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Levana » 20.04.2018, 10:57 » [NP] Burg Drachenstein

Aerys Caetanus



Die Vergangenheit kehrt nicht zurück. Die Worte des Hengstes bohrten sich in Levanas Herz. Oder das, was davon noch übrig war. Wie Recht er doch damit hatte. Wie schmerzhaft klar das der Hellen mittlerweile war. Egal was man versuchte, etwas Vergangenes würde nie wieder kommen. Es war weg. Für immer. Mit einer wilden Entschlossenheit wollte die Alte verhindern, das Aerys Caetanus mitbekam, was seine Worte, dazu noch dieser traurige Tonfall, in ihr auslösten, biss sich dabei, ohne es wirklich zu merken, bis aufs Blut auf die Unterlippe. Erst der rostige Gemschack ihres eigenen roten Lebenssaftes, ließ Levana zucken, aber nicht weil es wehtat. Körperlicher Schmerz, den nahm sie fast gar nicht mehr wahr. Seelischer Schmerz war viel schlimmer. Eher, weil der Hengst nun sehen würde, das sie etwas beschäftigte. Die Helle schnaubte, versuchte die offene Stelle an ihrer Lippe unauffällig zu verbergen. „Ich verstehe das. Los lassen ist schwer.“ gab die Stute lediglich von sich, die Stimme rau und ehrlich. „Und manchen gelingt es nie ganz.“ Hatte sie das gerade wahrlich leise laut ausgesprochen? Die Ohren spielten. Was tat sie hier nur? Bemühte sich kalt zu bleiben und schaffte es irgendwie doch nicht. Erst die offene Lippe, jetzt diese Worte.

Erst als Aerys Caetanus nach der kurzen, flüchtigen Berührung ihrer Körper fast schon die Flucht ergriff, Distanz zwischen sie Beide brachte, konnte Levana kurz aufatmen. Es war jedoch wirklich nur ein Augenblick, in dem sich in ihr das Gefühl von Sehnsucht nach Nähe schmerzhaft aufbaute. Wie lange war es her gewesen, dass sie die Wärme eines anderen so nah und klar gefühlt hatte? Dieses Hin und Her der eigenen Emotionen, es nagte an den Kräften der Alten. Genau aus diesem Grunde war sie lieber allein. Und eigentlich doch nicht. Die Stimme des Hengstes klang leicht unsicher, als sie erneut die Stille dieses Ortes durchbrach. Die Helle schnaubte, blinzelte kurz zu dem stattlichen Grauen herüber. Es tat ihm scheinbar wirklich leid, dabei konnte er doch gar nichts dazu. „Ist okay.“ Gab die Weiße mit rauer Stimme zurück. Hörte man genau hin, konnte man meinen etwas wie Trauer und Bedauern daraus zu hören. „Das war nicht immer so.“ Schon wieder. Was war nur los mit ihr. Beinahe entrüstet stampfte die Alte auf, warf leicht genervt den Kopf in den Nacken. Ein Wutausbruch über sich selbst, den der Hengst vermutlich auch falsch verstehen konnte.

Es dauerte einige Sekunden, in denen die Schimmelin wild mit den Ohren spielte, ihr Gesicht sich wie Stein härtete, der Ausdruck in ihren Augen fast einem Feuer glich, bis sie begriff, dass sie ja gar nicht allein hier weilte. Nun, wie sollte man das jetzt erklären. Auf die Wut über sich selber folgte die Erkenntnis, dass sie das jetzt irgendwie richten musste. Immerhin wollte Levana nicht, das der Hengst sich schlechter fühlte als vorher. „Nun…“ setzte die Helle an, blinzelte beinahe entschuldigend zu ihrem Gegenüber. „Manchen gelingt es eben nie ganz.“ Schon wieder dieses sinnlose Geschwurbbel. Erneut biss die Helle sich auf die Lippe, riss die gerade angetrocknete Schicht Blut herunter. Einige Tropfen fielen auf den felsigen Boden. Nun hatte sie auch noch den Ort seiner Kindheit besuddelt. Das lief ganz und gar nicht gut.

Levana » 02.12.2017, 09:27 » [NP] Burg Drachenstein

Aerys Caetanus



Levana spürte den neugierigen, beinahe schon forschenden Blick des Fremden und fast bereute sie es, das sie ihm nicht weiter mit eiskalter Abweisung gegenüber getreten war. Bevor die Weiße sich zurück in ihr eigenes, kleines Alaska ziehen konnte, fiel dem Grauen wohl auf, dass sie sich unwohl fühlte. Er senkte das Haupt, schaute zum felsigen Boden. So konnte man ihm gegenüber ja gar nicht kalt und abweisend sein. Die Helle schnaubte tonlos, ließ den Hengst nicht aus den Augen ohne ihn dabei aufdringlich zu fixieren. Er wirkte nachdenklich, einen Moment sogar wie ewig weit weg. Levana kannte das. Sie selbst hatte früher oft so ausgesehen. Mittlerweile waren es nur noch Seltenheiten. Und in Gegenwahrt von Unbekannten kam es gar nicht mehr vor. Das war auch besser so, man wusste ja nie wem man da gegenüberstand. Man war angreifbar, verletzlich, und es gab genug Wesen die so etwas ausnutzten.

