in der es keine Schicksalsschläge gab, die das Leben von Vielen verändern konnten. Dennoch hatte es einen gegeben, der zumindest ihr Leben verändert hatte. Es schien der Stute so, als würde sich in ihrem zierlichen Körper bereits ein schmerzvoller Krampf anbahnen, wenn sie auch nur an ihre Krankheit dachte. Das Blut ihrer Mutter, es hatte diese in sich getragen. Und dieses Blut pochte nun durch ihren Körper, war gleichzeitig ihr Lebenssaft und ihr finsterer Tod. Nur allzu gut konnte sie sich an das entsetzte Gesicht der Stute erinnern, als sie ihr von den immer häufigeren Krämpfen erzählt hatte. Gar eine Träne hatte ihre Augen verlassen und war stumm glitzernd in ihrem Fell versickert. Es gab keine Heilung. Vieles hatten sie versucht, viele Kräuter, welche diverse Wirkungen erzielt hatten. Manchmal war es für eine gewisse Zeit besser geworden, ob nun für Tage oder gar Wochen. Aber diese Kräuter waren beinahe noch schlimmer gewesen als jene, die ihren Zustand verschlechtert hatten. Denn sie hatten Hoffnung geschürt, Hoffnung, dass man doch durch Zufall ein geeignetes Kraut entdeckt haben könnte. Aber nie war es der Fall gewesen. Bis heute plagte Lin sich mit dieser Krankheit und auch wenn sie die Krämpfe besser kontrollieren konnte, so bestimmten sie weiterhin ihr Leben. Gar fürchtete sie, dass schon bald wieder einer kommen würde, es war bereits lange her. Zu lange, was bedeutete, dass es heftig werden würde. Irgendwann würde das Ganze ihren Tod bedeuten und sie war nahezu verwundert, dass dies noch nicht der Fall gewesen war.

Die Orangerote bemühte sich darum, ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Ja, sie kannte diesen Hengst, ja, sie wusste nun, aus welcher Zeit, woher. Doch es war, als wäre er nur ein Schatten für sie, würde in ihrem Geist kaum mehr richtig existieren. Nicht einmal an seinen Namen konnte sie sich erinnern – und gewiss wusste sie nicht mehr, welch eine Rolle er einmal in ihrem eigenen Leben gespielt hatte. Lin erhielt auch nicht das Gefühl, dass sie sich irgendwann daran erinnern könnte. Aber vielleicht täuschte sie sich und der Klang seiner Stimme würde Erinnerungen in ihr wachrufen, die ihr weiterhalfen. Natürlich war es auch möglich, dass er nicht mit ihr sprechen würde. Er könnte einfach weitergehen, sie hier zurücklassen, als hätte er sie mit keinem seiner Sinne je wahrgenommen. Denn offensichtlich lag ihm nicht daran, eine direkte Konversation mit ihr zu führen. Sie würde jedoch nicht von ihm ablassen, warten, ob er sich nicht doch zu einer Antwort hinreißen ließe. Die Stute würde ihn schon dazu bringen, etwas preiszugeben. Ob er dies nun freiwillig tat oder ob sie ein wenig mit ihren nicht zu leugnenden Reizen spielen musste. Ein wenig Plauderei würde ihn schon nicht umbringen.
Linette » 01.02.2014, 11:04 » Die Wiesen #2

Allein - bzw. bald Akatosh



Man konnte nicht sagen, dass das Wetter angenehm wäre. Sobald es regnete, schien die Welt in einem grauen Schleier zu versinken und die sonst so grüne Wiese wandelte sich in eine undefinierbar braun-schlammige Masse. Stets gab der Boden unter ihren Hufen nach, gab gar bei jedem Schritt widerwärtig schmatzende Laute von sich. Und das Gras war momentan auch nicht mehr als schmackhaft zu bezeichnen. Eigentlich war Linette hierher gekommen, um zumindest für eine gewisse Zeit ausreichend Nahrung zu haben. Der Winter war hart gewesen; aus diesem Grund ebenso groß die Schwierigkeit, etwas Essbares zu finden. Nun war sie hier und wurde von dem Gefühl ergriffen, dass es selbst in den kahlen Bergen mehr gäbe. Doch gut. Die Füchsin hatte nicht geplant, sich übermäßig lange hier aufzuhalten. Erst vor Kurzem war sie in dieses Tal gelangt und bereits jetzt waren ihr Erzählungen von Orten zu Ohren gekommen, die sie nur allzu gern einmal besichtigen würde. Alte Ruinen, in denen angeblich Geister herumspukten. Düstere Wälder, in die sich kein vernünftiges Wesen traute. Lin schnaubte und schüttelte den Kopf, sodass ihr die feuchte Mähne schwer gegen den Hals klatschte. Sie scheute das Risiko nicht und würde sich von solchen Schaudergeschichten gewiss nicht abschrecken lassen. Das waren doch lediglich Dinge, die man kleinen Fohlen erzählte, um sie von eventuellen Gefahren fernzuhalten. Selbst ihr hatte man Derartiges früher erzählt und damals hatte es sie wohl auch abgeschreckt – doch nun nicht mehr.