Das Seufzen des Grauen, während er den Blick nach oben Richtung Burgdacht richtete, ließ die Ohren der Schimmelin zucken. Es drückte etwas wie Schwermut aus. Was er wohl hier mit diesem Ort verband? Levana schwieg vorerst, lauschte der dunklen Stimme, welche leicht von den Wänden wiederhalte. Als der Fremde sich letztendlich vorstellte, nickte die Helle kurz als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Aerys Caetanus. Es war ein ungewöhnlicher Name. Klang besonders. "Nun…" fing Levana an, suchte angestrengt nach den richtigen Worten. Irgendwie verspürte sie den Wunsch diesem Fremden zu helfen, nur wie war die Frage. Immerhin wollte die Stute keinesfalls zu viel von sich selbst preisgeben. Das war niemals gut. "Ich weiß, es ist sicher schwer umzusetzen." Levana hielt inne, betrachtete sein Lächeln. Es stand ihm wahrlich gut, aber sie war der Meinung etwas wie Traurigkeit dahinter zu erkennen.

"Was genau beschäftigt dich überhaupt, falls man das wissen darf?" ließ die Helle erneut ihre Stimme erklingen, die längst nicht mehr abweisend sondern einfach nur dunkeln klang. Es würde schwer werden ihm zu helfen, wenn man nicht einmal genau wusste worum es hier ging. Kurz blickte Levana sich um. Ob er hier ein schönes Leben gehabt hatte? Ohne es zu merken setzten sich ihre stämmigen Beine in Bewegung. Während sie so durch den Raum schritt, sich vorstellend wie es wohl hier früher mal gewesen war, kam sie dem Grauen näher, als sie es vermutlich für gut heißen würde. In Gedanken versunken bemerkte Levana erst, was geschah, als sie den Hengst flüchtig streifte. Die Wärme, die durch diese kurze Berührung auf sie herüber schwabbte, riss sie förmlich zurück in die Gegenwart. "Oh, Verzeihung." stieß die Stute hervor, ehe sie mit einigen Schritten wieder Abstand zwischen brachte. Das war fast zu viel gewesen. Levana war keine Nähe mehr gewohnt. Und auch wenn sie sich manchmal sehr danach sehnte, es war besser allein zu bleiben. Unsicher biss die Helle sich selbst auf die Lippe. Etwas zu sehr, wie ihr der Geschmack von Blut verriet. Vielleicht sollte sie gehen?

Levana » 02.10.2017, 12:23 » [NP] Burg Drachenstein

Aerys Caetanus



Levana war gar nicht aufgefallen wie nahe sie dem Fremden – oder der Fremde ihr? – eigentlich wirklich schon gekommen war. Im Grunde standen sich die Beiden schon fast eh gegenüber, da braucht es die wenigen Schritte, die der Hengst auf die Stute zu machen, eigentlich gar nicht mehr. Das Versteckspiel der Hellen hatte also so gar keinen Sinn. Sie schnaubte, lauschte wie der Unbekannte weiter näher heran schritt. Es gab kein Entkommen mehr. Mit einem leicht resigniert klingenden Schnauben trat die Alte ihrerseits hervor, schob den Körper aus dem Schatten. Ihre dunklen, abweisenden Augen suchten automatisch, nachdem sie kurz prüfend über den Körper des Fremden geglitten waren, dessen Blick. Er war eine recht imposante Gestalt. Groß, kräftig gebaut. Sein Blick hatte sowohl etwas Weises wie auch Entschuldigendes an sich. Und irgendwie wirkte er nicht einfach normal, schien kein Durchschnitt zu sein. Konnte er adelig sein? Auf Levanas Stirn erschien eine kleine Falte. Sie war sich nicht sicher, aber was auf keinen Fall zu bestreiten war, war die Tatsache, dass ihr Gegenüber kein Jungspund mehr war. Eine gewisse Lebenserfahrung war ihm beinahe schon zwischen die Augen geschrieben.

Die dunkle Stimme, mit welcher der Hengst nun Worte formte, hallte leicht von den felsigen Wänden wieder. Und das was er sagte, schaffte es tatsächlich die Ohren der Hellen nach vorne zu katapultieren. Der Unbekannte entschuldigte sich, obwohl er ja eigentlich gar nichts getan hatte, und versprach bald wieder zu verschwinden, sie allein zu lassen. Das war neu. Ein Artgenosse, der einfach so ihre Abneigung akzeptierte und sie wieder allein lassen wollte. Ganz davon ab das er dabei überaus höfflich blieb, Anstand warte. „Ja… na klar… kein Problem.“ brachte Levana mit dunkler Stimme leicht zögernd hervor, ehe sie das Haupt schüttelte. Sie wollte kalt sein, abweisend, ihr Inneres schützen, aber dieser Hengst, das was er über diesen Ort sagte, irgendwie wirkte er traurig, gar gebrochen. Hing Erinnerungen nach, die scheinbar Schmerz auslösten. Levena kannte so etwas nur zu gut. Wie oft hatte ihr Herz, ihr kleines, gebrochenes Herz, geblutet? Bis dann, wo sie entschloss so etwas nicht mehr zuzulassen. Klar, es geschah noch immer und schmerzte weiterhin mehr, als ertragbar war, doch zeigte sie es nicht mehr nach außen. Zumindest fast nicht mehr. Bastelte sich eine Maske zurecht, eine harte Schale.

Das Schweigen, was zwischen die Beiden einkehrte, war irgendwie erdrückend. Levana ließ die dunklen Seelenspiegel kurz wandern, musterte diesen Ort, der seine Heimat gewesen war. Bei dem Gedanken daran einfach hier herein spaziert zu sein, wurde ihr unwohl. Vermutlich hätte sie sich entschuldigen müssen, aber das würde sie nicht tun. Oder? „Ich möchte mich wirklich nicht einmischen…“ begann die Schimmelin mit dunkler, rauer Stimme, lenkte den Blick zurück auf die imposante Gestalt des Fremden. „Aber die Vergangenheit sollte man vielleicht manchmal ruhen lassen.“ Sie hatte gut reden, tat sie es doch selbst nicht. Viel zu oft tat sie genau das, was dieser Hengst jetzt tat. Dem Verlorenen nachtrauern. Vielleicht war das der Grund, dass sie ihm gegenüber nicht wirklich kalt und abweisend sein konnte, wie es im Grunde eigentlich besser war, egal ob sie es wollte oder nicht. Sein Anblick erreichte etwas in ihr, was sie kaum bezeichnen konnte. Mitgefühl? „Levana nennt man mich.“ Nicht das es von Bedeutung wäre. Namen waren Schall und Rauch, mehr aber auch nicht. Wenn man ging blieben sie vielleicht noch etwas in Erinnerung, aber irgendwann wurde alles vergessen. Zumindest von normalen Lebewesen. Die Stute selbst gehörte eher zur Sorte, die nie vergaß. Nichts von all dem Schmerz, Verlust, der Trauer und allem.

Levana » 18.09.2017, 12:55 » [NP] Burg Drachenstein

Aerys Caetanus



Wieviel Zeit mochte verstrichen sein? Es war nicht wirklich wichtig. Wer schon so viele Jahre auf der Welt wandelte, wie die Weiße, hörte irgendwann auf Tage oder gar Stunden zu zählen. Besonders, wenn man dazu noch alles verloren hatte und im Grunde nur noch darauf sehnte irgendwann der Einsamkeit zu entkommen, indem man in die ewigen Jagdgründe verschwand. Warum Levana das Elend – mehr war doch ihr Leben nicht mehr – nicht selbst beendete? Nein, das konnte die Stute nicht. Keiner ihrer vorausgegangenen Liebsten würde das gutheißen. Es wäre falsch, nicht in deren Sinne. Vermutlich würden sie sich eher wünschen, dass die Kaltblüterin nochmal richtig lebte. Mit Freude jeden Tag glücklich und zufrieden verbrachte. Aber, wie unschwer zu erkennen, war das nicht der Fall. Levana war schon lange nicht mehr, wie sie früher gewesen war. Ihre Tage waren mittlerweile gezeichnet von eisig kalter Einsamkeit, tiefer Verbitterung, schmerzhafter Trauer und der Maske, die ihr verletztes Innerstes vom Außen fernhielt.

Das Geräusch der Hufe, die über steinigem Boden schritten, hallte laut und deutlich von den Wänden wieder. Irgendwie war es schon komisch. Erst die Kirche im Wald, nun diese Burg hoch oben über dem Meer. Man konnte sogar hören wie die Wellen sich am Fels brachen. Warum zog es Levana immer zu diesen aus Menschenhand gebauten Dingen? Oder war es Zufall? Sie hielt inne, ließ den unterkühlten Blick über die Gemäuer gleiten. Wie lange wohl hier schon Niemand mehr gewesen war? Das Tal hatte überall Überbleibsel der Menschen, doch gesehen hatte die Weiße noch keinen. Wurden sie vertrieben? Oder waren von alleine gegangen? Sie hatte etwas von einem Krieg gehört, von dunklen Gestalten, welche in diesem Tal hausten. Aber auch davon hatte die Helle bisher noch nichts gesehen. Wie auch, hielt sie sich doch stets bedeckt, mied die Gesellschaft und vegetierte so vor sich hin. Wahrscheinlich war das auch besser so. Eine Herde suchen, das würden vermutlich viele, doch die Schimmelin hatte diesbezüglich keine Sehnsucht. Oder eher noch nicht?

Die feinen Ohren zuckten, als der Klang weiterer, fremder Schritte, begleitet von einem leicht fragenden Wiehern, in eben diesen nachhalte. Wie automatisiert kräuselten sich die Nüstern. Der Ausdruck der dunklen Seelenspiegel wurde abweisend, beinahe schon angewidert. Hatte man hier nirgendwo seine Ruhe? Erst dieses Treffen mit dem Rappen namens Huckleberry Fynn, der ausdauernd an ihrer harten Schale gekratzt hatte. Nun schon wieder Gesellschaft? Obwohl, war das Treffen mit dem Alten nicht schon halbe Ewigkeiten her? Levana wusste es nicht, aber jetzt war auch nicht der Zeitpunkt darüber nach zu grübeln. Leise schob die Helle ihren, in dieser dämmrigen Dunkelheit, auffälligen Körper etwas weiter zurück in den Schatten, in der Hoffnung unentdeckt zu bleiben. Sie hatte keine Lust auf Gesellschaft, auf Gespräche. Es war trotz all der Zeit immer noch schwierig das Innere, sich selbst, mit der Maske aus kalter Abneigung zu schützen. Es kostete Kraft, viel Kraft. Wenn sie alleine war, dann brauchte es das nicht. Dann konnte sie trauern und leiden, wie sie wollte.

Levana » 05.02.2017, 19:41 » Die Kirche #1

Huckleberry Fynn



Levana befand sich in einem schweren, innerlichen Zwiespalt. Sie wollte nicht weich werden, wollt kalt und abweisend sein, den Rappen von sich stoßen, doch er ließ sich nicht so einfach verscheuchen. Stur und eindringlich blieb er, kratze immer wieder an der harten Schale und versuchte sich eindeutig auf den weichen Kern zu zu arbeiten. Und, auch wenn es der Weißen nicht gefiel, Huckleberry Fynn schaffte es. Langsam aber sicher. Und das war ganz und gar nicht gut. Oder doch? Levana schüttelte heftig den Kopf, während sie sich weiter auf die Lippe biss, und genau da passierte es. Einen Moment nicht aufgepasst, zu doll die Zähne ins Fleisch gebohrt. Die Stute schmeckte Blut, als die zarte Haut an ihren Lippen dem Druck nachgab und aufriss. Erschrocken stieß die Weiße hart die Luft durch die Nüstern und ihre Gesichtszüge eingleisten ihr. In den dunklen Augen trat eine Mischung aus Schock, Überraschung und Schmerz. Wie dumm musste man sein, sich selbst die Lippe aufzubeißen? Was wohl der Hengst nun von ihr dachte? Dieses Hin und Her. Erst kalt, dann sehnsüchtig. Unfreundlich, dann beinahe schon nett. Und dann auch noch sich selbst verletzten. Dummes Ding.