Die Stute senkte den Kopf, ihr samtenes Maul näherte sich dem durchweichten Boden. Gleichsam vorsichtig und bestimmt begann sie, einige Halme abzuzupfen und sie langsam zu zerkauen. Kein nennenswert angenehmer Geschmack breitete sich in ihrem Mundraum aus, statt der normalen Süße war das Gras nun geradezu sauer und hart. Der viele Schnee, der darauf gelastete hatte, hatte offensichtlich seinen Tribut gefordert. Dennoch musste die Füchsin zugeben, dass ihr das nasse Weiß im Moment bedeutend lieber wäre. Es war durchaus ein angenehmerer Anblick, durch eine Landschaft zu wandeln, die von einer strahlend hellen Decke verhüllt war. Nicht so wie jetzt. Mit kritischem Blick starrte sie auf ihre Beine hinab, an denen die Schlammspritzer teils gar bis zu den Knien reichten. Das leuchtende rot-orange wurde dadurch etwas getrübt, dennoch würde sie selbst aus der Ferne noch wie ein herausstechender Punkt erscheinen. Hier in der Nähe sollte sich ein Fluss befinden, den sie in nächster Zeit vielleicht einmal aufsuchen sollte. Seit wann du dich so um dein Aussehen scherst, beinahe wie eine überkandidelte Dame.. dachte sie bei sich, was einer inneren Schelte gleichkam. Es war nicht so, dass sie nicht im geringsten auf ihr Aussehen achten würde. Doch ein paar Spritzer störten sie normalerweise kaum. Jedoch war es viel mehr das widerliche Gefühl, das entstand, wenn der Regen aufhörte und der Dreck antrocknete. Es war so.. sie fand keine Worte dafür. Wie auch immer, der Fluss. Sie könnte ihm gut bis zu einem neuen Ort folgen, hätte somit eine grobe Orientierung und würde nicht völlig allein in diesen Landen umherirren. Denn hier begegnete man niemandem, der helfen könnte. Tatsächlich hatte Lin bislang nur von weitem einige andere Wesen gesehen, jedoch nicht einmal die Farbe ihrer Felle bestimmen können. Entweder war diese Gegend derart groß, oder überaus dünn besiedelt. Oder beides. Sie musste zugeben, dass es ihr nicht sonderlich behagte, beständig allein zu sein. Irgendwann begann man damit, sich verfolgt zu fühlen, als würden hungrige Augen stets auf einem ruhen. Sicherlich war das Unsinn, aber ihr innerer Fluchtinstinkt rief wohl manchmal diese Paranoia in ihr hervor.

Nach einer Weile beendete die Füchsin ihre Tätigkeit und hob wieder den Kopf, die Ohren waren gespitzt. Sie hatte lange Zeit in einer Herde gelebt und musste sich nun daran gewöhnen, auf sich selbst aufpassen zu müssen. Beziehungsweise hatte sie sich bereits daran gewöhnt, doch es war ein langer Weg gewesen. So achtete Lin nun stets darauf, dass sich ihr niemand genährt hatte, ohne dass sie es bemerkt hatte. Wobei sie eher bezweifelte, tatsächlich in der Lage zu sein, ein Raubtier zu entdecken. Immerhin hatten Wächter für gewöhnlich eine spezielle Ausbildung und waren darauf geeicht, auch nur die geringsten Bewegungen zu erfassen und begründet Alarm zu schlagen. Sie selbst würde wohl einfach gleich einer Wahnsinnigen davonstürmen, ohne dass es wirklich zu einem Zwischenfall kam. Doch lieber lief sie zu häufig davon, als aufgrund von Ignoranz zerfleischt zu werden. Linette wandte den Kopf gen Himmel und kniff ein wenig die Augen zusammen, um keine Regentropfen hineinzubekommen. Hoffentlich gab es einen zeitigen Frühling, wie es schon in einigen Jahren der Fall gewesen war. Sie mochte dieses Nass-Kalte nicht, kannte keinen wirklichen Ort, an dem sie sich davor schützen könnte. Vielleicht wäre es in einigen Ruinen oder Höhlen besser, jedoch würde auch dort die Feuchtigkeit ihre klammen Finger ausstrecken und tief in ihre Knochen eindringen. Wäre sie bereits bedeutend älter, so würde ihr das Ganze bereits zu schaffen machen. Gewiss zählte die Stute auch nicht mehr zu den aktiven Jährlingen, die freudig durch die Welt sprangen und keine Erschöpfung kannten. Allerdings gäbe es wohl kaum jemanden, der sie als alt bezeichnen würde. Gerade, was ihr Verhalten betraf. Ihre Dickköpfigkeit glich durchaus der eines jungen Fohlens, ihr freier Geist war ebenso damit zu vergleichen. Doch nach einer Weile war zu bemerken, welche Intelligenz und auch Erfahrung durchaus in ihr ruhten – auch wenn es kaum jemand so lange in ihrer Gesellschaft aushielt.
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