Nur einige Sekunden, dann hatte die Stute sich wieder halbwegs gefangen. Es brachte ja doch nichts. „Ach, was solls.“ kam es Levana über die blutende Lippe, die Stimme leise, fast schon brüchig und kaum hörbar. Er hielt sie doch wahrscheinlich eh schon für eine Bekloppte. Ein verdrehtes Etwas. Eigentlich sollte es ihr egal sein, was Andere über sie dachten, aber ihr Inneres schrie förmlich nach Gesellschaft, danach nett und freundlich zu sein, echt und wahrhaft, so wie der Rappe ihr gegenüber war. „Ich denke gar nicht das du furchtbar bist.“ setzte die Schimmelstute nach, die Stimme wieder kontrollierter, aber nicht mehr kalt und abweisend, einfach nur dunkle und ehrlich. Nein, Huckleberry Fynn war wahrlich nicht furchtbar. Sie war das Furchtbare hier. Ihr Verhalten, ihre Art und Weise, einfach nur eklig. Nun, so wurde man wohl einfach, wenn man zuoft verletzt wurde. Ein Ekel durch und durch, nur um nicht wieder so Höllenqualen zu erleben. „Tut mir Leid, ich hätte dich nicht so... eklig behandeln sollen.“ Das war Entschuldigung und Rechtfertigung genug. Mehr brauchte der Hengst nicht zu wissen. Und mehr würde Levana eh nicht über sich bringen, denn im Grunde wollte sie ihn einfach nur weg haben. Und doch auch hier behalten. Ach, das war schon alles schwierig. Warum musste er hier auftauchen.

Stille kehrte ein. Levena wand den Blick zur Kirche. Von Huckleberry Fynn ging keine Gefahr aus, es war unnötig ihn die ganze Zeit im Auge zu behalten. Selbst wenn, er könnte ihr nicht mehr weh tun, als die Dinge, die sie bereits ertragen musste. Die Schimmelstute war sich sicher, dem Rappen war sicher nicht entgangen, wie ihre Stimme teilweise sehnsüchtig geklungen hatte. Wie Dankbarkeit und Freude in ihren Augen minimal gefunkelt hatten. Der Hengst mochte alt und auch verdammt stur sein, für blöd hielt sie ihn nicht. Im Gegenteil. Huckleberry Fynn schien ein kluger Kerl zu sein. Warum sonst war er geblieben, obwohl die Stute nicht hätte abweisender sein können? Er muss etwas geahnt haben. Oder war ihm etwa nur langweilig gewesen und er hatte sich Ablenkung von ihr versprochen? „Warum bist du nicht abgehauen?“ Ja, das interessierte Levana nun wirklich. So recht konnte sie sich von dem Dunklen noch kein Bild machen. Ein sturer, alter Kerl, aber was steckte wohl dahinter?


Sorry, habe es total verpeilt und eben nur beim Durchschauen gesehen. Tut mir echt Leid das du so lange warten musstest.

Levana » 21.12.2016, 15:09 » Die Kirche #1

Huckleberry Fynn




Levana hielt die kalte Maske weiterhin aufrecht. Mit dem unterkühlten Blick hielt sie den Schwarzen weiterhin im Blick, ließ ihn nicht aus den Augen. Zwar wurde der verdacht, das er dunkle Hintergedanken hegte, immer weniger, doch sicher sein konnte man sich nie. Das hatte die Schimmelstute in ihrem Leben mehr als einmal gelernt. Als Huckleberry Fynn wiederholt mit das markanten Haupt schüttelte, zuckte die Stute kurz zurück. Die feinen Ohren rutschten automatisch zurück ganz eng ans Genick. Ein Angriff? Nein, der Rapphengst hatte vermutlich nur den Kopf über sich selbst geschüttelt. Wahrscheinlich über Gedanken, die ihm durch das Haupt geschossen waren. Nicht das Levana es interessierte, was genau der Hengst dachte. Zumindest nicht nach Außen hin. Als Huckleberry Fynn seinen Blick wieder auf sie legte, erwiderte die Weiße ihn starr. Ihre Züge blieben verhärtet. Es würde sicher seine Zeit dauern, ehe Levana das ablegen würde, sofern es überhaupt jemals wieder möglich wäre. Manchmal war sich die Stute selbst nicht sicher ob sie nicht irgendwann doch wieder so sein könnte wie früher. Unbeschwert. Freundlich. Leicht. Liebenswert.

Als Huckleberry Fynn erneut seine Stimme erklingen ließ, alt und rau, mit einem leicht ironischen Unterton, huschte doch tatsächlich so etwas wie ein leichtes Grinsen über die Züge der Stute. Kaum mehr als ein Wimpernschlag lang. Unbewusst straffte Levana die Haltung, ließ die Augen zum Glockenturm gleiten. Es würde sicher sehr amüsant aussehen, würde sie ihren schweren, alten Körper dort hinauf hieven. Nicht, das man ihr das Alter so sehr ansah, immerhin hielt ihr ruheloses Leben sie fit, aber wirklich verleugnen konnte die Weiße es doch nicht. Ihr Rücken war bereits leicht eingefallen. Wäre sie nicht von Natur aus weiß, so würde man überall weiße Härchen sehen können. So wie bei dem Hengst. „Wir wissen beide, das ich das sicher nicht schaffen würde. Zu schwer. Zu alt. Zu ungelenkt.“ erwiderte die Schimmelin schließlich ebenso spöttisch, wie Huckleberry Fynn zuvor noch gesprochen hatte. Unbemerkt schwang in der Stimme nun ein leiser, kaum hörbarer Ton von Wärme und Weichheit mit. Fast so, als wenn sie einem kleinen Fohlen erklären müsse, warum das für ein Pferd kaum möglich war.

Mit einem doch recht eleganten Augenaufschlag richtete die Stute ihren Blick zurück auf den Gegenüber. Die Ohren rutschten wie von selbst fast schon neugierig nach vorne, spitzten sich beim Hören der Stimme des Hengstes, der ihre Frage wiederholte. Die Stimme gespielt unfreundlich, genervt. Levana wusste, das sie so klang, selbst wenn sie es nicht wollen würde. Selbstschutz vielleicht? Die Antwort des Rappen, begleitet von dem Grinsen auf seinen Zügen, schaffte es tatsächlich die Weiße wirklich zu erreichen. Sie tat ihm Unrecht, so wie sie ihn behandelte, was war ihr mehr als klar. Diese Gewissheit stach schmerzhaft in der Brust von Levana. Doch sie sollte sich auf Niemanden einlassen. Es könnte sie umbringen. Trotzdem, die Weiße konnte sich fast nicht mehr dagegen wehren, bemerkte wie sich erneut ihre Maulwinkel kurzzeitig nach oben bewegten. Huckleberry Fynn kratze eindringlich an ihrer Hülle, wollte sie scheinbar auftauen, erreichen. „Ja, zum Glück hast du mich gefunden.“ erwiderte Levana, wollte die Stimme neutral halten, doch ein sehnsüchtiger, fast schon dankender Unterton war nicht zu vermeiden. Die Schimmelin biss sich auf die Lippen, ehe sie heftig den Kopf schüttelte. Vielleicht sollte sie gehen? Auch wenn ihr Innerstes nach Gesellschaft schrie?

Levana » 01.11.2016, 12:40 » Die Kirche #1

Huckleberry Fynn



Levana ließ den Alten nicht aus den Augen, registrierte jeder Regung und jedes noch so Muskelzucken von ihm. Versuchte zu erkennen, was in ihm vorging. Sie durchschritt dieser Welt schon sehr lange, wenn auch nicht ganz so lange wahrscheinlich wie der Rappe, und besaß zumindest ein wenig Lebenserfahrung. Und sie hatte so einige Gestalten getroffen, die ihr gelehrt hatten, das der Schein immer trügen konnte. Der Schwarze mochte freundlich wirken, auf seine Art und Weise, und trotzdem konnte er dahinter versteckt dunkle Absichten verfolgen. Nicht das die Weiße im Falle des Falles nicht wissen würde sich zu verteidigen, im Gegenteil, sie würde Huckleberry Fynn dann schon zurecht stutzen, aber das lag ihr eigentlich nicht. Im Grunde verabscheute die Schimmelstute Gewalt jeglicher Art. So war sie nicht erzogen worden, darum kam ein Kampf mit körperlichen Aktivitäten nur im aller größten Notfall in Frage. Nicht weil die Stute Angst hatte verletzt zu werden – kein körperlicher Schmerz konnte so groß werden, wie Seelenschmerz – aber tief in ihrem Inneren wollte sie einfach Niemanden schaden. Es konnte ja keiner etwas für das, was ihr widerfahren war.

Die Helle war sich nicht ganz sicher, aber eine leise Ahnung, das ihr Auftreten ihren Gegenüber ganz schon verwirrt und verunsicher hatte, machte sich in ihr breit. Nun gut, er hatte alles recht dazu sich so zu fühlen. Erst fauchte Levana ihn förmlich an, nur um dann näher zu treten. Dann keifte sie erneut los um sich im nächsten Augenblick vorzustellen. Die Stimme des Hengstes erklangt erneut, so sanft und freundlich, das es der Weißen schon irgendwie im Herzen – sofern sie noch eins besaß – wehtat ihn so unfreundlich und kalt zu behandeln. Aber es war keine Alternative ihm gegenüber nett zu sein, fast schon einladend und warm, nur damit danach dann wieder etwas in ihr zerbrach, wodurch auch immer. Sie war im Außen nicht mehr die, die sie damals gewesen war. Schon lange nicht mehr. "Ich würde ja sagen das ich ebenfalls erfreut bin." begann Levana eine Antwort, blinzelte kurz, die Stimme nun ein wenig weicher, als noch vor wenigen Minuten, mit einem hellen, reinen Unterton. Ein Ausblick auf das, was sie mal gewesen war. Irgendwann in einem früheren Leben. "Aber im Augenblick bin ich mir absolut nicht sicher." Das stimmte sogar. Innerlich war die Stute froh über die Gesellschaft, aber gleichzeitig wollte sie diesen Fremden nicht bei sich haben. Eine Zwickmühle.

Als der Rappe letztlich den markanten Kopf in eine leichte Schieflage legte, sie aus seinen dunklen Augen freundlich betrachtete, versetzte es der Weißen einen Stich irgendwo in dem Bereich, wo sich wohl das Herz befand. Zumindest im Normalfall. Levana schnaubte dunkel, schüttelte ihr Haupt. Was zum Teufel tat sie hier? "Was mich her führte?“ wiederholte sie die Frage von Huckleberry Fynn, die Züge im Gesicht weiterhin wie eingefroren. Ihre Maske. Der Blick der Schimmelstute wanderte kurz zu dem Gebäude, der Kirche. Eigentlich wollte sie hier gar nichts. "Ah ich weiß. Ich wollt die Glocken läuten, damit noch mehr ungebetener Besuch auf den Plan tritt." Der Sarkasmus in ihrer unterkühlten Stimme war kaum zu überhören, während ihre Augen nun wieder prüfend auf dem Schwarzen ruhten. Wie lange er das wohl durch halten würde? Lange genug vielleicht um ein wenig der wahren Levana zu erleben? Vermutlich nicht, denn die Schimmeln hatte ihr wahres Ich sehr, sehr tief in sich und unter der Maske vergraben. "Und was willst du hier?" Das Interesse an seinen Beweggründen war wahrhaft echt, immerhin bestand weiterhin die Möglichkeit das er ein Bösewicht sein könnte, aber in ihrer Stimme schwang keinerlei Neugier mit. Sie klang zwar nicht mehr so eiskalt und abweisen, wie ganz zu Anfang, aber auch nicht wirklich einladen. Einfach neutral unterkühlt irgendwie.

Levana » 16.10.2016, 20:52 » Die Kirche #1

Huckleberry Fynn



Die Schimmelstute bemerkte jede Regung im Gesicht ihres Gegenübers, beobachtete was ihre Worte in ihm auslösten. Er wirkte nachdenklich, vielleicht auch ein wenig vor den Kopf gestoßen? Immerhin war er freundlich gewesen, fast schon höflich, und bekam nur schroffe, zynische Antworten. Damit hatte der Fremde bestimmt nicht gerechnet und so etwas wie Scham kratze im Inneren der Stute. Ja, sie sollte sich schämen, das sie ihm so frech, unhöflich und verbitterte Worte an den Kopf knallte, aber ihre Gesichtszüge blieben hart und abweisend. Ob der Schwarze es bereute, sie angesprochen zu haben? Ihre Gesellschaft war wahrlich nicht angenehm, kaum zum aushalten. Die Stute wusste das. Sie wusste wie sie auf andere wirkte, eben genau, weil sie es einerseits wollte. Sie wollte Jeden von sich wegstoßen, einfach weil es besser war. Zwar ertrug sie sich so kalt und abweisend selbst kaum, aber das Leben hatte ihr gezeigt das es anders nicht ging. Vielleicht würde die Schimmelstute sich irgendwann an das neue Selbst gewöhnen. Obwohl, sie war schon Jahre so und hatte sich nicht einmal einen Hauch daran gewöhnt.

Als der Unbekannte plötzlich lachte, laut und deutlich, zuckte die Stute zusammen. Damit hatte sie wahrlich nicht gerechnet. Ihre Ohren rutschten in den Nacken. "Spinnst du?" zischte sie dem Hengst in dem Moment des Kontrollverlust entgegen. Ja, sie hatte sich wahrlich erschrocken. Es kam so spontan. Schon im nächsten Augenblick hatte die Kaltblüterin sich wieder gefangen, entschuldigte sich jedoch nicht für ihre schroffen Worte. Die Ohren zuckten nach vorne, ganz automatisch, als der Fremde nun endlich die Stimme erhob und damit Worte formte. Wie er es wünschte, ließ die Schimmelin ihren Blick über seinen alten Körper gleiten. Im Grunde hatte der Unbekannte Recht, anschleichen war wahrscheinlich nicht seine beste Eigenschaft, trotzdem würde sie sich hüten seiner Aussage zuzustimmen. Erneut ließ er seine Lippen Worte formen und in der Stute machte sich das Gefühl breit, das er sie wörtlich für doof verkaufte. Leise Wut keimte irgendwo in ihrem Inneren auf. Was erlaubte sich dieser alte Kauz sich über sie lustig zu machen. Die Kaltblüterin blähte die Nüstern, legte die Ohren wieder ins Genick. Ihr entging sogar, wie der Schwarze nun seinerseits einen Schritt auf sie zukam.

Bevor die Weiße in einen heftigen Wutausbruch geraten konnte, schien der Schwarze vernünftig zu werden. Seine Stimmlage nahm nun einen ernsten Ton an. Wenn sich die Kaltblüterin bemühte, dann konnte sie es sogar fast als Entschuldigung betrachten. Mit einem Schnauben schickte sie den Zorn in die hinterste Ecke ihres Körpers zurück. Das, was Huckleberry Fynn, wie er sich vorgestellt hatte, dann von sich gab, traf die Stute wie ein Pfeil. Er sprach von Traurigkeit. Hatte sie wirklich traurig ausgesehen? Vermutlich, warum sollte er das sonst sagen. Einen Moment entglitt der Hellen die kühle, abweisende Maske. Durch ihre Augen zuckte ein Hauch von Schmerz, der sofort wieder in den tiefen der Dunkelheit darin verschwand. Sie musste sich zusammen reißen. Ihre letzte Gesellschaft war viel zu lange her und in der Einsamkeit ihrer Wanderung war es nicht wichtig gewesen, ob ihre Maske saß. Aber nun hier mit diesem fremden Hengst musste sie sitzen, jederzeit. "Levana." gab die Schimmelstute kurz und knapp zurück, während sie ihre entgleisten Züge glättete und die Maske gerade rückte. Der kurze Einblick in ihr wahrhaftiges Selbst war vorbei. Vielleicht hatte der Schwarze auch gar nichts mitbekommen. Ob das so war konnte sie ja raus finden, auch wenn sie dazu vorerst in seiner Gesellschaft bleiben musste.

Levana » 16.10.2016, 15:35 » Die Kirche #1

Huckleberry Fynn



Die Ohren der Weißen zuckten, als der Klang einer unbekannten Stimme sie aus den beinahe schon depressiven Gedanken holte. Wie automatisch wand die Kaltblüterin ihren Blick vom Himmelszelt ab zu dem Fremden, der sich einfach so erdreistete ihre Einsamkeit zu zerstören, sie in einem schwachen Moment zu erwischen. Im Inneren schallte sie sich selbst eine dumme Kuh, stand sie doch so abwesend in einem vollkommen fremden Wald in einem total unbekannten Tal und bekam nicht einmal mit wie Jemand sich näherte. Es hätte sonst wer sein können. Nicht das sie Angst vor dem Tod hatte, vermutlich würde sie ihn mit offenen Armen empfangen, immerhin warteten auf der anderen Seite all ihre Liebsten, dennoch war es mehr als töricht so dümmlich hier herum zu stehen. Der dichte Schweif der Stute zischte durch die kühle Nachtluft, fast schon abweisend, während sie den Schwarzen, der in einiger Entfernung von ihr verharrte, aus dunklen Augen prüfend mit leicht unterkühltem Blick musterte. Er wirkte alt, eingefallen, beinahe schon schwach. Auch sie war nicht mehr die Jüngste, aber gar so abgemagert und alt wirkte sie nicht.

Die Schimmelstute schnaubte, legte sich im Kopf eine passende Antwort zurecht. Ihr entging nicht das seichte Lächeln auf den Lippen des Fremden, doch ihre Züge blieben kühl und fast schon versteinert. "Wäre es Tag, dann wäre er sicher gut." erwiderte die Weiße die Begrüßung des Hengstes mit zynischer Stimme und schüttelte kurz das Haupt. Begrüßte man sich hier so, auch wenn es Nacht war? "Aber da es Nacht ist, wie dir eventuell entfallen ist, kann ich absolut nicht sagen ob er gut ist, war oder sein wird." In ihrer ganzen Art vermittelte die Stute Ablehnung, während sich in ihrem Inneren der Wunsch nach Gesellschaft bemerkbar machte, leicht an der harten Hülle zum Außen kratze. Früher hätte sie sich gefreut, den Fremden ebenso freundlich begrüßt, wie er es getan hatte, aber das war gefühlte Jahrhunderte her. Mit einem dunklen Schnauben rang die Kaltblüterin diesen irrsinnigen Wunsch nach Gemeinschaft nieder. Sie wollte und musste alleine bleiben, das war besser, für sie und für alle Anderen. Ihr Herz würde noch einen Bruch nicht ertragen und sie war nach dem zweiten Mal schon kaum ertragbar geworden. Für sich selbst und alle, die auf dieser Erde wandelten.

Ein kühler Wind trieb der Weißen den Geruch des Fremden zu. Sie blähte die Nüstern, saugte ihn in sich auf. Nur zur Sicherheit, falls sie sich nochmals treffen sollten. Irgendwann. Irgendwo. Ihre Haltung drückte nun Stolz sowie Kampfbereitschaft aus. Nicht das sie daran glaubte, dass der Rappe sie attackieren wollte, aber man konnte nie wissen. "Ist das so Sitte hier? Sich einfach dreist an einen heran zu schleichen?" fragte die Stute schließlich mit kühl klingender, fordernder Stimme und überwand ein paar Meter der Distanz zwischen ihnen. Eigentlich wollte sie das nicht und gleichzeitig doch mehr als alles Andere. Einsamkeit konnte so drückend, so schmerzend sein. Vielleicht sollte sie sich mit diesem Fremden ein wenig die Zeit vertreiben? Er sah nicht so aus als würde er sie nicht in Ruhe lassen, wenn sie genug von ihm hätte. Vielleicht würde er nicht mal den nächsten Winter überleben, so wie er aussah, und dann hätte sich die Sache eh von selbst erledigt. Der Schwarze wirkte auch vom Nahen nicht bedrohlich oder gar gefährlich. Früher war er sicher mal ein stattlicher, kräftiger Hengst gewesen. Nun sah er eher aus wie ein alter, komischer Kauz. Ob die Schimmelin auch so aussehen würde, in ein paar Jahren, wenn sie noch älter als jetzt schon war. Nicht das sie danach schrie zu altern, noch länger zu leben, aber irgendwas schien zu wollen das sie weiter auf Erden wandelte. Ihre Ohren ruhten leicht in Richtung Genick. Sie war nicht gefährlich, aber ihre ganze Haltung verriet Ablehnung. Ob der Schwarze nun einer war, der das gleich persönlich auffasste, oder sah, das sie allgemein einfach so war, konnte sich die Kaltblüterin noch nicht beantworten.

Levana » 14.10.2016, 22:15 » Die Kirche #1

Huckleberry Fynn



Es wurde kalt, überall auf der Welt. Mit jedem Tag, besser gesagt jeder Nacht, nahmen die Stunden der Dunkelheit zu, während die Temperaturen stetig sanken. Unaufhaltsam näherte sich die Gradzahl dem Nullpunkt. Die weiße Stute, die ihren stabilen Körper unbeirrt durch das Geäst des Waldes schob, beobachtete mit kühlem Blick das Sterben der Bäume und Sträucher um sich herum. Der nahe Winter machte ihr keine Angst. Es konnte noch so runter kühlen, kein Winter der Welt würde je an den eisigen Sturm in ihrem Inneren heran kommen, welchen sie des öfteren aushalten musste. Beim ersten Mal hatte es so unglaublich gebrannt und geschmerzt, ihr gar den Atem genommen, das sie gedacht hatte sie müsse sterben. Nicht das es ihr in dem Moment ungelegen gekommen wäre, doch sie hatte es überlebt. Wie Unkraut hatte sie all die Jahre jeder Ungemütlichkeit stand gehalten, ob sie gewollt hatte oder nicht. Mit der Zeit war es leichter geworden. Nun schmerzte und brannte der Wintersturm in ihrem Inneren seltener und bei weitem nicht mehr so stark wie am Anfang. Vielleicht hatte sich die Stute auch einfach nur daran gewöhnt und resigniert, da ein Wehren gegen diesen Empfindungsfluten nie etwas gebracht hatten. Hieß es nicht, man gewöhne sich mit der Zeit an alles? Vielleicht würden die Momente des Einbruchs irgendwann ganz vergehen?

Mitten im Wald, irgendwo im Nirgendwo, hielt die Schimmelstute inne. Die feinen Ohren waren eher desinteressiert nach hinten, als aufmerksam nach vorne gespitzt, ausgerichtet. Die Züge im eigentlich feingliedrigem Gesicht der Kaltblüterin schienen wie eingefroren. Die Muskeln, die unter dem glänzenden reinweißen Fell, welches lediglich zu den Hufen hin dunkler wurde, ruhten, waren gespannt. Jederzeit bereit für einen Kampf, wenn es ein müsste. Und notfalls wahrscheinlich auch für eine Flucht. Alles in Allem wirkte die Haltung der Schimmelin abweisend, beinahe schon kalt, dabei aber nicht aggressiv. Nein, die Alte war kein Wesen, was grundlos auf Andere losging, auch wenn sie kein Geheimnis daraus machte sich zu wehren, wenn es jemand darauf anlegte. Sie wollte einfach nur keine Gesellschaft, zumindest machte sie nicht gerade einen einladenden Eindruck auf Fremde. Aber konnte ein Schein nicht trügen? Die Schimmelin schnaubte, schüttelte kurz das mächtige Haupt, verzog jedoch keine einzige Miene. Der Wind, der sich leicht durch das sterbende Geäst schlängelte, erfasste das Langhaar der Stute, spielte damit, ließ es ihren massigen Hals umspielen. Nicht ein Zuck ging über das Fell der Weißen. Seit nun schon 23 Jahren wandelte sie auf dieser Erde und mehr als zehntausend Mal hatte der Wind mit ihrem Langhaar gespielt. Früher hatte es sie öfter gekitzelt. Mittlerweile war da nicht mehr, als eine Bemerkung davon, das sich Mähne und Schweif bewegten, wenn die Luft an ihnen zerrte.

Das Knacken von berstenden Zweigen nicht unweit der Kaltblüterin ließ sie kurz aufhorchen, doch ihre Augen entdeckten lediglich ein Eichhörnchen, welches mit einer Nuss im Maul flink die Bäume erklomm. Die Nüstern der Stute weiteten sich. Es legte sich sicher einen Vorrat für den Winter an. Das hatten die kleinen Tierchen den Pferden voraus, aber es gestaltete sich auch schwierig einen Haufen Gras zu horten, damit man genug Nahrung hätte. Es verdorrte zu schnell, rupfte man es heraus, und unterm Schnee war es zu kalt, als das es gedeihen könnte. Also eigentlich unmöglich für ein Pferd, einen Wintervorrat anzulegen. Mit einem Schnauben wand die Alte sich vom Anblick des flinken Tierchens ab und starrte ungerührt in die Leere vor sich. Wie lange war es her, das sie sich in Gesellschaft anderer Pferde befunden hatte? Ein paar Monate? Vielleicht schon ein Jahr? Oder gar mehrere Jahre? Sehr oft vermisste sie Gesellschaft. Sie war tief im Inneren so unendlich einsam, doch trotzdem ekelte sie alles weg, was sich in ihrer Nähe befand. Mal beabsichtige, mal unbeabsichtigt. Es war besser für ihr zerschmettertes Herz. Es konnte und sollte am Besten nie wieder fühlen. Wie oft ein Herz wohl brechen konnte, ehe es aufhören würde zu schlagen?

Als der Wind sich heftiger durch das Geäst pflügte, brachte er die Kühle der Nacht und Weite mit sich. Diesmal erwischte er die Schimmelstute direkt an der ungeschützten Brust, genau dort wo eine feine, wenn man nicht genau drauf achtete kaum zu sehende, Narbe das reinweiße, ansonsten makellose Fell entstellte. . Und nun zuckte tatsächlich ein Schauer über den stämmigen Körper. Die Stute blähte die Nüstern, beinahe erschrocken, ehe sie sich das tiefe Unbehagen, was der Wind mit seiner Berührung der Narbe ausgelöst hatte, vom Körper schüttelte. Es war schon viele Jahre her, trotzdem war dieses Zeichen an der Brust ihre Schwachstelle. Wo eine nicht erwartete Berührung, selbst nur ein nicht kommen sehender Windzug, Unbehagen, Schreck und mitunter sogar Furcht auslöste. Es war aber auch so ziemlich die einzige Stelle. Mit einem kurzen, abweisenden Schnauben drehte die Kaltblüterin sich um, zeigte dem beißendem Herbst- und Nachtwind die kalte Schulter. Ihr war gar nicht wirklich aufgefallen, wie die Sonne verschwunden war und nun fast völlige Finsternis alles in seinen Klauen hielt. Nur an manchen Stellen schaffte das Mondlicht es durch die lichten Kronen der Bäume. Die Stute hob den Blick weg von der Leere vor sich, wo nichts außer Baumstamm um Baumstamm zu sehen war, sowie die kaum erkennbaren Umrisse eines alten, verfallenen Gebäudes, und blickte gen Himmel. Viel war nicht zu sehen zwischen den Ästen der Baumkronen. Nur ein Teil von Mond und ein paar wenige Sterne.

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